Weil er Kita einen Christbaum schenkte: Gärtner wegen Hausfriedensbruchs verurteilt
Das Amtsgericht Hamburg hat einen Gärtner zu 3.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hatte einer Kita ungebeten einen Christbaum vor die Tür gestellt.
Das nahm die Richterin am Landgericht Hamburg ihm nicht ab. In einer Verhandlung am Dienstag verurteilte sie Schröder zu einer Strafe von 30 Tagessätzen à 100 Euro, wegen Hausfriedensbruchs. Die Rechtslage sei relativ simpel, sagte sie. „Es gab ein Tor. Es ist nicht gewünscht, dass einfach jeder dieses Gelände betritt. Und das ist zu akzeptieren.“
Der Pinneberger Schröder ist Geschäftsführer eines Online-Shops für Pflanzen. In einer Nacht im Dezember 2023 hatte er einen Weihnachtsbaum mit Geschenken vor eine Kita in Hamburg-Lokstedt gestellt. Deren Leitung hatte daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet.
Seine Tat bestritt der Angeklagte nicht. Wohl aber die Strafbarkeit, wie er über seinen Anwalt verlauten ließ. Dieser argumentierte, dass das Tor zur Kita nicht verschlossen gewesen sei. Die Aktion sei somit mit dem Einwerfen von unerwünschter Werbung vergleichbar und wie diese nicht strafrechtlich zu verfolgen.
Gärtner gibt sich unwissend
Außerdem, so sein Anwalt, habe Schröder nicht wissen können, dass die Kita keinen Weihnachtsbaum wünsche. Er habe gedacht, dass diese den Baum aus anderen Gründen nicht habe anschaffen können. Mit der Aktion habe er lösungsorientiert im Sinne der Kita handeln wollen. Zudem habe er im Sinne der Integration für alle Kinder hochwertige Geschenke besorgt, wie die Holzeisenbahn, die er hier in den Gerichtssaal mitgebracht habe. Die Aktion habe „im Ergebnis eine gute Tat“ sein sollen.
Die Staatsanwältin wies diese Argumente als falsch zurück. Sie betonte, dass Schröder den Baum aufgestellt hat, obwohl er gewusst habe, dass dies dem Willen der Kitaleitung widersprach. Dieser sei hinreichend in Medienberichten deutlich geworden. Zudem sei der Fall nur deshalb vor Gericht gelandet, weil der Angeklagte die Einstellung gegen Bußgeld abgelehnt hat. Dem Angeklagten attestierte sie daher „absolut fehlende Einsichtsfähigkeit“.
Die Kita stand im Winter 2023 im Fokus eines medialen Shitstorms. Auslöser war, dass ein Brief der Kita an die Eltern aus dem November 2023 an die Lokalpresse weitergegeben worden war. In dem Schreiben stand, dass es im betreffenden Jahr „im Sinne der Religionsfreiheit keinen Weihnachtsbaum in der Kita geben soll“, und „keine christlichen Feste gefeiert werden sollen“. Zugleich stand darin aber auch, dass Kekse gebacken, Adventskalender gebastelt und die Gruppenräume geschmückt werden sollten.
Trotzdem war die Berichterstattung über den Elternbrief von Empörung geprägt. Der Kita wurde unterstellt, christliche Traditionen abschaffen zu wollen. Bundesweite Medien berichteten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kommentierte den Fall auf X mit den Worten: „Zu Weihnachten gehört ein Weihnachtsbaum.“ Die Hamburger Kita erhielt Hass- und Drohnachrichten und wurde von Medienvertreter*innen belagert.
Der Kita-Träger bezeichnete den Elternbrief der Zeit Online gegenüber später als inhaltlich falsch, er sei im stressigen Kita-Alltag geschrieben worden und missverständlich formuliert gewesen. Wie in diesem Jahr auch habe es in der Kita immer weihnachtliche Aktivitäten gegeben. Allerdings habe es während des zehnjährigen Bestehens der Kita erst circa dreimal einen Weihnachtsbaum gegeben. Über die Dekoration würden die Teams zusammen mit den Kindern entscheiden.
Die Weihnachtsbaumaktion des Gärtners bezeichnete Linda Köster, Vorstand des Kita-Trägers, im Interview mit Zeit Online als sehr bedrohlich. „Das ist keine nette Geste, sondern pure Provokation, die einschüchternd wirkt.“
Auf dieses Interview verweist die Kita ein Jahr später auch auf Nachfrage der taz. Man habe sich im Winter 2023 bereits ausführlich geäußert. „Wir bitten Sie daher um Verständnis, dass wir von weiteren Anfragen zu diesem Thema absehen möchten, da unsere zeitlichen Ressourcen insbesondere für die Unterstützung von Kindern, Familien und unseren Teams erforderlich sind.“
Auch im Amtsgericht Hamburg war die Kita nicht als Prozessbeteiligte in der Verhandlung vertreten. Wohl aber waren im Publikum mehrere Zuschauende im Saal, die den Angeklagten Schröder unterstützten. Mehrere Menschen trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Kein Baum ist illegal“.
Zwei Männer bezeichneten sich auf Nachfrage der taz als Unterstützer und das Urteil als „unmöglich“. Einer der beiden kritisierte, dass „aus Weihnachtsmärkten Wintermärkte“ würden und sich momentan alles verändere. „Wir müssen auch die ganze Welt respektieren.“
Als der Prozess vorbei ist, bietet Florian Schröder seine Holzeisenbahn der Richterin und der Staatsanwältin an. Ohne Erfolg. Die will schon wieder niemand geschenkt haben.
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