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Sexualisierte Gewalt der HamasKampf um Anerkennung des Horrors

Die Hamas wollte am 7. Oktober gezielt Frauen schänden. Israel kämpft um internationale Anerkennung dieser Taten. Warum ist das so schwer?

Shari Mendes in einem Kühlcontainer in einer Militärbasis nahe Tel Aviv, der Leichen von Ermordeten beherbergt Foto: Avishag Shaar-Yashuv/NYT/laif

Berlin taz | Als Shari Mendes am 8. Oktober, einen Tag nach dem Angriff der palästinensischen Terrorgruppe Hamas auf Israel, an der Militärbasis Shura eintrifft, südöstlich von Tel Aviv gelegen, stapeln sich bereits die Leichensäcke mit Ermordeten. Von Minute zu Minute, so beschreibt sie es der taz, werden es mehr. Kühlautos werden angefordert, um die immense Anzahl an Toten zu beherbergen. „Es war wie eine Horrorshow“, sagt sie.

Vergangene Woche war Mendes mit einer israelischen Delegation sowie der Frauenrechtlerin und Unternehmerin Sheryl Sandberg nach Berlin gereist, um auf Einladung des Auswärtigen Amts über die Gewalt der Hamas gegen Frauen zu berichten. Mendes ist Architektin und gehört zu einer Reserveeinheit von Frauen, die in Kriegssituationen verstorbene Soldatinnen identifiziert und zur Bestattung vorbereitet.

Nach dem Massaker der Hamas-Terroristen soll sich ihre Einheit um die Leichen getöteter Frauen kümmern. Mendes entfernt den blutverschmierten Schmuck der Frauen, säubert ihn, um ihn den Angehörigen zurückzugeben. Manchmal legt sie nur ein Tuch über die Frauen, gibt ihnen, so sagt sie, den Respekt zurück, der ihnen durch die erlebte Gewalt genommen wurde. Macht aus den Frauen wieder Subjekte. Eine unbegreifliche Situation nennt sie das, was sie erlebt hat.

Im Krieg, sagt Mendes, träfen die Toten langsam ein. Es gebe Zeit, sich um jeden einzelnen zu kümmern. Nach dem 7. Oktober sei das System der Armee aber zunächst überfordert gewesen. Die Helfer hätten in 24-Stunden-Schichten gearbeitet, in Zelten auf der Militärbasis übernachtet, nicht weit entfernt von den Leichen. Anders sei die Arbeit nicht zu bewältigen gewesen. Mendes habe das an New York nach dem islamistischen Anschlag vom 11. September 2001 erinnert.

Ermittlungen werden Jahre andauern

Mendes erzählt vom Grauen, das sie gesehen hat: Von Frauen, denen mehrfach ins Gesicht geschossen worden ist. In die Augen, in die Nase. Von Gesichtern, die blutüberströmt waren, so stark, dass sie kaum noch zu erkennen waren. Von Frauen mit verbrannten Gliedmaßen. Von Frauen, die fast immer leicht bekleidet, deren Unterwäsche voller Blut war. Frauen, denen in die Brust, in die Vagina geschossen worden war. Frauen, denen das Becken gebrochen worden war. Frauen, die Spuren von brutalster Vergewaltigung, von Folter aufwiesen.

Seit dem 7. Oktober hat die israelische Polizei Tausende solcher Beweise gesichert. Sie hat Videos ausgewertet, meist selbst von den Hamas-Terroristen mit Bodycams aufgenommen und ins Internet gestellt. Sie hat forensische Untersuchungen unternommen, Zeugenaussagen gesammelt, Überlebende und freigelassene Geiseln befragt, festgenommene Terroristen der Hamas verhört. Die Ermittlungen dauern weiter an. Sie könnten, das teilt die Polizei immer wieder mit, noch Jahre andauern.

Vier Monate nach dem Massaker lässt sich dennoch bereits ein Bild dessen zeichnen, was am 7. Oktober passierte – und wie diese Taten intendiert waren. „Sexualisierte Gewalt war ein systematisch geplanter Teil der Attacke“, sagt Mirit Ben Mayor, Oberkommissarin und Kommunikationsleiterin der israelischen Polizei. Teile der vorläufigen Ergebnisse ihrer Untersuchungen stellte sie in Berlin vor. Ähnlich wie Mendes spricht sie von Verstümmlungen und Vergewaltigung von Frauen, die sie an über 20 Orten in Israel feststellen konnten. Von Körpern, die kaum noch zu erkennen waren. Menschlichen Überresten, die zum Teil nicht mehr zugeordnet werden konnten. Und sie erzählt von Terroristen der Hamas, die in ihren Verhören keine Reue zeigten und die zugaben, nach Israel geschickt worden zu sein, um die Frauen „zu beschmutzen“, sie zu vergewaltigen.

Heilung passiert im eigenen Tempo

Doch auch wenn die bisherigen Ermittlungen unzählige Beweise sichern konnten, solche, die darauf hindeuten, dass sich die Gewalt vom 7. Oktober auch gezielt gegen Israelinnen richteten und der Staat Israel auf diese Weise gedemütigt werden sollte, haben Frauenrechtsorganisationen diese spezifische Gewalt noch nicht ausreichend verurteilt – so die Kritik aus Israel. Über zwei Monate versäumten es allein die Vereinten Nationen und ihre Frauenrechtsorganisation UN Women, die Taten anzuerkennen. Erst Mitte vergangener Woche reiste die Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, nach Israel. Sie forderte, 115 Tage nach dem Massaker, Opfer und Zeugen auf, nicht mehr zu schweigen.

In Fällen von sexualisierter Gewalt herrscht oft eine Erwartungshaltung, die Betroffenen mögen doch sprechen, ihre Geschichten öffentlich teilen – und somit Beweise liefern. Doch ob und wann jemand nach einem extremen Trauma in der Lage ist über das Erlebte zu sprechen, ist ungewiss. Manchmal könne es Monate, gar Jahre dauern, sagt Sharon Gal Van-Raalte der taz. Sie ist Psychologin und Expertin für extremes Trauma und sexuellen Missbrauch. Seit dem Hamas-Angriff betreut sie die Überlebenden des Kibbuz Kfar Aza. Selbst für Gal Van-Raalte, eine erfahrene Traumaspezialistin, ist das Massaker eine einzigartige und überfordernde Erfahrung. Wer sich mit sexuellen Traumata befasst, sieht die Betroffenen meist nicht unmittelbar nach der Tat. Gibt es sonst ein Protokoll dafür, wie in Traumatherapien mit den Klienten umgegangen werde, mussten Psychologen wie Gal Van-Raalte nun improvisieren.

Die öffentlichen Aufforderungen danach, Betroffene mögen Zeugnis ablegen über die erlebten Gewalttaten, irritieren sie. „Die Überlebenden sind weit davon entfernt, Traumata zu verarbeiten“, sagt sie. Die Betroffenen müssten niemanden überzeugen. Sondern: „Sie müssen heilen. Und sie müssen das in ihrem eigenen Tempo tun.“ Ob und wie lange der Heilungsprozess dauert werde, hänge auch davon ab, wie sicher sich die Menschen fühlten. Die nur zögerlichen Verurteilungen internationaler Organisationen hätten Einfluss, der nicht unterschätzt werden dürfe, erklärt Gal Van-Raalte: „Frauen, die sehen, dass die Welt anzweifelt, dass das, was ihnen widerfahren ist, jemals passiert ist, sind tief verunsichert. Woher sollen sie die Kraft nehmen, über ihr Trauma zu sprechen?“

Überlebende sind körperlich und seelisch verwundet

Hinzu kommt: Sich einzig auf das Trauma zu fokussieren, auf die Gewalt, greift zu kurz und wird der Realität nicht gerecht. Denn es ist nicht nur das Trauma an sich, mit dem die Überlebenden in Israel nun umgehen müssen. „Ihr gesamtes Leben wurde zerstört“, sagt Gal Van-Raalte. Menschen mussten ihre Wohnorte verlassen, da sie zerstört wurden. Sie wurden in Hotels evakuiert und sind dort mit vielen ihnen fremden Menschen auf engem Raum untergebracht. Sie können ihre Berufe nicht weiterführen, haben keine finanziellen Einnahmen. Es ist ungewiss, ob die Betroffenen jemals in ihre Kibbuzim zurückkehren werden, ob die Gemeinschaften überleben. „Ein solches massives kollektives Trauma wie am 7. Oktober haben wir Experten noch nie erlebt“, sagt Gal Van-Raalte.

