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Gescheiterte ImpfpflichtBahn frei für die nächste Variante

Kommentar von Kathrin Zinkant

Die überstandene Infektion ohne Impfung bietet kaum Schutz gegen das Virus. Schon gar nicht gegen Mutanten, die sich munter ausbreiten werden.

Die Impfung rettet leben und bringt Freiheit Foto: Robert Michel/dpa

D en einen mag es um eine Machtdemonstration gegangen sein, den anderen um die Stabilisierung einer instabilen Koalition. Dass der deutsche Bundestag es nicht hinbekommen hat, sich auf eine Impfpflicht zu einigen, ist aber nicht zuerst ein politisches Desaster. Es ist fortgesetztes menschliches Versagen – und eine komplette Ignoranz den Fakten gegenüber.

Ohne eine hohe Impfquote bleibt ein substanzieller Teil der Bevölkerung ungeschützt vor schwerer Erkrankung und Tod, ungeschützt vor Langzeitfolgen. Die Ungeschützten profitieren keineswegs von einer überstandenen Omikroninfektion, wenn die nächste Welle kommt. Studien haben gezeigt, dass die Immunität nach Omikron anderen Varianten nicht die Wucht nimmt. Das kann sie nur in Kombination mit der Impfung.

Das Virus hat zudem längst andere Varianten hervorgebracht, die jede für sich Evolution betreiben und noch viele unangenehme Eigenschaften dazugewinnen können. Welche dieser Mutanten als Nächstes kommt, ist offen. Aber es wird gewiss kein Omikron sein. Und die aktuelle Durchseuchung weiter Bevölkerungsteile wird wenig nützen. Es ist eher mit einer Variante zu rechnen, die sich abermals ungehindert ausbreiten kann – auch unter Geimpften.

Und bevor nun der abgenutzte Ausruf kommt, na, dann bringe doch diese blöde Impfung nichts: Doch! Sie rettet Leben, mildert Verläufe und sorgt dafür, dass in den Krankenhäusern andere Patienten behandelt werden können als an Covid erkrankte Impfverweigerer. Was die Impfung auch noch bringt, ist Freiheit.

Wenn dem Virus durch eine hohe Impfquote die Zähne genommen sind, wenn eine Infektion ungefährlich ist, braucht es keine Zugangsbeschränkungen im Einzelhandel mehr, keine Quarantäne ganzer Schulklassen, kein 2Gplus in Kultureinrichtungen, keine Masken. Man kann natürlich auf dem Standpunkt stehen, dass diese Freiheit auch ohne Impfung zu haben ist. Das ist das gegenwärtige Erleben: Alles wieder offen, Einschränkungen weg, passt doch.

Aber man trifft die Toten eben nicht im Supermarkt. Am Donnerstag waren es wieder 322, insgesamt hat die Zahl der Covid-Opfer die 130.000 längst überschritten. Dennoch verweigert ein knappes Drittel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland weiter den Luxus eines vollständigen Impfschutzes. Drei kleine Stiche, die Sicherheit bieten könnten – und der Gesellschaft eine große Last nähmen.

Dass die Politik die Fakten ignoriert, um sich zum Preis einer überfälligen Impfpflicht in Machtspielchen zu ergehen, ist deshalb keine Petitesse. Es ist schlimm. Richtig schlimm – für alle.

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29 Kommentare

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  • Höchst fragwürdiger Kommentar. Möglicherweise habe ich aber auch aktuellste Forschungsergebnisse noch nicht gelesen.



    Moment! Hätten diese nicht im obigen Text verlinkt sein müssen? Stichwort Quellenangabe ...

  • "Die überstandene Infektion ohne Impfung bietet kaum Schutz gegen das Virus."

    Ömchen. Die Impfung von vor einem halben Jahr auch nicht.

