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Umgang mit 40 Jahren Deutscher HerbstSo sehen junge Linke die RAF

Welche Bedeutung haben Baader, Meinhof und Ensslin für radikale Linke heute? Zwei Protokolle über den Einfluss der RAF auf die Politisierung.

Wie weit darf Protest gehen? Randale beim G20-Gipfel in Hamburg Foto: dpa

Protokoll 1: Timon Simons heißt eigentlich anders. Der 39-jährige Linke ist aktiv in der Bremer Gruppe des „… ums Ganze! Bündnis“.

Wenn man so will, bin ich ein Kind des Deutschen Herbstes. Ich bin im Oktober 1977 in Bremen geboren und der erste in meiner Familie, der Abitur hat. Meine Politisierung begann eigentlich im Konfirmandenunterricht. Meine Eltern haben mich damals dorthin geschickt mit der Ansage: Nimm das alles nicht zu wörtlich. Denk dir deinen Teil selber dazu. Für mich war das ein Moment, der vieles grundsätzlich in Frage gestellt hat. Ich habe nach Antworten gesucht und in meinem Alltag keine gefunden.

Ich habe angefangen nach Leuten zu suchen, mit denen ich reden und diskutieren konnte. Ich wollte verstehen: Wie funktioniert unsere Gesellschaft und wie konnte so ein Staat wie die DDR entstehen?

Erst habe ich es bei den Autonomen versucht, aber die wollten nicht inhaltlich schnacken. Irgendwann bin ich bei der PDS gelandet.

Vermutlich bin ich auf die RAF das erste Mal in der Schule gestoßen. Die RAF existierte Anfang der 1990er Jahre ja auch noch. So lange es sie gab, ging es in der radikalen Linken vor allem darum, wie man sich zu ihr positionierte.

Es gab so etwas wie einen Zwang: Wie, du bist nicht solidarisch mit den RAF-Gefangenen? Dann bist du gegen uns. Das war ein sehr unangenehmes Gefühl.

Die radikale Linke von heute ist letztendlich auch ein Produkt der Debatten aus den 1980er und 1990er Jahren

Timon Simons

Ich glaube, unbewusst und indirekt beschäftigen sich alle radikal Linken mit der RAF. Die radikale Linke von heute ist letztendlich auch ein Produkt der Debatten aus den 1980er und 1990er Jahren. Da gab es ganz unterschiedliche Pole: Die K-Gruppen, die RAF, die Autonomen und die Grünen. Die Art und Weise wie die radikale Linke heute Politik betreibt ist eine Folge dieser Zeit.

Nach dem Bruch von 1989/90 begann vor allem eine Phase der selbstkritischen Aufarbeitung. Da entstand auch eine kritische Beschäftigung mit der RAF. Zum Beispiel mit ihren Bezügen auf antisemitischen Antizionismus oder nationale Bewegungen.

Wenn ich mir im Nachhinein anschaue, was die RAF gemacht hat, denke ich: politisch, inhaltlich und strategisch bescheuert. Emotional kann ich die erste Generation der RAF verstehen. Diese Ablehnung der Nazi-Elterngeneration. Dieser Wunsch nach 1968 weiterzumachen. Die Umstände waren aber auch ganz andere: Die radikale Linke vor 1989 ist davon ausgegangen – und hatte dafür auch subjektiv gute Gründe – dass die soziale Revolution nahe sei. Jedenfalls in Westeuropa glaubt das heute niemand mehr. Trotzdem ist es natürlich immer noch nötig, diese Gesellschaft revolutionär zu überwinden. Diese Gesellschaft ist auf Ausbeutung angelegt. Eine Linke, die sich grundsätzlich von Gewalt distanziert, ist eine sozialdemokratische Linke. Ich bin Kommunist, ich will diese Gesellschaft überwinden.

Für mich ist Gewalt keine Moralfrage, sondern eine taktische. Mich interessiert: Passt das gewählte Mittel inhaltlich zum Zweck meiner Politik?

Man kann aus der Geschichte der RAF verschiedene Lehren ziehen. Nämlich: So wie es stattgefunden hat, darf es nicht noch mal stattfinden. Also diese Verselbstständigung, dass sich ein kleiner militanter Kreis politisch völlig von den anderen sozialen Bewegungen abkoppelt. Andererseits hat die RAF auch gezeigt, dass es ab einem bestimmten Grad sozialer Kämpfe nicht nur nötig sondern möglich ist. Das ist auch eine wertvolle Erkenntnis.

