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Wenn der Kandidat verdrängtKlimastreber Armin Laschet

Spät hat der CDU-Chef seine Liebe zum Klimaschutz entdeckt. Nun ist sie so groß, dass alles ausgeblendet wird, was der Leidenschaft widerspricht.

Späte Liebe zum Klima. Aber wie treu ist Schwerenöter Laschet – bei seiner verkohlten Vorgeschichte? Foto: dpa

E s hat lange gedauert, bis Armin Laschet seine Berufung zum Klimaschützer entdeckt hat. Vor zwei Jahren hatte er in der NZZ noch das Standardargument der Klimabremser zum Besten gegeben, dass die Deutschen „gerade mal 2 Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß beitragen“ (was für gut 1 Prozent der Weltbevölkerung übrigens ziemlich viel ist). Und noch in seiner Bewerbungsrede für den CDU-Vorsitz tauchte das Thema keinmal auf.

Doch seit Laschet mit seiner schnellen Auffassungsgabe gemerkt hat, dass die Wäh­le­r*in­nen den Klimaschutz dann doch wichtig finden, will auch er jetzt dabei sein. Und zwar nicht nur irgendwie, sondern natürlich ganz vorne. „Nordrhein-Westfalen leistet den größten Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele in ganz Deutschland“, verkündete er in dieser Woche bei den sogenannten Reviertagen im bisherigen Braunkohleabbaugebiet.

Denn von dieser Kohle soll in Zukunft weniger verfeuert werden. „Bereits in zwei Jahren werden wir ein Drittel der Kraftwerkskapazitäten im Revier abgeschaltet haben“, kündigte Laschet an. Damit spare die von ihm geführte schwarz-gelbe Landesregierung viel mehr CO2 ein als die rot-grüne Vorgängerregierung, lobte er sich diese Woche im SZ-Interview.

Doch so sympathisch die neue Klima­liebe des Armin Laschet erscheint – sie trägt auch Züge von jenem klassischen Realitätsverlust, der mit starker Verliebtheit oft einhergeht. So hat Laschet offenbar total verdrängt, dass nicht NRW die Idee hatte, die Kraftwerke abzuschalten, sondern die vom Bund eingesetzte Kohlekommission. Dass er selbst 2017 erklärt hatte, ein festes Ausstiegsdatum für die Kohle sei „keine rationale Politik“, und noch 2019 im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg vor einem „energiepolitischen Kurzschluss“ warnte, hat Laschet offenbar ebenfalls vergessen.

Und auch in der Gegenwart blendet der CDU-Chef leider vieles aus, was dem neuen Bild des Klimastrebers widerspricht – etwa die weiterhin geplante Abbaggerung von sechs Dörfern oder den gerade beschlossenen 1.000-­Meter-Abstand von Windrädern zu Wohnhäusern, der die Energiewende in NRW stark behindern wird. Doch das kann sich ja ändern: Irgendwann wird seine neue Liebe bestimmt noch glaubwürdig.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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10 Kommentare

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  • "Doch seit Laschet mit seiner schnellen Auffassungsgabe gemerkt hat, dass die Wäh­le­r*in­nen den Klimaschutz dann doch wichtig finden, will auch er jetzt dabei sein."

    Sehr gemein, und (in jeder Hinsicht) treffend. Und es zeigt klar, welche Glaubwürdigkeit der Kandidat bei dieser zentralen Frage hat: gar keine.

  • NRW kann klimapolitisch ganz einfach nach vorne kommen. Nämlich relativ gesehen zu anderen Bundesländer.

    In Berlin versucht sich Frau Dr. Giffey gerade als die große Klimakillerin. Autobahnbau als gäbe es kein morgen und — leider für's Klima noch schlimmer als die Autobahn — neue und verlängerte U-Bahn-Linien was das Zeug hält.

    Mit Frau Dr. Giffey an einflußreicher Position in Berlin, wäre NRW also ein richtiges Umweltparadies!

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    der wahre böse onkel heisst laschet.

  • Hinzu kommt noch aktuell, dass die Energieagentur NRW nach 30 Jahren bestand, bis Ende diesen Jahres abgewickelt werden soll.

  • RS
    Ria Sauter

    Ja, der gute Onkel verteilt Lutscher, damit die da unten seine wahren Absichten nicht durchschauen.

  • ""Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern"

    Wir haben Bundesländer, in denen (R)RG seit nun schon bald Jahrzehnten regiert.



    Was hat es gebracht bzgl kommunaler klimarelevanter Planungen und Umsetzungen?

    Nichts.

    Deutschland hat immer noch keine Fahrradstadt wie Kopenhagen. Dächer werden immer noch nicht begrünt und mit Solaranlagen bestückt.

    Der gefühlte Unterschied zwischen CDU und Grüne ist das Wording. Grüne reden von sofortiger Abschaltung CDUler van gesteuerter bedachter Abschaltung. Zweiteres kommt dann bei beiden als Ergebnis heraus.

  • "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern".

    (Ohne Attribution, da streiten sich ja alle ;-)

    "Nur meine Beschränktheit hindert mich daran, weiser zu werden"

    (Leicht vom überlieferten Original abgewandelt -- man lernt ja dazu)

  • Vergesslichkeit ist wohl das neue



    MUST BE



    der etablierten Politikasterqualitäten



    Siehe Oil of Olaf