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Wirtschaftshistoriker über EU-Krise„An einem Kipppunkt“

Steht jetzt der Euro auf dem Spiel? Dass die Groko in Berlin Coronabonds ablehnt, vertiefe die Spaltung zwischen Nord- und Südeuropa, sagt Adam Tooze.

Die Fratze Europa? In der Coronakrise zeigt sich, wie gut es um die Wertegemeinschaft bestellt ist Foto: Stefan Boness/Ipon

taz: Herr Tooze, Deutschland will in der Eurozone keine gemeinsamen Anleihen, sogenannte Coronabonds, um Südeuropa aus der Krise zu helfen. Ist das klug?

Adam Tooze: Kurzfristig ist das für Scholz und Merkel vorteilhaft. Sie vermeiden es, die AfD zu stärken, die ja aus Protest gegen die Eurorettung entstanden ist. Langfristig ist es unklug.

Warum?

Deutschland profitiert enorm von der Eurozone – die durch dieses Nein geschwächt wird. Der Frust in Italien und Spanien ist enorm. Ich habe mit einem Minister in Madrid gesprochen, der keineswegs euroskeptisch ist, aber sehr wütend. Die Hoffnung in Berlin, dass es ohne Bonds geht, ist naiv.

Malene Korsgaard Lauritsen
Im Interview: Adam Tooze

53 Jahre alt, ist Professor für Geschichte an der Columbia University in New York. 2018 erschien seine Studie „Crashed“. Sie gilt als Standardwerk über die Finanzkrise 2008.

Deutschland hat, gegen die Niederlande, immerhin durchgesetzt, dass die ESM-Kredite an keine Reformzwänge geknüpft sind. Ist der Eurorettungsschirm ein brauchbares Instrument?

Nein. Die Italiener können ESM-Mittel nicht akzeptieren, abgesehen davon, dass die Summen ohnehin zu gering sind, um die italienische Wirtschaft wieder anzukurbeln. Es ist den Deutschen nicht klar, wie viel Schaden in der Eurokrise angerichtet worden ist. Von 2008 bis 2018 hat sich die wirtschaftliche Kluft zwischen Deutschland und Italien enorm vergrößert: um 8.000 Euro pro Jahr und Kopf beim Bruttosozialprodukt. Das ist ein Desaster für die italienische Gesellschaft.

Der Streit um das Geld

Das EU-Hilfspaket

Das EU-Hilfspaket besteht bisher aus drei Säulen: Der Euro-Rettungsfonds ESM vergibt Kredite bis zu 240 Milliarden Euro. Die Europäische Investitionsbank kann Kredite von bis zu 200 Milliarden Euro an Firmen vergeben. Und 100 Milliarden Euro aus EU-Mitteln können zur Förderung von Kurzarbeit verwendet werden.

Die Verhandlungen

Am Donnerstag verhandeln die Regierungschefs. Berlin denkt an einen etwas größeren EU-Haushalt, Spanien will hingegen einen 1,5 Billionen Euro schweren Wiederaufbaufonds. (sr)

Umfragen zeigen, dass die Hälfte der Italiener mittlerweile für einen EU-Austritt ist. Die politische Elite in Berlin nimmt das nicht ernst. Warum nicht?

Ich kenne smarte deutsche Kollegen, die im Finanzministerium akribische Kleinarbeit geleistet haben, um ESM-Projekte verschiedenster Art zu entwerfen. Das ist gut gemeint – aber politisch nicht machbar. Der ESM ist in Italien ein Symbol für die Arroganz der Deutschen und anderer Nordländer. Das sehen nicht nur die Populisten dort so, die mit Anti-ESM-Ressentiments arbeiten, sondern auch proeuropäische Politiker. Man begreift in Berlin nicht, welche Narben die Eurokrise in Südeuropa hinterlassen hat.

In Krisen treten Machtverhältnisse klarer zutage. Was sieht man da? Ist Deutschland in der EU die dominierende oder hegemoniale Macht?

In der Eurokrise nach 2010 war der Hegemonialbegriff in einigen Momenten hilfreich. Es gab Situationen, in denen in der EU Führung und Ideen gefragt waren, die nur aus Berlin kommen konnten. Jetzt ist die Lage anders. Berlin muss nicht führen, es muss sich nur kooperativ verhalten und signalisieren „Ja, die Bonds sind eine gute Idee. Machen wir. Wir steuern unser Kreditrating bei, das kostet praktisch nichts.“ Alles, was von Berlin erwartet wird, ist ein Ja zu den Coronabonds. Die EU braucht Deutschland momentan nicht als Hegemon. Deutschland verhindert, mehr nicht. Es ist ein Vetoplayer.

Warum tritt Berlin so vehement auf die Bremse?

Die politische Elite in Deutschland fürchtet, dass mit den Coronabonds eine grundsätzliche Entscheidung für die Vergemeinschaftung von Schulden in der Eurozone fällt. Die Angst ist, dass Frankreich und Italien die Situation ausnutzen, um die Eurobonds durchzusetzen, die sie schon seit Langem wollen. Berlin glaubt, dass in der Ausnahmesituation ein Präzedenzfall entsteht. Außerdem neigt Deutschland dazu, seinen Beitrag zu überschätzen. Es geht darum, im Verhältnis zur Bevölkerung und zur Wirtschaftsleistung Haftung zu übernehmen. Das wären etwa 26 Prozent der Bonds, nicht mehr.

Ist der Streit um die Coronabonds nur der normale EU-Zoff um Geld? Oder geht es um eine Existenzfrage für den Euro?

Es spricht viel dafür, dass wir an einem Kipppunkt stehen, an dem sich lang aufgestaute Spannungen entladen, die nicht mehr mit den üblichen Instrumenten der Kompromissbildung bearbeitet werden können. Das Vorpreschen der neun EU-Staaten, die Coronabonds gefordert haben, war ein lautes Signal. Ich vermute, dass man im Finanzministerium in Berlin schockiert war über diesen demonstrativ öffentlichen Schulterschluss von Paris, Rom, Madrid und anderen. Und Macron lässt nicht locker. Er hat der Financial Times ein fulminantes Interview gegeben.

Woher rührt die Phobie der Deutschen vor Schulden? Hat das historische Wurzeln?

Das wird oft behauptet. Aber schauen Sie sich die Geschichte an. Wie die anderen Länder in Westeuropa hat die Bundesrepublik ab den 1970er Jahren Schulden gemacht, um den Wohlfahrtsstaat zu finanzieren. Bei den Staatsschulden lag Deutschland unter Kohl im EU-Mittelfeld. Der Sonderweg der Deutschen in der Fiskalpolitik ist neu. Er beginnt mit Rot-Grün und der ersten GroKo. Hartz IV und die Sparpolitik markieren einen Bruch, eine Politik der Disziplinierung und Selbstdisziplinierung, die zu Schuldenbremse und schwarzer Null führt.

Geschichte spielt bei dem deutschen Nein zu Bonds keine Rolle?

Doch, aber anders, nicht im Sinne eines fortwirkenden historischen Traumas. Es gibt von Kohl zu Merkel einen Bruch im Geschichtsverständnis. Für Kohl war die Integration Deutschlands in Europa fundamental – und die EU eine Frage von Krieg und Frieden. Und Kohl hat das Bismarck’sche Konzept vertreten: Es gibt Momente in der Geschichte, in denen große Männer handeln müssen, egal was es kostet. Die neue Politikergeneration der 90er hatte die Nase davon voll. An dessen Stelle ist in Berlin die Idee getreten, dass die Globalisierung der große Schulmeister ist, der die Staaten zwingt, ihre Hausaufgaben zu machen. Fortschritt wird als Wettbewerbsfähigkeit definiert. Denn nur durch flexible Anpassung an die Globalisierung entstehen Autonomie und Handlungsfähigkeit für Staaten. Das ist die Lektion, die Berlin Südeuropa erteilen will.

Also bräuchten wir mehr Kohl, weniger Merkel?

Das ist Spekulation. Aber Kohls Geschichtsverständnis erlaubte es ihm, über Kleinigkeiten wie die Haushaltsdisziplin hinwegzusehen.

Die EZB hat vor Wochen angekündigt, für 750 Milliarden Euro Staatsanleihen zu kaufen, um die Finanzmärkte zu beruhigen und die Zinsen für Italien und Spanien auf ein tragbares Niveau zu drücken. Ist das ein Ersatz für Coronabonds?

Faktisch ja. Die EZB rettet momentan den Euro, aber sie gerät in ein Problem. Sie muss ihr Mandat extrem weit auslegen, um überhaupt Staatsanleihen aufkaufen zu können. Die EZB sagt, sie würde damit ein funktionsfähiges Geldsystem aufrechterhalten, so wie es ihr Job ist. Doch Konservative werfen der EZB vor, mit fadenscheinigen rechtlichen Begründungen eine Risikoumverteilung zu betreiben, die Coronabonds ähnelt. Diese Kritik ist nicht unplausibel.

Konservative EZB-Kritiker wollen damit vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Was passiert dann?

Das Bundesverfassungsgericht wird vor das Dilemma gestellt, ob es die Anleihenkäufe der EZB für unrechtmäßig erklären kann. Damit würde es aber die gesamte EZB-Politik verwerfen, was nicht vorstellbar ist, weil dann die Eurozone kollabiert. Also wird das Bundesverfassungsgericht die fadenscheinigen Gründe der EZB akzeptieren und sich lächerlich machen. Aber: Diese Situation existiert nur, weil die EZB tun muss, was die Politik sich nicht traut – nämlich den Euro zu stabilisieren. Das ist ein Teufelskreis. Die Bundesregierung kann sich das Nein zu Coronabonds leisten, weil seit der EZB-Ankündigung die Zinsen in Italiens nicht mehr in die Höhe schießen. Weil die Zinsunterschiede wegen der EZB-Intervention nicht mehr so dramatisch sind, braucht man ja keine gemeinsamen Bonds. So erneuert sich der Status quo immer wieder.

Nicht wirklich schön, aber es funktioniert irgendwie. Ist das nicht typisch EU?

Dieser Status quo ist aber nicht stabil, er ist brüchig. Ihm fehlt die demokratische Grundlage. Er delegitimiert alle Akteure. Auch Merkel und Scholz.

Inwiefern?

Wenn Merkel und Scholz systematisch über die Bedingungen ihrer Politik nachdenken würden, würden sie erkennen: Die EZB schafft auf illegitimer Basis erst die Stabilität, die dann die kleinkarierte Politik in Berlin und Den Haag möglich macht. Faktisch handelt die EZB wie eine normale Zentralbank, aber ohne dafür eine solide rechtliche Grundlage zu haben.

Ist dieses Durchwurschteln nicht der normale Modus der EU?

Als Brite habe ich nichts gegen Pragmatismus. Durchmogeln ist nicht das Ende der Welt. Aber man muss sehen, dass diese Methode Grenzen hat und jetzt in der Krise exorbitante politische Kosten produziert: Die Legitimität der EZB, der EU, der Eurozone und der deutschen Politik und der Verfassungsorgane wird beschädigt.

Am 23. April findet die nächste Videokonferenz der Regierungschefs statt. Was ist von Merkel und Scholz da zu erwarten?

Es ist noch nicht absehbar, ob Berlin etwas konstruktiv tun will und zum Beispiel einem Wiederaufbaufonds zustimmt. Ich bezweifle das eher. Frankreich ist derzeit als strategischer Akteur beweglicher und wichtiger – nicht nur in der EU, auch bei der Frage der globalen Entschuldung armer Länder. Interessant ist die Frage, ob Paris so weit geht, mit den acht Partnerländern eigene Coronabonds aufzulegen – ohne Berlin, aber mithilfe der EZB.

In Deutschland plädieren auch neoliberale Ökonomen für Coronabonds. Das wäre in der Finanzkrise undenkbar gewesen. Ist das wichtig?

Ja, das ist sehr wichtig. Die neoliberalen Ökonomen haben ein Tabu gebrochen und Gesprächsbarrieren weggeräumt. Genauso bemerkenswert ist übrigens, dass auch Herr Weidmann von der Bundesbank für Coronabonds ist. Sie retten damit ein Stück weit das Gesicht der deutschen Politik. Italienische und spanische Politiker, die für die EU werben, können ihren Wählern zumindest sagen: Es gibt auch vernünftige Deutsche. Deutschland ist kein völlig hoffnungsloser Fall.

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34 Kommentare

 / 
  • Hier mal eine andere Sichtweise eines Reporters, der auch in Italien lebt, und nicht in Berlin-Mitte:



    www.n-tv.de/politi...ticle21725727.html

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Habe mir gerade meine Äuglein gerieben. Wertegemeinschaft? Von welcher Wertegemeinschaft soll hier die Rede sein?

  • Coronabonds bedeuten de facto die Aufgabe der Budgetsouveränität des Parlamentes und verschiebt mehr Macht zur Exekutive, welche mit den anderen Regierungschefs verhandeln wird. Gemeinsame Haftung bedeutet eben auch gemeinsames Handeln, ob man das will oder nicht. Die Bonds werden den Einfluss der Nord- auf die Südländer noch erweitern, spätestens wenn da irgendwelche AfD-Ideen umgesetzt werden wird auch die taz an diesen Hebel erinnern

  • [...]

    Hat den beispielsweise mal einer durchgerechnet, was uns die Cornabons kosten, und welche Vorteile sie – den Südländern & uns – konkret bringen, & welche Kostenszenarien umgekehrt, z.B. mit einem Nein zu Coronabons & einem Bestehen auf den ESM verbunden sind?



    Wenn unsere Wahl tatsächlich sein sollte, dass wir nur wählen können:



    I.Ungezügelte Vergemeinschaftung von Schulden (was den EU-Regularien widerspricht), oder



    II.Austritt der Südländer aus der EU,



    ja dann bin ich, der ich ein sehr überzeugter Europäer bin, & die friedenstiftende Wirkung der EU nicht hoch genug bewerten kann, dennoch dafür, dass es die Südländer dann eben ohne die EU versuchen sollten. Zumal sie dies sowieso aus einer Vielzahl von Gründen nicht machen würden.



    UND ich bin entschieden dagegen, dass wir mit „CoronaBons“



    antidemokratisch & faschistisch abgedriftete Regierungen unterstützen, welche sich von den Werten der EU doch GEZEIGT längst abgewandt haben.



    Es braucht vielmehr eine EU-weite Systemangleichung. Und wenn infolge einer EU-weiten Systemangleichung unter Ausschluss rechtsradikal, antidemokratisch agierender Regierungen eine Schwächung Deutschlands eintreten würde, OK! Aber doch nicht unter Beibehaltung der gegebenen Systemunterschiede (z.B. hins. Rente, Sozialkassen,...). DENN dies hilft weder auf Dauer den Südländern, noch allen anderen EU-Staaten.



    Ebensowenig hilft es, wenn über Coronabons den Südländer Geld zur Verfügung gestellt wird, was diese dann zum Kauf D-Produkte einsetzen sollen, jedoch wir für die Hingabe dieser Gelder der Hauptschuldner sind. Dieses Konzept ist noch niemals auf Dauer aufgegangen, & würde es auch diesmal nicht. Daher NEIN zu „C-Bons"! 😉

     

    Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @tazeline:

      Die Dinger heißen ja noch nicht mal "Bons" ...

    • @tazeline:

      Tooze ist sowieso mit Vorsiht zu genießen, der ist ja eigentlich Experte für den Nationalsozialismus. Sein Buch zur Weltfinanzkrise war schon ziemlich wild. Glaube der Welterklärungsrum ist ihm ein wenig zu Kopf gestiegen. Wie er hier im Artikel schon die EZB-Politik als Stabilisierungsanker festgezurrt wird. Dabei haben die seit 12 Jahren eistierenden Niedrigzinsen ja gerade dazu geführt, dass sich einige Länder bewusst allen Reformen, womit ich fast keine Arbeitsmarktreformen nach deutschem Vorbild meine, verschließen konnten. Die Zukunft wartet aber nicht, man muss sich nur den desaströsen Deal anschauen, den die Italiener mit den Chinesen abgeschlossen haben.

    • @tazeline:

      Mir hingegen geht zunehmend auf den Senkel, dass Leute die offenkundig keinerlei wie auch immer geartete Sachkenntnis zu einem Thema haben (was bei Ihnen einerseits durch die wiederholt falsche Schreibweise des Wortes CoronabonDs und andererseits durch Ihre im letzten Absatz bekundete Ahnungslosigkeit bezüglich der Verwendung solcher Bonds nachgewiesen wird), sich berufen fühlen, ihre geistigen Ergüsse zum Besten zu geben.

      • @Kaboom:

        Na dann sind wir doch mal gespannt zu hören, was KABOOM denn so sachkundiges zum Thema zu berichten hat.

        Denn ihr Kommentar allein lässt nicht auf Sachkunde schließen und wirkt leider mehr populistisch als sachorientiert.

      • @Kaboom:

        Hahaha, das ist leider fast immer so, daß sich jeder Dummkopf berufen fühlt, seinen Senf dazugeben zu müssen. Nehmen Sie´s mit Humor.

  • Gutes Interview, gute Antworten. Leider sehr wahr, dass die EZB die Versäumnisse der Politik seit Jahren auffangen muss. Wir leiden bis heute an der sog. Finanzkrise, die bis heute nicht gelöst ist, aber klare Zuständigkeit der Politik wäre. Nach wie vor schlummern in den Bilanzen der europäischen Großbanken bis heute Milliarden schwere Risiken, von Italien über Spanien bis Frankreich, DE. Das damalige Hauptargument eines jeden Landespolitikers "too big to fail" gilt längst nicht mehr. Wir haben die MIttel und hatten die Zeit die Banken endlich zu gesunden oder gezielt abzuwickeln. Ziel wäre ein paar wenige gesunde Großbanken zu haben. Auch das hängt! Wie auch eine Entscheidung die vereinigten Staaten von Europa weiter zu bringen. Eurobonds wären ein Mittel zum Zweck. Wie sonst können wir zukünftig die Salvinis und Orbans verhindern wenn jeder so vor sich hinwurstelt und nur jeder seinen kurzfristigen Vorteil sieht?

    • @Tom Farmer:

      Das Argument mit der Bankenabwicklung ist richtig und wichtig. Seit der Vereinbarung gemeinsamer Regeln im Nachgang zur Finanzkrise gab es drei Banken, die regelgemäß abgewickelt hätten werden müssen.

      Diese drei Banken sind jeweils unter einsatz staatlicher Mittel durch Aufnahme weiterer Staatsschulden ("auf die paar Mrd. kommt es auch nicht mehr an") gerettet worden.

      Wissen Sie um welches Land es sich handelt?

      • @DiMa:

        Meinen Sie EU oder DE?



        In DE sind vorwiegend Landesbanken gerettet worden, insbesondere die HSH Nordbank und WestLB und auch die Bayerische Hypovereinsbank, mittlerweile von Unicredit geschluckt.



        Auf EU Ebene praktisch alle Großbanken jedes großen EU Landes, außer UK, die wurden weitgehend und substanziell stabilisiert, nicht nur kosmetisch.



        Wir haben ca. 15 europäische Großbanken die mehr schlecht als recht funktionieren, wir bräuchten analog USA allenfalls drei oder vier, die aber dann stabil wären.

        • @Tom Farmer:

          Wir brauchen überhaupt keine Großbank!

          Banken sind Hochrisikofaktor Nummer 1 und nur sich selbst verpflichtet.

          1.) Dem Normalsterblichen reicht ein Postscheckamt für den Zahlungsverkehr. (Da wird er nicht so abgezockt wie heute z. B. von Postbank/Deutscher Bank.)

          2.) Das Geld wird vom Staat geschaffen - und nur vom Staat. (Es beruht auf dem Gegenwert einer Volkswirtschaft und für diese garantiert nur der Staat.)

          Die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt - uns geht es viel besser, wenn die Großbanken bis dahin unter Staatskontrolle stehen.

          • @Rosmarin:

            Nein, so einfach ist das nicht.



            zu 1.) Wenn Sie international ein Geschäft machen wollen ist die Sparkasse nicht hilfreich. Da brauchen Sie eine Bank die in den entsprechednen Ländern auch aktiv ist. Otto-Normalbürger ist das kein gutes Beispiel.



            zu 2.) Nicht der Staat schafft Geld, sondern die Zentralbanken. Das sollten Sie trennen, und das ist auch rechtlich so getrennt! Das ist doch auch der Grund für die Vorwürfe an die Politik. EZB mit Draghi und Lagarde müssen retten, obwohl die nicht gewählt wurden und ggf. ihre Kompetenz überschreiten.

            Staatskontrolle....nein, da bin ich nicht dafür. Sie sehen doch wie das läuft. Das sind keine Leute die (Bank-) Geschäfte verstehen.

        • @Tom Farmer:

          Als Ausdruck wessen, oder wovon? Für die enorme Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen? Generell fehlenden bzw ungenügenden (Güter-)Absatzes? Einer psychopathologischen Besetztheit von Teilen der s.g. Finanzindustrie? Von allem Gesagten?

          Es ist nicht hinreichend, von stabilen Banken zu sprechen. Erforderlich, aber nicht hinreichend. Ebenso spricht nicht zwingend Verkleinerung für Stabilität. Auch zwei Banken, die rechtlich oder de facto nicht Zentralbanken sind, wären dem Untergang geweiht.

          • @Gerhard Krause:

            Ich befürchte Sie verwechseln die Begriffe Großbank und Zentralbank.



            Stabile Banken, also die mit guten Gewinnen leben vorwiegend auf Kosten der produzierenden Wirtschaft. Schon klar, daher bin ich auch alles andere als ein Bankenfan....ohne die gehts aber denke ich auch nicht.

            • @Tom Farmer:

              Dafür genügt die Zentralbank.

        • @Tom Farmer:

          Nein, ich meine die EU.

          Seit der Einführung entsprechender Regeln in der EU (sog. Bankenunion Mai 2014) sind ausschließlich italienische Banken mit Staatsgeldern gerettet worden, angefangen mit der Monte dei Paschi in Siena 2016/2017 und zuletzt die Banca Populari die Bari 2019.

          Die für die Überwachung der Verträge zuständige EU Kommission ist jeweils nicht eingeschritten, jeweils aus Angst vor den möglichen innepolitischen Folgen in Italien. Auch ein dieser Tage ständig benanntes Argument. Angst ist halt eine schlechte Ausgangsbasis.

  • Bei gemeinsamen Bonds besteht das prinzipielle Problem dass sie für die höher verschuldeten Partner (Italien, Spanien, ...) die Staatspleite zu einer attraktiven Option machen.

    Conte und Macron traut man vielleicht noch, aber 2 Jahre später nimmt der nächste rechtspopulistische bis extreme Regierungschef (Salvini? Marine Le Pen?) die geladene Waffe gegen die verhassten EU-Nachbarn dankbar in die Hand.

