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Klimaschutz und Fridays for FutureGefährliche Fixierung auf 1,5 Grad

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Klimabewegung sollte nicht ein unerreichbares Ziel zum einzigen Entscheidungsmaßstab machen. Sonst wird sie sich nie über Erfolge freuen können.

So richtig das 1,5-Grad-Ziel in der Theorie ist, so unrealistisch ist es in der Praxis Foto: Christian Ditsch/imago

A m Freitag protestieren sie wieder weltweit auf der Straße und im Netz: Die Schüler*innen von Fridays for Future (FFF) und alle, die ihre Forderungen teilen. Und mit dem Motto „Kein Grad weiter!“ machen sie klar, was sie wollen: eine Politik, die geeignet ist, „die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, so die zentrale FFF-Forderung. Dieses Ziel ist grundsätzlich völlig richtig.

Steigt die Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit im globalen Durchschnitt nur um 1,5 Grad, da sind sich die Wissenschaftler*innen einig, fallen der Meeresspiegelanstieg, der Rückgang von Ökosystemen und die Zunahmen bei Extremwetterereignissen deutlich geringer aus, als wenn der Anstieg 2 Grad beträgt. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass irreversible Kipppunkte im Klimasystem überschritten werden, etwa wenn Eisschilde abschmelzen oder Methan aus dem Permafrost freigesetzt wird, nimmt oberhalb von 1,5 Grad deutlich zu.

Gleichzeitig ist die völlige Fixierung auf das 1,5-Grad-Ziel aber gefährlich. Denn so richtig dies Ziel in der Theorie ist, so unrealistisch ist es in der Praxis – auch wenn man kein Pessimist ist. 1,1 der 1,5 Grad sind bereits erreicht. Um die 1,5-Marke noch zu unterschreiten, wären so schnelle und so radikale Veränderungen nötig – und zwar weltweit –, dass dies Ziel faktisch unerreichbar ist. Das räumen auch viele Wissenschaftler*innen ein.

Nicht nur die Industrieländer, sondern sämtliche Staaten müssten dafür zwischen 2050 und 2060 den Ausstoß von Treibhausgasen auf null gesenkt haben; und selbst dann wären in den meisten Szenarien negative Emissionen, also die unterirdische Einlagerung von CO2 aus Biomasse-Verbrennung, erforderlich, um das Ziel zu erreichen.

Drohende Resignation

Aus gutem Grund ist im Paris-Abkommen darum auch nicht das 1,5-Grad-Ziel festgeschrieben, sondern ein Ziel von „deutlich unter 2 Grad“, verbunden mit „Bemühungen, den Anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen“. Um Deutschland auf einen einigermaßen sicheren 1,5-Grad-Pfad zu bringen, müsste das Land bereits 2026 klimaneutral sein – was so unrealistisch ist, dass auch die Grünen als selbst erklärte Klimaschutzpartei kein Konzept haben, das damit im Einklang steht.

Dass das 1,5-Grad-Ziel kaum mehr realistisch ist, heißt nicht, dass man es aufgeben sollte. Politische Forderungen einer Bewegung sollten sich ja nicht nur am vermeintlich Machbaren orientieren, sondern am objektiv Notwendigen. Aber es wäre klug, das Ziel weniger absolut zu betrachten, als es derzeit unter Klimaaktivist*innen der Fall ist. Denn dort schwingt oft die Sorge mit: Wenn erst mal die 1,5 Grad überschritten sind, ist alles zu spät. Und damit verbunden die Kritik: Alle Maßnahmen, die nicht die sichere Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zur Folge haben, sind eine Katastrophe. Das ist eine gefährliche Strategie.

Zum einen kann die Verengung auf ein kaum erreichbares Ziel zu Problemen bei der Mobilisierung führen. Wenn klar wird, dass die 1,5 Grad nicht mehr zu schaffen sind, droht eine Resignation: Dann noch zu vermitteln, dass auch der Kampf für 1,7 oder 2,1 Grad lohnt, wird um so schwieriger, je mehr im Vorfeld der Eindruck erweckt wird, ab 1,5 Grad sei die Welt nicht mehr zu retten.

