Überfall auf Migranten in Sachsen: Attacke in Flüchtlingsunterkunft
Im Sebnitz dringen Männer in ein Haus ein, zwei afghanische Jugendliche werden verletzt. Rechtsextremer Hintergrund wird vermutet.
Beide tarnen sich mit Sturmhauben. Einer von ihnen ist mit einer Stange bewaffnet und trägt ein T-Shirt mit einer schwarz-weiß-roten Reichsflagge und dem Kopf eines stahlhelmtragenden Wehrmachtssoldaten. Den bisherigen Ermittlungen zufolge attackierten die Angreifer im Hausflur zwei 16 und 18 Jahre alte afghanische Hausbewohner, drückten den älteren gegen die Wand und riefen fremdenfeindliche Parolen.
Er musste später ambulant medizinisch versorgt werden. Als weitere Hausbewohner zu Hilfe eilen wollten, flohen die Täter. „Das war ein schlimmes Erlebnis“, sagte später Achmed, der zwölfjährige Bruder eines der Angegriffenen, dem Fernsehsender.
Ein Täter konnte schnell ermittelt werden
Das Haus mitten in der Stadt gehört der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobau und war nach Leerstand ab 2015 für die verstärkt nach Deutschland drängenden Flüchtlinge wieder hergerichtet worden. Ob die dabei außen installierte Videokamera jetzt den Übergriff aufgezeichnet hat, ist noch unklar. In den fünf Wohnungen sind vor allem Familien untergebracht, eine davon mit acht Kindern.
Am Montag teilte die Polizeidirektion Dresden mit, dass einer der beiden Tatverdächtigen ermittelt werden konnte. Eine „markante Personenbeschreibung“ und das Video hätten trotz der Maskierung dazu beigetragen. Die Sebnitzer Wohnung des 20-jährigen Deutschen sei durchsucht und Beweismittel seien sichergestellt worden. Gegen ihn wird wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung sowie Hausfriedensbruch ermittelt. Nach seinen Komplizen wird weiterhin gefahndet, die Tatbeteiligung der beiden außerhalb des Hauses verbliebenen Männer geprüft.
„Wir sind überrascht, dass die antimigrantische Stimmung zu solchen Auswüchsen führt“, sagt Linken-Stadtrat Rainer Böhme, der auch Vorsitzender des Vereins Buntes Sebnitz ist. Die Neigung, früher NPD und nun AfD zu wählen, sei in der Region Sächsische Schweiz zwar bekannt. Die Kameradschaft „Skinheads Sächsische Schweiz“ wurde 2001 verboten. Hinweise auf eine sich formierende militante Naziszene habe es nicht gegeben.
Ein Sprecher der Dresdner Polizeidirektion bestätigt, dass der Tatverdächtige zuvor nicht durch Straftaten aufgefallen war. Er konnte wegen seiner korpulenten Statur, seiner auffälligen Tattoos und seines Schmucks ermittelt werden. Einer der afghanischen Jugendlichen berichtete von einer Pöbelei und rassistischen Beleidigungen am Busbahnhof kurz vor der Attacke auf das Haus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier