Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
"Was dort in die Koalitionsabkommen geschrieben wurde, macht der Mehrheit Angst: Schluss mit LGTBI-Fahnen an öffentlichen Gebäuden, Schluss mit Programmen gegen Gendergewalt, Schluss mit der Förderung der regionalen Sprachen, Zensur überall dort, wo die beiden rechten Parteien traditionelle Werte verletzt sehen"
Bei allem was gut ist: ich glaube nicht, dass die Mehrheit Angst davor hat, dass LGBT-Fahnen nicht mehr hängen.
Das als ersten Punkt aufzuzählen wirkt etwas bizarr, angesichts der Tatsache, dass VOX ein offen rassistisches, misogynes und faschistisches Weltbild pflegt, mit dem sich auch viele PPler identifizieren können. Ich glaube, die dem innewohnenden Gefahr ist deutlich größer als Regenbogenfahnen abzuhängen.
@Ringsle Vox hat angekündigt, auf Landesebene die Ehe für alle, die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare sowie Diskriminierungsschutz rückgängig machen zu wollen. Das beträfe um die 3 Mio. Menschen. In Vox-regierten Bezirken wurden Filme und Theaterstücke zensiert, die queeres Leben thematisieren. LGBT-Rechte sind die jüngsten Minderheitenrechte, und sie werden von Faschisten und Reaktionären zuerst angegriffen. Regenbogenfahnen sind dabei nur Symbolik
Auf der anderen Seite steht, dass in Spanien in den letzen zwei Jahrzehnten die Unterstützung von LGBT in der Bevölkerung so hoch ist wie kaum irgendwo in Europa. Die Ehe für alle genießt dort eine traumhaft starke Zustimmung. Entsprechend frequent wird über regionale Vox-Auswüchse gegen LGBT berichtet.
@mats Ich kann da Mats nur zustimmen.
Schade nur, daß die Rechte nationaler Minderheiten auf z.B. Selbstbestimmung, nicht ganz so hoch in Spanien geschätzt werden.
Dies liegt jedoch teilweise sicher an von zentralspanischen Parteien und der rechten Presse geschürten Vorurteilen gegen die basischen und v.a. katalanischen Mitbürger:innen.
Angesichts des Staatsversagens im Kampf gegen rechte Hetze müssen sich Antifaschist_innen endlich einigen. Denn ohneeinander sind wir zu wenige.
Zu den Parlamentswahlen in Spanien: Den Stier bei den Hörnen packen
Die spanischen Sozialisten könnten an der Macht bleiben. Dafür müssten sie die Vielfalt im Land repräsentieren. Es droht immer noch ein Rückschritt.
Erhält eine neue Chance: Pedro Sánchez am Wahlabend vor Anhänger:innen in Madrid Foto: Emilio Morenatti/ap
Wenn das Wahlergebnis eines zeigt, dann das: Spanien ist gespalten. Die spanienweite Rechte vereint rund 45 Prozent der Stimmen auf sich. Der Rest geht an die bisherige Linkskoalition aus Sozialisten und Linksalternativen sowie mehrere regionale Parteien. Der eine Block steht für das traditionelle Spanien, für männliche Dominanz und für ein einheitliches monokulturelles Land – der andere Block ist die bunte Vielfalt, die Spanien heute tatsächlich ausmacht.
Ministerpräsident Pedro Sánchez, den alle Umfragen für tot erklärt hatten, wusste dies nur zu genau und nutzte es. Er hat die Wahlen vorgezogen. Der Wahlkampf fiel damit in die Zeit, in der die rechtskonservative Partido Popular (PP) seines Herausforderers Alberto Nuñez Feijóo mit der rechtsextremen VOX Regionalregierung und Bürgermeisterposten aushandelte.
Was dort in die Koalitionsabkommen geschrieben wurde, macht der Mehrheit Angst: Schluss mit LGTBI-Fahnen an öffentlichen Gebäuden, Schluss mit Programmen gegen Gendergewalt, Schluss mit der Förderung der regionalen Sprachen, Zensur überall dort, wo die beiden rechten Parteien traditionelle Werte verletzt sehen oder wo der Opfer der Franco-Diktatur gedacht wird, von der sich weder PP noch VOX jemals wirklich distanziert haben.
Nun hat Sánchez erneut die Möglichkeit, eine Regierung zu bilden. Leicht wird das nicht. Denn dazu muss er all das in Angriff nehmen, was jahrzehntelang versucht wurde, unter dem Deckel zu halten. Allem voran die Konflikte um Katalonien und das Baskenland. Dort ist der Wunsch nach Unabhängigkeit – das heißt, nach der Möglichkeit, darüber abzustimmen – nie verstummt. Er wird gar immer lauter.
Die Linkskoalition hat nur eine Wahl
Das vielfältige Spanien, das Sánchez erneut in den Regierungspalast La Moncloa hieven könnte, will Antworten, will respektiert werden, genau dafür würden sie erneut eine Sánchez-Regierung in Madrid unterstützen. Die Alternative im Falle eines Scheiterns ist ein gewaltiger Rückschritt und der – so zeigt das Wahlergebnis – lauert nur wenige Stimmen entfernt auf seine Chance. Die Linkskoalition hat nur eine Wahl: Den Stier bei den Hörnern zu packen. Für Sánchez wird es nicht leicht. Für Spanien wird es nicht leicht.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
Themen