Vorwürfe gegen CDU-Mann Maaßen: Gewisse Zweifel sind angebracht

Der CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen wehrt sich gegen den Vorwurf, er verbreite antisemitische Inhalte. Was ist tatsächlich dran?

Hans-Georg Maaßen im Gespräch mit Mundschutz unter demKinn

Weist die Antisemitismus-Vorwürfe zurück: CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen Foto: ari/imago

BERLIN taz | Der 2018 geschasste Chef des Verfassungsschutzes und jetzige CDU-Bundestagskandidat in Südthüringen, Hans-Georg Maaßen, wehrt sich gegen Antisemitismus-Vorwürfe. „Das sind für mich halt- und beleglose Behauptungen, die ich energisch zurückweise“, sagte Maaßen am Montag.

Die Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer hatte Maaßen in der sonntäglichen ARD-Talkshow „Anne Will“ vorgeworfen, antisemitische Inhalte zu verbreiten. Beweise dafür präsentierte sie auch auf Nachfrage nicht. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet erklärte in derselben Sendung: „Ich sage ihnen, er ist nicht Antisemit und er verbreitet auch keine antisemitischen Texte, und wenn er es täte, wäre es ein Grund zum Parteiausschluss.“

Äußerungen des rechtskonservativen Maaßen haben schon mehrfach für Irritationen gesorgt. Mit der Behauptung nach seiner Entlassung als Verfassungsschutz-Chef, Opfer einer Verschwörung durch „linksradikale Kräfte“ in der SPD geworden zu sein, setzte er sich dem Vorwurf aus, Verschwörungsmythen zu bedienen. Als judenfeindlich wertete freilich niemand diese mehr als bizarre Äußerung.

Anders verhält es sich dagegen mit dem von Maaßen verwendeten Begriff des „Globalismus“, der unter Rechtsextremen als Code für einen von Juden gesteuerten Prozess der Zerstörung nationaler Identitäten gilt – eine Analyse, die auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung teilt. Auch dieser Begriff bedient Verschwörungsmythen, vermeidet aber eine direkte Zuschreibung auf das angeblich zerstörerische Verhalten von Juden. Diese Methode der codierten Sprache gilt als typisch für Antisemiten, die ihre Anhänger bedienen, aber öffentlich nicht unangenehm auffallen wollen.

Klare Belege gibt es wohl nicht

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff „Great Reset“, der von Verschwörungsmystikern als Plan der Welteliten verstanden wird, die Macht an sich zu reißen. Tatsächlich ist unter diesem Titel ein Buch von zwei Ökonomen, darunter der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, über eine nachhaltigere Gestaltung der Wirtschaft erschienen. Die daraus von Verschwörungsmystikern abgeleitete These einer geplanten Weltherrschaft ist vor allem unter sogenannten Querdenkern zu finden, die Maßnahmen gegen die Coronapandemie ablehnen.

Gegenüber dem rechten Internetportal „Epoch Times“ hatte Maaßen im Januar 2021 erklärt, da kämen „die Kapitalisten aus Davos mit den Leninisten wieder zusammen, nämlich in der gemeinsamen Verachtung des einfachen, des gewöhnlichen Menschen“.

Schließlich wird Maaßen zum Vorwurf gemacht, die Bekämpfung des Klimawandels mit den beiden Weltkriegen in Zusammenhang gebracht und dabei die deutsche Schuld in Zweifel gezogen zu haben: „Wir haben schon zweimal versucht, die ganze Welt zu retten, und es ist jedes Mal schiefgegangen“, sagte Maßen. Dem Tagesspiegel erklärte der ehemalige Verfassungsschützer dazu, er sehe in den Weltkriegen keineswegs deutsche Rettungstaten, sondern „deutschen Größenwahn“, der „die Welt in Katastrophen gestürzt“ habe.

Ist Maaßen wegen der genannten Äußerungen ein Antisemit? Da sind gewisse Zweifel angebracht, die Belege offenbar nicht ausreichend. Allerdings verbreitete er, ob gewollt oder nicht, mit dem Gerede von „Globalismus“ eine auch von Antisemiten gerne genutzte Verschwörungstheorie.

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verlangte in der Causa Maaßen am Dienstag gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung „klare und eindeutige Belege. Wer diesen Vorwurf anführt, sollte sich seiner Verantwortung für die Geschichte bewusst sein. Der Antisemitismus-Vorwurf ist ein scharfes Schwert und erfordert klare und eindeutige Belege.“ Doch diese Belege wird es wohl kaum geben. Es gehört zum Wesen des modernen codierten Antisemitismus, dass dieser mit Sprachbildern arbeitet, die so interpretationsfähig sind, dass sie je nach Publikum unterschiedlich gelesen werden können.

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