Missbrauchsvorwürfe gegen Woody Allen: Deconstructing Woody
Rowohlt will die Autobiografie von Woody Allen veröffentlichen. Andere AutorInnen wenden sich nun in einem offenen Brief an den Verlag.
Woody Allens Autobiografie sorgt nun auch in Deutschland für Diskussionen. Nach massiven Protesten der eigenen Mitarbeiter hat der US-Verlag Hachette die geplante Veröffentlichung in den USA zurückgezogen. Hintergrund sind die Vorwürfe an den Regisseur, seine damals siebenjährige Adoptivtochter Dylan Farrow 1992 sexuell missbraucht zu haben. Diese Vorwürfe werden auch von Dylans Bruder Ronan Farrow erhoben, der als Journalist den Weinstein-Skandal auslöste und zu den Mitauslösern der #MeToo-Bewegung zählt. Woody Allen bestreitet die Tat.
Die deutsche Übersetzung der Autobiografie soll weiterhin am 7. April bei Rowohlt erscheinen. Dagegen wenden sich nun allerdings AutorInnen des Verlages in einem offenen Brief, zu den ersten UnterzeichnerInnen gehören Till Raether, Margarete Stokowski, Kathrin Passig, Sebastian Janata, Giulia Becker, Nis-Momme Stockmann, Lena Gorelik und Sascha Lobo.
Hier im Originalwortlaut der Offene Brief:
„Sehr geehrter Herr Dr. Moritz Schuller,
wir sind enttäuscht über die Entscheidung des Rowohlt-Verlags, die Autobiographie von Woody Allen zu veröffentlichen.
Wir haben keinen Grund, an den Aussagen von Woody Allens Tochter Dylan Farrow zu zweifeln. Ihr Bruder Ronan Farrow hat sich nachdrücklich gegen die Veröffentlichung im Verlag Hachette ausgesprochen, in dem auch seine eigenen Bücher erschienen sind. Der Rowohlt Verlag hat die Bücher Farrows auf Deutsch veröffentlicht und ist damit in derselben Situation wie Hachette.
Unter anderem hat Farrow kritisiert, dass Allens Buch in den USA ohne Prüfung der darin enthaltenen Fakten erscheinen sollte. Nach gängiger Praxis müssen wir annehmen, dass ein “fact checking“ des Buches auch in Deutschland nicht erfolgen wird. Wie Ronan Farrow sind wir der Ansicht, dass dieses Vorgehen unethisch ist und einen Mangel an Interesse für die Belange der Opfer sexueller Übergriffe zeigt. Durch die Veröffentlichung würde der Rowohlt den Eindruck erwecken, dass es nach den Diskussionen der letzten drei Jahre – nachzulesen zum Beispiel in Ronan Farrows “Durchbruch: Der Weinstein-Skandal, Trump und die Folgen“ (Rowohlt 2019) – jetzt Zeit ist, das Thema abzuhaken und zu den alten Verhältnissen zurückzukehren. Es geht uns nicht darum, die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbinden. Allen mangelt es nicht an Möglichkeiten, sich mitzuteilen. Aber der Rowohlt Verlag muss ihn darin nicht unterstützen.
Wir zeigen uns solidarisch mit den Angestellten des Hachette-Verlags, deren Proteste dazu geführt haben, dass der Verlag sich gegen eine Veröffentlichung des Buches entschieden hat. Wir fordern Sie auf, diesem Beispiel zu folgen. Das Buch eines Mannes, der sich nie überzeugend mit den Vorwürfen seiner Tochter auseinandergesetzt hat, und der öffentliche Auseinandersetzungen über sexuelle Gewalt als Hexenjagd heruntergespielt hat, sollte keinen Platz in einem Verlag haben, für den wir gerne und mit großem Engagement schreiben.
Autorinnen und Autoren des Rowohlt-Verlags“
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