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Wirtschaftskompetenz der CDUDeutschland sucht den Streber-Merz

Wäre es nach dem CDU-Parteichef gegangen, dann müsste er sich jetzt an seinen Adventskerzen wärmen. Warum er das Streber-Gen verlor und wie es um Welpe Olaf steht.

Wir waren mal die Streber der Nation: CDU-Vorsitzender Friedrich Merz Foto: Frank Hoermann//Sven Simon/imago

D ie Minderjährige, die zu meiner Erkältungsinfektionsgemeinschaft gehört, findet mich unangenehm streberhaft. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt. Eine fiebrige Erkältung? Nun ja, wozu gibt es Grippetabletten, Nasenspray und Hustenstiller? Schließlich bin ich in der Redaktion – und auch sonst – völlig unverzichtbar!

Die Minderjährige dagegen hat es nicht eilig, das Krankenbett zu verlassen. Was ist gemütlicher, als mit Wärmflasche auf dem Bauch und Handy in der Hand auf den Zimmerservice zu warten und zwischendurch Netflix leerzugucken? Genau. Nichts! Nur Streber gehen zur Schule, wenn noch irgendwo was kratzt oder hüstelt.

Ich mache mir deshalb große Sorgen. Die Stre­ber*in­nen sterben aus, und zwar überall. Die CDU gehörte beispielsweise jahrelang zu den Top-Streberinnen der Republik. Die CDU wusste stets, was die Wirtschaft brauchte oder woran es ihr mangelte, noch bevor diese es selbst ahnte. Wirtschaftskompetenz war praktisch die DNA der Union. War. Inzwischen jedoch scheint bei den Konservativen gentechnisch etwas schiefgelaufen zu sein. Das Streber-Gen ist verloren gegangen, vor allem was die Wirtschaftskompetenz angeht.

Es fing damit an, dass CDU-Chef Friedrich Merz kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine einen vollständigen Boykott russischer Gaslieferungen durch Nord Stream 1 forderte. Eine solche Eskalation sei notwendig. Vermutlich müsste er sich 20 Pullover anziehen und seine Füße an den Adventskerzen wärmen, denn die aktuellen Höchsttemperaturen liegen im heimischen Sauerland bei 0 Grad. Die Gasspeicher für diesen Winter wären jedenfalls nicht voll, wenn Wirtschaftsexperte Merz politisch mitzureden hätte.

Noch im Sommer sagte Wirtschaftsexperte Merz zudem eine Pleitewelle der Unternehmen für den Herbst voraus. Sie stünden am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Tatsächlich blieb die Pleitewelle bisher aus. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist im dritten Quartal sogar um 0,3 Prozent gewachsen.

Noch schlimmer sieht es im Bereich Migration aus. Die Wirtschaftsvertreter schreien nach Arbeitskräften, wo immer ein Mikrofon hingehalten wird. Sogar deutsche Sprachkenntnisse sind ihnen mittlerweile egal, denn es fehlt Personal für Tätigkeit aller Art – vom Lkw-Fahrer über die Reinigungskraft die bis zur IT-Spezialistin. Doch Merz und die Seinen glauben noch immer, Deutschland habe ein Problem mit „Fachkräften“. Alle anderen müssen umgehend abgeschoben werden und schon gar nicht die unschätzbar wertvolle deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Es scheint, die CDU braucht dringend ein paar strebsame Wirtschaftsfachkräfte.

Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen, dass Lernfähigkeit sehr unterschiedlich verteilt sein kann. In Mertins’ Welpenparadies beispielsweise unterscheiden wir zwischen den Olafs, den Friedrichs und den Roberts. Olaf ist immer etwas verpeilt, zuweilen orientierungslos, aber auch irgendwie putzig, weshalb er eine beachtenswerte Fangemeinde hat.

Friedrich versucht immer wieder durch die Welpenkistenwand zu gehen, die weiterhin nicht durchlässig ist. Er kläfft und knurrt die Wand an. Und dann ist da noch der Robert, der immer Erster sein will und das Rudel führt, ohne dass die anderen es merken. Und immer wird an einem Kunststückchen geübt. Ein Streber eben.

Doch, doch, ein paar Streber gibt es noch. Unter Robert Habeck hat der Wirtschafts- und Klimaministerium an so vielen Gesetzen gearbeitet, dass wegen Burnouts ganze Abteilungen umgebaut werden mussten.

