Spahns Impfstrategie in der Kritik: Warten auf den Stoff
Es sei viel zu wenig Impfstoff für Deutschland bestellt worden, klagen Politiker. Auch sei die Impfkampagne schlecht vorbereitet worden.
Klingbeil betonte im ARD-Morgenmagazin, die gemeinsame Beschaffung des Corona-Impfstoffs auf EU-Ebene sei richtig gewesen. „Aber ‚Europa‘ muss ja nicht automatisch ‚langsamer‘ bedeuten“, kritisierte er. Der Sozialdemokrat forderte eine „nationale Kraftanstrengung“ zur Sicherung weiterer Impfstoffdosen. Er verwies auf Äußerungen des Biontech-Chefs Uğur Şahin, wonach sein Unternehmen der EU-Kommission mehr Impfstoffdosen angeboten habe. Dies sei jedoch abgelehnt worden, „weil die Osteuropäer skeptisch sind und die Franzosen das nicht wollten“, sagte Klingbeil.
Der SPD-Politiker kritisierte, dass Angela Merkel (CDU) und Spahn keine bilateralen Verträge mit Biontech abgeschlossen hätten, obwohl im November klar gewesen sei, „dass das ein guter Impfstoff ist“. „Es kann nicht sein, dass ein Land, in dem dieser Impfstoff sogar erforscht wurde“, am Ende zu wenige Dosen habe, sagte Klingbeil. Er erwarte, dass die Bundesregierung „jetzt alle Pharmaunternehmen an einen Tisch“ hole und prüfe, wie Kooperationsverträge aussehen und weitere Impfstoffdosen produziert werden könnten. Dies werde am Geld nicht scheitern, betonte Klingbeil.
Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch verlangte ebenfalls eine bessere Impfstrategie. „Großbritannien hat einen desolaten Premier und ein ziemlich kaputtes Gesundheitssystem, will aber bis Ende März 40 Millionen Impfdosen verabreicht haben“, schrieb Bartsch auf Twitter. „Ich erwarte von der Bundesregierung und Jens Spahn einen Plan, wie wir Vergleichbares beim Impfen erreichen.“
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte die Entscheidung für die Beschaffung des Impfstoffs durch die EU. Die Bundesregierung stehe hinter dieser „Grundsatzentscheidung“, sagte Seibert. „Wir sind überzeugt, dass das der richtige Weg war und ist“, sagte er und ergänzte: „Ja, die Ungeduld, die vielen Fragen, die Bürger jetzt stellen, sind verständlich.“ Seibert reagierte auf kritische Fragen von Journalisten, die auf eine zu geringe Zahl von Impfdosen und ein langsames Tempo bei den Impfungen in Deutschland zielten. Seibert räumte – auch mit Blick auf die Umsetzung in den Ländern – ein, „dass es derzeit noch nicht an allen Stellen optimal läuft“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos