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Wahlniederlage von Olaf ScholzKein sozialdemokratisches Wunder

Die SPD erreicht bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik. Wie stellt sich die Partei jetzt auf?

Olaf Scholz am Wahlabend in der SPD Zentrale in Berlin am 23.02.2025 Foto: Liesa Johannssen/reuters

Berlin/taz | Zu Feiern haben Olaf Scholz und die Sozialdemokraten an diesem Sonntag lediglich zwei Dinge: Den Geburtstag von Co-Parteichef Lars Klingbeil. Und den der Kanzler-Gattin Britta Ernst. Scholz wird in Zukunft mehr Zeit mit seiner Frau verbringen können, denn seine Tage als Kanzler sind gezählt. Hochrechnungen zufolge haben er und seine Ge­nos­s:in­nen bei der Bundestagswahl nur 16 Prozent der Wäh­le­r:in­nen überzeugt. Damit liegen sie weit hinter der Union, deutlich hinter der AfD und konkurrieren mit den Grünen um den dritten Platz.

Es ist das schlechteste Wahlergebnis für die Sozialdemokraten seit Gründung der Bundesrepublik. Die Partei verliert etwa neun Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2021 und fällt erstmals unter die 20-Prozent-Marke, der sie schon im vergeigten Wahlkampf 2017 bedrohlich nahekam.

In der Parteizentrale wurde das Ergebnis vom Publikum mit Schweigen quittiert. Lediglich das Ergebnis der Linken rief ein Raunen hervor. Olaf Scholz dankte den Wahlkämpfern für ihren Einsatz und übernahm die Verantwortung für das schlechte Ergebnis. Er beglückwünschte Merz, der nun den Auftrag habe, eine Regierung zu bilden. Scholz sagte, es sei eine „große Ehre“, Kanzler zu sein, und rief seine SPD zur Geschlossenheit auf. Es waren Worte des Abschieds.

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Parteichef Lars Klingbeil bezeichnete das Ergebnis als „Zäsur“. Die SPD müsse sich „programmatisch, organisatorisch und auch personell“ neu aufstellen. Der Generationenwechsel müsse jetzt eingeläutet werden. Was das für ihn selbst bedeute, ob Klingbeil sich als Teil der alten Garde oder des Neuanfangs sieht, ließ er offen.

Das Debakel der Sozialdemokraten ist jedoch nur zum Teil hausgemacht. Dass der Kanzler nach dem ruhmlosen Ende der Ampel erneut als Spitzenkandidat antrat, sehen rückblickend sicher viele als Fehler. Das Kalkül, dass sich der erfahrene Politiker im Duell gegen den unerfahrenen Unionskandidaten durchsetzen würde, ging nicht auf. Obwohl Scholz in den Fernsehduellen und Quadrellen mit Sachkenntnis punkten konnte und er energischer und emotionaler als sonst auftrat, blieben seine Beliebtheitswerte im kurzen Winterwahlkampf stets hinter denen der Konkurrenten zurück.

Mit Pistorius alles besser?

Zumal Scholz sich Fehler leistete, die das Image des besonnenen Anführers ankratzten. Unbedachten Äußerungen bei einer Privatparty („Hofnarr“), die von einem dabei stehenden Journalisten veröffentlicht wurden, waren harsche Äußerungen gegen Friedrich („Fritze“) Merz und eine verstolperte Festlegung des Wahltermins vorangegangen.

Der Eindruck, der haften blieb: Scholz hatte das Zepter und zuweilen auch sich selbst nicht mehr im Griff. Für die anstehende Zeitenwende mit einer auf Konfrontation getrimmten US-Adminis­tration und einem siegessicheren Russland sehen die meisten Wäh­le­r:in­nen den Kanzler nicht mehr als Führungsfigur.