Allerdings gibt es immer in einem Wurf auch einen Welpen, der sich am liebsten auf die faule Haut legt und von einem Leben als einzige lange Streicheleinheit träumt. Mit diesem Welpen hat sich ganz überraschend die Minderjährige angefreundet. Derzeit hängt ihr Lebensglück davon ab, ob wir den Faulpelz behalten. Er guckt sogar schon sehr interessiert auf das Handydisplay. Eine echte Seelenverwandtschaft.

Was ist nur aus der Wertschätzung für Stre­be­r*in­nen geworden?

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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13 Kommentare

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  • ...Wirtschaftskompetenz war die DNA der Union...



    Wie inzwischen wohl wirklich jeder mitbekommen haben dürfte, definiert sich "Kompetenz" bei diesen Nebenerwerbspolitikern nur zu oft über die Korrelation zum persönlichen Reibach. Kompetenz und Union schließen sich ansonsten scheinbar aus. Siehe Dobrint, von der Leyen, oder Spitzenreiter -SCHEUER- Es drängt sich tatsächlich die Frage auf, ob Inkompetenz es lediglich leichter macht an entscheidende Schlüsselpositionen zu kommen, oder ob es eine Voraussetzung ist. Wie wir jedoch derzeit erleben müssen, scheint sich dieses Phänomen leider nicht auf die Union zu beschränken, zumindest was mangelnde Expertise betrifft.

  • "Tatsächlich blieb die Pleitewelle aus"

    Hinter dem Link zum Satz findet sich die Überschrift "Mehr Pleiten, aber keine Insolvenzwelle"

    Fand sich kein besser Beleg für die These der taz, dass es keine Pleiten gab? 🤪

    Die Bäcker konnten wohl, wie Habek später verlautete, wohl "ihre wirtschaftliche Tätigkeit einstellen - und später vielleicht die Brötchenproduktion wiederaufnehmen, [als] die Zeiten besser [waren]".

    Und das Hantieren mit Bazookas und Doppelwummsern war dann wohl ach nur heraus geschmissenes Geld

  • Man muss sich noch mal die Tagessätze anschauen, für die FM das Land NRW beraten hat, dann erkennt man, worin die Wirtschaftskompetenz besteht…

  • Wo sind denn die Bierdeckel des Herrn Merz? Da warte ich immer noch darauf.



    Wahrscheinlich im Feuer der Adventskerzen aufgeraucht.



    Ein Blender erster Güte!

  • Streber Habeck hat in nur zwölf Monaten mehr zur Erderwärmung (und zur Verarmung vieler Staaten der 'dritten Welt') beigetragen als sämtliche Vorgänger der Merkel-Regierung ! Wer immer nur aus Unkenntnis oder Panik immer nur den angeblich Größten und 'Systemrelevanten' hinterher läuft, geht mit ihnen unter und viele produktive Unternehmen aus dem Mittestand, die wir in einer nachkapiktalistischen Wirtschaftsordnung noch brauchen, müssen schon vorher aufgeben. Wir brauchen dringend eine ökologische Wirtschaftswissenschaft, die Klima und Wohlstandsinteressen zusammenbringt und nicht den erwirtschafteten Reichtum auf einem sich selbst zerstörenden globalen 'Markt' sich auflösen läßt. Laienschauspieler wie Merz, Habeck oder Scholz zerstören mit der Förderung der Globalisten ein auf Solidarität und vor allem lokaler Zusammenarbeit fussendes System, sie sind handelnde Akteure in der Klimakatastrophe.

  • "Wäre es nach dem CDU-Parteichef gegangen,"

    ..... hätte sich Deutschland, nach Auffassung des ukrainischen Regimes, nicht noch schuldiger am Tod vieler Ukrainer gemacht.



    Aber: Innerhalb zweier Monate den Gasimport auf 35% (bis ca. 25. April) zu senken, war eine Frage des Geldes. Von wegen Abhängigkeit! Im Juli startete die Retourkutsche Russlands aufgrund der Vertragsverletzungen.



    Welch "Glück", dass Deutschland die selbst hochgetriebenen Preise auf dem Weltmarkt, zu Lasten anderer, leisten konnte.



    Fragt sich in dieser Gesellschaft wirklich, wer mit dem Gaskrieg, der nichts mit Sanktionen zu tun hat, begonnen hat, aber auch, wer alles dem bereits zum Opfer gefallen ist. Wirklich?

    Dann kam auch noch das Theater mit der Turbine hinzu. Kanada fürchtete die angedrohte Klage Selenskyjs (wg. Sanktionen). Die Außenministerin setzte gegenüber ihrer kanadischen Kollegin "diplomatisch" die Furcht ein, es gäbe in Deutschland Aufstände, sollte die Turbine nicht geliefert werden.



