Umgang mit Jair Bolsonaro: Europäer müssten viel mehr zahlen

Statt zu kritisieren, müssten die Europäer Brasiliens Präsident Geld bieten. Viel Geld. Nur so ließe sich die Zerstörung des Regenwalds verhindern.

Emmanuel Macron im Profil

Schöne Worte werden verpuffen. Was zählt, sind finanzielle Hilfen für Brasilien Foto: reuters

Macron ist ein Macher. Macron kümmert sich. Auch und gerade um Belange von internationaler Dringlichkeit. So setzte Frankreichs Präsident erst eigenhändig die Brandkatastrophe im südamerikanischen Regenwald auf die Tagesordnung, als die in den sozialen Medien rauf und runter angeprangert wurde. Mit großzügiger Geste verkündeten die G7-Regierungschefs dann am Montag nach ihrem Treffen: 20 Millionen Euro Soforthilfe für den brennenden Amazonas. Dabei soll es um technische und finanzielle Hilfen gehen, um die Brände zu bekämpfen und die Schäden zu beheben. Rund die Hälfte davon steuert Großbritannien bei.

Ein bisschen wenig? Mehr haben diese sieben großen Wirtschaftsmächte nicht zusammenkratzen können? Nur zum Vergleich: 34 Millionen sind der auch nicht eben beeindruckende Betrag, den Svenja Schulze in Reaktion auf die von Bolsonaro durchgesetzen Rodungen kürzlich einfrieren ließ – und damit Projekte auf Eis legte, die sich um den Erhalt von Artenvielfalt und Aufklärungskampagnen kümmerten.

Damit machen es die Europäer Bolsonaro nicht sonderlich schwer, mit beleidigter Geste das Geld von sich zu weisen. Nach dem Motto: Kümmert euch um euer eigenes Waldsterben, ihr Kolonialisten. Wohlfeile Kritik von einem, der sich gegenüber den brasilianischen Ureinwohner*innen selbst aufführt wie ein Kolonialherr im 19. Jahrhundert. Schließlich ist sein erklärtes Ziel, selbst die Schutzgebiete der Indigenen wirtschaftlich nutzbar zumachen.

Am Dienstag ließ Bolsonaro schließlich verlauten, er nehme das Geld eventuell doch an, sofern sich Macron für seine „Beleidigungen“ entschuldige. Die beiden Staatschefs hatten sich übers Wochenende eine Fehde über Twitter geliefert, in der es irgendwann auch um die Attraktivität der Ehefrau Macrons ging. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass es dem notorischen Umweltzerstörer Bolsonaro, aber auch seinem französischen Kollegen mehr um ihre Egos geht, als um die Bekämpfung einer globalen Katastrophe.

Kompensieren statt kritisieren

Denn wenn es den Europäern wirklich ernst wäre mit dem Anliegen, den Regenwald zu schützen, müssten sie entschlossener vorgehen. Dann müssten sie der brasilianischen Regierung bei aller Antipathie Geld anbieten, um den Verdienstausfall bei Nicht-Rodung zu kompensieren. Damit einhergehen müsste zwingend die Förderung nachhaltigerer Wirtschaftszweige.

Um zu bekräftigen, dass ihnen Umweltschutz tatsächlich vor Profitstreben geht, müssen die G7-Länder zusätzlich Importstopps für Produkte einführen, für die Regenwald abgeholzt wird. Und die EU-Länder müssten Umweltschutzstandards als Bedingung für die Ratifizierung von Handelsverträgen wie dem EU-Mercosur-Abkommen machen.

All das wird schwer durchzusetzen sein, zumal mit einem Präsidenten wie Bolsonaro, dem die Bedeutung des Regenwaldes nicht klar zu sein scheint. Doch zuallererst müsste der politische Wille da sein, gemeinsam an sinnvollen globalen Strategien und ihrer Finanzierung zu arbeiten.

Doch die Scheinheiligkeit der weltweiten Regierungen hatte sich bereits bei kleineren Projekt gezeigt: 2007 hatte der damalige linke Präsident Ecuadors, Raffael Correa, mit der Yasuní-ITT-Initiative die Welt aufgefordert, Geld zu spenden, damit es sich für ihn lohne, auf Ölbohrungen in dem sensiblen Waldgebiet zu verzichten. Trotz mündlicher Unterstützung zahlreicher Regierungen waren von den geforderten 335 Millionen Dollar bis 2013 lediglich 13,3 Millionen zusammengekommen. Danach begannen die Ölförderungen mitten im indigenen Schutzgebiet.

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