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Vorwürfe gegen die „Letzte Generation“Das Gefährlichste ist Nichtstun

Tatjana Söding
Kommentar von Tatjana Söding

Gefährdungen durch die „Letzte Generation“ sind eine große Ausnahme. Die weitaus größte Gefahr geht von der Ineffektivität der „Zukunftskoalition“ aus.

Ein Aktivist der Gruppe „Die letzte Generation“ wurde von der Polizei an ein Absperrgitter gekettet Foto: Fritz Engel

S eit Tagen diskutiert Deutschland über das Gefahrenpotenzial von Klimaprotesten. Dass eine Gefahr für die Zivilgesellschaft von Klimaprotesten ausgeht, ist allerdings eine Ausnahme. Die Straßenblockaden der „Letzten Generation“ planen „immer eine Rettungsgasse“. In dem Fall der jüngsten kontroversen Aktion in Berlin habe die Gruppe „die Polizei vor Betreten der Schilderbrücke informiert und um eine Umleitung von Einsatzfahrzeugen“ gebeten.

Sie sind sehr bestürzt über den Hirntod einer von einem Betonmischer überfahrenen Radfahrerin, die von einem im Stau stehenden Einsatzfahrzeug geborgen werden sollte. Es bedarf jetzt einer juristischen Prüfung. Fakt bleibt dennoch: Es ist oberstes Gebot der Klimabewegung, dass bei Protesten niemand zu Schaden kommen soll.

Überhaupt gibt es erst seit Kurzem ein aktiveres Bekenntnis zur Störung des Normalzustands. Denn es ist dieser Normalzustand und nicht die Proteste, von dem die tatsächliche Gefahr ausgeht. Der Weltklimarat bestätigt in seinem neusten Bericht, dass es mit der aktuellen Politik höchst unwahrscheinlich ist, das 1,5-Grad-Ziel einhalten. Bereits jetzt werden Tausende von Menschenleben weltweit in Fluten in den Tod gerissen, ob in Pakistan oder Deutschland.

Gleichzeitig werden neue fossile In­frastrukturen wie LNG-Terminals gebaut, und der Verkehrssektor ist weiterhin einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland. Außerdem gab es allein im ersten Halbjahr 2022 1.238 Verkehrstote. Der Normalzustand, dem aufgrund der Klimakrise und des Autoverkehrs tagtäglich Menschen zum Opfer fallen, und nicht der Protest derer, die auf die gesellschaftliche Verdrängung hinweisen, ist eine Bedrohung. Anstatt diese anzugehen, fordert „Klimakanzler“ Scholz, die Proteste zu beenden.

Das würden die Ak­ti­vis­t:in­nen auch gerne, denn auch sie begeben sich in Gefahr: Menschen in Straßenblockaden werden von Autofahrenden regelmäßig von der Straße gezerrt, die Ak­ti­vis­t:in­nen von Ende Gelände berichten von Polizeigewalt durch den „Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken, Reizgas und Schmerzgriffen“. Protestierende Wis­sen­schaft­le­r:in­nen werden inhaftiert, etwa in München, andere bekommen Morddrohungen, wie jüngst der Aktivist Tadzio Müller.

Das macht niemandem Spaß. Aufhören werden die Ak­ti­vis­t:in­nen aber erst, wenn die „Zukunftskoalition“ tatsächlich effektive Maßnahmen angesichts der Klimakatastrophe ergreift. Für die Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation ist die Einführung eines Tempolimits von 100 km/h solch eine Maßnahme. Wenn Scholz also will, dass Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen ihren Protest beenden, braucht es eine wirkliche „Zeitenwende“ in der Klimapolitik.

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Tatjana Söding
ehemalige Praktikantin im Inlandsressort - jetzt nur noch frei unterwegs. Humanökologin und Mitglied der Forschungsgruppe Zetkin Collective mit den Schwerpunkten politische Ökologie der extremen Rechten in Deutschland, Ordoliberalismus, fossiler Kapitalismus und Energiepolitik.
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40 Kommentare

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  • @RUDOLF123

    Proteste sind seit immer ein wesentlicher Bestandteil gesellschaftlicher Gestaltung. Von den Sufragetten über Gandhi bis zur Klimabewegung.

  • UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist in seiner Reaktion auf den neuen Bericht des Weltklimarats (IPCC) hart mit Politik und Wirtschaft ins Gericht gegangen. „Es ist ein Dokument der Schande, ein Katalog der leeren Versprechen, die die Weichen klar in Richtung einer unbewohnbaren Erde stellen“, sagte er in einer Videobotschaft.



    „Sie ersticken unseren Planeten“, sagte Guterres über Regierungen und Firmen, die für hohe Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Die wahren gefährlichen Radikalen seien nicht Klimaaktivisten, sondern jene Länder, die die Produktion von fossilen Brennstoffen ausbauen. Solch eine Strategie sei „moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn“. Jene Regierungen und Wirtschaftsführer, die den vereinbarten Klimazielen das Wort reden, sich aber nicht daran halten, bezeichnete der UN-Chef als „Lügner“.

    Guterres rief die Weltbevölkerung auf, selbst aktiv zu werden: „Fordert, dass erneuerbare Energie jetzt eingeführt wird - und zwar schnell und in großem Rahmen.“

    • @Badmonstercat:

      >Die wahren gefährlichen Radikalen seien nicht Klimaaktivisten, sondern jene Länder, die die Produktion von fossilen Brennstoffen ausbauen.

      Wissen Sie denn, wenn Sie das hier zitieren, welche Länder das sind?

  • Erst als die Aussage der Notärztin in der Süddeutschen Zeitung bekannt wurde, begann ein zaghaftes Umsteuern des Medienchors, dessen Einseitigkeit sich an der Presseschau von ndr-info ablesen lässt, wo es nicht eine Gegenstimme zum vorherrschenden Schuld-Diskurs gab.

    www.ndr.de/nachric...,audio1246578.html

    Alle konservativen Leit-Medien (siehe ndr info), fast alle Provinzzeitungen und Teile des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, waren auf Linie, die Bild-Zeitung hetzte mit Wollust gegen "Klimachaoten".



    Die taz schwenkte spät mit Bert Schulz in die richtige Richtung, doch warum betont der aktuelle Kommentar die juristische Aufklärung, wenn Fakten falsch waren, es laut SZ die Aussage der Notärztin gibt? Damit unterstützt die Autorin die Anzeige der Polizei.

    Eine, die auf der Letzten Generation rumhackte, war Renate Künast. Sie versuchte sogar, die Klimabewegung zu spalten: "Mir fällt auf, dass auch Fridays For Future etwas entgeistert darauf guckt."

    Die Riffreporter lassen die taz alt aussehen, weil sie frühzeitig die mediale Scheinheiligkeit, politische Instrumentalisierung (Künast, Giffey, Faeser, etc.) und falsche Kontextualisierung in der Debatte um die Letzte Generation und den tödlichen Unfall kritisierten.

    Die Letzte Generation besitzt "street cred", die einmal zur DNA der taz gehörte, aber gesellschaftlich weitgehend verloren gegangen ist, in die Geschichtsbücher abwanderte.

    Die alten Kämpfer für Umweltschutz, Künast und Trittin, unterstützen die Letzte Generation nicht, haben es sich wie viele andere im machpolitischen Realo-Gefüge der Grünen bequem gemacht.

    Die Mitglieder der Grünen schaffen es noch nicht einmal, sich bei der Forderung nach Tempo 30 und Tempo 100 mit der Letzten Generation solidarisch auf die Straße zu setzen.

    www.riffreporter.d...rerin-betonmischer

    • @Lindenberg:

      "Die Mitglieder der Grünen schaffen es noch nicht einmal, sich bei der Forderung nach Tempo 30 und Tempo 100 mit der Letzten Generation solidarisch auf die Straße zu setzen."

