Trumps Ansehen in der Welt: Es wird nicht folgenlos bleiben

Optimisten neigen dazu, der Ära Trump auch etwas Gutes abgewinnen zu wollen. Sie irren. Es gibt dafür keinen guten Grund.

US-Präsident Trumphebt die Hand an die Stern

Die Wahl 2020 im Blick: US-Präsident Trump salutiert Foto: Reuters

Wer optimistisch ist, kann der Ära Trump etwas Positives abgewinnen. Es zeigt sich, dass die Weltbevölkerung sehr viel mehr Normen und Werte teilt, als der Blick auf die Gräben zwischen Kulturen und Religionen vermuten lassen könnte.

Ich bin ziemlich häufig im Ausland unterwegs, auch außerhalb Europas. Ein Tipp für alle, die in der Fremde möglichst schnell eine gemeinsame Grundlage mit Einheimischen finden wollen: Einfach den Namen „Donald Trump“ fallen lassen. In gefühlten acht von zehn Fällen schwankt die Reaktion zwischen Fassungslosigkeit und Gelächter.

Übrigens auch in Ländern, in denen Lieblingsdiktatoren des US-Präsidenten an der Macht sind, beispielsweise in Ägypten. Also: Trump ist ein großartiger Anfang für ein nettes Gespräch. In den USA würde ich von dieser Vorgehensweise allerdings abraten.

Diese Weltsicht hat aber einen Haken. Die Verheerungen, die dieser Präsident in der politischen Kultur seines eigenen Landes angerichtet hat, werden ihn lange überdauern.

Unabhängig davon, ob er doch aus dem Amt gejagt oder im Gegenteil gar ein zweites Mal gewählt wird. Das hat sich vor einigen Tagen im US-Kongress gezeigt. Da haben die Parteigänger von ­Donald Trump ein Maß an Verachtung gegenüber der eigenen Institution und einen Mangel an Selbstachtung an den Tag gelegt, die ich selbst im vergifteten Klima dieser Tage nicht für möglich gehalten hätte.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Zusammengefasst: Ein hochdekorierter US-Militär fürchtet um die Sicherheit seiner Familie. Er und seine Angehörigen werden von der Armee rund um die Uhr bewacht, damit ihnen nichts geschieht. Für nötig gehalten wird das, weil der Präsident der Vereinigten Staaten den Offizier auf Twitter als politischen Gegner bezeichnet hat. Anders ausgedrückt: Das Militär muss jemanden schützen, weil sein Oberbefehlshaber ihn gefährdet. Irre.

Oberstleutnant Alexander Vindman hat vor dem Kongressausschuss ausgesagt, der ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump prüft. Also hat er, um es altmodisch zu formulieren, seine Pflicht getan. Denn nichts anderes ist es, wenn jemand sich im Wissen darum als Zeuge zur Verfügung stellt, dass ihm daraus Nachteile erwachsen können.

Und wie reagieren die republikanischen Parteigänger des Präsidenten im Parlament? Sie versuchen in der Anhörung, den Ruf des Offiziers zu schädigen und seine Loyalität gegenüber den USA in Zweifel zu ziehen. Beteiligen sich also an persönlicher Verunglimpfung.

Wie können sie? Meine Ratlosigkeit ist nicht gespielt. Ich verstehe ja, dass den Republikanern der Inhalt dessen, was Vindman ausgesagt hat, nicht gefällt – so wenig wie die Einlassungen anderer Zeugen, die Trump schwer belasten. Aber darum geht es mir hier gar nicht. Sondern um die Tatsache, dass Abgeordnete es für anrüchig erklären, wenn jemand einem demokratisch gewählten Parlament gegenüber den gebotenen Respekt an den Tag legt. Dem jeder und jede Einzelne von ihnen sehr gern angehören wollte. Weshalb sie in Wahlkämpfen dafür hart gefochten haben.

Wofür haben sie gekämpft? Für individuelles Ansehen, für Macht – wofür? Ich weiß es nicht, und ich begreife es nicht mehr. Es gibt Leute – diejenigen, die optimistisch auf die Welt blicken –, die meinen, eine Amtszeit von Donald Trump ließe sich noch verkraften. Erst in der zweiten Legislatur beginne das Problem. Weil er dann endgültig nichts mehr zu befürchten habe und entfesselt sei.

Das sehe ich anders. Der Schaden in den Vereinigten Staaten ist angerichtet. Wer meint, das bliebe folgenlos für den Rest der Welt, unterschätzt den internationalen Einfluss, den die USA noch immer haben. Es gibt keinen Grund, der Ära Trump etwas Positives abzugewinnen.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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