    Woher weiß eine Impfung bereits jetzt schon woran es die nächste Mutation erkennen kann? Auch eine Impfung jetzt schützt nicht vor unbekannte Mutationen in der Zukunft. Impfungen können immer nur reaktiv erfolgen.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, ich kenne bereits zwei Fälle, die sich innerhalb weniger Wochen zweimal infiziert haben, trotz Booster.



      Leider scheint die Impfung zuwenig effektiv, um eine derartige Zwangsmaßnahme zu rechtfertigen...

  • Vor Duskussionen über eine Impfpflicht sollte die Bundesregierung erstmal Regeln abschaffen, die besseren Schutz vor Corona verbieten oder erschweren, wie

    * Verbot, bei Veranstaltungen einen Impfstatus oder aktuellen Corona-Test vorlegen zu lassen (Datenschutz);



    * Verbot, im Zug einen Teil der Wagen nur für geimpfte oder getestete vorzuhalten (auch Datenschutz);



    * Verbote, die Fenster zu öffnen und damit besser zu lüften (Lärmschutz, Arbeitsstättenverordnung bei kühlen Außentemperaturen)



    * Verpflichtung, die Fenster von Bussen und Bahn (in den Verkehrsverträgen für Nahverkehr ist Klimatisierung gefordert).

    Die mir bekannten, ungeimpften Personen würden sich auf allen Wegen gegen eine Impfpflicht wehren. Schon pragmatisch bringt diese daher nichts. Als schwerstwiegenden Eingriff in die Persönlichkitsrechte finde ich diese auch unverhältnismäßig.

    Ein Sonderbeitrag zur Krankenversicherung für ungeimpfte wäre jedenfalls eine niederschwellige Alternative. Vorher müsste aber der Bund seine Hausaufgaben machen, z.B.Prüfung und Zulassung Varianten-optimierter Impfstoffe, Zulassung von Novavax als Booster nach mRNA, erweiterte Studien zu Effektivität und Nebenwirkungen, zu verschiedenen Dosen und Verabreichungsabfolgen, usw.

    • @meerwind7:

      "Zulassung von Novavax als Booster nach mRNA, erweiterte Studien zu Effektivität und Nebenwirkungen, zu verschiedenen Dosen und Verabreichungsabfolgen, usw."



      So eine Zulassung ist ja beileibe keine Willkürentscheidung. Dazu muss ja erstmal untersucht werden, ob Novavax als Booster wirksam ist. Und ich frage mich, wer denn Novavax als Booster will, wenn bereits zwei Impfungen mit nachweislich wirksamen Impfstoffen erfolgt sind.



      Das Zeug will ja offensichtlich niemand....

  • Wenn man sich die Entwicklung der Wirksamkeit der Impfung mit jeder Mutation anschaut: die kennt nur eine Richtung. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Impfung (die gegen etwas entwickelt wurde, das so nicht mehr existiert) gegen die nächste Mutation noch irgendetwas ausrichtet. Und nix da mit nur drei kleinen Stichen. Leuten wie mir geht es nach so ner Spritze gegen Covid für ein paar Tage ziemlich dreckig wie sonst selten.

  • Es ist nicht die hohe Impfquote, die einen Schutz bietet gegen neue Mutationen, wo die bisherigen Impfungen nicht greifen. sondern die gezielte Impfung mit dann neuen, veränderten Impfstoffe.

    Wir brauchen eine Impfpflicht bei Bedarf für den Fall, dass dann "alles" zusammenbricht. Nicht für Omikron-Varianten. Da soll jeder selber entscheiden, wie er es mit seinem Leben (oder Tod) hält.

  • Ich lasse mich auch ein viertes Mal impfen.

    Die Impfverweigerer stecken voller Ängste. Das wird nur anders artikuliert. Natürlich gibt es auch die "Spinner", die ihr Glück in der Esoterik suchen. Aber bitte nicht auf meine Kosten.



    Dass andere Patienten, die z.B. eine OP dringend benötigen, darunter leider, ist für mich nicht einmal ansatzweise akzeptabel.

    Das Pflegepersonal muss endlich entlastet und v.a. besser bezahlt werden.



    Hier zeigt sich, was Politik kann. Bisher nicht viel außer Sprüche!!!



    Andere verdienen sich dumm und dämlich und die Frauen und Männer in den Kliniken ackern sich krumm.

    Krankenhäuser dürfen nicht dem Profit unterworfen sein. Das ist unmenschlich!



    'Dafür würde es sich lohnen zu demonstrieren. Stattdessen kleben sich Leute vor den Autobahnzufahrten fest.

    Diese Gesellschaft ist in ihrer Idiotie kaum noch zu ertragen.

  • Geniale Überschrift in der gestrigen Taz " Corona immun gegen Bundestag".

    Was für parlamentarische Nieten!

    • @sauer667:

      Sind Sie denn überhaupt bedingungslos für das Recht auf Abtreibung?

    • @sauer667:

      Um auf die Parole mit einer Parole zu antworten: Die Freiheit des Einzelnen endet an der Freiheit Anderer.



      Das PEI geht von bislang 78 Impfungen aus die zu tödlichen Komplikationen führten. Das ist gegenüber 172 Mio. verabreichten Impfdosen eine Quote von 4,18e-7.



      Demgegenüber sind bislang über 132.000 Todesfälle bei 22,6 Mio. Erkrankungen zu verzeichnen, was einer Quote von 5,8e-3 entspricht. Ein Unterschied also von über 10.000. Your choice is not a rational choice.



      www.swr.de/wissen/...ierig-ist-100.html

      • @Ingo Bernable:

        Die Anzahl der Infektionen ist doch eine reines Fantasiegebilde. Es ist die Anzahl positiver PCR Tests und taugt nichtmal als Indikator in welche Richtung es geht.



        Wir haben hier mal durchgezählt, im Freundes/Familienkreis und in zwei Firmen in Familienhand, weil mein Bruder als Statistikliebhaber sich da richtig hineingekniet hat - auf 24 zweifelsfrei bestätigte Infektionen kommen nur 3 die per pcr in die Statistik eingegangen sind. Ich persönlich liege gerade mit der dritten Runde corona im Bett - und davon taucht selbstverständlich auch keine in der Statistik auf. Wer hat denn schon Bock für nichts und wieder nichts krank durch die Stadt zu rennen und vollkommen unnötig Leute anzustecken?



        Mal ganz abgesehen von der Tatsache, das pcr Tests lange Zeit den meisten testwilligen infizierten gar nicht erst angeboten wurden und das ganze mit Weisungen der Art "Na dann bleibense mal fein im Bett, ruhen sich aus und melden sich falls sie Atemprobleme bekommen" vom ärztlichen Bereitschaftsdienst dann auch erledigt war.

        Wenn man das ganze etwas mehr in Richtung realitätsnah betrachten möchte muss man schon bedenken das die tatsächliche Anzahl der Infektionen um ein vielfaches höher liegt als die Zahl der positiven pcr Tests. Nimmt man noch die große Menge extrem milder Verläufe und asymptomatischer Infektionen dazu denke ich nicht das es übertrieben ist die reale Zahl der Infektionen irgendwo um mehrere Größenordnungen höher anzusetzen.

        Das ganze ist jedenfalls eine reine Milchmädchenrechnung und hat offensichtlich keinerlei nenneswerten Bezug zur Realität.

      • @Ingo Bernable:

        Man kann sich mit einer Impfung persönlich dagegen schützen.

        Es bleibt allein die "Überlastung des Gesundheitssystems" als Argument.

        Aber auch da gehen die Hospitalisierungsraten stetig nach unten. Auch sind die die Krankenhäuser wegen weiterem Idiotentum ebenfalls voll: Alkohol, Auto, Adipositas, Rauchen, ...

        • @Rudolf Fissner:

          Vielleicht sollte man Alkohol und Tabak doch auch an Minderjährige abgeben und bei PKWs Gurtpflicht, TÜV und Scheinwerfer bei Nacht auch nur noch auf freiwilliger Basis vorsehen.



          Es geht nicht darum eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, sondern Tote. Das ist auch gar kein besonders ungewöhnliches Konzept, sondern in sehr vielen Bereichen gängig wo die Bürger*innen eben leider nicht dazu in der Lage sind ausreichend eigenveranwortlich zu handeln oder durch ihr Idiotentum auch Andere gefährden. Zumal eben doch nicht jede*r dazu in der Lage ist sich mit einer Impfung schützen zu können.

  • Ist alles nicht falsch, was in dem Artikel steht - nur das mit den "drei kleinen Stichen" ist natürlich Unsinn. Darum geht es den Impfunwilligen nicht. Sie trauen bestimmten Impfstoffen nicht über den Weg oder sind generell der Meinung, dass die körpereigene Abwehr immer der bessere, da natürliche Weg ist, mit Infektionen fertig zu werden. Das mag man im Zusammenhang mit SarsCov2 für eine krasse Fehleinschätzung und dazu noch für assig halten, aber so denken die eben.

    • @zmx52:

      Richtig. Es ist halt ein Problem wenn man den Verstand nur dazu benutzt sein eigenes Bauchgefühl zu bestätigen anstatt rationale Entscheidungen zu treffen. Frei nach dem Motto "Ich bin bisher noch nie an Corona gestorben, also glaube ich aus persönlicher Erfahrung, dass mir das nicht passieren wird".

    • @zmx52:

      da haben Sie völlig Recht, die Denke der Impfverweigerer ist nachvollziehbar, aber nicht verständlich. Was mir aber nicht in den Kopf will ist aber, ob man einfach diese Fehleinschätzung akzeptieren sollte , als Ausdruck des freien Willens, die die Gesellschaft auszustehen hat, inkl. aller Nebenwirkungen wirtschaftlicher und sozialer Art oder setzt man ein Zeichen, das sich die Einzelnen nun auch mal zum Wohle aller unterordnen müssen?



      Es geht dabei wirklich nur um 3 kleine Stiche, keine Körperverletzung, kein grundlegender Eingriff in die Selbstbestimmung. Wenn diese Gesellschaft jedes Wehwehchen und jede Hirnflause höher hängt als das Gemeinwohl, was kriegen wir dann überhaupt noch geregelt?

      • @nutzer:

        Was sind denn die "Nebenwirkungen wirtschaftlicher und sozialer Art", die man vermeintlich durch eine Impfpflicht verhindern kann? Es ist doch komplett hypothetisch, dass im Herbst Einschränkungen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens notwendig sein werden (jetzt sind sie es nicht) oder dass die neuen Impfstoffe so gut gegen Ansteckung mit der dann kursierenden Variante wirken, dass Arbeitsausfälle dramatisch reduziert werden (die jetzigen tun es nicht).

        Klar sollten sich insbesondere die Risikopersonen impfen lassen, aber es sollte ihre individuelle medizinische Entscheidung bleiben.

        Und natürlich sind die Impfungen nicht nur rein rechtlich Körperverletzungen, sondern verursachen teilweise schon erhebliche Impfreaktionen -- dass Menschen nach der Impfung für einen Tag mit Fieber im Bett liegen, ist z.B. nicht so selten. Und Leuten, die eine starke allergische Reaktion bekommen und ins Krankenhaus müssen, zu erzählen, es wäre nur ein kleiner Piks, ist etwas zynisch. Ja, das ist sehr selten, aber wenn aus der persönlichen Risikoabwägung eine Pflicht wird, kann man das nicht mehr einfach beiseite wischen.

        • @Trollator:

          "Es ist doch komplett hypothetisch, dass im Herbst Einschränkungen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens notwendig sein werden (jetzt sind sie es nicht)"



          Das ist ungefähr so hypothethisch wie es hypothethisch ist anzunehmen, dass sich die Leute im Herbst nass und kalt werden wird und sich die Menschen vermehrt in Innenräumen aufhalten werden. Und die Entstehung neuer Varianten ist nach den bisherigen Erfahrungen auch eine hypothethische Möglichkeit die schon oft genug Realität wurde und definitiv wahrscheinlicher als anzunehmen, dass das Virus plötzlich aufhört zu mutieren.



          Und bei derzeit bundesweit vierstelligen Inzidenzen wären Einschränkungen eigentlich absolut angebracht und notwendig, die Mehrheit hat halt nur keine Lust mehr darauf und so nimmt man die täglichen 200-300 Toten eben hin. Was wurde denn eigentlich aus der 'Bundesnotbremse'?

        • @Trollator:

          Es ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Und in einem Staat gibt es eben nicht nur die körperliche Unversehrtheit als hohes Gut, sondern auch das Gemeinwohl. Und wer möchte denn gerne im nächsten Herbst den Kindern und Jugendlichen erklären, dass sie den dritten Winter in Folge in der Schule 6-8 Stunden Masken tragen und frieren sollen? Und wer möchte gerne der Gastronomie, den Messebauern, den Caterern u.v.a. erklären, dass ihre Existenz leider erneut bedroht ist, weil es wieder keine Vorbereitung au den Herbst/Winter gegeben hat. Freiwillige vor!

        • @Trollator:

          Und wenn ich mich anstecke, trotz getroffener Vorsichtsmaßnahmen, kann ich dann den jenigen der meine körperliche Unversehrtheit angetastet hat anklagen? Weil krank sein, auch mit 'mildem' Verlauf ja dann auch eine unzumutbare Sache ist.

  • Sehr geehrte Frau Zinkant. Von einer kompletten Ignoranz den Fakten gegenüber kann keine Rede sein. Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur, die RKI-Wochenberichte oder die Covid Surveilance reports anderer Länder lässt keinen Zweifel daran, dass eine Impfpflicht für +60 nicht die Auswirkung haben wird, wie Sie es beschreiben.



    Impfpflicht kann und darf nur mit dem Ziel des Fremdschutzes begründet werden. Das waren, falls es in Vergessenheit geraten ist, die Worte Herrn Lauterbachs und der Ethikkomission. Aus gutem Grunde.



    Aber selbst wenn ein Fremdschutz mit Omikron noch gegeben wäre, verdreht die Impfpflicht ab 60+ die medizinisch- epidemiologischen Fakten, da wir hier eine Altersgruppe haben, die nicht zu den Pandemietreibern gehört und die zudem fast vollständig geimpft ist. Der Einwand, dass die Impflücke von ca. 2 Millionen Bürgern (60+) bestehe, träfe nur zu, wenn die Grundimmunisierung keinen Schutz böte. Betrachtet man die Hospitalisierungsraten der +60er, dann zeigt der letzte RKI -Wochenbericht (S.27) kaum einen Unterschied zwischen 2-und 3-fach Geimpften. Insofern liegt die Impfquote dieser Altersgruppe bei fast 90% und es ist davon auszugehen, dass sich diese Menschen erneut boostern lassen, falls es als sinnvoll erachtet wird.



    Schwerwiegender ist allerdings der Umstand, dass diese selektive und epidemiologisch fragwürdige Impfpflicht dieser Altersgruppe eine verfassungswidrige Bevormundung einer Bevölkerungsgruppe darstellt. Da der Fremdschutz nicht mehr gegeben ist, könnte man der Logik Herrn Lauterbachs folgend auch eine Pflicht auf Betablocker für bestimmte Personengruppen fordern, die das Gesundheitssystem "überlasten". Man könnte diese Maßnahmen auf andere Risikogruppen nach Belieben ausdehnen.

    • @Jutta57:

      Schlussfolgern Sie daraus, dass eine allgemeine Impflicht sinnvoller ist?

      • @Uranus:

        Eine allgemeine Impfpflicht wäre damals (Prä-Omikron) sinnvoll gewesen.



        In jedem Fall aber für Menschen im Gesundheitssektor.

  • Woher will man denn wissen, dass eine Omikron-Infektion keinen Schutz gegen die nächste dominante Variante bringt, wenn diese aber momentan, logischerweise, noch unbekannt ist? Omikron rechtfertigt schlicht keinen Impfzwang, nicht umsonst haben die Österreicher die Impfpflicht sistiert.

    • @FancyBeard:

      Wissen kann man es nicht definitiv, aber man darf davon ausgehen, wie man es ja auch bei der Wuhan-Vakzine, die gut gegen Omikron wirkt, beobachtet. Das Immunsystem ist nicht statisch, sondern es reift. D.h., dass auch B-und T-Zellen gegen neue Epitope, die durch Mutationen im Spike entstehen mit der Zeit gebildet werden.



      Sinnvoll wäre eine Impfpflicht für alle- insbesondere die Jüngeren gewesen. Sinnlos und ethisch fragwürdig ist sie allerdings bei den über 60 Jährigen, da diese nicht zu den Pandemietreibern gehören und zudem größtenteils schon geimpft sind.

      • @Jutta57:

        Die ungeimpften über 60 jährigen verursachen gigantische Kosten auf den Intensivstationen (und sterben dann doch). Selbstverständlich hätte auch diese Mini-Impfflicht was gebracht.



        Wenn Impfgegner wie Erwachsene behandelt werden wollen, dann wäre es konsequent dass sie alle einen Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung zahlen und die zusätzlichen Kosten nicht von den anderen getragen werden. Mit dem Geld könnte man dann auch mehr Ärzte bezahlen. (Das Problem ist ja, dass mehr als 90% von den Impfgegnern persönlich recht haben, dass es für sie nur ähnlich einer Grippe ist. Der Rest verursacht aber die Kosten und keiner weiß wie es bei ihm selber sein wird.)

        • @Jens Freund:

          Ich glaube, Sie haben meine Punkte nicht verstanden. Wenn Sie auf die immensen Kosten durch Ungeimpfte hinweisen, müssen Sie diesen Aspekt auch für andere Krankheiten, für die es gute medizinische Interventionen gibt, anwenden. Selbst bei Covid19 müsste man sich Gedanken darüber machen, inwieweit selbst veschuldetes Übergewicht und dessen Folgen sich in Krankenkassenleistungen wiederspiegelt, denn auf den Covid-Stationen ist dieser Aspekt entscheidender als der Impfstatus.



          Entscheidender im Angesicht der Tatsache, dass die nächste Pandemie sowieso vor der Tür steht, ist m.E. aber ein Blick auf mangelhafte Leistung der klinischen Forschung zu Covid in Deutschland. (keine einzige registrierte, randomisiert kontrollierte Studie für nichtpharmakologische Interventionen, was auch unethisch gegenüber den zu wenig rekrutierten Patienten ist.)



          Mehr als 1,6 Milliarden Euro hat das BMBF mittlerweile hier investiert, aber das Resultat ist ernüchternd. Die Gründe dafür sind sehr vielschichtig, falsch verstandener Datenschutz spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Vergleicht man die Situation mit Ländern wie UK (z.B. Recovery Studie) oder der Discovery-Studien (Frankreich, Spanien etc.) oder mit der Solidarity Studie der WHO (der sich D viel zu spät anschloss), dann muss man in D von einem Armutszeugnis reden. Dafür haben es deutsche Politiker glänzend verstanden, im absurden bürokratischen Infektionsmaßnahmen-Klein-Klein die Sympathien der Bürger zu verspielen. Da hilft es auch nicht weiter, wenn sie und die Medien dies in einer Haltet-den-Dieb-Folklore zu kaschieren versucht und weiterhin, statt sich auf aussagekräftige Beobachtungs-Studien und Datenerhebungen zu verlassen, lieber Modellierern (ein Gebiet im Bereich der Infektiologie, das in Deutschland noch nie einen besonders guten Stand hatte) vertraut, deren Ergebnisse nicht besser sind als die von Horoskopen.