Die heutige radikale Linke ist schwächer als sie vielleicht von außen aussieht. In den 1970er und 80er Jahren gab es eine Vielzahl sozialer Bewegungen und eine ungleich größere Linke. Und die radikale Linke hat ­versucht, ein Katalysator für diese Bewegungen zu sein.

Heute ist das gesellschaftliche Kräfteverhältnis ein ganz anderes. Es gibt zwar aufsehen erregende Aktionen wie beim G20-Gipfel im Hamburger Hafen. Vielmehr aber meist auch nicht. Das Schöne ist, dass trotzdem noch so viele Leute zusammenkommen. Aber es fehlt ein gesellschaftlicher Resonanzraum.

Ich finde es gut, immer wieder mit der RAF konfrontiert zu werden. Sie gehört zu der Geschichte der Linken dazu. Ich muss zu ihr eine Position haben. Ich kann mich nicht linkspolitisch betätigen, wenn ich dazu keine Meinung habe. Das ist nicht aus Blödheit passiert. In einer konkreten historischen ­Situation haben Leute bestimmte Dinge gemacht. Und damit es sich so nicht wiederholt, ist es nötig, sich damit ­auseinanderzusetzen. Um es beim nächsten Mal besser zu machen. Wenn die Linke darauf immer wieder gestoßen wird und ihre einzige Reaktion ist, dass sie von der Debatte genervt ist, dann ist das ein Zeichen von inhaltlicher Unsouveränität.

* * *

Protokoll 2: Maria Schmidt heißt eigentlich anders. Die 26-Jährige studiert Jura in Berlin, sie ist antifaschistisch aktiv und macht Jugendbildungsarbeit.

Im Laufe meines Lebens und meiner politischen Sozialisierung hat die RAF unterschiedliche Rollen gespielt. In meiner Teenie-Antifa-Clique an der Schule war die RAF schon ein emotionales Thema. Wir haben darüber gestritten, was wir von der personifizierten Kapitalismuskritik der RAF halten, und natürlich darüber, ob es legitim sein kann, aus politischen Gründen Gewalt gegen Menschen einzusetzen.

Ich komme aus einem Juristen-Elternhaus, in dem es eine ganz starke Rechtsstaatromantik gibt, da war alleine das Thema RAF schon eine riesige Provokation. Für mich selbst war das schwierig, damit einen Umgang zu finden: Mit diesem positiven RAF-Bezug konnte ich selbst wenig anfangen, aber mit der Rechtsstaatverklärung meiner Eltern auch nicht.

Später habe ich mich dann ganz bewusst aus dieser linken Traditionslinie herausgenommen. Der brutale und bis heute nicht gut aufgearbeitete Antisemitismus der deutschen Linken in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war für mich ein Grund, mich davon ganz klar abzugrenzen, dafür, mit diesem Teil linker Geschichte nichts zu tun haben zu wollen.

Als Person mit linksradikalem Selbstverständnis ist man immer wieder in Rechtfertigungsnot wegen den Morden der RAF und muss sich die Frage gefallen lassen, wie man deren linkes Erbe mitträgt

Maria Schmidt

Heute sehe ich das etwas differenzierter. Ich glaube, man macht es sich zu einfach, wenn man so tut, als würde dieser Teil linker Geschichte für einen selbst keine Rolle spielen. Ich denke, dass man sich damit beschäftigen muss. Es gibt unter Linken ein Unbehagen, sich mit der Geschichte linker Gewalt zu beschäftigen, das gilt auch für andere Themen, den Stalinismus beispielsweise oder die DDR. Ich glaube, das liegt auch daran, dass genau diese Themen natürlich oft für Angriffe gegen Linke genutzt werden.

Es verlangt einem intellektuell viel ab, die eigenen politischen Überzeugungen gegen diese Angriffe zu verteidigen, ohne dabei ungewollt in die Rolle zu rutschen, Dinge zu verteidigen, von denen man sich selbst abgrenzt – etwa den ganz plumpen, moralisch aufgeladenen Antikapitalismus, den die RAF zum Teil gepflegt hat. Deshalb meiden insbesondere junge Linke oft diese Themen, weil sie Angst haben, dort argumentativ nicht bestehen zu können.

In meinem Freundeskreis oder auf Plena taucht das Thema RAF ab und an schon auf, aber eigentlich immer nur als Negativfolie für die eigene Abgrenzung. Dazu kommt natürlich, dass das, was die RAF gemacht hat – sich bewaffnen, in den Untergrund gehen, Menschen töten – für uns einfach sehr weit weg ist.