      Politiker - egal aus welcher Partei - schimpfen anscheinend lieber auf Klimaschutzaktivisten, anstatt mal darüber nachzudenken, dass in unseren Städten seit Jahrzehnten die Autoindustrie das Sagen hat, die nicht nur lebensgefährliche Maschinen in die Städte bringen (wie das Statistische Bundesamt mitteilt, kamen im Jahr 2021 rund 22.300 Kinder unter 15 Jahren bei Unfällen im Straßenverkehr in Deutschland zu Schaden), sondern auch rasende "CO2-Klimakiller", die dem Klimawandel noch mehr Kohlendioxid zum Wachsen liefern. Und wenn man weiterhin gestresste und übermüdete LKW-Fahrer mit 50 bis 60 Km/h durch die Städte schickt, nur damit die Unternehmer einen dicken Gewinn "einfahren" können, dann wird sich auch nichts an den Verkehrstoten durch LKWs im diesem Land ändern. In deutschen Städten werden seit Jahrzehnten Menschen totgefahren und der Klimawandel wächst durch die Autoabgase auch immer mehr, aber Politiker und viele Bürger echauffieren sich lieber darüber, dass besorgte Klimaschutzaktivisten Straßen blockieren. Nach dem jüngsten Bericht des Club of Rome werden die Treibhausgas-Emissionen 2030 ihren Höhepunkt erreichen, und ab da wird ein sich selbst verstärkender Klimawandel ausgelöst. Unsere Politiker reden aber lieber über den Klimawandel, anstatt endlich mal zu handeln. Es muss jetzt ein Umdenken stattfinden, denn der Klimawandel lässt nicht mit sich verhandeln und wird sich auch 'nicht' für 1000 Jahre in eine Höhle zurückziehen, nur weil ein paar Reiche ihr klimaschädliches Monopolyspiel weiterspielen möchten.

  • Ein Unfall ist eben das. "Verantwortung" sollte man da Niemandem zuschanzen.



    Mach doch selber!



    Ansonsten halte ich nicht viel von der Art der Aktion, die Agression statt Verständnis fördert .



    Bezüglich einem Tazbericht über Ausbildungsplätze freue ich mich, dass jugendliche Nachfrage in "klimarelevanteten Berufen" deutlich zunimmt.



    Meine Erfahrung ist, dass aktive Arbeit im Klimaschutz, z.B. im Baubereich, schön ist und Tag für Tag mehr bewegt, als " Blockadehaltung".

  • @RUDI HAMM

    Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben...

    Also: ich für meinen Teil habe den höchsten Respekt vor Ende Gelände, Fridays for Future, Extinction Rebellion, der letzten Generation.

    Und mich macht viel eher die dickfellige Gleichgültigkeit des Deutschen Gartenzwergs (TM) wütend, dem nur Freie Fahrt und der Flug nach Malle wichtig sind. Und oh, die Wurst.

  • > Denn es ist dieser Normalzustand und nicht die Proteste, von dem die tatsächliche Gefahr ausgeht.

    Da ist sie wieder: die Suggestion, die Proteste würden helfen, das Klima zu schützen, und es müsse deshalb abgewogen werden zwischen Folgen des einen und des anderen. Das tun sie aber nicht. Also gibt es keine Rechtfertigung für sie.

    >Anstatt diese anzugehen, fordert „Klimakanzler“ Scholz, die Proteste zu beenden.

    Mit dieser Forderung wird die von den "Aktivisten" betriebene Erpressung der Bundesregierung geradezu unterstützt, Motto: nachgeben, dann hören die Täter auch auf. Wer die Erpressung einer Regierung in dieser Weise unterstützt, macht aus der untauglich versuchten erst eine richtige Erpressung und gehört im Grunde selbst bestraft.

    • 6G
      659428 (Profil gelöscht)
      @Bertold Trüger:

      Erpressung? Die Regierung ist sicher durch vieles Erpressbar: Ihre Brötchengeber bzw. zukünftigen Arbeitgeber, Russland, China oder sonst etwas.



