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Tiefgefrorene UkrainedebatteIm Westen nichts Neues

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Mützenich und Strack-Zimmermann sind Putins stärkste Verbündete: Der eine will ihm nicht die Stirn bieten, die andere Politik nicht sozial abfedern.

Foto: Serhii Nuzhnenko/Radio Free Europe/reuters

A uch wenn die Nachrichtenkanäle einen die Woche über mit Tiefkühlfantasien, Jugendoffizieren, Zivil- und Heimatschutz zuballerten: An der einzigen Front, an der Wladimir Putin seinen Krieg gegen die Ukraine gewinnen kann – nennen wir sie die Mützenich-Front –, herrscht Stillstand.

Denn schon im Juli 2022, ein knappes halbes Jahr nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, hat der Journalist und Schriftsteller Stephan Wackwitz in der taz geschildert, auf welch fruchtbaren Boden der Infokrieg des Moskauer Mafiaregimes in bestimmten westlichen Milieus fällt.

In einem Bericht über ein Veteranentreffen des Marxistischen Studentenbunds Spartakus kamen laut Wackwitz, der selbst mal Mitglied in der DKP-Organisation war, „gestandene Gewerkschaftsfunktionäre, Studiendirektorinnen, Chefredakteure, Germanistinnen und Agrar­ingenieure“ zusammen, Leute „zwischen DGB, Linkspartei und gewerkschaftlicher Bildungsarbeit“. Die Mehrzahl von ihnen plädierte schon damals „für Verhandlungen, ukrai­nische Gebietsabtretungen, ‚Kompromisse‘ – und natürlich für den All-Time-Classic des real existierenden Sozialismus von alters her, den ‚Kampf für den Frieden‘.“

Klar: Wer für den Frieden kämpft, ohne den Angegriffenen überhaupt wahrzunehmen, der kann schlicht nicht anders, als ihn aufzufordern, den Widerstand einzustellen. Nicht die Rea­li­tät bestimmt hier das Denken, sondern die Abwehr derselben, nicht die Empathie mit dem Opfer, sondern die Angst vor dem Täter.

Mützenich nach Hessisch-Sibirien?

Insofern ist die andauernde Empörung über die Aussagen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der in der Bundestagssitzung vom 14. März der Nation im Vorfeld des Superwahljahrs die Frage vorgelegt hatte, ob es nicht an der Zeit sei, „auch darüber nachzudenken, wie man den Krieg in der Ukraine einfrieren und später beenden kann“, verständlich, aber etwas überflüssig.

So überflüssig, wie es in einer noch einigermaßen offenen Debattenkultur Ermahnungen sind, solche Aussagen müsse man in diesem Land denken können: Man darf sie denken, man soll sie aussprechen, sie werden auf allen Kanälen gesendet, und niemand kommt dafür in ein Straflager in Hessisch-Sibirien oder wird mit Nowitschok vergiftet.

Am Ende hat man dann sogar einen schönen Slogan für den Wahlkampf – den vom „Friedenskanzler Scholz“. Putins ehemaliger Angestellter Gerhard Schröder fragte nicht umsonst verschmitzt: „Wenn jemand als ‚Friedenskanzler‘ beschrieben wird, ist das denn negativ?“

Nichts Neues an der Mützenich-Front also; an der realen Front im Osten tut sich auch nichts Kriegsentscheidendes – was bei den Kräfteverhältnissen immer noch ein mit größten ukrai­nischen Opfern erkämpftes Wunder ist, ein fortdauernder Sieg. Und schließlich ist Ex-Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet zuzustimmen, der in einem klugen Gespräch zur Lage in Deutschland zwischen innerer und äußerer faschistischer Bedrohung gesagt hat: „Rechtsextreme darf man nicht hinnehmen. Aber in Fragen von Krieg und Frieden darf man unterschiedlicher Meinung sein. Auch wenn ich sie nicht teile.“

„Solidaritätszuschlag Freie Ukrai­ne“

Die Unterstützung für die Ukrai­ne bedarf eben tatsächlich demokratischer Legitimation. Um die müssen wir kämpfen. Der Gegner bei diesem Kampf ist nicht nur Rolf Mützenich, sondern genauso Marie-Agnes Strack-Zimmermann und ihre Partei, die FDP. Denn wenn in der Ukraine auch unsere Freiheit verteidigt wird und wir uns das deswegen so viel kosten lassen müssen, wie es kostet – what­ever it takes eben –, dann ist das mit einer Politik, die auf der Schuldenbremse steht und die sozial-ökologische Modernisierung tagtäglich hintertreibt, nicht zu machen.

Jeder Diskurs über zu liefernde Waffensysteme bleibt schal, wenn nicht gleichzeitig das ganze Land mobilisiert und motiviert wird. Und das bedeutet auf der entscheidenden materiellen Seite, dass diejenigen Opfer bringen müssen, die sie sich leisten können.

Die FDP als Partei der „Leistungsträger“ hat gerade die historische Aufgabe, ihre Klientel an den Gedanken eines von ihr – und ihr allein – zu stemmenden „Solidaritätszuschlags Freie Ukrai­ne“ heranzuführen, anstatt einzufordern, was man selbst nicht beizutragen bereit ist, wie es eigentlich das Wesen der räuberischen Regionalpartei CSU ist („Ich kenne wenige Minister, die so viel Geld nach Bayern holen wie der Andi Scheuer“, Markus Söder, 2021).

Die Mützenich-SPD und die Strack-Zimmermann-FDP sind nur zwei Seiten der Wette, die Putin wie jeder Mafioso hält: dass nämlich der demokratische Staat zugleich angstgelähmt und unsozial ist; dass er seinen Bür­ge­r:in­nen so wenig zutraut, wie er ihnen gönnt.

Ein beispielloser Augenblick

Nicht umsonst hat US-Präsident Joe Biden seine Rede zu Lage der Nation mit einem Zitat seines Vorgängers F. D. Roose­velt eröffnet: „Ich wende mich in einem in der Geschichte der Union beispiellosen Augenblick an Sie.“ Und Biden fuhr fort: „Präsident Roosevelt wollte den Kongress wachrütteln und die Amerikanerinnen und Amerikaner darauf aufmerksam machen, dass dies keine gewöhnlichen Zeiten waren. Freiheit und Demokratie waren auf der ganzen Welt in Gefahr.“

Und weiter: „Das Besondere an der jetzigen Situation ist, dass Freiheit und Demokratie gleichzeitig von innen und außen angegriffen werden. Im Ausland ist Russlands Putin auf dem Vormarsch, marschiert in die Ukrai­ne ein und stiftet Chaos in ganz Europa und darüber hinaus. Sollte irgendjemand in diesem Raum meinen, Putin würde bei der Ukraine haltmachen, dann versichere ich Ihnen: Das wird er nicht.“

Unter Roosevelts Führung lag in den USA am Ende „der Spitzensteuersatz bei 79 Prozent und die Erbschaftsteuer bei 77 Prozent“ (Ulrike Herrmann, „Von Roosevelt lernen“, taz 23. 10. 2011). Aber auch die Art und Weise, wie Biden die US-amerikanische Öffentlichkeit angesprochen hat, verweist auf eine Leerstelle hierzulande.

„Meine Botschaft an Präsident Putin, den ich schon sehr lange kenne, ist ganz einfach: Wir werden nicht weglaufen. Wir werden uns nicht unterwerfen. Ich werde mich nicht unterwerfen“, sagte Biden. Eine so warme, humane, mutige Rhetorik, ein Aufruf mit historischer Tiefenschärfe, demokratischem Pathos und verständlicher – ach! – Definition des zu Leistenden wie des Ausgeschlossenen fehlt in unserem eingefrorenen Land. Dabei wäre genau das tatsächlich an der Zeit.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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38 Kommentare

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  • Leben gegen Land oder Land gegen Leben?



    Zwei Fragen.



    Die Ukraine hat sich für die erste Option entschieden. Das ist für mich in Ordnung.



    Solange man die Befürworter der zweiten Option nicht als Verräter verteufelt, Herr WAIBL.

    • @LeKikerikrit:

      Falscher Vergleich, auf dem Land was die Ukraine aufgeben müsste für "frieden" leben auch Menschen die unter russischer Besatzung gefoltert und ermordet werden.

      • @Machiavelli:

        Ich weiß. Gemäß ihres Namengebers sind Sie der Meinung, dass es für uns das Beste wäre, wenn die "Zwei" sich solange beharken, bis kein Stein mehr auf dem anderen steht.



        Oder bis sie nicht mal mehr kampffähige Hundertschaften aufstellen können.

  • Die Aussage wir hätten offene Debatten nehme ich anders wahr. Wenn Sie sagen man dürfe denken, aussprechen und alles würde auf allen Kanälen gesendet, dann möchte ich mal wissen, warum weder hier noch in anderen Medien ernsthaft über die Elefanten im Raum diskutiert wird. Und wenn es mal passiert, wird gar nicht diskutiert, die Meinung steht schon sofort fest: da steht jemand auf Seiten Russlands. Die Themen? Die NATO. Atomwaffen. Realitäten dieses Krieges und was daraus ernsthaft für die Beibehaltung des Standpunktes folgt. Jedes auch nur vorsichtige Nachdenken über Alternativen = "Mützenich-Front". "Die einzige Front an Putin den Krieg gewinnen kann"-solcherlei Verdrehungen gepaart mit über harschen Angriffen sind doch quasi das einzige was solche Fragen zu erwarten ist. Ein hysterisches Gesprächsklima in dem das Thema Ukraine-Krieg nie wirklich analysiert wird, sondern vor allen genutzt wird sich moralisch zu bemänteln. Analyt. und moral. Aussagen werden ständig absichtsvoll verwechselt. Überall Freund-Feind-Schemata und Dämonisierungen-wer das analytisch schlecht findet="Mützenich Front". Wer die NATO-Frage für wichtig hält wird auf Seiten Putins sortiert, wer sie aber für unwichtig hält muss dies argumentativ nicht begründen, der Verweis auf Putin Propaganda genügt. Selbiges mit Atomwaffen. Und auch darüber hinaus. Was ich wahrnehme ich ein ängstliches Klima in dem alle bei den "Guten" stehen wollen und jede Meinung, die nicht deckungsgleich mit der ukr. ist, direkt als "der Feind" angesehen wird.



    Es stimmt, nicht Realität bestimmt das Denken ich finde jedenfalls auch hier nichts, was realpolit. (ohne NATO) abbildbar wäre. Möchten Sie Kriegswirtschaft? Das ganze Zeug muss produziert werden, es existieren nicht einmal die Produktionsanlagen-wie soll das ad hoc gehen ohne Kriegsw.? Hat sich mal jemand die Dimensionen vergegenwärtigt? Und vor allem: Soldaten. Woher kommen die? Glaubt irgendjemand, dass es dafür irgendwo Mehrheiten für eine NATO Beteiligung gibt?

    • @Einfach-Jemand:

      Es gibt immer Leute, die andere in eine Schublade stecken. Auf allen Seiten.



      Andersherum wird z.B die Meinung, Waffen zu liefern, z.B. als kriegstreiberisch bezeichnet. Auch nicht nett.



      Das passiert aber höchstens oft, nie immer.



      Hier im Forum kann ich das gut aushalten, weil ich keine sozialen Konsequenzen fürchten muss.



      Im öffentlichen Leben ist es etwas anderes.



      Ein Forum bietet die Chance, seine Argumente darzustellen. Ob andere die nachvollziehen können, hängt davon ab, wie gut sie begründet sind.



      Allerdings wird niemand die eigene Meinung in Frage stellen, wer nicht bereit ist, das Risiko einzugehen, sich eventuell selbst den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Eine Meinung ist immer stark mit der eigenen Identität und damit verbundenen Glaubenssätzen verbunden.



      Von daher sind "Kriegsteiber" und "Mützeniche"



      Ausdruck davon, sich gegen Argumente zu immunisieren.

      • @Onkel Heinz:

        Es geht aber gar nicht darum ob etwas "nett" ist. Und es geht mir auch um den gesamten öffentlichen Raum - um journalistische, wie private Diskussion. Und da muss ich feststellen: Die wichtigen Fragen werden quasi nicht gestellt - wenn jemand in diese Richtung denkt -> Mützenich-Front. Es erklären ja auch seit 2 Jahren 5-6 Experten das ganze Geschehen, die alle der selben Ansicht sind. Diese müssen ihre Analyse nie einem Realitätscheck unterziehen. Das ist nicht ernsthaft. Und das sind auch keine offenen Diskussionen.



        Hier mal ein Beispiel: 30 Jahre und länger war im wissenschaftlichen Diskurs völlig klar war, dass die NATO Osterweiterung (oder Westflucht, je nach Interpretation der Faktenlage) DAS zentrale Thema in Osteuropa und in der Frage von Beziehungen zu Russland war. Dann beginnt Russland den Krieg und über Nacht ist das zentralste Argument angeblich völlig unwichtig -- wer darüber nachdenkt, spielt Putin in die Hände.



        Unterm Strich wird, wo alle das selbe denken, wenig gedacht und übrig bleibt dann eine oberflächliche Analyse und schlechte Politik.

    • @Einfach-Jemand:

      Ich kann nur zustimmen, mit dem Zusatz dass das ganze Zeug nicht nur produziert, sondern auch irgendwie bezahlt werden muss. Und das wird bedeuten dass nicht nur "diejenigen Opfer bringen die es sich leisten können", sondern alle. Und das ist sehr unwahrscheinlich angesichts der tatsächlichen Lage die garnicht soo eindeutig ist wie es die Kriegsbefürworter wie Strack-Zimmermann oder Hofreiter uns erzählen wollen (verteidigen wir unsere Freiheit, oder die NATO-Osterweiterung, oder die Interessen amerikanischer Rüstungs- und Agro-Konzerne?).

  • Es gibt die Möglichkeit der Umverteilung der Reichtümer. Allein in Deutschland. Alle Vermögenden und interationale Konzerne müssen auch nationales Recht befolgen.

  • Also, lieber Ambros Waibel, GLEICHERMASSEN gegen die Mützenich-SPD und die Strack-Zimmermann-FDP zu keilen - und dann noch zu postulieren, das Geld müsse eben für BEIDES reichen, fürs „whatever it takes“ in der Ukraine wie für die Rettung des Weltklimas UND des deutschen Sozialstaates - mag zwar dem Selbstfindungsprozess der Grünen dienen, realpolitisch dienlich ist das jedenfalls nicht. Außer Sie werfen jetzt mal ganz schnell die Gelddruckmaschine im Keller an.



    Zwischen Wagenknecht und der AfD auf der einen und Strack-Zimmermann mit LibMod und Rheinmetall auf der anderen Seite muss man sich eben entscheiden - beide Lager wollen etwas gänzlich Verschiedenes, da gibt es leider nicht den goldenen Mittelweg.



    Sicher, man kann es so machen wie der Kanzler und seine SPD: herumeiern bis zum bitteren Ende (wobei Mützenich ja gerade einen Versuch unternommen hat, die SPD aus dieser Sackgasse „herauszuhauen“). Ob das eine Option für die Grünen ist? Aber eigentlich haben die sich ja schon entschieden.

    • @Abdurchdiemitte:

      "... auf der einen und Strack-Zimmermann mit LibMod und Rheinmetall ..."

      Die implizite Unterstellung, Strack-Zimmermann agiere lediglich im Interesse von Rheinmetall ist nun wirklich plumpester Sevim Dagdelen-Sprech. Also eigentlich deutlich unter Ihrem Niveau.

      • @Schalamow:

        An meiner “Ineinssetzung” von AfD und Wagenknecht haben Sie sich kurioserweise nicht gerieben. Das scheint für Sie ja okay zu sein.



        Sie hätten meinen Kommentar ja (zurecht) im Ganzen als polemische Überspitzung entlarven können - und so war er auch durchaus gemeint -, aber nein, Sie haben es vorgezogen, mir nur bezüglich meiner Äußerung zu Frau Strack-Zimmermann “plumpesten Dagdelen-Sprech” zu unterstellen.



        Vielleicht helfen folgende Links Ihnen ja auf die Sprünge, zu erkennen, dass meine “Unterstellungen” keineswegs so weit hergeholt sind:



        www.fr.de/meinung/...rieg-92874439.html



        www.tagesschau.de/...dividende-100.html



        de.statista.com/st...app%2013%20Prozent.



        Ganz abwegig ist es dann doch wohl nicht, Frau Strack-Zimmermann des Waffenlobbyismus zu bezichtigen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Doch, es ist abwegig, daher mein harscher Kommentar. Es ist die schon zu Kriegsbeginn aufgekommene Standard-Verleumdung aus der BSW-Ecke (deren Position gegenüber Russland ja dieselbe wie die der AfD ist, wie ja zuletzt auch das Abstimmungsverhalten im Bundestag gezeigt hat - daher nein, stört mich nicht).

          Erstaunt bin ich, wie wenig Ihnen genügt, um Strack-Zimmermann dem Verdacht auszusetzen, sie agiere interessengesteuert. S.-Z. ist Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Fragen der Rüstungsbeschaffung sind unabdingbarer Teil ihrer Tätigkeit, Kontakte zur Rüstungsindustrie sind daher unumgänglich und aus der gemeinsamen Mitgliedschaft in bestimmten Gremien den Rückschluss zu ziehen, S.-Z. werde von den darin ebenfalls vertretenen Rüstungsfirmen gesteuert, wie der FR-Kommentar (dem ich ansonsten zustimme, was das alberne T-Shirt angeht) raunt, ist schon arg dünne.

          Und die beiden anderen Links? Dass Rheinmetall von Waffenlieferungen profitiert, ist nun wirklich keine Überraschung. Aber den Krieg hat Putin ausgelöst und nicht Strack-Zimmermann. Dass die Bundeswehr in einem miserablen Zustand ist, ist aber auch nichts Neues, ebensowenig, dass die Ukraine für Ihre Verteidigung elementar auf westliche Waffenlieferungen angewiesen ist.

