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Wer Klage gegen das Verbot eines Vereins einlegt und gleichzeitig sagt, er hat mit dem Verein nix zu tun, braucht sich nicht wundern, wenn der Spaß mangels Rechtsschutzbedürfnis in die Hose geht. Das hätte den Anwälten klar sein müssen.
Dass die Kläger von Repressalien betroffen sind ist ein anderes Kapitel und erfordert Maßnahmen gegen diese staatlichen Eingriffe, hat aber mit einem Vereinsverbot nix zu tun.
Vorab.
1. Lang aus dem Geschäft: Aus der Lamäng.
2. Trotz der Beiträge Christian Raths & der Pressemitteilung Bundesverwaltungsgericht - ist mir nicht recht klar - was genau & mit welcher Begründung entschieden ist.
In der Sache.
Das Internetportal „de.indymedia.org“ - betrieben von einer nicht näher bezifferten Personengruppe - Ist durch staatlichen Akt des IM DeMisère verboten worden. Dagegen haben sich in Leipzig fünf Personen (Kläger) gewandt. Das Gericht hat die Überprüfung der Verbotsgründe in der Sache abgelehnt. Zu recht? Nein.
Grundsatz: Urteile ergehen entre nous.
D.h. grundsätzlich zwischen Verfahrensbeteiligten - & bindet nur diese.*
Die Kontrahenten müssen dazu wg Durchsetzbarkeit Bindung “banal - wo von wem können die Gerichtskosten eingetrieben werden?“ natürliche oder juristische Personen sein.
Stimmt - Grundsätzlich!
Hinzukommt beim Streit wie hier - Staat vs Bürger - daß ein staatlicher Akt - hier ein Verbot Gegenstand des Rechtsstreits ist.
Einfach - wenn dieser sich gegen eine natürliche oder juristische Person richtet.
&Däh!
Hier aber ersichtlich nicht der Fall. Nein.
Herr DeMisère wußte nix genaues mangels Kenne und Organisationsgrad. Erließ das Verbot aber trotzdem. Bestimmtheit im Sinne des Verfassungsgebot Bestimmtheitsgebot ist zu bejahen. Fehlender Organisationsgrad kann grundsätzlich kein Hindernis gegen eine derartiges Verbot sein.
Nun sind/waren umgekehrt aber derartige Personenmehrheiten schon prädigital bekannt & keine Erfindungen der Neuzeit.
Die Friedensbewegung - der Richterratschlag;) etc lassen ebenso grüßen. Wie schon im 19. Jahrhundert die Gewerkschaften.** Und die lehnten damals aus sehr ähnlichen Überlegungen - Zugriff auf Streikkasse etc - einen weitergehenden (vereins)Organisationsgrad mit guten Gründen ab.
ff
unterm——*
(Ausnahme Karlsruhe - da erwächst (nur) der Entscheidungsausspruch - Tenor - in Gesetzeskraft.)
** ff
@Lowandorder Wie ich bereits am 28. Jan. geschrieben habe erklärt sich dies JURISTISCH wie folgt:
"Dienstag, 16:24
JURISTISCH ist die Frage der Klagebefugnis/Aktivlegitimation der fünf Freiburger natürlich ein einfaches Einfallstor dafür die Prozessakte SEHR SCHNELL schließen zu können.
Mangels weiterer Informationen ist es schwer abzuschätzen, ob für den Fall, dass einer der Fünf sich als Vereinsbetreiber outet, wirklich auch für die behaupteten Plattform-Straftaten zu verantworten hätte. Analogie: Wenn der rechte Mob in den sozialen Netzwerken offen zu Aktionen, die tatsächlich Straftaten sind aufruft, dann kommt unser Rechtsstaat auch nicht auf die Idee deren Betreiber strafrechtlich zur Verantwortung ziehen zu wollen. Sondern dann begnügt sich der Rechtsstaat damit, dass die Löschung dieser gemeldeten Verstöße innerhalb des vorgegebenen Zeitraumes erfolgt.
POLITISCH ist das Ganze doch so oder so schon ein Skandal. Denn wo sehen wir die Anstrengungen unseres Staates gleichartig gelagerte Fälle der politisch rechten Szene auszutrocknen. Der Innenminister hätte hier genügend Aktionsfelder „politische Stärke“ zu demonstrieren.
INSGESAMT entsteht zunehmend verifizierbar der Eindruck, dass unsere Regierenden die Zunahme der politischen Rechten eher gutheißen, ja begrüßen. Ist es doch für CDU/CSU, FDP, GRÜNE weitaus angenehmer mit der AfD ins Koalitionsbettchen zu hüpfen, als mit den Parteien links davon (wozu ich die SPD seit Schröder nicht zwingend dazuzählen möchte).
Hat eigentlich noch eine der drei staatlichen Gewalten eine Vorstellung davon, wohin der politische Zug für Deutschland und Europa eigentlich fahren soll, und wie das „Ziel“ (der Wand) aussieht, auf die unsere Verantwortlichen den Zug mit Volldampf zurasen lassen?"
@tazeline Nur zu 16:24 - Schonn.
Aber es ist halt nicht immer ♦️einfach.
Ansonsten - 🦆 🦆 🦆 & 🗽 🗽 🗽
@Lowandorder ff
Verfassungsrechtliche Grundlage ist heute dazu die allgemeine Handlungsfreiheit Art 2 GG & die Vereinigungsfreitheit Art 9 Abs 3 GG. In den Formen & Organisationsgraden sind die Bürger frei.
Eh aber - wie der 6. Senat - sogleich ins Vereinsrecht abzubiegen. Ist klarzustellen.
Auch für derartige Personenmehrheiten & die sie tragenden Personen - gilt auch & gerade - daß Art 19 Abs. 2 GG unterfallen.
D.h. auch sie gegen jeglichen staatlichen Akt - & so auch dieses gegen jeden einzelnen gerichtete staatliche Verbot - Rechtsschutz erlangen können müssen. Und dieser Rechtsschutz - ständige Rechtsprechung Karlsruhe - darf nicht nur formal. Sondern muß effektiv sein.
An letzterem aber fehlt es hier ersichtlich & darauf zielt - über einen Bonmots hinaus - “Eher schikanös - als rechtsstaatlich.“
Denn dabei ist dem Staat aber - begrenzt durch die Verfassungsgrundsätze Verhältnismäßigkeit & Übermaßverbot - verwehrt - über prozessuale Hindernisse - quasi über Bande - Organisationsformen aufzuzwingen oder sonst die Effektivität des Rechtsschutzes sachwidrig zu verkürzen.
So liegt der Fall aber hier.
“ Eine vollständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots kann nur der Verein selbst erreichen. …“
Damit - mit Ansinnen - der! Verein müsse klagen - geht ein effektiver Rechtsschutz aber entgegen den verfassungsrechtlichen Anforderungen ins Leere.
Zum einen könn(t)en als die Plattform tragenden Personen ihre Rechte auf einen - oder die fünf - Kläger übertragen. (ein übliches Verfahren- hier scheint’s nicht vorgetragen)
Rechtsfiguren sind dazu die bekannte Person - V.i.S.d.P. - oder der Sitzredakteur.
Dabei wäre Glaubhaftmachung bzgl der Übertragung ausreichend. Der Aufklärungsanspruch des Gerichts würde sachlich seine Grenze an Verfassungsgrundsätzen Verhältnismäßigkeit & Übermaßverbot - finden. Zumal die Frage der Übertragung der Mitgliederrechte nur das Binnenverhältnis innerhalb der Plattform betreffen würde.
ff & Rest
@Lowandorder ff & Rest -
kurz - Eine Verfassungsbeschwerde dürfte Erfolg haben. Masl tov
Soweit mal
unterm——-
Pressemitteilung -
www.bverwg.de/de/pm/2020/5
& **
“Der Rechtsstatus nicht eingetragener Vereine und ihrer Mitglieder*
Insbesondere Gewerkschaften, politische Parteien und Religionsgemeinschaften sind oftmals körperschaftlich organi siert (nämlich mitgliedschaftlich verfasst und in ihrem Bestand vom Wechsel ihrer einzelnen Mitglieder unabhängig), aber weder als Verein1 in einem Vereinsregister eingetragen, noch (im Falle von Religionsgemeinschaften) mit Kör perschaftsstatus i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV ausgestattet.
• solche Vereine sind keine juristischen Personen, stellen also neben ihren Mitgliedern subjekte dar und sind grds. nicht fähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, sind jedenfalls nicht vollrechtsfä hig. Sie werden als „nicht rechtsfähige Vereine“ (§ 54 BGB) oder treffender schlicht als „nicht eingetragene Vereine“2 bezeichnet.
…& Däh! - Klagen -
“…der Gesetzgeber hat lediglich Gewerkschaften in arbeitsgerichtlichen Verfahren (§ 10 ArbGG) und politischen Par teien allgemein (§ 3 Satz 1 PartG) – nicht aber deren Ortsverbänden – die Möglichkeit eingeräumt, Klägerin in ei nem Prozess zu sein (aktive Parteifähigkeit). Im Übrigen können nicht eingetragene Vereine mangels Rechtsper sönlichkeit nicht selbst Kläger sein (§ 50 Abs. 1 ZPO). Zwar hat der BGH Gewerkschaften entgegen § 50 Abs. 1 ZPO Parteifähigkeit auch im Zivilprozess zugestanden…
www.cloeser.org/ex...agener_Vereine.pdf
& Sitzredekteur - Harry Rowohlt -
www.freitag.de/aut...tter-war-ein-feger
&
www.spiegel.de/spi...int/d-9096035.html
ich finde es absolut überzeugend, weil geltendes Recht, dass in Deutschland am VG nur klagen kann, wer auch selbst betroffen ist. Es gibt wenigstens bei Gericht kein "wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass".
Gegen die Durchsuchungen kann man sich im Strafverfahren werden, die beschlagnahmten Gegenstände jetzt heraus verlangen - aber eine Klagemöglichkeit hat nur, wer selbst betroffen ist und hier ging es um den "Verein", der offiziell keiner ist.
Für diesen Verein muss jemand klagen, der sich offiziell als dessen Vertreter bekennt.
Es ist absurd genug, dass Strafprozesse heute zum Teil gegen "unbekannte Personen" geführt werden, spätestens bei der Vollstreckung wird es dann interessant. Gut, dass die Verwaltungsgerichte dies noch nicht akzeptieren.
@Dr. McSchreck Herrlich - wie‘s ehna gelingt - die faule Assist-Pille aus dem Leipziger Allerlei.
Einzunicken. Chapeau.
“ und hier ging es um den "Verein", der offiziell keiner ist.…“ Eben.
kurz - Mit dem gr. Öffentlichen. Gell.
Würd ich noch was warten. Newahr.
Normal. Besser is das. - 🧐 -
Beginnen wir mit dem Positiven: der Konnotation des Autors stimme ich zu. Gewalt ist zu ächten, einerlei, von wem sie begangenen wurde.
Der Kommentar Christian Raths wie auch einige Posts weisen jedoch gewissen Unsauberkeiten auf. So kann es für mich primär keine Frage "dieser Zeit" sein, sondern nur des Prinzips.
Auch eine gewisse Alice Schwarzer hatte an bestimmten Punkten ein - bestenfalls - problematisches Verhältnis zu Gewalt und Wahrheit. Ich sage nur Lorena Bobbit und Jörg Kachelmann.
Dass eine eindeutige Distanzierung zu "Bullenwache in Flammen" nötig ist, steht außer Frage.
Nicht, um Chaos und Willkür zu vermeiden, wie ein Forist meint. Chaos und Willkür gibt es bereits, auch von staatlichen Organen. Also höchstens, um einer WEITEREN Ausbreitung den Riegel vorzuschieben.
Ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Klagebefugt ist der, bei dem die Möglichkeit besteht, durch das Verbot in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Das gilt für alle, ob links oder rechts. Widerspruchs- und Klagewellen von unbeteiligten Dritten, die die Verwaltung und Gerichte lahmlegen, sind nicht im Interesse eines Rechtsstaates.
Rechtzeitig die Kurve gekriegt....natürlich sind Zugeständnisse an gewaltorientierten Linksextremen und Rechstradikalen oder Fanatiker beliebiger Ideologien keine erstrebenswerte Option.
Eine konsequente Distanzierung ist der einzige Weg um Chaos und Willkür zu vermeiden.
"Dass sie laut Bundesverwaltungsgericht erst dann eine gerichtliche Prüfung des Verbots erreichen können, wenn sie sich offiziell als Verantwortliche outen – mit allen eventuellen straf- und haftungsrechtlichen Folgen –, das wirkt eher schikanös als rechtsstaatlich."
Falsch. Wenn die fünf Kläger das Portal linksunten.indymedia nicht betreiben/betrieben, sind sie durch den Verbotsbescheid nicht belastet. Die Bescheide sind dann schlicht wirkungslos gegenüber den Fünf.
Der deutsche Staat steht nun einmal auf den Grundfesten, dass nur derjenige dem ein Recht zusteht bzw. im hiesigen Fall derjenige der sich als Inhaber des Rechts bekennt, dieses auch einfordern kann.
Deswegen wird auch die bereits angekündigte Verfassungsbeschwerde sang- und klanglos untergehen. Die Kläger machen nun einmal ein Recht geltend, von dem sie selbst behaupten es nicht inne zu haben. Das ist quasi die Definition einer unschlüssigen Klage.
Man kann es als große Konzession an die Fünf ansehen, dass sie überhaupt bis zum Bundesverwaltungsgericht gekommen sind.
@Kriebs nein, eine Konzession ist das nicht, denn das BVerwG ist hier die erste und einzige Instanz. Auch beim BVerfG ist aber meiner Kenntnis nach Voraussetzung, dass man selbst betroffen ist, um Verfassungsbeschwerde einreichen zu können.
Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten für jedermann.
Selbstverständlich muss ich in einem Verwaltunsgerichtsverfahren darlegen, wer ich überhaupt bin.
Ich kann auch nicht für Herrn Rath tätig werden, weil sein Nachbar zu nah an sein Haus baut, da ich kein berechtigtes Interesse hieran habe.
(Das gilt übrigens für jeden - also nicht nur für Linksradikale Rechtsradikale)
Beim der Bewertung der "Rechtsschutzverweigerung" warte ich auf die zweite Meinung und hoffe, daß Lowandorder sich zur Kohärenz herablässt.
Was die böse Frage betrifft, on man hier "gleiches Recht für Rechte" haben möchte - nein, möcte ich nicht, und ich würde hoffen, daß der Staat solchen Leuten bis in den letzten Winkel nachsetzt. Und wenn es Tonga ist.
@Wurstprofessor "...Was die böse Frage betrifft, on man hier "gleiches Recht für Rechte" haben möchte - nein, möcte ich nicht,..."
Das wäre aber nicht im Sinne der Demokratie.
@Wurstprofessor Tonga als letzter Winkel - welch sublimer Rassismus.
@Chutriella Tonga hat der geschätzte Mitforist Mr. Hawkins als sinnbildlich für (geographisch) am weitest-möglich entfernten von chez nous eingebracht. Aber wenn Sie Sich daraus ein Rassimuskeulchen für mich schnitzen wollen - be my guest, knock yourself out.
"Würde im Interesse des freien Diskurses ein Portal akzeptiert, in dem regelmäßig zu Straftaten aufgerufen wird, dann gälte dies tendenziell auch für die gewaltbereite Rechte."
Ich stelle mal die dumme Frage: Gibt es das nicht schon längst? Meinethalben auf einem Server in Tonga.
"Würde im Interesse des freien Diskurses ein Portal akzeptiert, in dem regelmäßig zu Straftaten aufgerufen wird, dann gälte dies tendenziell auch für die gewaltbereite Rechte."
Was ist mit Facebook? Was ist mit Telegram? Dort verabreden sich Rechtsradikale zu Hetzjagden und Morden, aber niemand kommt auf die Idee, diese Plattformen zu sperren. Muss es erst eine neue RAF geben, die diese Kanäle benutzt, damit endlich wieder gleiches Maß gilt? Ok. Wenn dieses Land die Linken eh am liebsten entsorgen möchte, dann braucht man ja auch keine Rücksicht mehr nehmen auf diese Republik. So macht sich eine Demokratie wahrhafte Feinde.
@LennyZ Wenn das auch über Facebook funktioniert, ist doch indymedia gar nicht mehr erforderlich.
@LennyZ Gründen Sie eine RAF und kriegen es heraus ....
@LennyZ Soooo, und nun holen wir wieder einmal tief Luft und denken nach. Fratzenbuch und Co. haben den Firmensitz und alle Rechte an der Seite wo? Na? Richtig, nicht in D-Land sondern in VSA. Somit könnnen diese nicht von unseren Gerichten verboten werden.
Oha. Wieder etwas dazugelernt?
@Pia Mansfeld Unsinn. Dann würde das NetzDG auch nicht greifen. Außerdem: Facebook Germany GmbH, Caffamacherreihe 7, Brahmsquartier, 20355 Hamburg
Autofahrer:innen stellen ein Viertel aller Verurteilten in Deutschland. Doch vielen fehlt Bewusstsein für ihre Taten.
Urteil zu linksunten.indymedia: Eher schikanös als rechtsstaatlich
Überzeugen die Gründe des Bundesverwaltungsgerichts, sich aus formalen Gründen nicht mit dem Verbot von indymedia zu befassen? Nein.
Wollen sich mit linksunten.indymedia nicht befassen: die RichterInnen am Bundesverwaltungsgericht Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Das Bundesverwaltungsgericht hat Klagen gegen das Verbot der linksradikalen Internetplattform linksunten.indymedia ohne Prüfung abgelehnt. Die Justiz verweigert sich.
Nein, das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot der Webseite linksunten.indymedia nicht „bestätigt“, auch wenn manche Medien das nun so formulieren. Denn das Gericht hat die Gründe des Verbots aus formalen Gründen erst gar nicht geprüft. Damit ist auch der Vorwurf an den damaligen Innenminister Thomas de Maizière nicht ausgeräumt, er habe die linksradikale Webseite nach den G20-Krawallen von Hamburg vor allem aus symbolischen Gründen verboten.
Die Rechtsschutzverweigerung durch das Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht überzeugend. Es ist ja nicht so, dass hier Leute aus Neugier und allgemeinem Interesse das Gericht angerufen haben. Es waren vielmehr genau die Personen, die vom Verfassungsschutz und vom Innenministerium verdächtigt wurden, sie hätten linksunten.indymedia betrieben. Sie waren und sind ganz konkret von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen betroffenen und haben damit ein klares Rechtsschutzbedürfnis.
Dass sie laut Bundesverwaltungsgericht erst dann eine gerichtliche Prüfung des Verbots erreichen können, wenn sie sich offiziell als Verantwortliche outen – mit allen eventuellen straf- und haftungsrechtlichen Folgen –, das wirkt eher schikanös als rechtsstaatlich.
Allerdings ist auch nach dem Verbot von linksunten.indymedia die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland nicht in Gefahr. Auch heute kann linke und linksradikale Politik auf vielen Internetportalen diskutiert werden. „de.indymedia.org“ ist nur das bekannteste Beispiel. „Solidarität mit linksunten. Bullenwache in Flammen“ wird dort gerade getitelt. Mit Problemen muss ein Portal aber rechnen, wenn es nicht nur Diskussionen über strafbare Praktiken zulässt, sondern zum Posten strafbarer Inhalte geradezu offensiv einlädt.
Wer auch das in einer Demokratie für unverzichtbar hält, sollte sich daran erinnern, dass es in Deutschland nicht nur Linksradikale, sondern auch Rechtsextremisten gibt. Die Auslegung der Presse- und Meinungsfreiheit an der Grenze zur Illegalität gilt im Verfassungsstaat natürlich nicht nur für Linke, sondern auch für Rechte. Würde im Interesse des freien Diskurses ein Portal akzeptiert, in dem regelmäßig zu Straftaten aufgerufen wird, dann gälte dies tendenziell auch für die gewaltbereite Rechte. Will man das wirklich? In dieser Zeit?
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Schwerpunkt Pressefreiheit
Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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