Dennoch würde ich sagen, dass Linkssein in der BRD ohne Bezugnahme und Auseinandersetzung auf die RAF nicht möglich ist. Als Person mit linksradikalem Selbstverständnis ist man immer wieder in Rechtfertigungsnot wegen den Morden der RAF und muss sich die Frage gefallen lassen, wie man deren linkes Erbe mitträgt. Auch deswegen finde ich, dass Linke sich viel mehr mit ihrer eigenen Geschichte – gerade auch der jüngeren und gerade auch der gewalttätigen – auseinandersetzen sollten.

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26 Kommentare

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  • Was ich mir wünsche wäre, dass Leute sich in der Welt umschauen und die besten politischen Auffassungen studieren, die ihnen begegnen. Schaut euch die Ideen, die Politik und die Menschen bei Momentum in UK an. Schaut euch die Ideen und Webseiten der Bernie-Supporter in den USA an. Schaut auch auch liberalere Bewegungen wie En Marche in Frankreich an. Das muss man alles kennen, um sich dann für das zu entscheiden, was einen am meisten überzeugt.

  • "Welche Bedeutung haben Baader, Meinhof und Ensslin für radikale Linke heute?"

     

    Hierzu ein Textauszug von Rainald Grebe:

    "Dörte hat jetzt zugegeben,

    sie onaniert auf Andreas Baader,

    das ist der Rubbelmann

    für das Mittelmaßgeschwader"

    https://www.youtube.com/watch?v=QNK48flWImk

  • 8G
    82278 (Profil gelöscht)

    Ich vermisse die RAF. Die konnten wenigstens Satre zitieren.

     

    Solche geistigen Leistungen sind vom gegenwärtigen Terrorismus nicht zu erwarten.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Desweiteren rufe ich dazu auf, dass sich so genannte liberale und konservative Demokraten ihrem eigenen Gewaltproblem in der Gegenwart stellen, mit Konzentrationslagern in der gesamten Peripherie der EU (ob auch innerhalb der EU, darüber lässt sich streiten).

     

    Ich verdeutlich das damit, dass es schon ab 1921 in der Weimarer Republik genau so genannte Konzentrationslager gab.

     

    "Die ersten auch als „Konzentrationslager“ bezeichneten Einrichtungen entstanden in Deutschland um das Jahr 1920. So ließen etwa der preußische Innenminister Carl Severing (SPD) und dessen Nachfolger Alexander Dominicus (DDP) 1921 im Zuge der massenhaften Ausweisung von „Ostjuden“, aber auch Sinti, Jenischen und Roma zwei Konzentrationslager in Cottbus-Sielow und in Burg Stargard in Pommern errichten, in die all jene zuvor Genannten eingewiesen wurden, die Deutschland nicht sofort freiwillig verließen. Aufgrund der unmenschlichen Bedingungen wurden diese Lager allerdings nach Protesten schon 1923 wieder aufgelöst.

     

    Zur längerfristigen Einrichtung von Konzentrationslagern für politische Häftlinge, zunächst in ehemaligen Kriegsgefangenenlagern und Truppenübungsplätzen, kam es dafür ab Ende 1923 infolge der von Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) verhängten Reichsexekution gegen die von SPD und KPD gebildeten Koalitionsregierungen in Sachsen und Thüringen." https://de.wikipedia.org/wiki/Konzentrationslager_(historischer_Begriff)#Lager_des_Ersten_Weltkriegs_und_der_fr.C3.BChen_Nachkriegszeit

     

    Weil es 1921 beim Bau der genau so genannten Konzentrationslager auch um die Frage des Aufenthaltsrechtes ging, d.h. um die "massenhafte Ausweisung von „Ostjuden“, aber auch Sinti, Jenischen und Roma", dann lässt sich dieses Wort ebenso gut für die in der Öffentlichkeit nicht näher benannten "Lager" in der Peripherie der EU verwenden.

     

    Die (mit diesem Begriff vereinnahmte) "radikale Linke" hat momentan noch das kleinste Gewaltproblem, verglichen mit der Gewalt von Liberalen, Konservativen und Neofaschisten!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Leider weiß ich nicht, wie ich anders mit einem Holocaustleugner-Vorwurf (als indirekte Unterstellung) umgehen soll, als die taz um Löschung zu bitten.

       

      Ich habe mir schon viele offenen Unterstellungen und verdeckte Insinuationen nhören müssen und kann damit argumentativ normalerweise umgehen, aber zum linken Holocaustleugner gemacht zu werden, weil ich 1921 mit 2017 verglichen habe, das ist dann doch zuviel des Guten!

       

      Zir Stilfigur Rudolf Fissners: https://de.wikipedia.org/wiki/Insinuation

       

      Ich glaube nicht, dass ich mir das gefallen lassen muss.

       

      Wenn man den Konzentrationslagerbegriff auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 dogmatisch beschränkt, dann verstellt man nicht nur den Blick auf die Geschichte der Weimarer Republik, sondern auch auf den Völkermord an den Nama und den Herero. Zudem werden die bedeutendsten NS-Lager wie Auschwitz oder Buchenwald Vernichtungslager genannt, um einen deutlichen Unterschied zu Lagern zu machen, die "nur" zur "Konzentration" dienen. https://de.wikipedia.org/wiki/Konzentrationslager_in_Deutsch-S%C3%BCdwestafrika

       

      Auch in der Extremismustheorie wird der Begriff Konzentrationslager (Vernichtungslager) analytisch verwendet und z.B. auf die Gulags angewandt.

       

      Ich habe an der Uni Leipzig diesen kritischen Begriff des Konzentrationslagers erworben, der sich auf den instrumentellen Zweck des Lagers bezieht, die "Konzentration" und eine wissenschaftliche Verwendung des Begriffes kann sich schon allein aus Gründen der Glaubwürdigkeit nur auf Analyse und Fakten stützen und nicht auf den "Volksmund".

       

      "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung."

      Theodor W. Adorno - Erziehung nach Auschwitz

       

      Wenn man aber nicht einmal wissen darf, wann ein Konzentrationslager gebaut wird, weil es einem mit Holocaustleugnervorwürfen unmöglich gemacht wird, ein Konzentrationslager als solches auch zu benennen, dann ist jede Erziehung nach Auschwitz gescheitert.

       

      Wer Argumente hat, hat so etwas nicht nötig!

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Wörter wandeln ihre Bedeutung im Laufe der Zeit. Das Hakenkreuz hat in anderen Kulturen auch eine ganz andere Bedeutun gehabt. Dennoch besteht niemand mehr auf diese ursprünglichen Bedeutung. (Okay fast niemand,... https://www.washingtonpost.com/news/morning-mix/wp/2017/08/08/a-design-studio-tried-to-reclaim-the-swastika-by-putting-it-on-t-shirts-it-didnt-end-well/?utm_term=.37b60a1f5708)

       

      Mit dem Konzentrationslager ist es das gleiche und ich kann mir ehrlich gesagt kaum vorstellen das Ihnen das nicht klar ist.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @disenchanted:

        Das mit dem Hakenkreuz ist auch eine Insinuation. Als wollte ich die Verwendung von Hakenkreuzen legitimieren.

         

        Da können sie sich aber auch bei Vertretern der Extremismustheorie über ihren Gebrauch des Wortes beschweren.

        Die belassen es auch nicht beim NS, sondern wenden den Begriff Konzentrationslager etwa auf den Stalinismus an und die Gulags. Das passt vielen Linken gar nicht, aber ich habe kein dogmatisches Problem damit.

        Manche Autoren wenden den Begriff Vernichtungslager auch auf die Gulags an, da wäre ich etwas vorsichtig, weil das die Unterschiede m.E. zu stark verwischen würde.

         

        Auch im Jugoslawienkrieg wurde von Konzentrationslagern gesprochen und derartige Bilder wurden benutzt, um diese Rede zu rechtfertigen. Der darauf folgende Krieg stand in diesem Zusammenhang..

        Von Vernichtungslagern hat in diesem Zusammenhang niemand gesprochen.

        Es war m-E. auch in diesem in Ordnung das Wort Konzentrationslager zu benutzen, man hat es korrekt angewendet.

         

        Trittin sprach im TV von "konzentrationslagerähnlichen Zuständen" in Libyen.

        Aus politikwisschaftlicher Sicht werden aber Konzentrationslager nicht über die humanitären Bedingungen definiert, sondern über den instrumentellen Zweck, die sogenannte Konzentration, d.h. die gewaltsame Sammlung politisch und sozial rechtloser/entrechteter Menschen in Lagern, um sie an der Freizügigkeit, der politischen Betätigung und an der Inanspruchnahme sozialer und politischer Rechte zu hindern.

         

        Es ist empririsch falsch zu sagen, dass das Wort Konzentrationslager nur in Bezug auf den Nationalsozialismus verwendet wird. Die Extremismustheorie macht ganz etwas anderes.

        Das ist auch in kritischeren Ansätzen der Fall. So gibt es auch einen Streit um die "concentration camps" (so das englische Wort schon zu dieser Zeit) für die japanischstämmige Bevölkerung. Aufgrund der Inhaftierung aller Japano-Amerikaner nach Rassegesichtspunkten sind es keine bloßen Internierungslagergewesen.

         

        Wie nennen wir die libyschen "Lager" sonst?

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf pauschale Unterstellungen. Danke, die Moderation

      • @Rudolf Fissner:

        Sie müssen aber schon unterscheiden zwischen der Leugnung des Holocaust an sich und dem Relativieren dieses Verbrechens.

        Ein Rechter der sagt "KZ sind doch völlig normal, ... schon die Briten ... bla bla," leugnet den Holocaust nicht, sondern relativiert und verharmlost ihn dann in einem Atemzug als gängige und zu akzeptierende Praxis.

        Wenn ein Linker darauf hinweist, dass es neben dem Holocaust auch andere Verbrechen gegeben hat und gibt dann bestimmt nicht um ihn zu verharmlosen, sondern die Verlogenheit der bürgerlichen und selbsternannten politische Mitte anzuklagen.

        Denn von dieser wird der Holocaust relativiert in dem er als unerwartetes, unglückliches Ereignis dargestellt wird das in keinem Zusammenhang mit dem Wirken des eigenen Weltbildes stünde. Dabei ist es kein Geheimnis, dass das sogenannte "3. Reich" aus einer bürgerlichen Demokratie hervorging in der diese selbsternannte Mitte sich auffällig engagiert gegen "die Gefahr von links" vorging, gleichzeitig aber sehr aufgeschlossen gegenüber Rechtsextremisten war. Und das übrigens auch nicht nur in Deutschland und leider auch nicht zum letzten mal in der Geschichte.

         

        Um das Ganze nochmal zusammenzufassen:

        - Holocaustleugnung findet eigentlich nur in Neonazistischen (und islamistischen) Kreisen statt.

        - Holocaust Relativierung wird von Rechtsextremen, Konservativen und (Wirtschafts-)Liberalen Kräften gleichermaßen betrieben um einerseits das eigene Weltbild reinzuwaschen aber auch andererseits um politische Gegner links von sich zu diskreditierten.

         

        Letzeres geschieht vor allem durch die Gleichsetzung aller linken/sozialistischen Bewegungen mit dem Stalinismus und anschließendem Brückenschlag zu dem (zum Teil in der Praxis nicht unähnlichen) "Nationalsozialismus".

        Der Höhepunkt derartiger, bösartiger Tatsachenverdrehung dürfte dabei der Umgang mit linker Kritik an der Politik der (extrem rechten) israelischen Regierung, insbesondere hinsichtlich ihres zweifelhaften Vorgehens im Palästina-Konflikt, sein.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Die Performance des italienischen Philosophen Berardi wurde auf der documenta in Kassel verboten, weil er es gewagt hatte, auf diese historische Kontinuität hinzuweisen.

       

      Genau dazu passend, lebt in der deutschen Politik, der Rechts- und Politikwissenschaft, seit Jahren das Erbe des Haus- und Hofjuristen des 3. Reiches, Carl Schmitt, wieder auf, angefangen bei der Nachtlektüre des fast für ein Jahrzehnt mächtigsten Mann Europas - Wolfgang Schäuble! http://www.zeit.de/2007/33/Schaeubles_Nachtlektuere

       

      Das ist der Extremismus der Mitte und die totalitäre Tendenz der Demokratie, für die eine rechtskonservative Extremismustheorie noch einmal die theoretischen Begrifflichkeiten hat, um sie zu beschreiben!

      Der Ausgangspunkt der Extremismustheorie, dass die sogenannte Mitte der Gesellschaft demokratisch gesinnt sei - genau das muss erst noch bewiesen werden angesichts des Status Quo. Momentan ist eher vom Gegenteil auszugehen. Demokraten bauen keine Konzentrationslager, zumindest nicht nach meinem Verständnis von Demokratie!

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        * "für die eine rechtskonservative Extremismustheorie noch n i c h t einmal die theoretischen Begrifflichkeiten hat"

        So muss es natürlich heißen.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @85198 (Profil gelöscht):

          Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es die SPD war, die mit "linken" Nationalliberalen (die DDP wurde u.a. von Max Weber mitgegründet, der aber 1920 starb) zusammen angefangen hat, Konzentrationslager zu bauen, für "Ostjuden" und "Zigeuner".

           

          Auch da ging es schon um die "Judenfrage", wie es heute um die "Flüchtlingsfrage" geht, wie es selbst der politische Psychologie Prof. Dr. Thomas Kliche bei Phoenix noch geäußert hat. Der ist auch "linksliberal" und sonst von erstaunlicher Nüchternheit.

           

          Eine historische Kontinuität zum heutigen Tag, denn auch jetzt waren es die SPD und sich links gebende Neonationalliberale, die die Errichtung von Konzentrationslagern in der Peripherie der EU mit Staatsgeldern finanziert haben.

          Selbst wenn sie dies nicht getan hätten - verhindert haben sie es auch nicht!

           

          "Antisemitismus ist unsere staatliche und bürgerliche Pflicht." - Man könnte über diesen (Freud'schen?) Versprecher der Kanzlerin vor dem Bundestag noch lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

          Wenn nicht die "Flüchtlingsfrage" das zentrale Problem unserer Zeit wäre, wie es Prof. Dr. Kliche wohl auch etwas unfreiwillig (im Sinne von unbedacht) ausdrückte. Er ist dabei nicht allein (s.u.).

          Das zentrale Problem unserer Zeit:

          Die "Flüchtlingsfrage" ist die neue "Judenfrage". Die Entgrenzung der Sprache geht mit der Entgrenzung der Demokratie einher.

           

          Martin Schulz, SPD: "„Eine Obergrenze ist keine Antwort auf die Flüchtlingsfrage" (Welt)

           

          fdp.de: "In der Flüchtlingsfrage zeigt sich die Große Koalition nach wie vor zerstritten [...]"

           

          Tübingens Erste Bürgermeisterin Dr. Christine Arbogast (Politologin): „Die Leute glauben, die AfD könne die Flüchtlingsfrage lösen."

           

          SPON: "Auf der Flucht vor der Flüchtlingsfrage"

           

          Phoenix: "Thema: Wahl 2017 - Die Flüchtlingsfrage"

           

          Welt: "Europas großer Selbstbetrug in der Flüchtlingsfrage"

           

          Focus: "Lindner [...] in der Flüchtlingsfrage verrät er seine Partei"

           

          Gelöst wird die "Flüchtlingfrage" heute, wie 1921 schon die "Judenfrage".

          • 8G
            85198 (Profil gelöscht)
            @85198 (Profil gelöscht):

            Zwischen 1921 und 1933 lagen nur 12 Jahre.

            Jetzt heißt es aufgepaßt, wenn Europa demokratisch sein soll!

  • Die Texte hinterlassen den Eindruck, dass RAF und Stalin doch nur Unfälle oder Ausrutscher auf dem Weg zum Kommunismus waren ... oder lediglich "politisch, inhaltlich und strategisch bescheuert"

     

    Wenn es sich Rechte so einfach machen würden ... NS-Zeit als Ausrutscher der Geschichte auf dem Weg zum deutschen Nationalstaat ...

     

    ... tsstsss!

     

    Verbrechen sind Verbrechen, auch wenn sie von meinen Leuten begangen werden ...

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Barrikadenbauer und -entzünder mögen ja nicht sympatisch sein, allerdings macht sie das noch nicht zu Antisemiten, Bankräubern, Entführern, Mördern, Bombenlegern und Gruppensuizidalen.

    Eine solche Unterstellung ließe den weitestgehenden linksradikalen Konsens - Gewalt gegen Sachen ist ok, Gewalt gegen Menschen nicht - völlig außer acht.

     

    Insofern stellt das Bild einen meiner Meinung nach unverhältnismäßigen Zusammenhang zwischen Randalierern, wie in der Bildunterschrift geschrieben, und Terroristen, wie die RAF einhellig eingeordnet wird, her.

     

    Wenn man Randalierer abbildet, warum fragt man dann nicht Linke nach ihrem Verhältnis zu Randale und Pyromanie? Oder Randalierer zu ihrem Verhältnis zur RAF, das wäre ja interessant und würde der Zusammenstellung von Bild und Titel entsprechen.

     

    Wenn man "junge" Linke nach der RAF fragt - warum bildet man dann nicht die RAF ab, sondern ein paar Randalierer?

    Will man die adeln mit dem Ruch des revolutionären Aufstandes?

     

    Mit 39 ist mensch im übrigen auch nicht mehr "jung".

    Ich bin 36 und habe das schmerzhaft gemerkt, als mir vor zwei, drei Jahren die erste (sogar noch etwas ältere) Frau sagte, sie könne von mir in meinem Alter nicht mehr erwarten, dass ich es im Bett richtig brächte und für sie würden nur junge Kerle Anfang 20 in Frage kommen, das wären eben noch richtige Hengste.

     

    Ein derartig instrumentelles Verhältnis zu Gewalt, wie beim "junge" 39-jährigen, kann ich nicht teilen:

    "Für mich ist Gewalt keine Moralfrage, sondern eine taktische. Mich interessiert: Passt das gewählte Mittel inhaltlich zum Zweck meiner Politik?" sagt er.

     

    Für mich ist das zuallererst eine ethische Frage und "Ethik" ist für mich Strategisch-Strategisierendes für ein gutes Leben, das aber immer - frei nach Derrida - irgendwo auch Überleben ist.

     

    Hat "Timon" keine Strategie?, Taktisches Denken "von Schlacht zu Schlacht" gewinnt noch keine Auseinandersetzung.

    Instrumentelle Gewalt ist gegen die Utopie! Für mich ist das orthodox, nicht radikal.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Ich habe mich etwas missverständlich ausgedrückt:

      " Gewalt gegen Sachen ist ok, Gewalt gegen Menschen nicht"

      Pauschal ok ist Gewalt gegen Sachen auch nicht. "Diskussionswürdig" wäre das bessere Wort gewesen.

       

      Ich verurteile es etwa nicht moralisch, wenn Castor-Gegner*innen mal eine Bahnschiene kaputtmachen. Dazu ist der Rechtsstaat da.

       

      Was es aber bringen soll, als "antifaschistische Aktion" bei einer breiten gesellschaftlichen Demonstration gegen Neonaziaufmärsche sich zu vermummen und Scheiben an Straßenbahnhaltestellen zu zerschlagen, zu "entglasen", wie es so heißt, das entzieht sich mir.

      So etwas läuft bei mir eher unter "patriarchaler Restkomplex".

      Selber musste ich dann diese Demo verlassen, weil ich als Asthmatiker nun einmal nicht mit Tränengas umgehen kann.

      Da geht der Aktionismus nach hinten los und verwehrt mir die Möglichkeit einer demokratischen Meinungsäußerung, was ich aufs Schärfste verurteile, da hört bei mir der Spaß auf.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Ich bin auch definitiv kein Kommunist, sondern Syndikalist.

       

      Kommunisten haben, wo sie an die Herrschaft kamen, wie in der Ukraine oder im Krieg gegen den spanischen Faschismus, Anarcho-SyndikalistInnen auf teils brutale Art und Weise enteignet und Kapital, das in ArbeiterInnenhand war und der im engeren Sinne kapitalistischen Verwertung entzogen, wieder dem verordneten Zweck der Steigerung der Profitrate unterworfen.

       

      Der Syndikalismus wurde beschimpft, weil Kapital geteilt und nicht abgeschafft wird und die SyndikalistInnen enteignet, um ihr Kapital einer auch bloß kapitalistischen Produktionsweise zuzuführen, die eben nur einen einzigen Akteur kennt, dem alles Kapital gehört, den Staat.

       

      Das alles, um eine Mär davon zu erzählen, am Sankt-Nimmerleinstag irgendwann mal "morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden".

      An dieser Stelle ist Marx grenzenloser Utopist, obwohl er sonst in schon beinahe lakonischer Art und Weise nüchtern bleibt. Wenn er sonst die industrielle materielle Produktion analysiert - hier wird die Vergangenheit der bäuerlichen Landwirtschaft zum Maß der Dinge gemacht.

      Das mag daran liegen, dass bei Marx als Linkshegelianisten ein Ding erst zu seinem Gegenteil verkehrt werden muss, um zu seiner Identität zu finden. These, Antithese, Synthese.

       

      Wer heute noch so denkt, verdient nicht das Prädikat "radikal", sondern kann zurecht "orthodox" genannt werden.

       

      Sich bei der Wurzel (radix) zu packen, wie Bloch es ausdrückt, muss auch heißen, die Wurzel des Problems zu erkennen und zu benennen.

       

      Im Kommunismus mussten die ArbeiterInnen genauso auf die Freiheit warten wie im Kapitalismus und mit derselben Masche wurde auch den Frauen erzählt, ihre Freiheit müsse warten oder gar, sie sei schon da.