Zum anderen nimmt sich die Bewegung durch das 1,5-Grad-Ziel als einzigen Maßstab die Möglichkeit, auch mal Erfolge zu feiern, zu denen sie beigetragen hat. Denn die gibt es durchaus: So ist die Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Emissionen der EU bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren, ziemlich spektakulär – vor allem wenn man bedenkt, dass genau das vor fünf Jahren noch von den großen deutschen Umweltverbänden gefordert wurde und von den Grünen noch vor zwei Jahren. Trotzdem reagierte FFF-Vorkämpferin Luisa Neubauer auf die Ankündigung mit beißender Kritik: Der Vorschlag werfe die Frage auf, „ob die Kommission das Paris-Abkommen überhaupt einhalten möchte“, sagte sie.

Kohle aus dem Markt gedrängt

Ähnlich verhält es sich mit dem jüngsten Klimapapier von Peter Altmaier: Das liest sich über weite Strecken so, dass man nicht weiß, ob es vom CDU-Wirtschaftsminister stammt oder von Fridays for Future. Natürlich kann man zu recht fragen, ob es reale Konsequenzen haben wird. Aber dass Altmaier sich zumindest auf dem Papier die Analyse der Bewegung zu eigen macht, ist eine relevante Verschiebung, denn an diesen Worten wird man ihn in Zukunft messen können.

Auch bei der Kohle ist die Situation weitaus besser, als die Empörung der Bewegung über das viel zu späte Enddatum vermuten lässt: Denn unabhängig von dieser politischen Einigung werden die Kohlekraftwerke derzeit viel schneller aus dem Markt gedrängt als von der Kohlekommission jemals erhofft – und zwar nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen des höheren CO2-Preises der EU, der nach einer hart umkämpften Reform jetzt erstmals Wirkung zeigt.

Das Gleiche kann auch in anderen Bereichen gelingen. Der CO2-Preis für Heizen und Verkehr, auf den sich die Bundesregierung unter dem Eindruck des Klimastreiks vor einem Jahr geeinigt hat, ist zwar auch nach seiner deutlichen Erhöhung durch den Bundesrat noch zu niedrig. Aber er ist ein Schritt in die richtige Richtung, auf den künftige Regierungen aufbauen können.

Solche Fortschritte nicht anzuerkennen, sondern stattdessen sogar zu verteufeln, weil sie nicht für das 1,5-Grad-Ziel langen, ist nicht nur für die weitere Motivation der streikenden Schüler*innen gefährlich. Es ist auch politisch kontraproduktiv. Denn wenn es bei der Empörung auf der Straße keinen Unterschied macht, ob Rückschritte, Stagnation oder zu kleine Fortschritte beschlossen werden, ist das auch entmutigend für jene, die innerhalb der Regierung um solche Verbesserungen ringen. Eine erfolgreiche Klimapolitik braucht darum beides: große Ziele und scharfe Kritik – aber auch einen Blick für kleine Erfolge.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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24 Kommentare

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  • Grüner Wasserstoff bzw. E-fuels erfüllen als Speicher leider nicht die in sie gesetzten Heilsversprechen. Bei intrinsisch nicht verbesserbarer Thermodynamik ist über die Speicherung von Green-H2 kaum mehr als 30% Gesamtwirkungsgrad bei Rückverstromung auch zukünftig leider nicht drin! Der Weg liegt viel eher in einer gewissen Verzichts-Demut, in windarmen Dunkelzeiten eben auch den momentanen Energieverbrauch -preisgesteuert*)- sowohl privat, als auch industriell zu drosseln. Schon bei Wilhelm Busch mahlte der Müller nur bei kräftigem Wind!

    *) wobei es a) preisreduzierte Grundkontingente für Geringverdiener, als auch b) dementsprechende CO2-Steuer-Rückerstattungen für den Export in CO2-"schmutzige" Länder geben muss. Was robuste Zollgrenzen für den Import und Export um teilnehmende Länder mit hohem CO2-Preis bedingt. (>60,- pro Tonne CO2). Robuste Z0ll/Grenzen sind bei den Linken leider umstritten.

    • @Martin L.:

      Was hat der von Ihnen angesprochene Wirkungsgrad mit dem Problem Klimawandel zu tun? Genau. Gar nichts.

  • "Die Grünen reden schon seit Jahrzehnten in den Kommunen wo sie mitregieren von Radwegen, ÖPNV usw. Sie müssen auch mal liefern!"



    Das entscheidende Wort ist hier "mitregieren". Denn da müßen auch die jeweiligen Koalitionspartner mitspielen. Ansonsten wird ja schon geliefert.In Berlin die Pop-up-Radwege,die teilgesperrte Friedrichstraße,Fahrradstraßen,sonstige Radwege. Leider diese Maßnahmen z.T. nicht "gerichtsfest" oder meist nicht wirklich durchdacht. Denn für die angestrebte Verkehrswende ist das Rad schon ein wichtiger Bestandteil,allerdings ist der ÖPNV noch wichtiger um das Auto zu ersetzen. Also erst mal den ausbauen,bevor man versucht den MIV unattraktiv zu machen.Im Moment sitzen viele Leute immer noch lieber bequem im eigenen Auto im Stau,als eng gedrängt im "unregelmäßigen" S-Bahnverkehr stehend zu warten.

  • Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, dass dieses Gerede über Kompromisse junge Menschen radikalisieren könnte? Ihre Zukunft steht in Flammen oder geht unter oder vertrocknet, weil die Mächtigen versagen. Wie lange noch, bis die Verzweifelten zu den Waffen greifen?

  • Selbst wenn wir ab morgen weltweit sämtliche Industrie stillegen würden, ürden die Folgen der Industriealisierung noch Jahrzehnte wenn nicht gar Jahrhunderte nachwirken.



    Deswegen waren und sind die Ziele der Klimabewegung völlig absurd.



    Und ein vernünftige, nachhaltiges, sozialverträgliches und obendrein technisch unstezbares Konzept, wie es anders und besser gehen könnte, haben die sowieso nie gehabt und haben es bis heute nicht.



    Deswegen kann ich zur gesamten Klimabewegung nur sagen:



    Eine Horde hyterischer Dummschwätzer, die ohne Substanz und rein aus Prinizp gegen alles ist.



    Deswegen werde ich nie verstehen, wie angeblich gebildete Menschen so etwas gutheißen und verteidigen können.

    • @Denkender_Buerger:

      Bitte denken, bevor Sie absurde Leserkommentare schreiben: Absurd ist die Forderung 1,5° rein garnicht: Ganz fixes Handeln ist nötig, denn jetzt und nur jetzt haben wir dank Pandemie ein ganzes Jahr wirtschaftlichen Schneckentempos weltweit, ab März 2020 bis DER Impfstoff da ist, was letztlich auch die Klimaerwärmung nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch messbar bremsen muss. Die entsprechenden Forschungen müssen betrieben und und ausgewertet werden. Können wir den Klimawandel bremsen oder nicht, eine genauere Prognose wird möglich, wenn die Wissenschaft die Zeit nutzt für eine genaue Diagnose, ob die flächendeckende Kurzarbeit als Nebeneffekt evtl. tatsächlich "ökologische Früchte" trägt.

      • @Uwe Kulick:

        Vorher denken!



        Obwohl Elefanten gewiss kluge Tiere sind, gehen sie nie ins Theater. Das kann seine Gründe haben!



        Aber auch umgekehrt ist es wie beim Wetter - erst die Statistik belehrt und darüber.



        Wer beim Camping Feinfrost-Spinat ißt, wird das kaum merken, weil er da sowieso Sand zwischen den Zähnen hat.



        Betrachtet man es im Ganzen, geht viel davon verloren, weil die Leute früher mehr Zeit hatten.



        Nie wird jemand begreifen, wozu ein Einzelgänger fähig ist - denn der, der am lautesten Schreit hat die meiste Angst.

        Und wer verworrene, zusammenhangslos Kommentare in die Welt setzt, muß sich nicht wundern, wenn er darauf solche Reakionen erhält.

  • Mir scheint, Malte Kreutzfeldt hat über die Jahre zuviel „Realo“-Kreide gefressen. Das Problem der Grünen und auch der NGOs ist doch, dass sie Kompromisse viel zu oft vorwegnehmen, nur um ihren Anhänger*innen/Spender*innen (vermeintliche) Erfolge verkaufen zu können.

    Ich hoffe und denke nicht, dass die Fridays so einfältig sind. Denn es geht ihnen nicht um Spendeneinnahmen oder abstrakte Erfolge anhand von entsprechend vorsichtig progonstizierten Kennzahlen, sondern um die eigene f***ing Lebensgrundlage.

    Übrigens, beim Feilschen ist es auch nicht schlau, den endgültig erreichenbaren Preis zu antizipieren und diesen dann als Einstiegsgebot zu nennen.

    Einfach weniger Fixierung auf parteipolitische Kristallkugelschauerei – denn erstens kommt es anders und zweitens, als mensch denkt 😉



    Statt dessen konsequent das fordern, was vernünftig und notwendig ist.

    • @RufusBerlin:

      Er hat nicht Realokreide gefressen, sondern teilt den grünen Machtinstinkt, der auf Schwarzgrün zielt. Dabei kann es noch schlimmer kommen. Während die Aktivist*en auf der Straße die GroKo satt sind, könnte politisch ein dementsprechender GAU stattfinden, nämlich notgedrungen, weil die CDU den falschen Kandidat aufstellt, und daher die GANZ GROßE Koalition einzige Möglichkeit wird: Schwarzrotgrün. Da wäre selbst ein Bundeskanzler Habeck nur ein grünes Feigenblättchen im Bunde der drei etablierten Konservativen Parteien.

      Genau das kann und darf Umweltaktivisten nicht kümmern. 1.5% fordern, solange das noch möglich ist, ist doch absolut logisch, und rein überhaupt garnichts spricht dagegen. Heute kam die Meldung, dass das Corona-Jahr mitsamt Lockdown der deutschen Wirtschaft kaum geschadet hat. Also, spätestens im Frühjahr, wenn ein brauchbarer Impfstoff zweifelsfrei da sein wird, muss im Klimaschutz Vollgas gegeben werden im Sinne von weniger Klimagas. Das hält die deutsche Wirtschaft auch noch aus. Notfalls die Beziehungen der EU zu den USA abbrechen, damit die Pipelne weiter gebaut werden kann, und dann von heute auf Morgen alle Kohle durch Gas substituieren. Das geht. Garantiert. Tesla macht es vor, wie man Industrie schnell baut. Berlin hat auch ein Superindustrieareal brach liegen, um neue Technologien zu produzieren, nämlich den BER, der jetzt schon pleite ist! Statt mit Massenmalleluftverkehr von Berlin aus die Atmosphäre klimazuvergasen, Windräder und Pumpspeicher-Kraftwerksteile dort bauen, usw. Das geht nicht nur tatsächlich - in Norddeutschland würde man sagen "wat mutt mutt!"

      Nur Mut, Herr Kreuzfeldt, und nicht so völlig verzweifelt verzagte Kommentare wie den Ihren hier, bitte! Den hätten Sie sich man lieber sparen sollen. Der taz laufen ja vor Schreck wieder Leser weg.

  • Etwas enttäuscht mich, dass Malte Kreutzfeld die wahren Motive hinter Altmaiers 20-Thesen-Papier hier offenbar nicht entlarvt:



    Schließlich beweint unser Wirtschaftsminister nur das eigene Versagen seiner Regierung mit 20 dicken Krokodilstränen-- höchst fadenscheinig: ausgerechnet vor den Kommunalwahlen in NRW, um dann wenige Tage später mit seiner EEG-Novelle und völlig unzureichenden Ausbau-Zielen für Erneuerbaren Energien in Deutschland die letzten Sargnägel für Photovoltaik und Speicher zur Eigenversorgung zu schmieden…

  • Natürlich müssen wir uns darüber klar sein, dass das 1,5°C-Ziel nicht mehr und sogar 2°C kaum noch zu halten sind:



    Dazu hätte man nämlich schon seit 10 Jahren entschlossen handeln müssen, um in diesen Tagen die letzten Kohlekraftwerke abzuschalten und durch erneuerbare Energie ersetzen zu können oder ab 2021 mit attraktiv leistungsstarkem Bahnverkehr im Deutschland-Takt ausschließlich noch E-Autos neu zuzulassen:



    Dieser Zug ist offenbar schon lange abgefahren und jene Pariser 1,5°C sind selbstverständlich kein reales Ziel mehr, sondern starkes Symbol des Vorwurfs der FfF-Generation an eine gescheitertes Politik-System, das diesen Planeten ungebremst auszuplündernfortfährt, als gäbe es kein Morgen und das dringend reformiert gehört, wenn es unsere Zivilisation nicht in die Apokalypse einer unausweichlichen Klima-Katastrophe führen soll...

  • " ... müsste das Land bereits 2026 klimaneutral sein – was so unrealistisch ist, dass auch die Grünen als selbst erklärte Klimaschutzpartei kein Konzept haben, das damit im Einklang steht."

    Seit wann müssen Forderungen des Natur- Umwelt- und Klimaschutz im Einklang stehen mit nicht vorhandenen Konzepten einer Partei. Bewegungen müssen Parteien vor sich hertreiben. Nicht ihnen hinterherlaufen.

    Auch die Grünen.

    Die Grünen reden schon seit Jahrzehnten in den Kommunen wo sie mitregieren von Radwegen, ÖPNV usw. Sie müssen auch mal liefern!

  • 1G
    15610 (Profil gelöscht)

    Der Unterschied zwischen Ihnen und Herrn Kreutzfeld ist schlicht der, dass er die Klimakrise differenzierter wahrnimmt und die Komplexiztät gesellschaftlicher und politischer Entscheidungsprozesse realistischer beurteilt und damit die Thematik deutlich ernster nimmt als jene, deren Idealismus sich in kämpferischer Geste zu erschöpfen droht. Ergebnisorientierter Pragmatismus ist mühsam und langwierig, liefert obendrein weniger medientaugliche Bilder, in der Konsequenz jedoch den größeren Erfolg.

  • 1)solange der abnehmende grenznutzen des geldes nicht berücksichtigt wird ist mit konsequenten klimaschutz nicht zu rechnen.



    ein einheitlicher marktpreis pro tonne co2 bringt die armen gegen den klimaschutz auf und bewirkt bei den reichen keine hinreichende verhaltensänderung

    die grünen sind beim klimaschutz nicht erfolgreich weil sie keine soziale sondern eine marktkonformistische partei sind

    co2 steuern die erstens mit der menge der individuellen co2-emissionen



    zweitens mit dem individuellen einkommen und drittens mit der zeit steigen sind sozialverträglicher und effizienter als ein einheitspreis pro tonne co2

    sie müssen ausserdem weltweit einheitlich erhoben werden-weil staaten die sich nicht am klimaschutz beteiligen sonst einen wettbewerbsvorteil haben

    ein hinreichender teil der einnahmen aus der co2 besteuerung muss zur reduzierung der armut verwendet werden-damit die armen summa summarum bessergestellt werden



    damit kann man ihre zustimmung zum klimaschutz kaufen

    die reichen und besserverdienenden wird man zum klimaschutz zwingen müssen

    2)alle gelder die für aufrüstung verschwendet werden gehen dem klimaschutz und der umverteilungspolitik verloren

    darum sind die sebstgerechten sinophoben und russophoben diskurse der grünen äusserst schädlich

  • Sind die Wahlprogramme von Parteien kompromißlos und realistisch umsetzbar? Sind Forderungen in Verhandlungen, zum Beispiel von Betriebsräten, Gewerkschaften oder Koalitionspartnern, realistisch und absolut umsetzbar?

    Oder handelts sichs nicht immer um Maximalziele, die man in die Waagschale werfen muss, um das Bestmögliche herauszuholen, um Druck für die die eigene Postion auszuüben?

    Während für die einen die Bewegung nicht radikal genug ist, weil sie die Systemfrage nicht stellt und strikt auf Gewaltlosigkeit setzt, findet der Nächste hochgesteckte Ziele für kontraproduktiv.

    Frag mich manchmal, warum ausgerechnet an eine Schülerbewegung Ansprüche gestellt werden, die so weder an Politik noch Wirtschaft noch an etablierte Bewegungen gestellt werden.

  • Im ganzen richtig. Ich halte aber die Leute von FfF für klug genug, das längst zu wissen.

    Dennoch ist Frau Neubauers Kritik an die Komission völlig berechtigt.

  • Das zentrale internationale Thema von Greta Thunberg und FFF ist "treat the crisis as a crisis". Und das ist überhaupt nicht unrealistisch. Solange noch solche Kommentare wie dieser von Herrn Kreutzfeldt in Zeitungen erscheinen, können wir davon ausgehen, dass die Klimakrise noch immer nicht als Krise begriffen wird. Denn Herr Kreutzfeldt verliert kein Wort über die sozialen Kipppunkte, die eben erst in eben dieser Zeitung Thema waren: taz.de/Wissenschaf...bewegung/!5711557/ Außerdem stellt er die Grünen als Klimaschutz-Partei dar und überhöht das lächerliche Klimapapier von CDU-Wirtschaftsminister Altmaier. Die entscheidende Gemeinsamkeit von EU Green Deal, von den Grünen und von Altmaier ist nicht etwa, dass sie das 1,5-Grad nicht ernst nehmen, sondern dass sie die Klimakrise nicht wie eine Krise behandeln.

    Erst wenn alle wichtigen Akteure auf dem Stand sind, dass sie die Krise als Krise begreifen, dann können wir anfangen darüber zu reden, welche Ziele innerhalb des Krisenmodus realistisch sind. Das wird dann aber eine ganz andere politische Landschaft sein mit ganz anderen Grenzen des denk- und sagbaren.

    • @user21617:

      "Und erst wenn alle auf dem Stand sind"....den natürlich user21617 definiert, werden wir merken dass wir vorher hätten reden und (ver)handeln müssen.

    • @user21617:

      und wo soll Sie herkommen die ganz andere politische Landschaft ...

  • Ich habe diese Fixierung auf irgendwelche virtuellen Zielvorgaben nie verstanden. Die Frage ist doch nicbt, wieviel müssen wir erreichen, sondeen, wie können wir so viel wie möglich erreichen. Es ist natürlich einfacher, auf die Straße zu gehen, und zu sagen "wir wollen x erreichen", als wirklich Lösungen und Wege dorthin zu entwickeln. Deswegen ist FFF auxh nicht wirklich hilfreich.

  • Hallo,



    mich treibt seit längerem die Frage nach der richtigen Kommunikation der Frage Klimawandel (das Wort ist ja schon Teil des Problems) um. Die Fakten liegen ja auf dem Tisch; die gesellschaftliche Diskussion läuft und politische Forderungen und Beschlüsse gibt es bei allen Parteien.



    Was mir fehlt, ist eine Perspektive: Ich denke, die Bundesregierung sollte einen Plan in der Hinterhand haben, wie mit den Folgen des Klimawandels umgegangen wird, da die Folgen ja bereits sichtbar sind. Für diese Folgen scheint mir kein Plan im Hinterkopf der Politiker*innen vorhanden sein: Wohin mit den Menschen, die vor den Klimafolgen aus ihren Ländern fliehen müssen? Was tun wir in Europa, wenn die Trockenheit in Europa weiter zunimmt? Da die Temperaturen immer weiter steigen, benötigen wir eine Infrastruktur, um die Folgen erträglich zu machen? Brauchen wir in Schulen, Kitas, Pflege- und Altenheimen nicht Klimaanlagen? Wie gehen wir in der Landwirtschaft damit um, falls Wasser immer knapper wird? Gibt es Vorbereitungen auf den Anstieg des Meeresspiegels, der dazu führt, dass immer weniger Land für eine immer größer werdende Bevölkerung zur Verfügung stehen wird? Wie gehen wir damit um, dass die Migration auf Dauer immer stärker werden wird und Abschottung dann keine Option mehr sein wird (wohin mit den Menschen aus Spanien, Italien, Portugal, Griechenland, Südfrankreich?).



    Auf diese Fragen bietet mir im Moment keine Partei eine Antwort - es wird weiter so getan, als gäbe es noch eine realistische Chance, die Klimaerwärmung auf 2 Grad zu begrenzen; als wäre es noch nicht nötig, sich auf ein Worst-Case-Szenario vorzubereiten.



    Es sollte doch eine Diskussion darüber geführt werden, was in den nächsten Jahren getan werden muss, um schlimmstes zu verhindern.

  • Hi,

    wir sollten auf jeden Fall um jedes Zehntelgrad kämpfen, und natürlich sind 2,3°C auch viel besser als 2,5°C oder 3,3°C. Aber die Analyse, dass es "so schlimm nun auch nicht" aussieht, und dass wir doch schon viel erreicht hätten, stimmt leider kaum. Der climate action tracker (climateactiontrack.../cat-thermometer/) fasst es schön zusammen: Wir steuern auf 2,9°C (Unsicherheit: 2,1°C-3,9°C) zu, also wirklich auf katastrophale Folgen.

    Ich glaube, die unterschiedliche Wahrnehmung liegt auch daran, dass sich die Klimakriese leider von anderen Problemen wie Armut unterscheidet. Wenn wir zehn Jahre lang keine Fortschritte bei der Armutsbekämpfung machen, und dann aber in zwei Jahren große Fortschritte, dann haben zwar zehn Jahre lang mehr Leute gelitten, aber für die Gegenwart unterscheidet es sich kaum von der Variante, dass wir vor zehn Jahren schon große Fortschritte gemacht hätten und dann zehn Jahre nichts weiter passiert. Bei der Klimakriese ist es anders, weil das CO2 in der Luft bleibt. Die Ankündigungen von der EU und Altmaier wären vor 10 Jahren teilweise akzeptabel gewesen (wenn man sie denn auch umgesetzt hätte) - heute sind sie viel zu wenig, weil wir die Atmosphäre schon so zugemüllt haben und bisher auch keine Möglichkeit haben, den Müll wieder wegzuräumen. Deswegen schauen diejenigen, die schon seit 20-30 Jahren dabei sind auf die neuesten Entwicklungen und sagen: "Super, so viel hatten wir nie erreicht", aber die, die erst seit kurzem dabei sind oder die aktuellen Zahlen kennen sagen: "Scheiße, das reicht hinten und vorne nicht."

    Grüße

    Mika

  • Bei einer Temperaturerhöhung von 2 Grad, wird der Sommer 2018 der Standardsommer. Tausende Hektar Wald sind seitdem vertrocknet, die Klimazonen verschieben sich weiter und der Klimawandel steht erst am Anfang. Zur Stabilisierung des Weltklimas bräuchte es einen Wert von 380ppm, der ist aber schon lange überschritten. Politische Erfolge gab es in den letzten eineinhalb Jahren zuhauf, insofern, kann man die Messlatte wohl gar nicht hoch genug ansetzen.

  • Realistisch ist es, wenn die "Klimabewegung" jegliche Aktivitäten einstellt. Es wird nichts passieren, was den Klimawandel bremst, völlig egal, ob jemand protestiert oder nicht, so einfach ist das.



    Und dieser Status bleibt so lange erhalten, bis eines Tages die durch den Klimawandel verursachten Schäden so groß sind, dass Industrien, die ähnlich viel Kapital zur Verfügung haben wie die Erdöl-, Stahl- und Kohleindustrie Kampagnen auflegen, die im Kontext Klimawandel die Erkenntnisse der Wissenschaft zur Vorgabe für das Handeln der Politik machen werden. Allerdings wird es dann vermutlich zu spät sein.

    Oder anders gesagt: Wir werden nicht nur das 1,5°-Ziel nicht erreiche, sondern auch das 2°, 3° und 4°-Ziel verfehlen.