Söders Absage an die Kanzlerkandidatur: Leere Worte

Dass CSU-Chef Söder CDU-Chef Merz den Vortritt für die Kanzlerkandidatur lassen will, sollte Letzterer mit Vorsicht genießen. Es könnte zum Déjà-vu kommen.

Ministerpräsident Söder in den Bergen

Das letzte Wort ist nicht gesagt. Markus Söder am 4. Januar an der Zugspitze Foto: Angelika Warmuth/dpa

Das war mal wieder ein echter Markus Söder. Der CSU-Chef hat gemeinsam mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz ein Zeitungsinterview gegeben, aus dem die Nachricht geworden ist: Söder will Merz bei der nächsten Kanzlerkandidatur den Vorrang lassen. Man darf davon ausgehen, dass dies beabsichtigt war. Im Oktober wird der Landtag in Bayern neu gewählt und für Söder steht viel auf dem Spiel.

Wird die CSU noch schlechter abschneiden als beim letzten Mal, sieht es für seine politische Zukunft düster aus. Da signalisiert selbstverständlich ein Ministerpräsident, der wiedergewählt werden will, dass sein Herz allein für Bayern schlägt. Nur geben darf man darauf wenig. Denn dass die CDU „im Normalfall“ den Vorrang gegenüber der CSU habe, wie Söder sagt, ist, bedenkt man die Größe der beiden Parteien, nicht nur ein Allgemeinplatz, sondern heißt eben auch: Es kann von dieser Regel auch Ausnahmen geben.

Und dass er selbst keine Ambitionen mehr habe? Ja mei, geht man gestärkt und beliebt aus einer Landtagswahl hervor, dann können sich Ambitionen schon noch mal ändern. Zumal Merz laut Umfragen persönlich weiter unbeliebt ist und sich da wenig ändert. Auch vor dem Machtkampf mit dem glücklosen Ex-CDU-Chef Armin Laschet, betonte Söder mantraartig, dass er nach Bayern gehöre. Und kämpfte dann bis weit über die Schmerzgrenze hinaus um die Kanzlerkandidatur.

Nun wird Merz nicht Laschets Fehler wiederholen, Söder seine vermeintliche Festlegung abzunehmen. Und niemand in der Union will, dass sich ein so zerstörerischer Streit zwischen CDU und CSU noch einmal wiederholt, denn der ist mitverantwortlich dafür, dass die Union eingebrochen ist und das Kanzleramt verlor. Doch trotz des Debakels 2017 gibt es bis heute kein Verfahren, wie sich die beiden Schwesterparteien auf einen Kandidaten einigen wollen.

Das letzte Wort noch nicht gesagt

Es wird wieder darauf hinauslaufen, dass sich die beiden Vorsitzenden einigen. Räumt Merz die Frage nicht früh genug ab, könnte sich das rächen. Merz will sicherlich Kanzlerkandidat werden und wird so kurz vor dem Ziel das Feld nicht freiwillig räumen. Sollte die CSU bei der Landtagswahl gut abschneiden – und danach sieht es derzeit aus –, könnte Söder sein stärkster Konkurrent werden.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident in NRW, der auch infrage käme, ist frisch im Amt, noch jung und kann noch vier Jahre warten. Bis dahin könnten die Erfolgsaussichten für die Union auch weiter gestiegen sein. Zuvor aber ist gut möglich, dass der eigentliche Machtkampf zwischen Merz und Söder noch aussteht.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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