      Jugendliche, die nach dem dritten "natürlichen" Stau am Tag noch einen vierten provozieren gehören eher nicht dazu

    • @Bertold Trüger:

      Also besser hinsetzen und fresse halten?



      Ich denke das es hilft den Leuten in Erinnerung zu rufen das niemand die Möglichkeit hat zu vergessen was auf dem Spiel steht.

  • Einer der wenigen Kommentare, denen ich mich im Wesentlichen anschließe. Fast wirkt es, als hätten manche auf sowas Schlimmes gewartet und das sind auch nicht immer nur die üblichen Verdächtigen. Einzige was ich auch hier nicht gebraucht hätte, ist die zumindest so empfundene Verkürzung auf das Tempolimit, respektive auch das unter klimatologischen Aspekten überzubewerten. Ich bin komplett dafür, aber mehr noch aus anderen Gründen und das wird hier ausnahmsweise ja sogar mal berücksichtigt; dass es noch andere Argumente gibt, auch solche, die sofort Unterschiede machten, Unterschiede von Leben und Tod, das aber auch schon lange hätten tun können. Die Befürchtung ist auch den Verantwortlichen sonst einen (vglw.) billigen Punkt geradezu aufzuschwatzen, das traue ich insb. den Grünen lange zu, sich auf eine m.E. Selbstverständlichkeit noch irgendwas einzubilden, gar eine eigene Handschrift oder damit noch was gut machen zu können. Nie im Leben. Und schon gar nicht für's Klima. Dafür muss sich viel mehr, viel fundamentaler ändern, und das soll auch kein Kommentar verschweigen.

  • In einer Demokratie setzt man Ziele durch indem man dafür Mehrheiten beschafft.

    Zusagen, wir hören mit unserem "Protest" auf, wenn du machst was ich fordere ist Erpressung! Nichts anderes!

    • @Rudolf123:

      Naja, das funktioniert doch aber immer dann, wenn solche "Signale" aus der Wirtschaft/Industrie kommen: wenn diese und jene Auflagen/ Abgaben/ Mindestlöhne/ etc.etc. kommen, verlagern wir unsere Produktion und damit Arbeitsplätze ins Ausland...

      Wahrscheinlich sind die Aktivisten von Last Generation so unbeliebt, weil sie tatsächlich den Finger in die Wunde legen. Die wahre Bedrohung ist der Klimawandel, nicht ein paar angeklebte Protestierende.

    • @Rudolf123:

      Also lieber still darauf warten das wir unsere Lebensgrundlagen komplett zerstört haben?

      Besser jetzt etwas tun als darauf zu warten das es zu spät ist.

      Ich verstehe das es schwer zu glauben ist das wir kurz davor sind die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder komplett zu ruinieren.



      Nur ist es leider so.

    • 6G
      659554 (Profil gelöscht)
      @Rudolf123:

      In einer Demokratie haben auch Minderheiten Rechte. Zum Beispiel das auf ein würdiges Leben in einer lebenswerten Umwelt.



      Wenn diese Rechte mit Füßen getreten werden, dann gibt es nicht nur ein Recht auf Widerstand, dann gibt es sogar eine Pflicht dazu.

      • @659554 (Profil gelöscht):

        Welche Minderheitenrechte sind denn im konkreten Fall gefährdet?

        Da ich schon ahne, was für eine Antwort kommt:



        Wenn es so kurz vor knapp wäre wie behauptet, wären mittelfristig alle betroffen, die nicht gerade schon im Pflegeheim sind, und das ist die übergroße Mehrheit.

      • @659554 (Profil gelöscht):

        Würde jeder einzelne Deutsche so denken wie sie, werden meine Forderungen nicht umgesetzt gibt es eine Pflicht zum Wiederstand, würde Deutschland längst im Bürgerkrieg versinken. Das dies nicht der Fall ist verdanken wir der Mehrheit der Deutschen, die ihre Forderungen auf friedlichem demokratischen Weg versucht durchzusetzen, auch wenn das mühselig und aufwendig ist. Hoffen wir das es so bleibt.

