Sparpläne der Bundesregierung: Wo das Geld steckt
Die neuen Sparpläne der Bundesregierung sorgen für Ärger. Dabei wäre es doch so einfach, an Geld zu kommen, wie ein Blick in den Bundeshaushalt zeigt.
D er geplante Bundeshaushalt sorgt für hitzige Diskussionen. Stichworte sind: gestrichenes Elterngeld für Paare mit einem Jahreseinkommen von über 150.000 Euro, deutlich weniger Mittel fürs Bafög oder eingefrorene Zuschüsse für Krankenkassen, obwohl das Gesundheitswesen mehr Geld benötigt. Da wären innovative Ideen willkommen, wie der Staat neue Geldquellen auftun könnte.
Um hoffnungsfrohe Erwartungen gleich zu zerstören: Neues ist nicht zu erwarten; die Debatte dreht sich seit Jahren im Kreis. Jeder denkbare Steuervorschlag wurde schon vielfach ventiliert – ohne dass sich Nennenswertes geändert hätte. Trotzdem sind manche Ideen so gut, dass eine Wiederholung nicht schadet.
Erster Vorschlag: Die Erbschaftssteuer wird endlich gerecht ausgestaltet – und belastet auch Firmenerben. Sie müssen nämlich gar keine Erbschaftssteuer zahlen, wenn sie es schlau anstellen, selbst wenn sie ein Milliardenvermögen übernehmen. Das verstößt gegen das Grundgesetz, wie das Bundesverfassungsgericht längst festgestellt hat. Profitieren würden die Länder, die notorisch klamm sind, denn sie kassieren die Erbschaftssteuer komplett.
Allerdings nutzen selbst die Machtworte des Verfassungsgerichts bisher nichts, weil die Familienunternehmen geschickte Lobbyarbeit betreiben und den Eindruck erzeugen, ihr Betrieb würde sofort in den Konkurs rutschen, wenn sie Erbschaftssteuer abführen müssten. Das ist nachweislich falsch. Früher mussten Firmenerben nämlich Steuern zahlen, aber Pleiten gab es dadurch nicht.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Zweiter Vorschlag: Die umweltschädlichen Subventionen werden abgeschafft. Das Umweltbundesamt hat eine lange Liste vorgelegt und unter anderem errechnet, dass es allein 8,2 Milliarden Euro im Jahr kostet, Diesel nicht so hoch zu besteuern wie Benzin. Die Entfernungspauschale schlägt mit weiteren 6 Milliarden Euro zu Buche, das Dienstwagenprivileg führt zu Mindereinnahmen von 3,1 Milliarden Euro, und die Befreiung des Kerosins von der Energiesteuer kostet 8,3 Milliarden Euro. Diese Zahlen stammen von 2018, neuere gibt es nicht.
Theoretisch ließe sich so also viel Geld mobilisieren. Aber man stelle sich einmal vor, die Entfernungspauschale würde entfallen. Die Wut in den Vororten wäre grenzenlos, was keine Partei riskieren möchte. Zudem scheitern alle diese Vorschläge daran, dass es direkte oder indirekte Steuererhöhungen wären. Die hat die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag aber ausgeschlossen, wie FDP-Finanzminister Lindner bei jeder Gelegenheit betont.
Bleibt ein dritter Vorschlag, der sich sofort umsetzen ließe und für Mehreinnahmen sorgen würde: Die Regierung hebt den Mindestlohn deutlich an. Wenn die Niedriglöhner endlich mehr verdienten, würden sie auch mehr Steuern zahlen. Zugleich würden sie mehr Beiträge in die Renten- und Krankenkassen abführen, sodass die staatlichen Zuschüsse dort abnehmen könnten.
Doch leider passiert das Gegenteil: Der Mindestlohn sinkt real, wenn man die Inflation berücksichtigt. Die Arbeitgeber haben durchgesetzt, dass er Anfang 2024 nur von 12 auf 12,41 Euro pro Stunde steigt – was ein Plus von 3,41 Prozent bedeutet. Die Geldentwertung liegt aktuell jedoch bei 6,4 Prozent.
Die Armen werden also noch ärmer. Doch bisher gibt sich Kanzler Scholz ganz ungerührt, obwohl er die Bundestagswahl mit dem Versprechen eines auskömmlichen Mindestlohns gewonnen hat. Diese Zusage muss er halten. Niedrige Löhne schaden nicht nur den Armen – sondern auch dem Staat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut