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Wirkung des ÖlpreisdeckelsBesser, er bleibt Symbolpolitik

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Russisches Öl wird dringend gebraucht, zumal der Westen seinen Verbrauch nicht reduziert. Der nun eingeführte Preisdeckel verkennt zudem die Macht der Russen.

Pump it up! Solange der Westen seinen Öldurst nicht zügelt, wird Russland weiter exportieren Foto: Dmitry Lovetsky/dpa

E s ist banal: Die Welt kann auf russisches Öl nicht verzichten, denn es deckt etwa 11 Prozent der globalen Nachfrage ab. Diese Macht des Faktischen ist stärker als jeder Versuch von G7 und EU, die milliardenschweren Energieeinnahmen der Russen zu reduzieren. Der Westen wird mit seinen Strafaktionen scheitern.

Ab diesem Montag greift das Ölembargo der EU, die fortan kein russisches Öl mehr auf dem Seeweg importiert. Gleichzeitig werden die USA, die EU und Australien einen Preisdeckel einführen: Russisches Öl soll weltweit nur noch maximal 60 Dollar pro Barrel kosten. Als Hebel sollen dabei die Versicherungen dienen, die jedes Schiff benötigt und die vor allem im Westen ausgestellt werden.

Um beim Ölembargo anzufangen: Es muss schon deswegen scheitern, weil die EU nicht bereit ist, Öl einzusparen. Deutschland ist ein besonders trauriges Beispiel, denn bekanntlich ist es nicht einmal gelungen, ein Tempolimit auf den Autobahnen durchzusetzen. Die „freie Fahrt für freie Bürger“ muss bleiben, findet die FDP.

Die Konsequenz dieser Inkonsequenz ist klar: Da die EU ihren Öldurst nicht beschränkt, muss sie auf den Weltmarkt drängen, sodass dort die Preise steigen. Die ärmeren Länder hätten das Nachsehen – wenn sie sich nicht auf Umwegen das russische Öl besorgen würden. Was in großem Stil passiert.

Der Westen weiß natürlich auch, dass das russische Öl dringend benötigt wird – weswegen nun zusätzlich die Preisbremse gelten soll. Der Kreml darf sein „schwarzes Gold“ ruhig exportieren, soll dabei aber möglichst wenig Gewinn machen.

Diese Idee verkennt die Macht der Russen. Sie können jederzeit beschließen, ihr Öl gar nicht mehr zu liefern, was sofort zu enormen Preissprüngen auf den Energiemärkten führen würde. So bizarr es ist: Der Westen muss hoffen, dass seine Preisbremse reine Symbolpolitik bleibt und sich viele Schlupflöcher finden. Sonst wird das Öl richtig teuer. Der Westen kann sich das vielleicht leisten – der Globale Süden nicht.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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27 Kommentare

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  • "Es muss schon deswegen scheitern, weil die EU nicht bereit ist, Öl einzusparen."

    Ja, das ist wohl genau der Knackpunkt.

  • Diese Idee verkennt die Macht der Russen. Sie können jederzeit beschließen, ihr Öl gar nicht mehr zu liefern, was sofort zu enormen Preissprüngen auf den Energiemärkten führen würde.



    Einfach mal was behaupten.



    Wenn die "Macht der Russen" so groß ist, wieso verkaufen sie dann seit Monaten ihr Öl mit 30% Abschlag nach China und Indien? Weil sie es toll finden, weniger Geld zu verdienen?



    Und nein, natürlich kann Russland seine Öllieferungen nicht einfach einstellen. Viele Ölförderstellen in Russland sind, wenn sie einmal runtergefahren sind, technisch nicht, bzw. nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand, reaktivierbar. Speicherkapazitäten für Öl und Derivate (die etwa mit der strategischen Ölreserve der USA vergleichbar wären) sind so gut wie nicht vorhanden.



    Das ist die technische Seite. Davon, dass der Staatshaushalt auf die Öleinnahmen angewiesen ist, fange ich gar nicht an.



    Vielleicht mein Frau Herrmann aber, dass Putin um den Westen zu "bestrafen", die russische Ölindustrie dauerhaft schädigen könnte, so wie er Gazprom zerstört hat. Das ist in der Tat nicht auszuschließen.

    • @Barbara Falk:

      Was tatsächlich zählt ist nicht der aktuelle Ölpreis den wir zahlen sondern was zahlen wir für Öl in den nächsten 10 / 20 Jahren? Und da sieht es sehr sehr schlecht für Deutschland und Europa aus.



      Derzeit gibt es noch zu wenig Infrastruktur, damit Russland das komplette europäische Öl nach China, Indien umleiten kann. Noch! Da Europa nie wieder russisches Öl abnehmen wird, kann Russland sicher planen und sich auf die Pipelines gen Osten konzentrieren.

      Soll heißen, in 10 oder 20 Jahren können sich China und Indien dauerhaft über preiswertes russisches Öl freuen, und Russland über langfristig gesicherte stabile Einnahmen.

      Europa dagegen darf sich über teures Frackingöl aus den USA freuen, das dank der Hedgefonds, die an vielen Frackingunternehmen beteiligt sind, auch Jahr für Jahr teurer werden wird. Denn die Amis wissen, dass die Europäer ihnen ausgeliefert sind. Die Alternative Russland, die man einsetzen könnte um den Preis zu senken, gibt es dann ja nicht mehr.

      • @Rudolf123:

        "Soll heißen, in 10 oder 20 Jahren können sich China und Indien dauerhaft über preiswertes russisches Öl freuen, und Russland über langfristig gesicherte stabile Einnahmen."



        Wer bezahlt bei ihrer genialen Geschäftsidee eigentlich die Pipelines?

        • @Barbara Falk:

          China, Indien und Russland! Die Ersparnis, durch das preiswertere Öl, gibt das her. Im übrigen werden China und vor allem Indien in den nächsten Jahren weiter wachsen, im Gegensatz zum Seniorenheim Europa. Schon deshalb lohnen sich Investitionen in Pipelines.

          China bekommt billiges Öl, Russland berechenbare Kunden, die USA kriegen ihr teures Öl an den Mann.



          Und die Europäer, die gucken dumm aus der Wäsche.

          • @Rudolf123:

            " Die Ersparnis, durch das preiswertere Öl, gibt das her. "



            Die Vorräte an leicht förderbarem Öl sind in Russland aber spätestens um 2045 erschöpft (also gerade dann, wenn ihre Pipelines fertig sind) danach bleiben dort nur die "schwierigen" Lagerstätten, deren Ausbeutung mit hohem technischen Aufwand und hohen Kosten verbunden ist.



            Was kostet eigentlich der Bau einer Pipeline nach Indien, und was sagen die Anrainer dazu, z.B. der Iran, oder Pakistan? Oder baut man die via China und die Mongolei, mit Pumpwerken über den Himalaya?



            Und wie verkauft Russland sein Öl, bis die Pipelines fertig sind? Auch wenn Sie das nicht wichtig finden, diese Frage interessiert mich am meisten.

            • @Barbara Falk:

              Sanktionen wie der Preisdeckel sind wie alle anderen westlichen Sanktionen der jüngeren Geschichte, Ausdruck von Hilflosigkeit.

              Weil der Westen keinen Krieg führen will bzw. kann.

              Um den Wählern aber trotzdem Stärke und Entschlossenheit zu demonstrieren, macht man eben Sanktionen. Man will ja schließlich wiedergewählt werden. Die Wirkung ist historisch betrachtet aber sehr bescheiden. Nordkorea und der Iran werden seit mehreren Jahrzehnten!!! massiv sanktioniert. Und? Sind die Staaten eingeknickt?

              Eben!

              Sanktionen spiegeln die Hilflosigkeit des Westens gegenüber gewaltbereiten Staaten wieder , die militärisch so stark sind, dass sich der Westen keinen Krieg leisten kann.

              Bedeutet, daß sanktionierte Russland wird auch in 20 Jahren noch tun und lassen was es für richtig hält. Ob es dagegen die EU in ihrer jetzigen Größe, mit ihren Zombiewirtschaften Griechenland und Italien, in 20 Jahren noch geben wird, ist mehr als fraglich.

              • @Rudolf123:

                Jetzt weichen Sie wieder ins Allgemeine aus. Meine konkreten Rückfragen zu ihrer interessanten Idee waren:



                -Wie bei einer Pipeline nach Indien die Trassenführung aussieht und wie man das technisch bewerkstelligt.



                -was das kostet, und warum sich das aus ihrer Sicht "rechnet". Scheinbar haben Sie ja dazu irgendwo Informationen gefunden, oder haben es selber gerechnet.



                -Wie Russland seine Staatsausgaben finanziert und seinen Ölverkauf ab nächstes Jahr organisiert, bzw. bis diese Pipelines fertig sind.

    • @Barbara Falk:

      Sehe ich auch so. Russland wird weiter Öl verkaufen müssen. Der Aufwand wird ein bisschen größer und unter dem Strich fließen ein paar Milliarden weniger in die Kriegskasse. Mehr werden EU und G/ nicht erreichen, aber vielleicht war mehr auch nicht drin.

    • @Barbara Falk:

      "Wenn die "Macht der Russen" so groß ist, wieso verkaufen sie dann seit Monaten ihr Öl mit 30% Abschlag nach China und Indien?"

      Weil schon die Sowjetunion mehr Wert auf langfristige Lieferverträge (und damit fest planbare Einnahmen) gelegt hat, als auf kurzfristige Gewinne. Dafür werden schon immer Rabatte gegeben.

      Aber das ist schon zig Mal erklärt worden...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Realität ist doch, dass Russland seine langfristigen Öl- und Gaslieferverträge nach Europa storniert hat bzw. mangels Abnehmer nicht erfüllen kann und jetzt Öl auf dem Spotmarkt mit Abschlägen verkauft. Also ohne langfristige Lieferverträge mit Indien, China etc.

        • @Abid Kidoh:

          und genau, weil es diesen Druck auf Russland gibt, Abschläge hinnehmen zu müssen, spricht wenig dafür, dass es eine Ölknappheit und einen Preisanstieg geben wird. Wenn der Preis am "freien" Markt zu hoch ist werden genug Staaten auf russ. Öl ausweichen, allerdings zu den günstigeren Konditionen, was dann wieder den Druck von "freien" Markt nehmen würde.

          • @nutzer:

            Aktueller Preis Indien und China > 60$.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              ja, das hab ich auch schon gelesen.



              So gesehen äbe es für Russland im Westen mehr zu verdienen...

  • hm, wenn der Ölpreisdeckel wirkt, kann es keine Preisexplosion geben, denn jeder der den höheren Preis (über 60 Dollar) nicht zahlen will, kauft dann russisches Öl. Damit ist der Druck auf den nicht-russischen Ölpreis auch verringert, denn jeder, auch der Westen darf russ. Öl kaufen.



    Das Argument Russland könne seine Verkäufe ja ganz stoppen, weil es sich nicht lohnt oder als Gegenreaktion ist nicht stichhaltig. Russland wird, lieber weniger verdienen als gar nichts.



    Ein kurzfistiger Lieferstopp ist dennoch denkbar (allein schon als Trotz, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren), das wird auch die Preise treiben, aber wenn Russland wieder an den Markt zurückkehrt (und das wird es) wird der Preis überproportional fallen... (das ist allein dem Herdentrieb der Börsen geschuldet). Es kann kurzfristig ungemütlich werden, besonders für Länder die die Preise nicht zahlen können und das ist hoch problematisch, aber ein Lieferstopp wird nicht von Dauer sein. Russland kann schlicht nicht seine Einkommensquelle kappen. Es hängt alles an der Umsetzbarkeit des Preisdeckels. Und da sehe ich gute Chancen, selbst wenn der Deckel umgangen wird, warum sollten Käufer auf dem Schwarzmarkt mehr als 60 Euro bezahlen, wenn das Öl offiziell für 60 Euro zu haben ist?

    • @nutzer:

      "Das Argument Russland könne seine Verkäufe ja ganz stoppen, weil es sich nicht lohnt oder als Gegenreaktion ist nicht stichhaltig. Russland wird, lieber weniger verdienen als gar nichts."

      Wer legt das fest? Oder ist das reine Spekulation?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Begründete Spekulation.

    • @nutzer:

      Russland wird wie bisher auch das Öl über Kasachstan und Indien zu einem realistischen Preis verkaufen. Diese "Ölpreisbremse" macht generell keinen Sinn, da sie ihre Wirkung verfehlen wird.

      • @SeppW:

        das ist eine Zirkelschluß: "Sie macht keinen Sinn, weil sie die Wirkung verfehlen wird." Eine Henne / Ei Konstruktion....



        Indien und Kasachstan kaufen nur in Russland, wenn es dort billiger ist... und genau das ist die Frage...

  • Der konstatierten Zeitenwende fehlt eindeutig die Energiewende. Und auch generell nahezu jede Reaktion.

  • Deutschland ist ein besonders trauriges Beispiel, denn bekanntlich ist es nicht einmal gelungen, ein Tempolimit auf den Autobahnen durchzusetzen. Die „freie Fahrt für freie Bürger“ muss bleiben, findet die FDP.

    Das Herr Habeck und Keller jetzt Öl in Strom umwandeln damit die Energiewende nicht implodiert hat nichts damit zu tun?

  • Wieder einmal ein Beispiel dafür, wie Klimakatastrophe und Energieverbrauch, ausgelöst durch das Profitstreben immer größerer und damit abhängiger gewordener 'Unternehmen', zusammengehen. Da hilft wirklich nur noch eine Notbremse = Wirtschaftskrise !

    • @Dietmar Rauter:

      nur wird dadurch nichts besser. Aus Krisen, besonders aus tiefen Krisen entstehen Zeiten in denen es keinerlei Regulierung keinerlei Steuerung von übergeordneten Zielen, wie Klimaschutz gibt. Es wird alles nur kurzzeitig zurückgeworfen und der ungezügelte Kapitalismus beginnt von vorn.



      Das Herbeisehnen einer Krise sagt mehr über die Sehnenden aus, als dass es eine Lösung darstellt. Es ist der Wunsch nach einfachen, schnellen und bauchgesteuerten Lösungen. Meist ist das der Belzebub, der dann den Teufel vertreiben soll.

      • @nutzer:

        Die Krise kommt sowieso und wenn es dazu kommt, dass sich die Schlote nicht mehr lohnen, wäre das schon gut. Diese Bittsteller Reisen (jeder Flug ist eine Provokation!) nach Qatar, Namibia, Südafrika oder heute Indien zeigen doch, dass der Zusammenhang zwischen Klimakatastrophe und Kapitalismus bei den Möchtegernen gar nicht verstanden wird. Geplant abzurüsten nach dem Motto 'Tafel für alle' und 'Autofahren und Fliegen für niemand' könnte helfen, das mit dem Zusammenbruch des Kapitalismus entstehende Chaos zu vermeiden. Aufklärung und Denken hilft!

      • @nutzer:

        Ich komme nicht umhin die Krisenbeschwörer in der Klimabewegung mit den Endzeitbewegungen zu vergleichen die des öfteren die Weltreligionen heimgesucht haben.



        Das dabei nicht Gutes herausgekommen ist sollten jedem halbwegs geschichtsbewussten Menschen klar sein.

        • @Michael Renper:

          Das Problem sind die asozialen Medien mit ihren Ablenkungen von der Realität, wenn auch hier versucht wird, mit Worthülsen wie 'Krisenbeschwörer' den Verdrängungsprozess zu verdrängen. Der Kapitalismus hat ziemlich viel Fortschritt -auch so etwas wie Demokratie- gebracht, aber wenn er jetzt Menschen durch Maschinen ersetzt und das Berteilungssystem über Einkommen aushebelt, ist das rückschrittlich, das 'System' kollabiert. Wenn das im Rahmen der Erkenntnis und Meinungsfreiheit verstanden wird, sollte es gelingen, ein neues Miteinander der Gleichen zu finden. Angesichts der Bildungslücken, die inzwischen auch hierzulande zunehmen, ein anspruchsvolles Unterfangen.

        • @Michael Renper:

          Was heißt Krisenbeschwörer? Klimaaktivistis wollen ja die ökologischen Krisen verhindern/abmildern. Dem entgegen handeln die industrialisierteren Länder, die Klimaziele verfehlen und zu mehr Raubbau an der Natur beitragen. Krisenbeschwörer sind offenbar die jndustrialisierteren Länder ...