Die Psychologin erzählt von Überlebenden, die körperlich, aber auch seelisch verwundet sind, die sich verraten fühlen, tief verunsichert sind, die unter Schock stehen. Noch Tage nach dem 7. Oktober trug ein Bewohner von Kfar Aza Tag und Nacht sein Gewehr bei sich, sagt Gal Van-Raalte. Er konnte es nicht ablegen, hatte Angst, dass die Terroristen jederzeit zurückkehren würden. Es brauchte viele Gespräche, bis er sich davon überzeugen ließ, in Sicherheit zu sein, das Gewehr ablegen zu können.

Shari Mendes und Sharon Gal Van-Raalte verweisen auf die Resilienz des israelischen Volkes. Auf ein Land, das als Antwort auf das extreme Trauma, die Shoa, entstanden ist. Mit einer Einschränkung: „Meine Großmutter, eine Holocaustüberlebende, war resilient. Sie starb mit 94. Ich habe sie immer gefragt: Was ist dein Geheimnis? Sie antwortete: Harte Arbeit. Über ihr Trauma hat sie mit uns, ihrer Familie, aber nie gesprochen, sie wollte uns nicht belasten“, sagt Gal Van-Raalte.

Es gibt kein Versprechen darauf, dass die abscheulichen Gräueltaten vom 7. Oktober jemals durch die Betroffenen selbst weitergegeben werden können. Doch ohne die internationale Anerkennung dieser Gewalt, speziell der gegen israelische Frauen, wird es wenig Hoffnung geben.

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25 Kommentare

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  • Danke, Frau Zingher, für diesen wichtigen Beitrag.



    Bei Institutionen wie der UN besteht ein struktureller und institutioneller Antisemitismus, das ist inzwischen klar.



    Die postkoloniale Linke und auch viele Feministische Aktivistinnen haben sich in ihr Schwarz-Weiß-Denken dermaßen verbohrt, dass alles, was nicht ins Weltbild passt, entweder komplett geleugnet wird oder gerechtfertigt wird - die Frauen seien IDF-Soldatinnen gewesen - alle israelischen Frauen seien Soldatinnen, irgendwie. Als ob das sexualisierte Gewalt rechtfertigen könnte.

  • Guter Artikel zu einem unfassbare Skandal.



    Mich dünkt, dass das nicht nur das UwRna problematisch ist.

  • 》...dass sich die Gewalt vom 7. Oktober auch gezielt gegen Israelinnen richteten und der Staat Israel auf diese Weise gedemütigt werden sollte, haben Frauenrechtsorganisationen diese spezifische Gewalt noch nicht ausreichend verurteilt – so die Kritik aus Israel. Über zwei Monate versäumten es allein die Vereinten Nationen und ihre Frauenrechtsorganisation UN Women, die Taten anzuerkennen《

    Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass in einflussreichen Teilen der Linken Israel als Kolonialmacht gilt und sich postkoloniale Theorien mit einer Auffassung von Feminismus verschränken, die beispielsweise Kritik am muslimischen Kopftuch als übergriffige westliche Bevormundung auffasst (dementsprechend verhalten ist dann auch die Unterstützung der feministischen Revolution im Iran, wo Israel von den Frauen teilweise als Verbündeter gesehen wird, wohingegen das Regime, das auch dort Frauen ins Koma, in den Tod prügelt, die Hamas unterstützt.)

    Vielleicht am klarsten in Person und Werk der Philosophin Judith Butler zu sehen de.m.wikipedia.org/wiki/Judith_Butler , ihr Begriff von Feminismus, mit dem sie ihre "Aussage über dieTerrororganisationenHamasundHisbollah, die sie dem „progessiven Teil der globalen Linken“ zurechnet" offenbar in Einklang bringen kann.

    So werden die grauenhaften Verbrechen der Hamas, des 7.Oktobers, unterschwellig zu einem Fanal für "Free Palestine", eine moralische Korruption bis hin zum UN-Generalsekretär Guterres, der darauf hinweisen zu müssen glaubte, diese Taten hätten nicht im "luftleeren Raum" stattgefunden.

    Hinzu kommt eine rechtsgerichtete israelische Regierung, die in der Falle der Hamas gefangen ist - die sich hinter Zivilist*innen verschanzt - und exzessive militärische Gewalt einsetzt - ein entsetzliches Inferno, zu dessen Ende beide Seiten offenbar nichts beizutragen haben.

  • 'Denn es ist nicht nur das Trauma an sich, mit dem die Überlebenden in Israel nun umgehen müssen. „Ihr gesamtes Leben wurde zerstört“, sagt Gal Van-Raalte. Menschen mussten ihre Wohnorte verlassen, da sie zerstört wurden. Sie wurden in Hotels evakuiert und sind dort mit vielen ihnen fremden Menschen auf engem Raum untergebracht. Sie können ihre Berufe nicht weiterführen, haben keine finanziellen Einnahmen. Es ist ungewiss, ob die Betroffenen jemals in ihre Kibbuzim zurückkehren werden, ob die Gemeinschaften überleben'

    Kurzzeitig war ich jetzt irritiert, wer gemeint ist.

  • @ Jim Hawkins So isses!! Und nicht nur in diesem Fall.

  • Hervorragender, mutiger und bitter nötiger Artikel von Frau Zingher.

    Hamas = Iran

    Nur eine von von deren vielen Terrorarmeen.

    Iran hat viele Freunde unter einer gewissen Teil der Linken, die weiter auf irgendwelche Revolutionen hoffen (auch wenn sie selber dabei draufgehen würden). Antiwestlich, antiamerikanisch, antiisraelisch, antisemitisch, sogar antikapitalistisch dichten manche dazu und ignorieren gerne wie die Mullah AG das iranische Volk ausbeutet.



    www.handelsblatt.c...-nie/23970116.html

    Und die UN gilt seit langem als institutionalisierter Antisemitismus. So schade um die Organisation!

    Ist es nur Rassismus gegenüber israelischen Frauen, dass die Gräueltaten an ihnen ignoriert werden?

    Hamas/Iran ist eine weltweit operierende Einheit. Ihr Frauenhass ist ideologisch vorgegeben.

    Sure vier, Vers 34: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie ausgezeichnet hat.“ Oder Sure zwei, Vers 228: „Die Männer stehen eine Stufe über ihnen. Gott ist mächtig und weise.“ Oder Sure zwei, Vers 223: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt . . . “ usw.

    Es ist ein Krieg gegen alle Frauen dieser Welt.

    Man sollte sich schon den Gesamtkonflikt anschauen um weitere Hintergründe zu verstehen. Eine selten gut zusammengefasste Übersicht:



    www.wiwo.de/politi...ken-/29459436.html

    Frauen dieser Welt, vereinigt euch!

    • @shantivanille:

      "Sure vier, Vers 34: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie ausgezeichnet hat.“ Oder Sure zwei, Vers 228: „Die Männer stehen eine Stufe über ihnen. Gott ist mächtig und weise.“ Oder Sure zwei, Vers 223: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt . . . “ usw."

      Ähnliches finden Sie auch in der Bibel.

  • Danke für den Kommentar und volle Zustimmung.

  • "Israel kämpft um internationale Anerkennung dieser Taten. Warum ist das so schwer?"

    Ich habe keine Antwort auf diese Frage und kann nur Vermutungen anstellen:



    Zum Einen geht es um Antisemitismus, zum anderen gibt es auf dieser Welt/in der UN zu viele Staaten/Menschen, die auf der palästinensischen/Hamas-Seite stehen und deren "Helden" nichts falsch machen können.

    Immer und immer wieder wundere ich mich darüber, dass es Frauen gibt, die mit dem 07.10.23 keine rote Linie überschritten sehen, Frauen, die die palästinensische Seite/Hamas bejubeln, was man u.a. auch hier in Deutschland sehen kann/konnte.

    Ich bin ebenso der Ansicht, dass die Medien mit detaillierten Schilderungen und entsprechenden Fotos zu zurückhaltend sind. Kein "normaler" Mensch will die detaillierten Fotos der Gräueltaten sehen, aber es ist wichtig, um die Öffentlichkeit vielleicht doch noch wachzurütteln.



    Es wäre meiner Meinung nach von Bedeutung, zumindest ein einziges Foto (Ich denke im Moment, leider kein Einzelfall, an Kim Phúc, Vietnam.), zu veröffentlichen, das der Öffentlichkeit zeigt, was am 07.10.23 passiert ist, damit jede/r nochmal in sich gehen kann, auf welcher Seite er steht und sich vergegenwärtigt, gegen wen jüdische Bürger/Israel kämpfen.

  • Sorry, dass ich hier auf die Wortwahl eingehen muss. "Schänden" oder "Schändung" sind hier durchaus problematische Begrifflichkeiten. Bitte prüfen!

  • Danke liebe Frau Zingher für Ihre Arbeit. Und dafür, dass Sie sich trotz der teils kaum erträglichen Kontroversen in Bezug auf das Thema Israel, die leider auch innerhalb der TAZ existieren, weiter um die Darstellung und Aufarbeitung der ungeheuerlichen Verbrechen gegen jüdisches Leben machen!

  • Wo bleibt eigentlich der Aufschrei aus der gesamten islamischen Weltgemeinde angesichts solcher Staten „im Namen Gottes“?

    Wer solche Mörder unterstützt, hat sein wahres Gesicht schon gezeigt.

    • @Gnutellabrot Merz:

      "Wo bleibt eigentlich der Aufschrei aus der gesamten islamischen Weltgemeinde angesichts solcher Staten „im Namen Gottes“?"

      Da rühren Sie an ein Tabu.

      Was ich bemerkenswert finde, ist, dass jüdische Menschen zu einer Minderheit gehören, aber von vielen, die sich dem Minderheitenschutz verschrieben haben, ignoriert werden. Eine Erklärung habe ich dafür noch nicht gefunden. (Eine Vermutung von mir ist, dass jüdische Menschen oft die für schützenswerte Minderheiten "falsche" Hautfarbe und teilweise "falsche" sexuelle Orientierung haben.)

      • @*Sabine*:

        "Was ich bemerkenswert finde, ist, dass jüdische Menschen zu einer Minderheit gehören, aber von vielen, die sich dem Minderheitenschutz verschrieben haben, ignoriert werden."

        Seltsam ist das sicherlich, aber leider auch nicht überraschend. In nicht unbedeutenden Teilen des linken akademischen Milieus gelten Juden als "Weiße" und Israelis als koloniale Unterdrücker. Dort gibt es nur die Dichotomie zwischen Unterdrückten und Unterdrückern und Juden gehören zu den letzteren. Und leider ist das genau so intellektuell wie moralisch anspruchslos, wie es sich anhört.

        So zynisch das in diesem Kontext aber auch klingen mag: Es hat durchaus auch sein Gutes, dass derlei dumpf-schlichten Ideologeme, die im Gefolge von "Critical Whiteness" und "Postcolonial Studies" auch an deutschen Hochschulen Einzug gehalten haben, nun so unverstellt an die Oberfläche treten.

      • @*Sabine*:

        Neben der vulgär antikapitalistisch postkolonialen Verblendung, vermute ich, dass die Angst groß ist, jede Kritik an strukturellen Problemen in der "islamischen Weltgemeinschaft" könne als zu pauschales rechtes Framing missverstanden werden. Besser man schreibt sozialkritische Trivialitäten wie:



        "Diese jungen Männer sind Produkte ihrer Umwelt. Oder wie Bushido rappte: „Ihr habt mich erschaffen und jetzt guckt, wie euer Weltbild umfällt“. (E.Zingher)

  • Tja, irgendwie wird man sich das an der FU und an Harvard schon zurechtbasteln. Im Zweifelsfall ist sexuelle Gewalt eben nicht Gewalt, wenn sie irgendwie, so ganz nach Bauchgefühl, postkolonial ist.

  • Es ist für manche so schwer, teilweise unmöglich, diesen grausamen Taten als solche wahrzunehmen und zu verurteilen, weil im Falle Israels die Uhren eben anders gehen.

    Ein, zwei Tage nach dem Massaker herrschte Stille dort, wo sonst schnell Partei ergriffen und die Stimme des Protestes erhoben wird. Manche dachten vielleicht sogar, dass das jetzt wirklich etwas anderes war als die ganzen Selbstmordattentate und terroristischen Angriffe, die es schon immer gibt.

    Dann, als Israel das tat, was jeder Staat an seiner Stelle getan haben würde, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passieren kann, schlossen sich die Reihen schnell.

    Ob Feministinnen, postkoloniale Linke, Kulturbetrieb und andere übliche Verdächtigte drehten den Spieß um und machten aus einem genozidalen Angriff auf Juden, einen genozidalen Angriff auf Gaza und die Palästinenser.

    Eine gewaltige Verdrängungsleistung wurde dabei en passant geleistet. Grausamste Verbrechen wurden geleugnet oder relativiert, der islamistische Terror zum Befreiungskampf verklärt. Man kann T-Shirts mit Gleitfliegern und palästinensischer Fahne darauf kaufen.

    Erst das kalte Schweigen und dann der kalte Hass. Kein Verbrechen an Jüdinnen und Juden kann so kolossal sein, als dass es nicht sofort gegen sie gewendet wird.

    Die Verbrechen vom 7. Oktober haben dem weltweiten Antisemitismus einen gewaltigen Schub verliehen. Was beweist, dass es nicht darum geht, was Juden tun, sondern darum, dass sie Juden sind.

    • @Jim Hawkins:

      "Was beweist, dass es nicht darum geht, was Juden tun, sondern darum, dass sie Juden sind."

      Sie haben in allem was Sie schreiben recht. Ich würde nur so gerne verstehen, was Menschen gegen Juden haben können. Dann wäre es vielleicht möglich, eine Lösung für die Probleme zu finden, die meiner Meinung nach eindeutig nicht von jüdischen Menschen verursacht werden, sondern von ihren Gegnern.



      Nicht einmal der Vorwurf an jüdische Menschen des "Gottesmordes" stimmt. Was bleibt denn da noch an angeblich jüdischen Verfehlungen, weshalb man diese Minderheit ablehnen und immer noch bis zur Vernichtung verfolgen will.

    • @Jim Hawkins:

      @Jim Hawkins Auch von mir ein Danke, ich stehe immer noch etwas fassungslos davor, wie eiskalt Teile der linken Szene diese Taten relativieren. Wir reden hier nicht von einzelnen Taten von außer Kontrolle geratenen Soldaten. Wir reden von organisierter, nicht nur von der Organisation Hamas, sondern auch von einem guten Teil der Bevölkerung mitgetragener sexualisietrer Gewalt als Mittel der Kriegsführung. Ja, auch die israelische Armee und noch stärker die Siedlerbewegung verstoßen masiv gegen das Völkerrecht, aber sowas hat dann halt doch noch maleine andere Dimension.

    • @Jim Hawkins:

      Danke, absolut richtig.

      • @weaver:

        Volle Zustimmung, danke für den Kommentar!

  • Aktuell hat der Iran den Vorsitz des UN-Menschenrechtsrats inne... noch weitere Fragen? Ich denke mal nicht, da erübrigt sich jede weitere Frage nämlich von alleine!

  • Was nicht ins Weltbild passt, wird ignoriert oder relativiert. Ist bei allen Ideologien so von links bis rechts

    • @Paul Anther:

      Das soll doch jetzt aber keine Entschuldigung sein, oder?

      Gerade von den sonst so hypermoralischen Linken mit ihrem vielfach geübten Empörungsreflex, hätte ich ehrlich gesagt mehr erwartet.

      So traurig und so bitter.

      • @Radium:

        "So traurig und so bitter."

        Ja, man fühlt sich links zu Hause und stellt plötzlich fest, mit wem man sich gemein gemacht hat. Dabei denke ich, dass für Frauen und Atheisten "eigentlich" nur links eine politische Heimat bieten kann, in der Vergangenheit war das so, jetzt eben nicht mehr.