Spahns Corona-Versagen: Isoliert und konzeptlos
Der Gesundheitsminister versucht, die vierte Welle in den Griff zu kriegen. Doch seine Politik ist von Wankelmut und Aktionismus geprägt.
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A lles hat Jens Spahn in den vergangenen Monaten nicht falsch gemacht. Schon seit dem Sommer wirbt der scheidende Gesundheitsminister dafür, dass besonders gefährdete Menschen in Deutschland eine Covid-Auffrischungsimpfung bekommen. Ein weitsichtiger Vorschlag, angesichts nun steigender Infektionszahlen, die verwundbare Bevölkerungsteile im Winter gefährden. Doch damit endet das Lob.
Denn seit Monaten trifft Spahn fragwürdige Entscheidungen, und selbst richtige Vorstöße scheitern an seiner Unfähigkeit, sich mit anderen Entscheidungsträgern abzustimmen.
Da wären zunächst die Impfzentren, die Spahn nun aus dem „Stand-by-Modus“ reaktivieren will, um die Millionen notwendiger Auffrischungsimpfungen durchzuführen. Aber die Impfzentren überhaupt zu schließen, hatte Spahn im Sommer noch selbst veranlasst, obwohl auch damals schon die Notwendigkeit von Booster-Impfungen diskutiert wurde.
Überhaupt das Thema Impfen: Spahns Vorstöße verpufften in dieser Frage weitgehend. Die „Aktionswoche“ mit vielen Impfangeboten an öffentlichen Plätzen zeigte kaum Wirkung, ebenso wie die Umstellung auf dezentrale Impfangebote. Spahn hat für die Erhöhung der Impfquote offensichtlich kein Konzept.
Keine Tests mehr, umstrittene Booster-Impfungen
Dass mitten in der neuen Pandemiewelle zudem für die meisten Menschen keine Gratistests mehr zur Verfügung stehen, liegt auch daran, dass auf Spahns Initiative hin Ungeimpfte keine kostenlosen Coronatests mehr bekommen.
Kurz gesagt: Die Politik des Gesundheitsministers ist von Wankelmut, mangelnder Voraussicht und Aktionismus geprägt. Die Booster-Impfungen für alle Bürger, die Spahn nun ins Spiel bringt, sorgten für Kritik der Hausärzte, die erhöhten „Aufklärungs- und Diskussionsbedarf“ befürchten. Die Vorschläge zur Wiedereröffnung der Impfzentren riefen Kritik aus den Ländern hervor.
Offensichtlich hat Spahn sich nicht mit den Akteuren abgesprochen, mit denen gemeinsam er eigentlich eine Agenda entwickeln sollte. Der Gesundheitsminister ist isoliert – und das ist vielleicht auch gut so.
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