VW kündigt Tarifverträge: Angriff auf die Beschäftigten
Das VW-Management will die Krise des Autobauers auf dem Rücken der Beschäftigten lösen. Dabei haben diese keine Schuld an der Lage des Konzerns.
M it der Kündigung der Tarifverträge eskaliert die VW-Chefetage im Streit um die Zukunft des Wolfsburger Autobauers. Arbeitsplätze und Gehälter sind beim größten deutschen Industrieunternehmen bald nicht mehr sicher. Die Message ist klar und deutlich. Sie kam auch bei den Angestellten an. Betriebsratschefin Daniela Cavallo sprach von einem „historischen Angriff auf unsere Arbeitsplätze“.
Wie das Management bei Volkswagen vorgeht, ist für die anstehende Transformation kein gutes Omen. Denn die gesamte Industrie gerät derzeit immer mehr in eine strukturelle Krise. So ging die Industrieproduktion im Juli um 3,2 Prozent zurück. Es ist aber ganz entscheidend für den sozialen Frieden und die Demokratie im Land, ob für diese Umbrüche solidarische Lösungen gefunden werden.
VW-Chef Oliver Blume hat nun entschieden, welchen Weg er gehen will. Er will die Krise des Konzerns zulasten der Beschäftigten lösen. Denn die Kündigung der Tarifverträge bedeutet nichts anderes als das Bekenntnis, dass er Angestellte entlassen und Löhne drücken will. Künftig sollen also weniger Angestellte für weniger Gehalt mindestens das Gleiche leisten. Um es mal marxistisch auszudrücken: Blume will bei Volkswagen die absolute Mehrwertrate, also die Ausbeutung der Beschäftigten, steigern.
Ein Großaktionär ist Niedersachsen
Ausgerechnet Deutschlands bestbezahlter Manager mit einem Jahresgehalt von zuletzt über 10 Millionen Euro zieht also die Daumenschrauben an. Hinzu kommt: Erst vor einigen Wochen zahlte der Konzern 4,5 Milliarden Euro Dividenden an seine Aktionär*innen aus.
Ein Großaktionär ist Niedersachsen. Das Bundesland hält ein Fünftel der Aktien. Ministerpräsident Stephan Weil sollte jetzt vor allem seinen Einfluss im Aufsichtsrat von Volkswagen nutzen, damit der Vorstand seine Angriffe auf die Beschäftigten wieder einstellt.
Denn diese haben keine Schuld an der Krise. Diese liegt bei Politik und Management. Beide haben zu lange auf Verbrennermotoren gesetzt und die Entwicklungen der Elektromobilität verschlafen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom