Werbekampagne der „Bild“: Kampagne gegen Auflagen-Absturz

Mit einer neuen Werbekampagne stilisiert sich die „Bild“-Zeitung zu einem politkritischen Blatt. Die SMS des Verlagschefs sprachen eine andere Sprache.

Mathias Döpfner, Olaf Scholz und Marion Horn vor einer roten Bild-Logo-Wand

Springer-Chef Döpfner und „Bild“-Chefin Horn umgarnen Kanzler Scholz – oder ist es umgekehrt? Foto: Christoph Soeder/dpa

Vergangene Woche startete die Bild mit einer riesigen Werbekampagne, die ihren Sturzflug im Verkauf von Printausgaben anhalten soll. Die Taktik: sich als allgemein politkritisches und antifaschistisches Blatt stilisieren. Dabei steht die Bild einigen Parteien näher als anderen und schürt immer wieder Hass gegen Minderheiten.

„Liebe Politiker: Macht euch keine Hoffnung. Bild bleibt Bild“, steht auf den Plakaten. Dahinter ein Porträt von Olaf Scholz, Sahra Wagenknecht, Robert Habeck, Friedrich Merz, Alice Weidel oder Christian Lindner. Spätestens im April diesen Jahres ist klar geworden, dass mindestens einer der gezeigten Politiker_innen sich ohnehin keine Hoffnungen machen muss, weil er die Bild im Rücken hat.

Denn im April veröffentlichte die Zeit Privatnachrichten des Axel-Springer-Chefs Mathias Döpfner. Er soll darin versucht haben, im Bundestagswahlkampf 2021 politisch Einfluss zu nehmen und schrieb dem Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, ob man nicht mehr für die FDP tun könne. Und obwohl Reichelt weg ist, blieb Döpfner und seine Liebe zum Neoliberalen bestehen.

Liebe zum Neoliberalen bleibt

Dagegen steht die Kampagne, die während der Planung des Heizungsgesetzes gegen Robert Habeck in der Bild gefahren wurde und die aus einer Debatte, die für immer im bürokratischem Sumpf hätte verschwinden können, einen Kulturkampf machte. Lindner und Habeck auf gleicher Ebene zu zeigen und zu behaupten, die Bild kritisiere sie auf gleiche Weise, ist ein billiger Trick, der die Spuren des Frühjahrs zu verwischen versucht.

Damit nicht genug. Ein animiertes Plakat zeigt Björn Höcke. An der Seite steht: „Wir bringen’s auf den Punkt.“ Der Punkt dieses Satzes formt dann eine Ellipse, um schließlich auf Höckes Oberlippe zu landen und einen Hitler-Schnurrbart darzustellen.

Damit will sich die Bild zu einer Zeitung ernennen, die rechtskonservative Ansichten anprangert, und verleugnet so ihre eigene Berichterstattung, die Rassismus und Diskriminierung teils stärkt. Ist das noch Beweihräucherung oder schon Lüge?

Beweihräucherung oder Lüge?

Lüge gibt es jedenfalls auf Youtube. Dort veröffentlichte das Blatt einen Clip, in dem Olaf Scholz im Bundestagsplenum ankündigt, dass die Bild auf ihrem Kurs bleibe und solange Mist schreibe, bis die Politiker_innen aufhören, Mist zu bauen.

Daraufhin sieht man die empörten Reaktionen vereinzelter Politiker_innen und Friedrich Merz, der „Scheiße“ in seine Hand nuschelt. Unter dem Clip der Schriftzug „Stimme KI-generiert“. Eine gezielte, technisch umgesetzte Lüge.

Mit der „Bild bleibt Bild“-Kampagne gibt das Blatt seinen Leser_innen das Gefühl, resistent gegen Wandel zu sein, nicht progressiv oder „woke“ sein zu müssen. Die Bild tut so, als springe sie auf den Anti-Establishment-Zug auf. Dabei schaufelt sie ihm Kohle in den Schlund und ist selbst maßgeblich für diese Stimmung verantwortlich.

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