Steuererleichterungen für Unternehmen: Lindners Pläne gestoppt
Die grüne Familienministerin Paus legt ein Veto gegen das Steuerentlastungspaket für Unternehmen ein. Sie will mehr Geld für die Kindergrundsicherung.
Lindners Gesetzentwurf sieht rund 50 steuerpolitische Maßnahmen vor. Der wichtigste Punkt ist eine Prämie für Unternehmen, die in Klimaschutz investieren. Außerdem will Lindner die Spielräume für Betriebe erweitern, frühere Verluste mit künftigen Gewinnen zu verrechnen. Insgesamt sollen Unternehmen damit um rund 6,5 Milliarden Euro entlastet werden. Gleichzeitig stellt sich der Finanzminister bei der Reform der Kindergrundsicherung quer. Die von ihm dafür in Aussicht gestellten 2 Milliarden Euro reichen der Familienministerin nicht. Ihrer Auffassung nach sind bis zu 7 Milliarden Euro erforderlich, um die Kinderarmut bekämpfen zu können.
Auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat Kritik an Lindners Gesetzentwurf geübt – weil ihm die Entlastungen für Unternehmen nicht weit genug gehen. Letztlich hat er aber grünes Licht für das Vorhaben gegeben. Die oppositionelle Linkspartei wirft der Ampel vor, Unternehmen mit dem Vorhaben ziellose Steuergeschenke zu bereiten, statt treffsichere Maßnahmen gegen die heraufziehende Krise zu ergreifen. Die Wirtschaft werde nicht aus der Krise geholt, „indem man Firmen einfach ermöglicht, mit Verlusten aus den letzten drei Jahren die heutige Steuerlast kleinzurechnen“, sagte der linke Bundestagsabgeordnete und frühere Brandenburger Finanzminister Christian Görke.
Das Veto seiner Kabinettskollegin Paus hat Lindner offenbar kalt erwischt. Bereits am Montag hatte er für Mittwoch zu einer Pressekonferenz eingeladen, bei der er die Details seines Gesetzentwurfes erläutern wollte. Sie wurde noch während der Kabinettssitzung abgesagt. Das Kabinett werde sich bei seiner Klausurtagung Ende August in Meseberg mit Lindners Entwurf befassen, sagte eine Regierungssprecherin am Mittwoch..
Lob vom Wohlfahrtsverband für die Ministerin
Lindner nannte Paus’ Veto „bedauerlich“. Sein Parteifreund Johannes Vogel ist erbost. „Lisa Paus scheint den Kern jeder Sozialstaatlichkeit nicht verstanden zu haben: Erst muss erwirtschaftet werden, was verteilt werden kann“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP. Angesichts der schwachen Konjunktur brauche Deutschlands Wirtschaft „jetzt die Unterstützung der Politik als Hürdenräumer“, so Vogel.
Der Wohlfahrtverband Der Paritätische dagegen lobt „das beachtenswerte Stehvermögen“ der Familienministerin. Der Verband hält die geplanten Steuerentlastungen für Unternehmen „angesichts dringender sozialpolitischer Vorhaben und einem milliardenschweren Investitionsstau in den Kommunen“ für unverantwortlich.
Er kritisiert die am Mittwoch im Kabinett beratenen Kürzungen für Gruppen mit wenig Einkommen. „Der eingeschlagene Weg sozialer Kürzungen zugunsten von Steuererleichterungen und Industriesubventionen ist ein Irrweg, der unseren Sozialstaat und diese Gesellschaft im Kern trifft“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Investitionsbedarf bestehe bei der sozialen und öffentlichen Infrastruktur und der Bekämpfung von Armut. Damit dafür genug Mittel zur Verfügung stehen, fordert der Verband, die Schuldenbremse weiterhin auszusetzen und großen Reichtum stärker zu besteuern.
Das Kabinett hat am Mittwoch trotz des Streits über die Steuerentlastungen etliche andere Vorhaben auf den Weg gebracht. Neben der Liberalisierung des Cannabis-Verbots sind das unter anderem die Wärmeplanung und neue Regeln für den einfacheren Einbau von Solaranlagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett