Vor den Parlamentswahlen in Spanien: Extreme Rechte wittert Chance

Spanien gilt bei Minderheitenrechten und Programmen gegen sexualisierte Gewalt als Vorreiter. Nach der Parlamentswahl am Sonntag könnte es damit vorbei sein.

Ein Mann auf einem Fernsehschirm in einer Bar, daneben ein ausgestopfter Stierkopf

Alberto Nunez Feijoo wettert gegen die Änderungen der Regierung Sanchez Foto: Manu Fernandez/ap

Die Regierung verbietet die LGBTQ-Fahnen an öffentlichen Gebäuden, kulturelle Minderheiten werden ihrer Sprache beraubt, Filme und Theaterstücke wegen angeblicher homosexueller Propaganda abgesetzt. Die Regierung leugnet die Existenz sexualisierter Gewalt, ebenso wie den Klimawandel. Die Regierung zementiert eine rechte, ihr genehme Mehrheit in den oberen Etagen der Justiz. Alles, was aus Brüssel kommt, gilt als Globalisierungswahn. Nationales Recht steht wieder über EU-Recht.

Nein, die Rede ist nicht von Andrzej Dudas Polen, Victor Orbáns Ungarn oder Giorgia Melonis Italien – die Rede ist davon, was ab Sonntag Spanien nach den Parlamentswahlen blühen könnte. Denn der Kandidat der rechtskonservativen Partido Popular (PP), Alberto Núñez Feijóo, will, sollten denn die Stimmen reichen, mit der rechtsextremen VOX eine Koalition eingehen. Dass er keine Bedenken hat, solch rechtsextreme Programmpunkte umzusetzen, das beweist Feijóos PP auf kommunaler und regionaler Ebene.

Spanien, das erst in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre, nach dem Tod des Diktators Franco seinen Weg zur Demokratie fand, kann erstaunliche Fortschritte vorweisen, die selbst so manchen in Ländern wie Deutschland, Österreich oder Frankreich neidisch werden lassen.

Spanien gehört mit zu den Vorreitern bei Programmen gegen sexualisierte Gewalt, bei der Homoehe, der Gesetzgebung für Transsexuelle und auch bei der Euthanasie oder dem Recht darauf, dass Vorerkrankungen „vergessen werden“. Vieles davon könnte bald nach der Wahl Geschichte sein

Es wäre ein fatales Zeichen für die EU, wenn ein weiteres Land nach ganz weit rechts abdriften würde. Über ein Drittel der EU-Bevölkerung würde dann unter undemokratischen Regierungen mit Beteiligung oder ganz unter der Kontrolle der Rechtsextremen leben. Auch kein gutes Omen für die Europawahlen im kommenden Jahr. Am Sonntag geht es nicht nur um Spanien, es geht auch um die Zukunft der EU.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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