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In fünf Schritten zum gerechten Wachstum

Während in Deutschland über grünes Schrumpfen diskutiert wird, leben viele Menschen auf der Welt noch immer in Armut. Braucht esWachstum, um das zu ändern? Und wie kann das mit Klima­schutz zusammengehen?

Von Malene Gürgen (Texte) und Katja Gendikova (Illustrationen)

Die Klimakrise kann verheerende Folgen haben, diese Erkenntnis ist in Deutschland mittlerweile in der Mehrheitsgesellschaft angekommen. Und politische Fragestellungen, die über viele Jahre ein Nischendasein fristeten, haben jetzt den Sprung in die große Öffentlichkeit geschafft, etwa: Muss die Wirtschaft angesichts der Klimakrise schrumpfen? Die Degrowth- oder Postwachstums-Bewegung proklamiert: Grünes Wachstum gibt es nicht – wir müssen weniger konsumieren, weniger produzieren, weniger emittieren.

Doch die Forderung nach einem Ende des Wachstums hat oft eine ­Leerstelle: Ihr fehlt die globale Perspektive. Grün schrumpfen oder grün wachsen, das wird in Deutschland für Deutschland diskutiert oder in den USA für die USA. Die Klimakrise aber schert sich nicht um nationale Grenzen. Das CO2-Budget kann man zwar auf einzelne Länder ­herunterrechnen, letztlich gibt es nur ein einziges: für die ganze Welt.

Kaum jemand bestreitet noch, dass die globalen Treibhausgasemissionen sinken müssen, und zwar stärker, als es die bisherigen politischen Maßnahmen bereits bewirken. Aktuell ist eine Erderhitzung um durchschnittlich 2,7 Grad wahrscheinlich. Das ist zwar besser als die mehr als 4 Grad, um die sich die Erde ganz ohne Klimaschutzpolitik erhitzen würde, aber es ist immer noch ein Szenario, in dem Milliar­den Menschen unter Dürren, Fluten, Hitzewellen und Hungersnöten leiden werden.

Für einen großen Teil der Welt sind Hunger und Armut dabei nicht nur mögliche Zukunftsszenarien, sondern die bittere Gegenwart. Länder wie Deutschland oder die USA, mit einer hohen Wirtschaftsleistung und einem hohen CO2-Ausstoß, bilden global gesehen die Ausnahme. Die allermeisten Staaten auf der Welt sind ärmer, sie produzieren weniger – und emittieren weniger.

Was bedeutet es also für die Welt, wenn grünes Schrumpfen gefordert wird, weil grünes Wachstum nicht möglich sei? Was bedeutet eine solche Forderung für ein Land wie Gabun, in dem das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf seit 1990 um mehr als 20 Prozent gefallen ist? Was bedeutet sie für ein Land wie Laos, wo sich die Wirtschaftsleistung pro Kopf seit 1990 vervierfacht hat, aber die Emissionen pro Kopf im selben Zeitraum auf das 23-Fache angewachsen sind? Gibt es für Länder, die bisher kaum zur Klimakrise beigetragen haben, ein Recht auf wirtschaftliche Entwicklung, auch wenn diese auf fossilen Brennstoffen basiert? Und wie viel Wirtschaftsleistung ist eigentlich notwendig, damit Menschen ein würdiges Leben führen können, egal ob in Deutschland oder Malawi?

Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsleistung, Treibhausgasemissionen und menschlichem Wohlergehen. Versuchen wir’s, in fünf Schritten.

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