          Aber woher sollen diese kommen? Für fundamentalpazifistische Reflexe à la "Rüstungsindustrie ist doof und gemein" stellt sich diese Frage natürlich nicht. Ich meinesteils bin aber froh, dass wir in dieser Sache nicht ausschließlich auf die amerikanische Rüstungsindustrie unter einem möglichen Präsidenten Trump angewiesen sind.

          • @Schalamow:

            Und da der Sonneborn-Link - wie soeben festgestellt - nicht funzt, muss eben die Titanic herhalten - “Vorschlag zur Güte”:



            www.titanic-magazi...zur-guete-2-14025/



            Das müsste Sie doch eigentlich versöhnen - auch wenn ich die sachliche Ebene damit definitiv verlasse.😉

          • @Schalamow:

            Nett, dass Sie die sachliche Ebene nicht verlassen - dann will ich mich auch mal bemühen.



            Ich habe Frau Strack-Zimmermann ja auch mit keinem Wort Korruption oder persönliche Bereicherung vorgeworfen - insofern ist der Fall natürlich anders gelagert als diverse Maskendeals oder Aserbaidschan-Connections der CDU. Die Frau ist einfach Überzeugungstäterin, das muss man ihr schon lassen.



            Und ich sage auch nicht, dass Lobbyismus in parlamentarischen Demokratien etwas grundsätzlich Ehrenrühriges ist, ganz im Gegenteil. Es kommt eben auf die Transparenz an bzw. das Offenlegen lobbyistischer Strukturen, in denen sich Parlamentarier so bewegen. Und da gibt es erhebliche Defizite (die zugegebenermaßen gar nicht so sehr die Person Strack-Zimmermann betreffen).



            Die Dame ist allerdings nicht auf den Kopf gefallen und die Vehemenz ihres Engagements für Waffenlieferungen und wie sie das öffentlich unterstreicht - Taurus-Emblem (Stier) auf dem T-Shirt bei öffentlichen Auftritten, die Ankündigung, politisch noch einmal richtig “durchstarten” zu wollen (s. Links zur WZ und FR) - sprechen eine deutliche Sprache.



            Aktuell kommt die Inszenierung als “Oma Courage” im FDP-Europawahlkampf hinzu - zu dumm, dass Frau Strack-Zimmermann und der FDP dabei offenbar nicht bewusst war, welche Charakterisierung Brecht seiner Mutter Courage im gleichnamigen Stück hat zukommen lassen. Die nämlich ist im Kontext von Krieg und Kriegsgewinnlerei alles andere als positiv zu bewerten:



            twitter.com/Martin...767551892899450890 - und wenn Sie etwas gegen Sonneborn einzuwenden haben, verweise ich noch auf entsprechende Kritiken nicht bloß in den einschlägigen Links- und Rechtsaußen-Medien, sondern in der Welt und dem evangelischen Online-Magazin Horizont (leider hinter Paywalls).



            Mit anderen Worten: ich bin nicht schuld daran, dass die Bezeichnung als “Eaffenlobbyistin” in der allgemeinen Öffentlichkeit negativ konnotiert ist.

  • Strack-Zimmermann, Anton Hofreiter u. viele andere geht es um Frieden u. Freiheit in der Ukraine u. in Europa. Sie fordern eine entschiedeneres Vorgehen gegen die russische Aggression. Für Mützenich, Stegner u. Teile der SPD scheinen dagegen den Angriff Putins auf die Freiheit, als Mittel zum Zweck im Wahlkampf instrumentalisieren zu wollen - als Strohlhalm, nach dem der Ertrinkende greift.



    Und sie fühlen sich durch Umfragen bestätigt, die ein Meinungsbild spiegeln, dass selbst Result unablässiger russischer Propaganda ist.

  • Es gibt drei Möglichkeiten:



    a) Die Ukraine kann Gebiete zurückgewinnen. Dann macht Einfrieren wenig Sinn, so lange man Gebiete höher wertet als Leben.



    b) Die Front ist eh eingefroren. Keine Seite kann Gebiete hinzugewinnen. Dann macht Einfrieren Sinn.



    c) Russland marschiert vor. Dann macht Einfrieren sehr viel Sinn.



    Die Frage ist, ob der Autor versteht, welche der drei Punkte die Realität ist.

    • @Kartöfellchen:

      In allen drei Fällen wird Putinrussland seine Agenda, die klar und deutlich für alle benannt wurde, nicht einfrieren. Im Falle b) evtl temporär, um die Zeit für Reorganisation und Neuaufstellung zu nutzen.

    • @Kartöfellchen:

      Ist c) der Fall ist einfrieren unmöglich...

    • @Kartöfellchen:

      Im Fall "a)" geht es weniger um Gebiete, als um die Lebensbedingungen der Menschen, die in diesen Gebieten leben.

      Im Fall "c)" können sie nichts mehr einfrieren.

  • Die Ukraine muss einen Weg finden die Eisenbahnlinien an die Front zu unterbrechen. Die Kerchbrücke ist ja nur ein Nadelöhr.

    • @Ansgar Reb:

      Ihr Beitrag ist zwar etwas abseits der gedanklichen Spur unterwegs, die der Artikel (vermutlich) legen will, aber inhaltlich stimme ich ihm zu. Die Ukraine kann der quantitativen Überlegenheit Russlands nur so etwas entgegen setzen. Und das sollte (muss!) sie auch können. Es ist auch in unserem Interesse.

  • Dass man sich gerade in Kriegszeiten um Mehrheiten bemühen muss, finde ich ja noch einleuchtend. Doch der Nexus, den Ambros Waibel hier mit aller Gewalt zu konstruieren versucht, ist alles andere als überzeugend.

    Oder gibt es irgendeinen Hinweis, dass sich die toxische Kombination von Russlandverklärung, Antiamerikanismus und Natohass, gelegentlich auch Demokratieverachtung und Bewunderung starker Männer, die sich weit über AfD, BSW und Linkspartei hinaus finden lässt, oder auch der in der SPD übliche unkritische Entspannungskitsch schon legen werde, wenn man die Klientel der genannten Parteien nur ausreichend mit Geld überschüttet?

    • @Schalamow:

      Notwendige Ergänzung, danke. Der Reflex, materielle Nöte und soziale Ungleichheit als Ursache von rechtsextremer Dynamik und Putinbewunderung zu benennen ist tatsächlich weit verbreitet und immer wieder verlockend. Er unterschätzt die Eigenständigkeit autoritären Denkens, die das eigene Leiden verschwinden lässt, wenn nur Der Ami, Die Ausländer, Diedaoben etc orntlich auf den Deckel kriegen. Allerdings sind soziale Ungleichheit und gerechtere Lastenverteilung schon ein wichtiger Faktor, gerade angesichts der gigantischen Kosten, die mit der wg Putin notwendig gewordenen Aufrüstung auf uns zu kommen. Wenn das Geld aus Einsparungen in sozialen Bereichen kommen soll, dann Gute Nacht Deutschland.

  • Da ja jetzt die traditionellen Ostermärsche anstehen, könnte man ja in dem Sinne für Frieden auf die Straße gehen. In der Regionalpresse in "Hessisch Sibirien" fand sich heute auch eine Anzeige mit einem Demoaufruf, u.a. mit folgendem Inhalt: " .... Wir fordern von der Bundesregierung Initiativen zur Beendigung der



    Kriege, für einen Waffenstillstand und für diplomatische Lösungen. Bisher wurden Friedenspläne von nicht am Ukraine-Krieg beteiligten Staaten ignoriert. Im Nahen Osten wird jede Lösung durch Besatzung und den Siedlungsbau verhindert. ... "



    Sinngemäß geht das so weiter, kein Wort, dass Putin blockiert und man ihn ja adressieren müsste und dass in Gaza ganz schnell die Waffen schweigen, wenn die Hamas die Waffen abgibt.



    Aufrufen tun u.a.: " .... dieBasis Hessen AG Basis-Effektiv * dieBasis Kassel-Land * dieBasis Kassel-Stadt * DIE LINKE Kassel-Land * DIE LINKE Kassel-Stadt * DIE LINKE Schwalm-Eder * DKP Kassel * DKP Nordhessen * GEW Kassel-Land * GEW- Kassel-Stadt * ...."

    Da überlegt man sich mittlerweile ob nicht nur NICHT hingeht, sondern ob man nicht dagegen demonstrieren sollte. Der Schulterschluss der DKP mit den verstrahlten Sektierern der Basis wundert mich weniger, als dass die GEW da mit macht. Vielleicht oder besser hoffentlich ist es nur ein Zeichen von Altersstarrsinn in der überalterten Lehrerschaft.

    Erinnert alles so ein bisschen an die Lage in Großbritannien zu Beginn des 2.WK, da gab es ja auch genügend Irre, die sich um des Friedens Willen dem Diktator anbiedern wollten, was ja bekanntermaßen in dessen Planungen keine Rolle gespielt hatte, der wollte Lebensraum im Osten, so wie der "lupenreine Demokrat" eine Einflusssphäre bis Portugal möchte.



    Daher "Frieden in Demokratie und Selbstbestimmung" und nicht auf dem Friedhof.

    • @Axel Schäfer:

      Ich bekomm nur noch Würgereiz, wenn ich solche "Friedensaktivisten" sehe, die mit naiv/verbohrt/eisern glaubendem Gesichtsausdruck schlussendlich Krieg in Europa fördern und unterstützen. Und dass es die DKP überhaupt noch gibt, ist eigentlich kaum zu begreifen.

    • @Axel Schäfer:

      Bin gerade völlig entsetzt, dass die GEW da mitmacht, bei dieser undifferenzierten und völlig einseitigen Demo. Aber die GEW steht nur für einen Bruchteil der Lehrerschaft. Normalerweise demonstrieren sie hauptsächlich, wenn sie mehr Geld für die Beamten wollen. Und jetzt das! Wofür sie hingegen schon lange nicht mehr demonstrieren - bessere Bedingungen für die Inklusion, die in Hessen katastrophal (eigentlich gar nicht) umgesetzt wird. Bin gerade erneut sehr froh, dass ich vor Jahren aus diesem Verein ausgetreten bin. Spätestens jetzt wäre ich aber auf jeden Fall ausgetreten, auch wenn es "nur" Ortsverbände" sind. Wirklich erschütternd, dass die sich dem anschließen.

      • @Mussgarnix:

        Also in meiner Schulzeit 1971-1984 ware sehr viele Lehrer in der GEW allerdings war da vom heute eher linksgrün einzuordnenden, bis zum zackigen Reserveoffizier alles vertreten, da ging es wohl auch wirklich um Interessenvertretung und weniger um Ideologie.



        Hing vermutlich auch mit dem kalten Krieg zusammen und das Teile der DKP nicht nur Träumer sondern tatsächlich die fünfte Kolonne Moskaus waren, stellte sich nun erst später raus.

  • Alles gut, alles nachvollziehbar, bis auf das:

    "Die FDP als Partei der 'Leistungsträger' hat gerade die historische Aufgabe ihr Klientel an den Gedanken eines von ihr – und ihr allein – zu stemmenden 'Solidaritätszuschlags Freie Ukraine' heranzuführen (...)"

    Schön wäre es natürlich, aber damit würde die FDP den Ast, auf dem sie sitzt vermutlich endgültig absägen.

  • Es ist offensichtlich, dass in dem neuen Kalten Krieg, auf den wir wohl zusteuern, auch neue (bzw. alte) Belastungen auf die Besitzenden zukommen müssen.

    Damit habe ich auch kein Problem, ist dieser Besitz ja offensichtlich in der Regel durch die Arbeit Anderer erworben worden.

    Vielleicht kann es auch endlich wieder zu einer funktionierenden sozialen Balance der Gesellschaft kommen, wenn es wieder Systemkonkurrenz gibt. Das wäre ein positiver Nebeneffekt.

    Und übrigens der beste Weg zur Stabilisierung des kapitalistischen Systems und damit auch seiner Hauptprofiteure.

    Was die SPD-Außenpolitik anbelangt: So sehr ich diese Partei für ihren irrlichternden Schlingerkurs in der Sozialpolitik oder etwa im Wohnungsbau kritisiere, beruht der außenpolitische Kurs der SPD doch auf einer langen Tradition.

    Die Entspannungspolitik Brandts und Bahrs hat maßgeblich zu Verständigung mit der Sowjetunion und damit zum Frieden in Europa beigetragen.

    Ohne diese historischen Bemühungen wäre es sicher nicht zur Wiedervereinigung gekommen.

    Offensichtlich ist das heutige Russland ein anderes Land, als die damalige Sowjetunion es war: Ein verwundetes, enttäuschtes und damit gefährlich-revanchistisches Imperium.

    Ebenso offensichtlich kann man den ehemaligen Kanzler Schröder mit seinen Gazprom-Millionen ruhig einen "Posterboy der Korruption" nennen.

    Das heißt aber nicht, dass die Situation etwas mehr als simples "Freiheit oder Tod" (und viele, viele Milliarden für die Rüstungsindustrie) á la Strack-Zimmermann verlangt.

    Kurz gesagt: In der Außenpolitik kann ich mit dem abwägenden, alle Seiten bedenkenden Stil der SPD sehr gut leben.