Ob die SPD mit Verteidigungsminister Boris Pistorius die hätte aufholen können, ist ungewiss. Denn mit keinem ihrer intern als „Kopfnicker-Themen“ bezeichneten Anliegen konnten die Sozialdemokraten durchdringen: Weder mit stabilen Renten, 15 Euro Mindestlohn, der angestrebten Verlängerung der Mietpreisbremse oder auch der Investitionsprämie, Made-in-Germany-Bonus genannt. All diese Themen wurden nach den Anschlägen von Magdeburg, Aschaffenburg, München und nun am Holocaust-Mahnmal in Berlin überwölbt, die aus unterschiedlichen Motiven, aber jeweils von Ausländern verübt wurden. Die Asyl- und Migrationspolitik wurde zum Großthema des Wahlkampfs. Hier konnten Scholz und Co. dem seit Jahren von der AfD propagierten und von der Union übernommenen Verschärfungsmix aus Zurückweisungen und Abschiebungen kein Gegenangebot entgegensetzen. Scholz betonten lediglich ein ums andere Mal, dass solche Verschärfungen längst geplant, aber europarechtskonform umgesetzt werden müssten.

Auch die Entrüstung über den Tabubruch von Merz, der im Bundestag für einen Antrag und ein Gesetz zur Begrenzung der Migration erstmals auf Mehrheiten mit der AfD gesetzt hatte, zahlte am Ende nur bei der Linkspartei ein. Obwohl die Parteibasis, wie es aus SPD-Parteikreisen hieß, „wie elek­trisiert“ gewesen sei. Doch der Tabubruch bewirkte keinen Umschwung, was wohl auch daran lag, dass eine künftige Koalition aus Union und SPD seit Mitte Januar in der Luft liegt.

„Katastrophal“, so fasste die Berliner Wirtschaftsenatorin Franziska Giffey das SPD-Ergebnis gegenüber der taz zusammen. Florian von Brunn, Mitglied des SPD-Parteivorstands, genügte ebenfalls zunächst ein Wort: „Schlimm“. Von Brunn sieht die Gründe für das schlechte Abschneiden in der zerbrochenen Ampelkoalition. „Wir sind daran gescheitert, dass es zu viel Streit in der Ampel gab und wir die Leute im Wahlkampf nicht mehr erreicht haben.“ Giffey betonte ebenfalls: „Es ist nicht gelungen, die Leute von unserem Angebot zu überzeugen.“ Die Themen Sicherheit, Angst vor Wohlstandverlust und Migration hätten den Wahlkampf geprägt. „Und wenn über 50 Prozent rechte und konservative Parteien wählen, haben wir offenbar keine überzeugenden Antworten geliefert.“

Der Vorsitzende der Jusos Brandenburg, Leonel Richy Andicene, sagte gegenüber der taz, die SPD hätte nicht die richtigen Akzente gesetzt. „Statt soziale Fragen und Umverteilung zu thematisieren, hat man sich von rechts in eine Migrationsdebatte treiben lassen und immer härtere und striktere Maßnahmen gefordert.“ Laut Andicene sollte die SPD jetzt in sich gehen und das Wahlergebnis ehrlich analysieren, statt schnell in die nächste Regierung einzutreten. Giffey sieht das anders. Gegenüber der taz betonte sie: „Die SPD hat angesichts der weltpolitischen Herausforderungen mit Trump und Putin jetzt die Aufgabe, ihren Beitrag zu einer schnellen und handlungsfähigen Regierung zu leisten.“ In welcher Konstellation, ob zu zweit oder zu dritt, ist auch nach den ersten Hochrechnungen unklar.

Keine Zeit für keine Regierung

Obwohl die geopolitische Lage alarmierend ist und Deutschland sich keinen Leerlauf leisten kann, wird die Koalitionsbildung kein Selbstläufer. Und dann schaffte es Merz zum Abschluss des Wahlkampfes mögliche Koalitionspartner noch mal richtig auf die Palme zu bringen: Er werde Politik für die Mehrheit machen, die gerade denke und „alle Tassen im Schrank“ habe – und nicht „für irgendwelche grünen und linken Spinner“. SPD-Chef Klingbeil kritisierte: „Friedrich Merz macht auf den letzten Metern des Wahlkampfes die Gräben in der politischen Mitte unseres Landes nochmals tiefer.“

Klingbeil sowie Pistorius und Generalsekretär Miersch gelten als Ansprechpartner für Sondierungen. Doch gerade an Klingbeil, der sich als Parteichef massiv in die Planung des Wahlkampfs warf, klebt nun das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Am Montagvormittag kommen in der Berliner Parteizentrale Vorstand und Präsidium zusammen. Mittags treten dann Scholz, Klingbeil und Co-Vorsitzende Saskia Esken vor die Presse. Dann wird klarer werden, wie es weitergeht – in Deutschland und in der SPD.