        • 6G
          659554 (Profil gelöscht)
          @Rudolf123:

          Verstehen Sie den Unterschied zwischen dem Durchsetzen von persönlichen Forderungen und dem Widerstand (von wider = gegen, nicht wieder = erneut) zur Wahrung von Grundrechten?

  • Es ist in der Tat beschämend, dass nur diejenigen, die verzweifelt für "Ihre" Zukunft protestieren, zu Mördern stilisiert werden. Warum ein Betonmischer ein Fahrrad umfährt, einer von vielen Todesfällen in Berlin, vergisst man schnell.



    Andererseits frage ich mich, was sollen diese Proteste? Die CO2-Emissionen werden durch die 10 reichsten Prozent der Bevölkerung verursacht, durch große Konzerne, Rohstoffkartelle, ... Dafür täglich die (teilweise aufs Auto angewiesenen) Pendler abzustrafen bei den Protesten, scheint mir wenig intelligent. Großkonzerne und Banken wären mal eine Idee.



    Davon unbenommen ist es ein Armutszeugnis, dass wir nichtmal 130 als Tempolimit hinbekommen - wenngleich die meisten, die wie ich häufig auf den Autobahnen unterwegs sind, sich eh dran halten - mittlerweile! Fehlt nur noch die FDP.

    • @Marco Bünger:

      >Die CO2-Emissionen werden durch die 10 reichsten Prozent der Bevölkerung verursacht

      Die anderen atmen wohl keines aus? Und fahren/fliegen nie in Urlaub, bestellen nicht bei Amazon Dinge, die mit dem Auto geliefert werden, nutzen nicht das Internet, das so viel Strom verbraucht, zum Agitieren, und, und, und?

    • @Marco Bünger:

      Alle Deutschen gehören zu den reichsten 10% der Weltbevölkerung.



      Auch wenn die meisten das nicht wahrhaben wollen.

  • Deutschland trägt etwa 2% zu den weltweiten Treibhausgas-Emissionen bei. Selbst wenn wir den gesamten Straßenverkehr in Deutschland einstellen würden, würde sich so gut wie nichts am Gesamtergebnis ändern. Deutschland alleine hat nicht diese große Bedeutung, weder wirtschaftlich noch politisch. Wirklich positive Veränderungen lassen sich nur mit internationaler Zusammenarbeit erreichen, aber da sieht es nicht besonders gut aus. Das bedeutet nicht, dass man hier nichts unternehmen sollte, aber ob die Klimaziele erreicht werden, liegt nur zu einem ziemlich kleinen Teil an Deutschland. Ich denke, dass man sich realistischerweise darauf einstellen sollte, dass die Klimaziele nicht erreicht werden. Es sollte erforscht werden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um auch in einem Deutschland leben zu können, bei vielleicht weltweiter Erwärmung von 2 oder 2,5 Grad Celsius.

    • @Stefan Schaaf:

      Deutschland stellt auch nur 1% der Weltbevölkerung und die Emissionen pro Kopf sind gut vier Mal so groß wie es klimaverträglich möglich wäre. So zu tun als ob Klimaschutz so etwas wie ein deutscher Sonderweg (den hält man sich ja gern bei allen möglichen Themen zu Gute und zwar idR ungerechtfertigt) ist völlig abwegig immerhin existieren international verbindliche Abkommen zu Reduktionszielen und wenn sich anschaut wie die Zubauraten der EE etwa in China aussehen wird man feststellen, dass die dort inzwischen völlig andere Dimensionen haben als hierzulande wo es inzwischen oftmals nicht mal mehr möglich ist eine bestehende WKA durch eine neue zu ersetzen. Und auch in den USA betrug der Zubau der EE von 2014-19 etwa 36%.

    • @Stefan Schaaf:

      "Greenpeac zum Beispiel hat Walfangboote gehindert Wale zu fangen und somit einiges erreicht."

      Es ware nicht nur Greenpeace sondern vor allem auch Sea Sheperd ,die sich aktiv bis militant gegen den Walfang engagiert haben.Die Aktionen waren/sind auch nicht so ganz unumstritten und haben auf Seiten der Walfänger jede Menge "Wut und Ablehnung" ausgelöst.Allerdings gibt es einfach auch weniger Walfänger als Autofahrer.



      Nicht unwesentlich zum Erfolg hat übrigens auch die Tatsache beigetragen,das der Walfang durch das "Überfischen" kommerziell immer weniger lohnend geworden ist. Auch ist bspw. das in der Frühzeit der Industrialisierung dringend benötigte (Pott) Walöl längst durch allerlei preisgünstiger und bessere industriell hergestellte Schmierstoffe ersetzt worden. Beim MIV steht diese Wandlung noch am Anfang.

    • @Stefan Schaaf:

      Da stimme ich zu. Solange es bei den globalen Hauptemittenten keine Änderung gibt, kann man sich hierzulande realistisch betrachtet nur auf künftige Schadenslinderung "vor Ort" einrichten. Es sieht nicht so aus als ob in China und den USA (Nr.1 und 2 der globalen Emissionsrangliste mit zusammen >40%)ein rechtzeitiges Umdenken stattfinden würde. Denn das wäre JETZT und nicht in frühestens 10 Jahren!

      • @Mustardmaster:

        Realismus ist hier nicht gefragt. Für Viele ist Deutschland eben immer noch der Nabel der Welt.

  • "Das Gefährlichste ist Nichtstun"



    Stimmt!



    Doch was genau hat die "letzte Generation" bis jetzt eigentlich rein praktisch erreicht, außer dass man über sie viel mehr spricht als über ihre Ziele.

    Greenpeac zum Beispiel hat Walfangboote gehindert Wale zu fangen und somit einiges erreicht.



    Was aber bringt festkleben auf der Straße außer Wut und Ablehnung?

    • @Rudi Hamm:

      Richtig!

      Wenn nur noch über die Art der Aktion geredet wird und nicht mehr über den konkreten Weg hin zu drastischer Co2 Vermeidung, dann sind die durch die Aktionen verursachten Debatten purer Zeitdiebstahl.

      Es gibt legale Methoden eines der Hauptziele der LG, das Tempolimit, zu erreichen, an denen jeder! dran Teil nehmen kann: Autofahren entsprechend der Geschwindigkeitsbegrenzung auf der linken Spur! 👻

    • @Rudi Hamm:

      "...außer dass man über sie viel mehr spricht als über ihre Ziele."



      Dieses Missverhältnis ist aber nicht LG anzulasten, sondern dem Adressaten.

      • @zeroton :

        Oh natürlich ist das LG anzulasten. Wenn mich jemand in meiner Bewegungsfreiheit blockiert, werde ich wütend -egal wer. Der Weg muss immer auch zum Ziel gehören. Ich kann nicht "die Welt retten" wollen, indem ich die meisten Menschen verachte.

        • @resto:

          "Wenn mich jemand in meiner Bewegungsfreiheit blockiert, werde ich wütend -egal wer."



          quod erat demonstrandum

    • @Rudi Hamm:

      Das eine ist Ziviler Ungehorsam der Öffentlichkeit und Bewusstsein schaffen will, das andere ist die Direkte Aktion die darauf abzielt das Problem unmittelbar zu beseitigen, hier also die dauerhafte 'Stilllegung' von PKWs oder Kohlebaggern. Die Greenpeace-Aktionen zielten auf beides gleichermaßen ab, aber wenn man sich den Grad der allgemeinen Empörung schon bei blockierten Straßen anschaut hätte ich so meine Zweifel ob der Zuspruch größer wäre wenn sich die Aktiven dabei filmten wie sie ein Kohekraftwerk sprengen.