    • @Stavros:

      Ich denke, die Leute “draußen im Lande“ wissen sehr gut, dass die Finanzierung eines Krieges nie und nimmer mit einer stärkeren Belastung der Besserverdienenden und Reichen einhergehen wird - eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr. Und auch die sozial-ökologische Wende - einst das Kernprojekt der Grünen - wird dabei auf den St. Nimmerleinstag verschoben.



      Auch das sind Aspekte, die AfD und BSW weiter Zulauf bescheren werden, leider. Niemand unter den Zuschauern, der mal ausspricht, dass der Kaiser im Grunde nackt, ganz ohne Kleider dasteht.



      Da bin ich dem Mützenich noch dankbar für die Debatte, die er angestoßen hat.

      • @Abdurchdiemitte:

        Ich bin mir nicht sicher.

        Im letzten Kalten Krieg mussten ja die Besitzenden verstärkt ran.

        Die Frage ist auch, wie das sonst finanzierbar sein soll.

        Abgesehen davon ist die Finanzierung von Kriegen und Rüstung an sich vollkommen sinnlos und deswegen hoffentlich vermeidbar.

        • @Stavros:

          Im Kalten Krieg hat allerdings der Systemkonflikt eine viel größere Rolle gespielt: um sich gegen den Kommunismus zu behaupten, musste man zeigen, dass es eine Kapitalismus ohne soziales Elend gibt. Ich glaube nicht, dass die soziale Frage heute noch eine besondere Rolle im Ringen der Großmächte spielt. Russland ist ja nicht weniger kapitalistisch als der Westen, nur die ideologische Verpackung ist ein bisschen anders.

          • @O.F.:

            Ja, das ist der entscheidende Unterschied, leider.

  • Die Kritik an Moderaten wie Mützenich finde ich nicht nachvollziehbar.



    Militärische Unterstützung in Form von Waffenlieferungen ist unabdingbar, jedoch auch diplomatische Initiativen.



    Putin ist doch nicht blöd, er braucht keine Mützenichs um zu wissen, dass die Ukraine den Krieg nicht gewinnen kann. Da reicht ein Blick auf die US-Strategie oder die Realitäten in der Ukraine.



    Mützenichs Wirkung auf Putins kann also getrost vernachlässigt werden.



    Das eigentliche Problem sind doch Politiker wie Hofreiter und Co die unrealistische Erwartungen wecken und auch vor Leichtsinigkeit nicht zurückschrecken, wenn es der eigenen Profilierung dient.

  • Danke Ambros Waibel! Endlich mal wieder die enorme Belastung durch die (tatsächlich alternativlose) Unterstützung der Opfer Russlands in Verbindung mit der Weigerung bringen, die gigantischen und unproduktiven Reichtümer der oberen Vermögens- und Einkommensprozente dafür heranzuziehen. Und gerne auch noch mal in Erinnerung rufen, dass Rüstungsindustrie eigentlich verstaatlicht sein müsste!



    (Schon allein, um nicht selbst hier immer wieder lesen zu müssen, dass der Krieg wg Rheinmetalls Profitinteresse stattfindet.)

  • Die FDP als fünfte Kolonne Moskaus.

    Live to learn. Aber ja, da ist was dran.

  • "ob es nicht an der Zeit sei, „auch darüber nachzudenken, wie man den Krieg in der Ukraine einfrieren und später beenden kann“, verständlich, aber etwas überflüssig."

    Herr Waibel nicht überflüssig, sondern notwendig und überfällig!!!



    Die EU setzt bisher auf die militärische Karte. Das kann für uns in sehr gefährlich werden, da die USA sich gerade umorientieren. Siehe Beitrag in der BZ.



    Und was der Studentenbund Spartakus in dem Zusammenhang bedeuten soll ist mir schleierhaft, es sei denn.......

  • Biden kann derzeit schöne Worte sprechen, allerdings können darauf keine Taten folgen.



    Trump blockiert, im Wahlkampfmodus, weiterhin mögliche Unterstützungen an die Ukraine.



    Da ist die konstante Unterstützung durch Deutschland un so wichtiger.



    Die hat Mützenich, im Übrigen, überhaupt nicht invFrage gestellt.



    Ich empfehle den Artikelverfasser die Lektüre der taz:



    unter "wie es um die Ukraine steht", erfährt man/frau, dass laut einer aktuellen Umfrage 72% der UkrainerInnen Diplomatie als Weg zur Beendigung des Krieges akzeptieren.



    Die Aufregung über Mützenichs gleichlautendenden Denkanstoß ist daher unangebracht.