       

      Der historische Syndikalismus ist anarchistisch, Chomsky spricht auch nicht von Demokratie, lasst uns das anders machen!

  • eine mörderbande und verbrecher was gibts da zu diskuttieren

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Georg Schmidt:

      Yup, das selbe denke ich auch bei der Diskussionen über die Wehrmacht.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Ein Whataboutism vom feinsten, ROI. Die ethische Einordnung der Wehrmacht steht hier, glaube ich, nicht zur Diskussion.

  • Junge Linke ist wohl relativ gemeint? Mit 39 kann man wohl nur noch als Berufsjugendlicher verstanden werden.Wer allerdings in der RAF etwas anders als Terroristen und Mörder sieht, glaubt wohl auch, dass Stalin der Osterhase war.

  • >>Diese Gesellschaft ist auf Ausbeutung angelegt. Eine Linke, die sich grundsätzlich von Gewalt distanziert, ist eine sozialdemokratische Linke. Ich bin Kommunist, ich will diese Gesellschaft überwinden.

     

    Für mich ist Gewalt keine Moralfrage, sondern eine taktische. Mich interessiert: Passt das gewählte Mittel inhaltlich zum Zweck meiner Politik?

    • @Markus Steffen:

      Diese Stelle wollte ich auch zitieren. Besser könnte man es gar nicht auf den Punkt bringen, warum ich vielen Linken mit so großer Argwohn gegenüber stehe.

      • @Horst Horstmann:

        Mal ganz offen gesprochen:

        Solange der politische Gegner ganz selbstverständlich und ungesühnt Gewalt gegen Linke anwendet ist es nicht idealistisch sondern selbstmörderisch darauf zu verzichten.

        Glaubst du nicht das die Rechten jede Gelegenheit nutzen werden ihre Gegner einzusperren und umzubringen wenn sie sich ihnen bietet? Wer soll sie daran hindern? Der bürgerliche Staat der sie zu Weimarer Zeiten und heute gleichermaßen unterstützt und gedeckt hat?

        Glaubst du das sich die herrschende Klasse von so etwas wie einer Wahl oder dem Mehrheitswillen beeindrucken lässt und nicht selbstverständlich zu Gewalt greifen wird wenn ihre Privilegien ernsthaft bedroht sind?

         

        Wer für seine Haltung noch nicht bedroht und geschlagen worden ist der kann sicher so daher reden, aber mit der Realität hat so etwas nichts zu tun. Ich rate dir nicht bei deiner nächsten Begegnung mit nem Nazihool das Pfefferspray stecken zu lassen

        • @Oskar:

          Das Problem ist: eine Linke für welche die Gewaltfrage nur ein taktische ist wird auch bei jeder Gelegenheit ihre Gegner einsperren und umbringen.

          Wer soll sie daran hindern ?

           

          Die Beispiele in der die Linke als herrschende Klasse so gehandelt hat um ihre Privilegien zu erhalten kann man natürlich damit wegwischen das es sich dabei nicht um Linke gehandelt hat... weil ein Linker so etwas nicht tut, selbst wenn sein Verhältnis zur Gewalt nur taktisch ist...

          • @Alreech:

            Das Einsperren und umbringen von politischen Gegnern verhindert die Ziele der politischen Linke denn es baut ja das Gegenteil von dem auf was man haben will. Wer also mit Gewalt gegen Menschen vorgeht nur aufgrund von deren Meinung der trifft auf dem Wege zu einer freien Gesellschaft eine Fehlentscheidung. Eigentlich schließt sich so ein Verhalten und links sein aus. Es ist die Aufgabe der Basis einer Bewegung diese Dinge zu verhindern und den korrupten Teil an Menschen unter ihnen auszuschließen und die Existenz von Posten zu vermeiden in denen Menschen sich selbst diese Macht verschaffen können

            In dem Moment wo jemand daran arbeitet seine Privilegien auszubauen und nicht daran die Situation zu verbessern ist er in der Tat nicht mehr links. Man kann auch nicht links und Teil der herrschenden Klasse sein. Das wovon du sprichst sind Menschen die sich (ganz natürlich) haben korrumpieren lassen und dann ihre Ideale verraten haben ist eine völlig andere Situation die man aber wohl erst dann richtig bewerten kann wenn man vom hohen Ross des eigenen bürgerlichen Moralismus herunter gekommen ist