    • @Rudi Hamm:

      Es hat erstens mal mehr als Greenpeace gebraucht, damit der Walfang außerhalb Japans und Norwegens verpönt wurde.

      Nach dem bereits Anfang des 20. Jahrunderts Wale beinahe ausgerottet waren und der Walfang immer unlukrativer wurde, gab es in den 1930er Jahren es erste Schutzversuche, z.B. mit dem "International Agreement for the Regulation of Whaling", und einige Jahre später mit dem Nachfolger "International Convention for the Regulation of Whaling", mit der der IWC gegründet wurde.

      Dann gab es noch in den 60ern ein gewisses Buch mit dem Namen "Club of Rome", welcher sich in die Gehirne von manch wenigen Menschen einbrannte.

      Greenpeace, gegründet 1971, fing 1978 erstmals an, Walfangboote zu verfolgen und zu attackieren. Es dauerte jedoch nach deren Angaben bis ins Jahr 2002, bis das kommerziellen Ende des Walfangs besiegelt wurde. 31 fucking Jahre.

      Letzte Generation existiert erst seit einem Jahr. Und mal ehrlich: Wie werden die isländische oder norwegische Bevölkerung wohl reagiert haben, dass 1978 ein paar Tunichtgute sich in Lebensgefahr begeben, damit kein Walfleisch mehr konsumiert wird? Auch damals gab es sicherlich Verachtung, weil es ein paar Aktivistis wagen, der nordischen Bevölkerung das Essen wegzunehmen.

      • @Troll Eulenspiegel:

        1985 schickte der französische Geheimdienst Kampfschwimmer los die die Rainbow Warrior mit der gegen Atomwaffentests auf Mururoa protestiert wurde mit Haftbomben versenkten. Dabei kam der an Bord befindliche Greenpeace-Fotograf Fernando Pereira ums Leben.

        • @Ingo Bernable:

          Ist das nun eine Aufrechnerei vonToten, die Sie mit der Erwähnung von Fernando Pereira bezwecken? Ich glaube kaum, dass das in dessen Sinne wäre.

  • Kleiner Reminder noch, dass die Notärztin das Spezialfahrzeug zur Bergung der Radfahrerin, welches offenbar durch die Proteste nicht weiterkam, >nicht< beantragt hat. Soviel zum Thema, Letzte Generation trage die Schuld.

    Würde auch in einer Stadt, in der es quasi nicht überall möglich ist, eine Rettungsgasse zu bilden, viel zu lange dauern. Parkende Autos verhindern z.B. die Bildung einer Rettungsgasse. Lösungsvorschlag hier noch nebenher in die Runde geworfen, den Individualverkehr zu verbannen, damit auch Spezialfahrzeuge trotz Blockaden schnell an ihr Ziel kommen.

  • "Verkehrssektor ist weiterhin der größte Verursacher ..."

    Bisschen genauer die Quelle lesen: 19%; einer der größten Verursacher, aber nicht der Größte.

    • @fly:

      Krieg, Militär und Rüstungsindustrie sind jedoch weltweit noch schlimmer als der Verkehr. Es wäre doch Zeit, dass sich die Aktivist:innen einmal diesem Problem zuwenden.

    • @fly:

      Na ja, "genauer"? Darum geht es in dem Kommentar doch garnicht. Es geht um die Deutungshheit: wir sind die Guten.



      Wer aber im DLF den vollkommen empathiefreien Dauerwerbesprech des Sprechers von das Letzte, diese Generation, gehört und ertragen hat, hat Hinweise für Motivation und Haltung bekommen. Ich bin gespannt, wie die Leute von "Ende Gelände" auf die Gemeinmachung durch die Kommentarori*in reagieren. Das sind Leute, die dort hingehen, wo der Dreck herkommt und sie begeben sich persönlich in Gefahr; ich meine und finde das ist schon eine konkretere Aktion und mit den LG nicht gleich zu setzen.