    • @Descartes:

      Das ist ja unsinnig. Nicht nur, dass Sie die Zukunft deuten können, sondern dabei auch noch die Vertragswerke bestimmen, in denen dann stehen würde: "Danke, ich mache dann mal pleite und/oder nehme Kredit bis Ultimo. ".

      Sie lasse ich besser keinen Vertrag aufsetzen. 😉

      • @Gerhard Krause:

        Nach der Bankenkrise 2009 wurde in der EU mit der Stimme und Unterschrift der italienischen Regierung vereinbart, das bei einer anstehenden Bankenpleite zuerst die Anteilseigner haften müssen und der Staat erst dann die Bank mit Steuergeldern rettet, wenn deren Mittel nicht reichen.



        Und was passiert darauf hin bei drei Bankenpleiten in Italien?



        Die Regierung ignoriert die Vereinbarung und rettet die Banken ausschließlich mit öffentlichen Geldern.



        Tut mir leid, aber die Zusagen italienischer Regierungen sind das Papier nicht wert, auf denen sie stehen.



        Und genau so würde es bei den Euro-Bonds ablaufen. Salvini und Co machen sogar bei ihren Wählern jetzt schon damit Werbung, Italien müsste nichts zurück zahlen.

        • @sb123:

          Jetzt mal umgekehrte Richtung: Erhöht die, ich gehe von ihr aus, eine Zentralbank die Zinsen, anders, wird ein Land für die Anleger eines anderen Landes interessant und ziehen diese (Anleger) ihr Geld aus dem betroffenen Staat ab, um damit von den Möglichkeiten in dem interessant gewordenen Staat partizipieren zu können, müsste der verlassene Staat seine eigenen Zinsen deutlich nach oben setzen und somit gleichfalls mit wohl eher öffentlichem Geld, dessen Verlust Sie hier beklagen, die gierigen privaten "Schnauzen" stopfen.

          Zu kompliziert? Aber so bereits geschehen zwischen Bundesbank und "Italien". Ja, Sie raten richtig: "Deutschland" Zinsen hoch (gesetzt), "Italien" musste nachziehen. Ja, Sie erkennen das Prinzip richtig: Die Bundesbank hat dadurch die italienischen Staatsschulden nach oben getrieben. (Man war in Italien bestimmt sehr dankbar.)

  • Ich lebe hier in Deutschland. Ich habe immer brav Steuer gezahlt.

    *Ich will Eurobonds jetzt*

    Ich bin auf gesunde, optimistische und finanziell gut gestellte Nachbarn angewiesen. Ausserdem lebt es sich besser so.

    Ich will Eurobonds. Nicht Coronabonds -- "naja, eigentlich wollen wir nicht, aber die Pandemie...". Nein. Ich will ein klares Bekenntnis. Seit wann haben wir uns von diesen Kleingeistern beherrschen lassen?

    Es ist... peinlich.

    • @tomás zerolo:

      Ganz abgesehen von der Tatsache, dass wir augenscheinlich unterschiedlicher Ansicht sind, weshalb beschränken Sie dann die Mithaftung nur auf die Währung und nicht den ganzen EU-Raum.

      Solidarität in der EU kann wohl keine Frage der Währung sein, sondern müsste wenn den dann schon von allen Mitgliedern verlangt, gegeben und gelebt werden.

      • @DiMa:

        Ja, dagegen habe ich auch nichts einzuwenden. Mir geht die Haltung der ungarischen oder polnischen Regierung (nicht nur!) in Flüchtlingsfragen gehörig auf die Nerven.

        Aber kehren wir erstmal vor der eigenen Tür, nicht?

        • @tomás zerolo:

          Nun den, nehmen wir mal an, die EU Bonds kommen und die Franzosen und Italiener wählen trotzdem "ihre" Orbans. Wie will man das mit der finanziellen Solidarität dann halten?

          Sind die Bonds erst mal eingeführt, verschwinden sie nach der nächsten oder übernächsten Wahl nicht mehr.

          Wir haften dann für die Politik all der Orbans mit, ob wir wollen oder nicht.

          • @DiMa:

            Das ist genau die Scheisse bei Solidarität. Man geht ein Risiko ein.

            Man kann sich nicht bei Allianz eine Versicherung dagegen kaufen.

            Aber das genau ist Solidarität. Ein Riskko für jemand anders einzugehen.

            Abgesehen davon, dass es im Konkreten Fall die Wahrscheinlichkeit eines Salvini oder eines wie-auch-immer-die-Nase-bei-Vox-heissen-mag erheblich verringert, aber das ist mal wieder praktisches Kalkül und für mich halb so wichtig.

            Ich nehme halt unsere Werte ernst (und verwechsle sie nicht mit Wertpapieren).

            • @tomás zerolo:

              Aus meiner Sicht bedeutet Solidaität erst mal nur, jemandem anderen zu helfen. Daher halte ich es für legitim, wenn solidarische Hilfe in einer Weise gelebt wird, welche für die Beteiligten überschaubar bleibt.

              Bereits die Forderung nach einem unüberschaubaren Risiko halte ich für unsolidarisch. Solidarität und Brechstange passen halt nicht zusammen.

              Letztendlich muss man auch die bestehenden Verträge im Auge behalten.

              • @DiMa:

                Wir werden uns nicht einig. Auch (und gerade!) in unüberschaubaren Lagen ist für mich Solidarität gefragt.

  • So ist es das Konzept der Schwäbischen Hausfrau war für Volkswirtschaften niemals richtig.

    Wir müssen endlich anfangen zumindest die Eurozone zusammen zu denken.

  • Hört sich doch schlüssig und vernünftig an,



    außer man folgt der Logik eines Schäuble und jetzt Scholz...

  • EU-Bonds sind ein Systemsprenger, ob mit oder ohne Corona.

    In einem System wie der EU gibt es zwei Möglichkeiten:

    Entweder jedes Land ist für seinen Haushalt (einschl. der Sozialsysteme) mit wenigen Einschränkungen selbst verantwortlich und trägt dann das Risiko der eigenen Pleite (so wei es jetzt ist)

    oder

    die EU ist für den gesamten dann harmonisierten Haushalt (einschl. Sozialsystem) mit wenigen Einschränkungen verantwortlich und alle dann tragen das Risiko einer Pleite insgesamt (sog. Vereinigte Staaten von Europa).

    Jede Zwischenlösung führt nur zur Spaltung und Missgunst verbunden mit einem erheblichen Risiko, dass eines der Länder doch mal Pleite geht und alle anderen Länder infiziert.

    Paris kann gerne mit anderen Ländern Corona-Bonds aufnehmen, genre ohne Berlin nur in jedem Fall dann bitte auch ohne die EZB. In diesem Fall bräuchten wir dann wohl zwei Zentralbanken.

    • @DiMa:

      Das sehen sogar italienische Zeitungen klarer:



      "La Repubblica“ am Mittwoch:

      „Es ist merkwürdig, mit welchem Ton man in Italien nach wie vor über den angeblichen Widerstand der Kanzlerin gegen Coronabonds spricht. Wenn es nicht direkt Beleidigungen sind, empört man sich in den meisten Kommentaren über Angela Merkel“, schreibt die Zeitung. „Es ist, als hätte sich Deutschland nicht einen Millimeter bewegt, als die Pandemie in Europa sehr schnell schlimmer wurde. Stattdessen sollte man sich daran erinnern, wie sehr Merkel in diesen anderthalb Monaten in allem nachgegeben hat. (...) Merkel akzeptierte sogar ohne mit der Wimper zu zucken den europäischen Arbeitslosenfonds Sure, gegen den sie immer war. Auch das wird in der Debatte in Italien nie erwähnt. Wenn es um Deutschland geht, ist das Gedächtnis oft kurz und die Analyse, noch häufiger, grob. Derweil dauert es nicht so lange, die Fakten auf den Punkt zu bringen.“