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34 Kommentare

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  • Ich glaub nach wie vor, dass der SPD von vorn herein völlig klar war, wo die Reise hingeht. Als Hauptkraft der Ampel war absehbar, dass man zu den großen Verlierern gehören wird. Man ist mit Scholz als Kandidaten in den Wahlkampf gezogen, damit man Klingbeil, Pistorius und Co. nicht unnötg verbrennt. Die werden sich bis zur nächsten Wahl aufstellen und bis dahin muss man gute Koalitionsarbeit machen. Scholz hat wahrscheinlich dran geglaubt Kanzler bleiben zu können, aber ansonsten wohl kaum jemand.

  • Wir müssen einmal zurück in die Zeit Prä-Scholz gehen, als Walter-Borjans und Esken eine geschundene Partei in kürzester Zeit wieder aufrichteten.

    Wie schafften sie das? Mit einem klaren sozialdemokratischen Profil. Und mit dem Verzicht auf eine eigene Kandidatur zugunsten des aussichtsreicheren Kandidaten, eben Scholz.

    In den vergangenen drei Jahren der Ampelkoalition sehe ich vor allem ein Mut- und Kommunikationsdefizit der SPD.

    Die vielen Geflüchteten aus der Ukraine wurden alles in allem gut gemanagt.

    Die Kriegssituation war sehr bedrohlich und Scholz hatte hier eine klare Haltung.

    Die Bürgergeldreformen waren richtig. Sie tragen bei zur sozialen Sicherheit aller - gerade der unteren Einkommen. Als dann die erwartbaren Angriffe der Neoliberalen folgten, hat Scholz einen schweren Fehler begangen: Er ist aufgesprungen auf den "faule Arbeitslose" Zug.

    Ebenso in der Migrationsfrage: Ist es sozialdemokratisch, einen Teil der Bevölkerung gegen den anderen auszuspielen? Die SPD hätte sagen müssen: Wir sind für Recht und Ordnung, aber wir stehen für das weltoffene Deutschland.

    Zuwenig Haltung, unklare Positionen. Leider.

    • @Stavros:

      "Wir sind für Recht und Ordnung _und wir stehen für das weltoffene Deutschland."



      Ich bin kein Freund des Worts "Haltung", aber inhaltlich bei Ihnen.



      Das Bedürfnis nach einer solidarischen, sozialen Partei für die Vielen ist ungebrochen da. Es wird nur aktuell fehlbefriedigt von einer Partei, die die Wenigen bedient

  • Wann tritt Scholz zurück.

    Wenn die SPD sich freischwimmen will, muss sie sich von Scholz trennen, auch Klingbeil und Esken sind eigentlich durch. Es wäre fatal, wenn die SPD mit der CDU eine Koalition bildet und die gleichen Gesichter dort sitzen.

    Aber was will die SPD überhaupt? Was kann sie jetzt noch.



    Und diesen Umständen ist eine Regierungsbeteiligung eigentlich ein großer Fehler, weil Ergebnisse und Ertwartungen gar nicht zusammen passen, weil das so nicht funktionieren kann. Gerade noch hat die CDU/CSU mit einem rechtsextremen Migrationsdiskurs die SPD KO gehauen, jetzt soll man gemeinsam gute Sachpolitik machen, wenn das Programm der CDU nicht mal gegenfinanziert ist und sich nach heutigem Stand nicht finanzieren lässt?



    Und dann die Erwartung der Wähler, dass jetzt täglich Menschen Deutschland verlassen, abgeschoben, weggeflogen werden, wenn das nicht kommt, dann hat die CDU aber ein dickes Problem. (Was sie im Osten sowieso schon hat -> AfD Mandate)

    • @Andreas_2020:

      Die CDU hat doch gestern schon durch ihren Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei, durchblicken lassen, aufgrund des schwachen Wählerauftrags , wird es ganz ganz harte Arbeit, die Wahlversprechen umzusetzen.



      Wie immer , der Wähler hat Schuld 😉

  • Das ist enttäuschend.



    Die Zerstörung der Ampel hat Deutschland weit nach rechts gerückt.



    Das sollte für Alle, die sich als irgendwie links betrachten, eine Erkenntnis bergen:



    trotz der erfolgreichen Linken ist das Ergebnis niederschmetternd.



    Über 50% haben eine sehr rechte "c"DU Politik oder gleich die Rechtsextremen gewählt.



    Def "Kampf" von links gegen die SPD war erfolgreich. Wir können im obigen Artikel erkennen, dass dies weiter gerechtfertigt wird.



    Zu behaupten, Scholz sei der Krisensituation nicht gewachsen ist , angesichts der Krisen, die er in verantwortlicher Position bewältigt hat, schlicht unreflektiert.



    Die Nachricht des Tages lautet, dass Deutschland in einer Zeit multipler Krisen einen Amateur zum Kanzler gewählt hat.



    Es wird, mal wieder, Aufgabe der SPD sein, Schlimmeres zu verhindern.

    • @Philippo1000:

      Mal wieder? Wann hat die SPD denn was Schlimmeres verhindert? In den letzten 3 Jahren? Scholz war als "Chef" völlig überfordert. Sich nachher hinzustellen, und immer wieder zu erzählen, er habe alles richtig gemacht und alle anderen waren Schuld ist für einen Bundeskanzler erbärmlich.



      Selbstreflexion war nie seine Stärke. Siehe auch Cum-Ex.



      Schlechter kann ein März gar nicht sein. Auch wenn man hier den Eindruck hat, viel ärgern sich, dass er nicht sein Wort bezüglich AFDeppen bricht.



      Die GroKo muss es richten. Ohne Scholz, Esken, Mützenich. Klingbeil wird das hinbekommen.

      • @Ahnungsloser:

        Da Sie sich selbst als ahnungslos bezeichnen, möchte ich Sie daran erinnern, dass die SPD nicht in die zweite GROKO eollte und es nur aus Staatsmännischer Verpflichtung getan hat.



        Ihre persönlichen Anwürfe gegenüber dem Bundeskanzler entbehren übrigens einem Beleg durch Argumente.

    • @Philippo1000:

      Jede Regierung hat ihre Krisen oder historischen Mammutaufgaben. Und Sie haben Recht das das deutsche Wahlvolk die Latte verdammt hoch legt: Letztlich sind seit Brandt alle Kanzler entscheidend dadurch geschwächt worden, dass sie mindestens eine davon nicht gut genug oder zumindest nicht im Sinne ihrer Wähler behandelt haben - Ölkrise in den 70ern, Nato-Doppelbeschluss und Wirtschaftskrise Anfang der 80er, Wiedervereinigung in den 90ern, Arbeitsmarktkrise Anfang der Nuller, Flüchtlingskrise 2015.

      Die Ampel allerdings ist weitgehend an sich selbst gescheitert, und das ist natürlich auch maßgeblich ihrem Chef anzukreiden. Der hätte nicht nur den Streithähnen mehr Kompromissbereitschaft abringen, sondern vor allem auch den Wert der gefundenen Kompromisse besser verkaufen müssen. Dass die Koalitionspartner danach jedes Mal mit dem üblen Beigeschmack des "Teilversagens" dastanden, hat letztlich die Kooperationsbereitschaft gekostet. SELBST mehr Handlungsbereitschaft zu demonstrieren, hätte dem Klima wahrscheinlich verdammt gut getan, und das war der Punkt, an dem Scholz schlicht zu kurz gesprungen ist.

      • @Normalo:

        Die FDP hatte von Anfang an vor, die Ampel zu dirigieren und wenn nötig zu sprengen. Dass sie sich dann mit der Neuwahl ins Bein schießt, war nicht eingeplant.

        • @snowgoose:

          Muss man dem politischen Gegner immer gleich dunkle Absichten und/oder Größenwahn unterstellen? Wie wäre es mal mit schlichtem Realismus?

          Vergessen Sie nicht, dass

          a) FDP-Wähler in aller Regel NICHT zu dem Teil Bevölkerung gehören, die die FDP und ihren Einfluss in der Politik für bösartig und/oder überflüssig hält und



          b) der Löwenanteil der über 7%, die die FDP seit der letzten Wahl verloren hat, in der Zeit ab abwanderte, in der die Ampel noch "fluppte".

          Letzteres war nicht ganz unerwartet, aber die Idee hinter dem Beitritt zur Ampel war natürlich immer gewesen, so einen Schwund möglichst durch eine sichtbare liberale Handschrift zu verhindern. Wenn Sie das "dirigieren wollen" nennen, übertreiben Sie vielleicht.

          Die FDP saß 2021 erkennbar zwischen den Stühlen: Sie hatte die Wahl, sich der Ampel zu verweigern und wieder als "Koalitionsmörder" dazustehen wie 2021 oder eine Koalition einzugehen, die noch viel deutlicher nach "Todesfalle" roch als seinerzeit die von Westerwelle mit Merkel. Also ja, natürlich ging sie die Koalition ein in dem Bewusstsein, dass sie eventuell noch die Notbremse ziehen müssen würde, und so kam es dann halt (nur etwas zu spät für Lindner & Co.).

          • @Normalo:

            „Todesfalle“ für die FDP, müsste ich glatt lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Die Herrschaften haben doch in kürzester Zeit zig Absprachen gebrochen.

            • @snowgoose:

              Dan lachen Sie mal. Wie würden Sie es sonst nennen, wenn man sich als kleinster Partner in eine Regierung mit zwei Parteien setzt, die ein fundamental anderes Staats- und Wirtschaftsverständnis pflegen als man selbst?

              Nochmal: Die FDP hat die meisten Anhänger nicht verloren, weil sie zu wenig nachgiebig und "koalitionstreu" war. Mir scheint, Sie sehen das ganze immer noch primär durch die Brille eines Wählers, der ohnehin nie FDP wählen würde. Um solche geht es hier aber nicht.

              Die Frage ist: Was erwarteten die 11,5%, die tatsächlich letztes Mal FDP gewählt hatten. DENEN war weitgehend "ihre" Partei noch viel zu zahm: Schulden durch Sondervermögen, Einführung des Bürgergelds, Klimaschutzgesetz, Milliardensubventionen für Industrieprojekte etc. mögen für viele eher linke Wähler absolutes Pflichtprogramm gewesen sein. Für diese FDP-Wähler waren es hässliche, stinkende Kröten, die zu VERHINDERN für sie der maßgebliche Zweck einer FDP-Stimme ist. Auch der faule Kompromiss beim Heizungsgesetz hat letztlich die FDP wahrscheinlich mehr Stimmen von erbosten Hausbesitzern gekostet als die Grünen Stimmen von enttäuschten Mietern stattlicher urbaner Altbauwohnungen (;-)).

              • @Normalo:

                Wohl dem der schon seit Generationen Immobilienbesitz in der Familie hat.



                " Hausbesitzer " deren finanzierte Häusken, aber defakto noch den Banken gehören, zählen wohl eher nicht zum Klientel der FDP Wähler- sonder eher zur unteren/ mittleren Mittelschicht der CDU Wählerschaft. Wählen also indirekt im " Auftrag " ihrer Hypothekengeber 😉

                • @Alex_der_Wunderer:

                  Wow, Ihre Klischees über die Wählerklientele rechts der Mitte sind aber schon beeindruckend. Und realitätsfern. Natürlich finanzieren auch die Kernwähler der FDP - das sind eher mittelständische Unternehmer, Freiberufler etc., die superreichen Berufserben dürften mindestens so gern CDU (und vermehrt Grüne) wählen - ihre Häuser und auch ihre Wärmepumpen mit Krediten, häufig genug ganz bodenständig bei Genossenschaftsbanken.