    „Wenn wir die Gasturbine nicht bekommen, dann bekommen wir kein Gas mehr, und dann können wir überhaupt keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten, weil wir dann mit Volksaufständen beschäftigt sind“, sagte sie wörtlich, und weiter: „Das ist Teil von Diplomatie.“ (Talkshow „RND vor Ort“). Welch ein diplomatischer Coup gegenüber Freunden.







    Welch ein Märchenland!

    • @Blick:

      Sorry, bereits Ende Mai startete die Retourkutsche Russlands.

      Ach, und: "Unter Robert Habeck hat der Wirtschafts- und Klimaministerium an so vielen Gesetzen gearbeitet, dass wegen Burnouts ganze Abteilungen umgebaut werden mussten." Na, ob nicht das ganze Land einem klima- und wirtschaftspolitischen Burnout zunehmend unterliegt?

  • Aufbau West!



    Seit 10 Jahren baue ich einen nicht ganz kleinen Weihnachtsmarkt auf.



    Die Belegschaft wechselte über die Jahre beständig, wer kann schon spontan 4 oder 5 Tage am Stück 8 bis 12 Stunden arbeiten?



    Der organisierende Verein stellte so Rentner, Arbeitslose und Flüchtlinge ein.



    Zu Spitzenzeiten durfte ich 30 "HelferInnen" betreuen, was "interessant " war.



    Mittlerweile sind Einige sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Schön, dass das, für VertreterInnen aus allen Bereichen, geklappt hat.



    So machen Weihnachtsmärkte doppelt Sinn.



    Dass die weibliche doppelte Verstärkung aus der Hauptschule Handwerksausbildungen starten, ist zukunftsweised. Der Marrokaner hat ein Vorstellungsgespräch, der libanesische IT Fachmann macht gerade noch den Deutschkurs fertig, dem Elektriker aus dem Iran dürften die Anfragen auch eher hinterher laufen.



    Die Jungs mit türkischem Migrationshintergrund wiesen auf Ihre guten Deutschkenntnisse hin, wärend sich die polnischen Helfer eher ausschwiegen.



    Da mein Rücken noch 30 Jahre halten muss, war ich dankbar für die Hilfe.



    Ist immer wieder lustig, wie so eine bunte Truppe zusammenarbeitet.



    Mit den deutschen Rentnern allein hätte es jedenfalls nicht geklappt.



    Wenn die Rentnerpartei CDU mal wieder ans Arbeiten käme, würde sie bemerken, wie Zukunft funktioniert.

  • Aber auch Wirtschaftsweise u Bachmann aus USA haben ihm diesen Unsinn eingeredet. Und die von ihnen als Ausgleich Algerien-Spanien-Frankreich-Deutschland -Southstream- Pipeline ist immer noch nicht fertig. So sind diese Traumtänzer der Steinigung entkommen.

  • "Vermutlich müsste er sich 20 Pullover anziehen und seine Füße an den Adventskerzen wärmen ..."

    Müsste er nicht. Solche Typen kaufen den Armen das Gas unterm Arsch weg. Und zwar das, was Erstere für ihr Komfort, Zweitere fürs Überleben brauchen.

    Eigentlich ist das das Modus Operandi der Reichen im Bezug zum Klimawandel: "nah, wird ja nicht so schlimm kommen". Stimmt. Erwischen tut's immer zuerst die Armen (über die Länder hinweg, aber auch innerhalb eines Landes).

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Was ist nur aus der Wertschätzung für Stre­be­r*in­nen geworden?"



    www.youtube.com/watch?v=VhVD9eh4BGY

  • Merz war nie ein Strebertyp. Ein sauberer Streber wär ja noch halbwegs respektabel. Der „Fifi“ ist ein billiger Hochstapler, immer schon gewesen. Bezeichnend seine erfundenen (Moppedrocker…) „Jugendsünden“. Die angeblichen Sünden wären ohnedies peinlich genug gewesen.



    www.spiegel.de/pan...nden-a-107627.html

    • @guzman:

      Also ich hatte mal, ich meine in der FAZ, gelesen, Merz sei Doors-Fan gewesen und ich mutmaße nach Lektüre Ihres verlinkten Spiegelartikels, nur seine Heirat mit 26 hat ihn vor dem Schicksal Morrisons gerettet.



      Viel Zeit blieb da nicht mehr.