Wölfe in Deutschland: Schutz nur noch in Schutzgebieten

Außerhalb von großen Wäldern sollen Wölfe bis zu einer Obergrenze abgeschossen werden können, verlangen Jäger- und Bauernverbände.

Ein Wolf steht im Wildpark Eekholt (Fotografiert durch ein Zielfernrohr).

Die Jäger wollen Wölfe ins Zielfernrohr nehmen Foto: dpa

BERLIN taz | Die wichtigsten Organisationen der Landwirte und Jäger verlangen, dass Wölfe sich nur noch in „Schutzarealen“ wie großen Wäldern oder Truppenübungsplätzen ungehindert ausbreiten. Außerhalb dieser Gebiete sollten die bisher unter strengem Artenschutz stehenden Tiere gejagt werden, um den Bestand zu begrenzen. Das geht aus dem „Managementkonzept für den Wolf“ hervor, das das Aktionsbündnis Forum Natur am Mittwoch vorgestellt hat. Mitglieder unter anderem: der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Bauernverband.

Die Wölfe sind im Jahr 2000 nach ihrer Ausrottung vor 150 Jahren dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem wächst der Bestand jährlich um etwa 30 Prozent. Nach Schätzungen des DJV leben hierzulande inzwischen mehr als 1.000 Tiere, eine Verdopplung innerhalb von drei Jahren sei realistisch. „Damit nehmen die Konflikte weiter zu“, warnen die Jäger.

Tatsächlich steigt auch die Zahl der von Wölfen gerissenen Nutztiere. Viele Bauern sehen dadurch die vergleichsweise tier- und naturfreundliche Viehhaltung auf der Weide gefährdet. Zudem nehmen Sorgen zu, dass Wölfe Menschen gefährden könnten.

„Der Wolf hat in Deutschland ein Existenzrecht. ‚Willkommen Wolf‘ allein reicht aber nicht“, sagte DJV-Präsidiumsmitglied Helmut Dammann-Tamke. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung, wie viele Wölfe Deutschland vertrage. Sonst drohe der komplette Akzeptanzverlust, so Dammann-Tamke.

Jäger halten Population für groß genug

Die Verbände des Aktionsbündnisses empfehlen deshalb „ein aktives Bestandsmanagement nach dem Vorbild der skandinavischen Schutzjagd.“ Dazu müssten die einzelnen Bundesländer die Bestände festlegen, „nach oben eine Grenze definieren, die weiterhin die gerade auch naturschutzfachlich dringend notwendige Weidetierwirtschaft garantiert.“

Dem Konzept zufolge soll Deutschland in drei Kategorien eingeteilt werden: „In Wolfsschutzarealen soll sich der Wolf unbeeinflusst entwickeln können, etwa in großen Waldgebieten oder auf Truppenübungsplätzen. In Wolfsmanagementarealen soll der Wolf grundsätzlich toleriert sein, seine Bestände aber auf Basis der individuellen Akzeptanzgrenzen in den Ländern reduziert werden. In Wolfsausschlussarealen sollen territoriale Wolfsrudel nicht toleriert werden, insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenabwehr. Urbane Gebiete gehören dazu ebenso wie der alpine Raum oder Weidetierhaltung mit großem Konfliktpotenzial“, schreiben die Verbände.

Anders als das Bundesamt für Naturschutz ist das Aktionsbündnis der Meinung, dass die Wölfe in Deutschland bereits den „günstigen Erhaltungszustand“ erreicht hätten, der Abschüsse gemäß Naturschutzrecht erleichtern würde. Eine Bedingung dafür ist, dass die Population groß genug ist, um langfristig zu überleben.

Die zuständigen Behörden sehen dieses Kriterium nicht als erfüllt an. Dabei zählen sie aber nur die Wölfe in Deutschland und Westpolen mit, denn diese bildeten eine von anderen getrennte Population.

Das Aktionsbündnis dagegen meint, dass die hiesigen Wolfsvorkommen Teil einer baltisch-osteuropäischen Population mit mittlerweile über 8.000 Individuen sind. Deren günstigen Erhaltungszustand halten die Organisationen für „zweifelsfrei erwiesen“. Sie haben sich für ihr Konzept von Sven Herzog beraten lassen, einem Dresdner Professor für Wildtierökologie und Jagdwirtschaft.

Der Naturschutzbund (Nabu) lehnte die Forderungen ab. „Jegliche Eingriffe in die Population sind rechtswidrig und zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig, da ein günstiger Erhaltungszustand der Wolfspopulation noch nicht erreicht ist“, sagte Artenschutzexpertin Claudia Grünewald. Wölfe zu bejagen schütze weder Menschen noch Weidetiere wie Schafe.

Stattdessen sollten die Agrarminister endlich „umfassenden Herdenschutz ausreichend finanziell und unbürokratisch fördern“, verlangte Grünewald. „Nutztiere in Wolfsgebieten müssen geschützt sein.“ Dafür müsse die Bundesregierung ein Herdenschutzkompetenzzentrum einrichten.

Die Sicherheit von Menschen steht der Naturschützerin zufolge an oberster Stelle und bereits jetzt lassen es die Naturschutzregelungen zu, dass vermeintlich auffällige Wölfe „entnommen“ werden können. Jagd-Praktiken wie in Schweden dagegen seien EU-rechtswidrig und zögen Vertragsverletzungsverfahren nach sich.

Auch das Bundesamt für Naturschutz teilte der taz mit, nach der jüngsten Analyse von 2013 sei der Erhaltungszustand der Art immer noch ungünstig. Diese Einstufung werde lediglich alle sechs Jahre aktualisiert. „Der nächste nationale Bericht ist in Vorbereitung und die Ergebnisse der Befassung können nicht vorweg genommen werden“, so die Behörde Die Schätzung des DJV, wonach in Deutschland mehr als 1000 Wölfe leben, sei nicht seriös. Denn die Bundesländer würden nur Rudel, Paare und territorialen Einzeltiere erfassen. Die Rudelgrößen würden aber stark variieren. Im Monitoringjahr 2017/2018 seien in den bestätigten Wolfsterritorien nur 213 bis 246 erwachsene oder fast erwachsene Wölfe gezählt worden.

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