                  Wie kommen Sie darauf, dass es überhaupt so viele blödsinnig Reiche gibt, als das die Wählerschaft dieser Partei wirklich im Wesentlichen aus ihnen bestehen könnte?

                  • @Normalo:

                    Blödsinnig finde ich Wohlhabende schonmal per se nicht. Wüsste nicht soetwas hier jemals geschrieben zu haben.



                    Nichts liegt mir ferner, glauben Sie mir.

              • @Normalo:

                Die Stimmen für die FDP waren - von der Springerpresse gezielt unterstützt - wohl zumeist Unionisten, die Laschet nicht für überzeugend hielten und die Union für völlig verbraucht.



                Was mich wundert, dass bei dem immer noch defizitären Personal & Programm die nun wieder zur Union wanderten, doch wir sind alle Individuen.



                Klimaschutz und Geld für Industrie sind keine primär linken Dinge, nebenbei



                Die FDP hätte sich mit Bürgerrechten und der versprochenen Digitalisierung ausreichend profilieren können, um über die 5 % zu kommen.



                Diese Schönredner-Plakate waren aber ein Eigentor, wenn das Bild Lindners darauf prangt.

                • @Janix:

                  "wohl zumeist Unionisten, die Laschet nicht für überzeugend hielten "

                  Wenn es alles Leihstimmen gewesen wären, hätten doch die Sonntagsfragen sofort nach der Wahl absacken müssen, aber so richtig ging das meiner Erinnerung nach erst nach dem "Ja" zur Ampel und deren ersten Projekten los.

                  "Was mich wundert, dass ... die nun wieder zur Union wanderten..."

                  Weil alle anderen Parteien aus der Warte dieses Wählerprofils (tendenziell liberale CDU-Klientel) nochmal deutlich unwählbarer sind?

                  "Klimaschutz und Geld für Industrie sind keine primär linken Dinge"

                  Mögen sie sein, was sie wollen, LIBERAL - im Sinne von "staatliche Einmischung möglichst vermeidend" - sind sie jedenfalls nicht.

                  "...hätte sich mit Bürgerrechten und der versprochenen Digitalisierung..."

                  Wieso meinen eigentlich immer Alle, Parteien, die sie selbst schon aus Prinzip als Gegner betrachten, könnten erfolgreicher an der Urne sein, wenn sie nur mehr machten, was ihre erklärten Gegner für richtig halten?

                  Mein Punkt war auch nur, dass die Querstellerei der FDP kein Beweis oder Symptom diktatorischer oder destruktiver Absichten sondern dem Erfolgsdruck geschuldet war - NICHT dass sie Alles richtig gemacht hätte.

                  • @Normalo:

                    Wie meinen ? Erfolgsdruck von der CDU - den SPD / Grünen Ampelparteien die Luft zum regieren zu nehmen ? Kein verkehrter Gedanke von Ihnen 😉

  • Die SPD muss den Mut und die Handlungsbereitschaft gegenüber dem Kapital wieder zurückgewinnen. Dann sollte sie das BSW und Teile der AfD-Wählers einsammeln können. Armen, Arbeiters und anderen eine Stimme und eine Anlaufstelle geben, weil es das Richtige ist.



    Sonst aber wird die Linke das Linke übernehmen müssen.

    • @Janix:

      Das Problem ist, dass Kaital-Besitzer es mit ihrer Macht schaffen, das „Treten der Menschen“ nach unten zu fördern. Sie haben alle Druckmittel in der Hand und finden genug Vasallen, die ihnen auf vielfältige Weise helfen, die Masse zu verdummen, gegebenenfalls Feindbilder in ihrem Sinne zu erschaffen.



      Schon sofort nach Ende der unseligen Zeit wurde „linke Gefahr“ propagiert, während man den alten Helfern Tür und Tor öffnete.



      Und die SPD hat es schon immer hingekriegt, sich ihre „Totengräber“ selbst in den Pelz zu setzen (nicht nur Schroeder), statt sich mit den „noch mehr links Orientierten“ zu verständigen. (Die hat man praktischerweise auch verboten, was für rechts nicht galt). Die Fehlentwicklung in der DDR hat sicher auch noch ihren Teil dazu beigetragen.



      In meiner Jugend gab es übrigens Berufsverbote gegen „Linksverdächtige“ während Naziparolen kein Problem darstellten.

      • @snowgoose:

        Ihren Skeptizismus in Ehren, muss ich doch kurz bei einem Punkte faktenchecken: es wurde die "Sozialistische Reichspartei", ein kaum getarnter Nazihaufen, tatsächlich auch verboten.



        Dass 1945 die Nazis nicht alle plötzlich in Argentinien waren, das auch.

  • Absehbar weil die Selektionskriterien der Organisation nicht mit den Selektionskriterien der Wähler übereinstimmen.



    Die Stammwählerschaft wurde fast komplett von der Rechtspartei (40% bei den " Arbeitern" ) übernommen.



    Wer wählt SPD ? Mandatsträger, Beschäftigte der Tendenzbetriebe, ihre jeweiligen Angehörigen sowie ältere Traditionswähler.



    Das beste Wahlergebnis hatte die SPD trotzdem nach dem Warschauer Kniefall.

  • Willy Brandt und Wehner würden sich im Grabe umdrehen, wenn es ginge. Selbst nach100 Jahren haben die Menschen nicht gelernt, die Schnittmengen zwischen Rot-Rot-Grün zu finden und zu einer sozialen Kraft zu vereinen.

    • @snowgoose:

      Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass "die Menschen" keine rot-rot-grüne Schnittmenge sind sondern Individuen, von der jeder einzelne unterschiedliche Interessen und Befindlichkeiten hat. Der letzte Versuch die "sozialen Kraft" als Schnittmengen-Partei abzubilden war die SED. Und die hat heute 8,8 Prozent.

      • @Tom Tailor:

        Es gibt heute keine SED, auch wenn Sie das hier gerne verkaufen wollen.

        • @snowgoose:

          Richtig. Darum schrieb ich auch, "war" die SED (als Schnittmenge zwischen KPD und SPD).

  • Nun, die SPD hat mit der Agenda 2010 das Thema soziale Gerechtigkeit so sehr entsorgt, dass sie das nicht mehr als Kernmarke haben. Zumindest nicht glaubwürdig.



    Das zweite Standbein "Frieden", haben sie auch aufgegeben. Ein Ansatz wäre gewesen: "Ja, wir liefern Waffen. Aber wir verhandeln ernsthaft über eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa".



    Das wäre weder Schwach noch dieses dümmliche "Kämpfen, bis die Ukrainer keine Soldaten mehr haben", das einige Foristen hier bevorzugen würden.

    • @Kartöfellchen:

      „… dümmlich …“ nennen sie das, wenn sich überfallene Menschen nicht töten und versklaven lassen wollen?



      Welche Blasphemie!



      Dieses Volk hat das im letzten Jahrhundert schon mal durchlitten (vom deutsch Reich!).

      • @snowgoose:

        Davor Russifizierung unter dem Zar, dann Russifizierung und Massenmord unter den Soviets.

    • @Kartöfellchen:

      Wer Russland unterstützt, hat kein Recht mehr, von sich zu behaupten, sich für soziale Gerechtigkeit - oder irgendeine Art von Gerechtigkeit - einzusetzen. Man kann nicht gleichzeitig dem russischen Faschismus nützlich sein und von sich behaupten, einen moralisch richtigen Standpunkt zu vertreten.

      • @Suryo:

        Behaupten kann man erstmal alles. Jeder glaub er wäre auf dem moralisch richtigen Standpunkt.



        Natürlich sind nicht alle Standpunkte moralisch gleichwertig aber von seinem gegenüber zu erwarten das er sich selbst bitte als "den bösen" sehen soll ist doch total abwegig.

  • Kann man dieses nervige, unpräzise Verb "sich aufstellen" nicht einfach wieder lassen? Es geht schließlich nicht um Messestände oder Campinstühle.



    Jede Alternative wie "sich vorbereiten" oder "sich organisieren" ist treffender.

    • @cazzimma:

      Denken Sie an Sportarten oder Schlachtfelder, daher kommt es.