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Schutz von Sinti und RomaNeue Regierung verzichtet auf Antiziganismus-Beauftragten

Das Familienministerium besetzt die vakante Stelle des Antiziganismus-Beauftragten nicht nach. Ex-Amtsinhaber Daimagüler spricht von einem „Schlag ins Gesicht“.

Mehmet Daimagüler, erster und vorerst letzter Beauftragter der Regierung gegen Antiziganismus, 2024 bei einer Pressekonferenz Foto: dpa

Berlin taz/epd | Die Bundesregierung streicht de facto das Amt des Beauftragten für den Kampf gegen Antiziganismus. Die Stelle werde nicht nachbesetzt, sagte eine Sprecherin des Familienministeriums der taz. Mehmet Daimagüler, der das Amt bis vor wenigen Wochen innehatte, sagte der taz: „Eine Abschaffung des Amts wäre ein Schlag ins Gesicht für die Sinti und Roma in Deutschland.“

Die Geschäftsführerin der Sinti-Union Schleswig-Holstein, Kelly Laubinger, sprach gegenüber der taz von einem „politischen Skandal“ und einem „Offenbarungseid“ der neuen Bundesregierung. „Diese bewussten Entscheidungen zeugen vom fehlendem historischen Bewusstsein und fortlaufender Ignoranz gegenüber Sinti und Roma.“

Zwar gab es schon Sorge um das Amt, seit die schwarz-rote Koalition angekündigt hatte, die Zahl der Regierungsbeauftragten um die Hälfte zu streichen. Doch auf einer ersten Abschussliste war der Antiziganismusbeauftragte nicht aufgelistet. Sinti-und-Roma-Verbände atmeten zunächst auf. Jetzt aber nutzt das Familienministerium offenbar aus, dass der bisherige Amtsinhaber Daimagüler aus persönlichen Gründen zurückgetreten war, indem es die Stelle einfach auslaufen lässt. Das Thema werde im Ministerium dennoch weiter verankert bleiben, sagte eine Sprecherin.

Mindestens symbolisch ist die Quasiabschaffung eine deutliche Herabstufung des Themas. Antiziganismus ist in Deutschland weit verbreitet, gerade auch in Behörden und der Polizei. Wo andere offene Formen des Rassismus und Antisemitismus weitgehend ta­bui­siert sind, bleibt expliziter Hass auf Sinti und Roma oft ohne Konsequenzen. Sinti und Roma wurden während des Nationalsozialismus gezielt ermordet, insgesamt wurden europaweit rund 500.000 von den Deutschen und ihren Kollaborateuren umgebracht. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs blieben viele Täter in ihren Positionen.

25 Beauftragte gestrichen

Am Mittwoch hat die Bundesregierung eine Reihe von Beauftragten für andere Themen ernannt. Gleichzeitig teilte sie mit, dass 25 von vormals 43 Stellen von Beauftragten des Bunds wegfallen. Das im Koalitionsvertrag versprochene Ziel einer Halbierung der Stellen werde „übererfüllt“, sagte ein Sprecher nach der Kabinetts­sitzung. Welche Posten genau noch alle gestrichen wurden, blieb am Mittwoch allerdings offen. Ein Sprecher des neuen Ministe­riums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, das die Liste künftig führen wird, sagte, sie werde in den nächsten Tagen veröffentlicht.

Schon länger klar sind unter anderem die Streichung der Botschafterin für feministische Außenpolitik, der Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik und des Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen. Eine Nachfolge gibt es aber für den Queer-Beauftragten Sven Lehmann. Das Amt heißt künftig „Beauftragte für Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ und wird von Sophie Koch (SPD) ausgefüllt, die seit 2024 Landtagsabgeordnete in Dresden ist und sich in dem Bundesland für das Thema engagierte.

Erhalten bleiben in der neuen Bundesregierung unter anderem auch der Ostbeauftragte, die Integrationsbeauftragte, der Beauftragte für Kultur und Medien und der Aussiedlerbeauftragte.

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46 Kommentare

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  • Natürlich bedarf es eines Antiziganismus-Beauftragten in unserer rassistisch geprägten Gesellschaft. Auch um vielleicht Impulse zu setzen, wie gegen die vorhandenen Vorurteile vorgegangen werden kann.



    Als Lehrer habe ich gerne die Erzählung "Jenö war mein Freund" von Wolfdietrich Schnurre lesen lassen. (Parallel zu Judith Kerrs Kindheitserinnerungen "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl".) Vielleicht gibt es ja inzwischen weitere



    Beispiele in der Jugendliteratur?



    Die 1972 erschienenen Fotografien von A. Wilms mit Texten von S. Golowin und Mirella Karpati sind für Erwachsene gut geeignet, die Diskriminierung zu hinterfragen.

  • Die neue Regierung setzt halt ihre Schwerpunkte agd-konform:



    Ausländer, Ausländer, Ausländer...

  • Wenn die Regierung und die Regierungsparteien sparen wollen, wie wäre es denn mal damit, mit dem Bundestag anzufangen? Eine harte Grenze von 500 Abgeordneten reinziehen, 250 nach Liste, 250 nach Wahlkreisen. Pension nur solange, wie die Tätigkeit im Bundestag als Abgeordneter gedauert hat, ansonsten Rente nach ausgeübten Beruf. Wo wir gerade dabei sind, Verbot von Nebentätigkeiten und Sperrfrist zu Pöstchen nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag. Dann ist auch Geld da für Antirassismus.

  • Die meisten Beauftragten sind quasi allg. Symbol für Symbolpolitik. Sie erfüllen eine ähnliche Rolle wie Arbeitskreise ("Wenn Du nicht mehr weiterweißt,..."). Man kann so ein Thema sichtbar auf die Agenda setzen, mit dem man sonst nicht so viel anzufangen weiß.



    (Allerdings, ich betone, verdienen die meisten so "abgedeckten" Themen in Wahrheit natürlich die volle Aufmerksamkeit.)



    Insofern ist es ja nicht unvernünftig, das Dickicht etwas auszulichten. Dass jede Interessengruppe ohne (oder jetzt wieder ohne) Beauftragten genau daran Kritik üben wird, war absehbar, ebenso die daraufhin stets loszutretenden Grundsatzdebatten. Oder auch schon mal Spezialdebatten etwa in der Form, ob z.B. auch ein "Wessi" einen würdigen oder irgendwie ernstzunehmenden Ostbeauftragten (korrekt: "Beauftragter der Bundesregierung f. Ostdeutschland") geben kann.



    Eine Ausnahme ist der Wehrbeauftragte, der Verfassungsrang besitzt (Art 45b des GG) und die Stellung der Bundeswehr als "Parlamentsarmee" fundieren soll.

  • Beauftragte als fleischgewordene Sonntagsreden darf man gerne gegen praktische, unideologische Unterstützung eintauschen! Das Themenfeld hätte eine neue Betrachtung verdient, das weniger von linken Stereotypen und Ablassritualen geprägt sein sollte.

    • @jan ü.:

      Von welchen "linken Stereotypen und Ablassritualen" seitens des Antiziganismusbeauftragten redest du?

  • Die Nichtbesetzung der Stelle sollte vielleicht auch mal die Gelegenheit sein, deren seit langem übliche Form der Besetzung zu thematisieren. Ausgewählt werden in der Regel langjährige Aktivisten, die nach Antritt ihrer Stelle genau da weitermachen, wo sie vorher aufgehört haben. Entsprechend unterscheidet sich ihre Amtsausübung allenfalls in Nuancen von ihrer früheren Tätigkeit. Sie verstehen sich weiterhin als Sprecher ihrer Community und werden so auch wahrgenommen und nicht als unabhängige Beobachter, die sie eigentlich sein sollten. Für die Außenwahrnehmung und damit die Akzeptanz ihrer Beurteilungen ist das natürlich verheerend.



    Genau aus diesem Grund war ja die Besetzung von Ferda Ataman mit der Stelle der Stelle der Antidiskrininierungsbeauftragten höchst umstritten. Durchaus zu recht, wie sich ja zeigt. Frau Ataman sieht zwar überall und jederzeit "strukturellen" und "institutionellen Rassismus" bei der Mehrheitsgesellschaft, klammert den innermigrantischen Rassismus aber regelmäßig aus, weil er nicht in ihr Weltbild passt www.faz.net/aktuel...urse-18125109.html

    • @Schalamow:

      Gibt es denn für uns in Sachen Antisemitismus, Antiziganismus und den anderen Spielarten des Rassismus überhaupt die Option, diese Phänomene aus einer „unabhängigen“ Perspektive heraus zu „beobachten“?



      Wissenschaftlich vielleicht, gesellschaftspolitisch niemals! Sonst wäre die Bekämpfung des Antisemitismus wohl auch kaum Bestandteil deutscher Staatsräson.



      Ich wäre nur froh, ALLE Formen menschenbezogener Verachtung und Hasses wären es.

    • @Schalamow:

      Inwiefern soll Mehmet Daimagüler sich denn als "Sprecher seiner Community" verstanden haben oder wahrgenommen worden sein?? Der Mann ist Deutschtürke. Und außerdem ist er der einzige Antiziganismusbeauftragte, den wir je hatten, von daher gibt es auch keine "übliche Form der Besetzung".

      • @Günter Picart:

        Ich habe zu Mehmet Daimagüler gar nichts geschrieben, sondern allgemein die Form der Stellenbesetzung problematisiert. Dass diese in der Regel mit Personen besetzt werden, die auf diesem Gebiet aktivistisch unterwegs waren, können Sie mit ein bisschen Recherche selber herausfinden. Dass Aktivisten aber nicht die Neutralität mitbringen, die dieses Amt erfordert, liegt auf der Hand. Es sei denn, man teilt die Auffassung, dass Betroffenen sowieso immer recht haben.

      • @Günter Picart:

        …anschließe mich -



        Dem feinen Herrn gehen öfter die 🏇🎠🦄 durch.



        (btw seinem Nick-name macht er selten Ehre! Gelle



        de.wikipedia.org/w...nowitsch_Schalamow



        Gern auch für die ahnungslosen Modderatistas taz-🤖🙊 & Zack landeste ob solcher Ignoranz wieder in der Quarantäne - Herr wirf 🧠 vom Himmel 🌌 - Dank im Voraus - alter Zausel - mgl. mehrfach! Wollnich 🤣

  • Ich kann die arbeit der beauftragten nicht einschätzen, mir fällt leider keine Situation ein was irgendeiner erreicht hat. Deshalb kann ich die Empörung nicht nachvollziehen.

    • @Stazi :

      Also ich würde umgekehrt sagen: Dass es dieses Amt erst seit recht kurzer Zeit gibt und es jetzt schon wieder wegfallen soll, ist daneben. Ihr Statement scheint mir ein bisschen à la „Für was brauchma dös?“ (Wiener Slang?) gestrickt zu sein bzw. irgendwie soll es vielleicht einen ‚Mehrwert (für den Standort Deutschland)‘ produzieren? Korrigieren Sie mich, wenn ich überinterpretiere, aaaber: Ich finde, Sie denken da recht einbahnstraßenmäßig und dann auch noch von der falschen Seit her…

      • @Earl Offa:

        So wie ich das verstehe brauchen wir diese beauftragten um die Situation von Minderheiten zu verbessern. Da spricht ja alles dafür. Wenn es solche Posten gibt möchte man aber auch Erfolge sehen.

        • @Stazi :

          Wenn die Mehrheitsbevölkerung da nicht mitzieht, können natürlich auch alle Beauftragten-Erfolge infrage gestellt werden - das ist dann allerdings kein Problem, mit dem ausgerechnet der Beauftragte gegen Antiziganismus die Existenz seines Amtes rechtfertigen müsste, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.



          Jedenfalls kann ein Antiziganismus-Beauftragter einer mächtig ignoranten Mehrheitsgesellschaft ordentlich auf die Füße treten und hier - sagen wir mal - Problembewusstsein schaffen.



          Dass Herr Daimagüler dafür genau der Richtige war, steht m.E. außer Zweifel.

  • Die Mehrheit mag es hier im Forum Anders sehen, aber ich finde es gut, dass das Beauftragtenwesen zurückgeschnitten wird. Ziel sollte es sein, dass die der Staat bzw. Die Verwaltung so gut aufgestellt ist, dass es nicht für jedes Thema einen extra Beauftragten braucht. So gesehen sind die ganze. Beauftragten doch eher ein medienwirksam Pflaster eben weil die jeweiligen Anliegen nicht im normalen Alltag nicht richtig adressiert werden. Das zum Allgemeinen Beauftragtenumwesen. Und warum es speziell einen Antiziganismusbeauftragten braucht wenn es schon ein Antidiskriminierungsbeauftragte gibt ist mir auch nicht ganz klar.

    • @Fran Zose:

      Nee, is‘ klaa, in Deutschland zumal hat ja über Jahrzehnte hinweg eine „vorbildliche Aufarbeitung der Vergangenheit“ stattgefunden, woran sich eigentlich der Rest der Menschheit mal‘n Beispiel nehmen sollte (an den recht preisgünstigen Betroffenheitsritualen), ne. Wozu dann also noch sowas?!

      • @Earl Offa:

        Sie schreiben, offensichtlich verärgert, am Thema vorbei. Was bitte haben Beauftragte mit Aufarbeitung zu tun? Richtig, gar nichts. Der Antiziganismusbeaugtragte soll sich per Definition gegen die Diskriminierung von Sinti und Roma einsetzen, was wiederum ja auch allgemein die Aufgabe eines Antidiskriminierungsbeauftragten wäre und somit die spezielle Minderheit der Sinti und Roma mit einschließt. Was es wiederum nicht bedürfte, wenn die normalen staatlichen Stellen vernünftig arbeiten würden. Also unterstellen Sie mir doch bitte nicht etwa, was ich gar nicht behauptet habe nur um sich dann über das Nichtbehauptete auch noch aufzuregen. Das macht doch gar keinen Sinn und greift nur die Nerven an.

        • @Fran Zose:

          Es ist doch genau die Frage, ob die Aufgabe eines Antiziganismus-Beauftragen sich einzig auf allgemeine Aspekte der Antidiskriminierungsarbeit beschränken sollte. Also ich sehe das anders.



          Mit anderen Worten: welchen quantitativen Anteil an der Gesamtbevölkerung sollte eine Minderheit denn haben, um in den „Genuss“ besonderer politischer Aufmerksamkeit zu kommen? Nun, rein quantitativ ist die Zahl der in Deutschland lebenden jüdischen Bürger nicht sehr viel größer als die derjenigen, die der Volksgruppe der Sinti und Roma angehören.



          Und ich kenne wirklich niemanden (außer Antisemiten), die nicht der Meinung sind, dass dem Schutz der jüdischen Mitbürger und dem Kampf gegen Antisemitismus keine politische Priorität eingeräumt werden sollte.



          Warum sollte das bei Antiziganismus anders sein?

          • @Abdurchdiemitte:

            Tatsächliche ist es die primäre Aufgabe des Antiziganismusbeauftragten sich gegen die Diskriminierung der Sinti und Roma einzusetzen und für gesellschaftliche Teilhabe zu sorgen; Ihre persönliche Sichtweise zu seinem Aufgaben ist da wenig relevant.

            Was den Antisemitismus angeht offenbart sich doch seit dem 7. Oktober in beschämender und virulenter Weise, dass es viel zu viele Menschen gibt die eben Antisemiten sind; und zwar von klassisch rechts über über altlinks bis zu islamofaschistisch. Aber klar, Ihre Feststellung ist korrekt: Mit Ausnahme der Antisemiten haben wir kein Problem mit Antisemitismus. Merken Sie selber, oder?

  • Zum Kotzen! Wird man ja wohl noch sagen dürfen.

  • Ist vielleicht ne blöde Frage, aber warum heißt es Antiziganismus, obwohl sie Sinti und Roma genannt werden wollen? Weil Ihre Gegner sie nicht Sinti und Roma nennen?

    • @Stefan Jäsche:

      Weil "Antiziganismus" auch die Feindschaft gegen Lovara, Ashkali, ... umfasst, die Sie sonst nicht drin hätten.

      Es lohnt sich, hinzusehen, wer wie genannt werden will. Und wer nicht.

      • @rero:

        Danke für die Anmerkung zu Lovara und Ashkali … bin wieder etwas schlauer geworden.



        Also viel mehr ethnische und kulturelle Differenzierung innerhalb einer von der Mehrheitsbevölkerung als homogen wahrgenommenen Minderheit, die leider von Unverbesserlichen immer noch mit dem Z-Wort belegt wird.

    • @Stefan Jäsche:

      Es gibt auch den Begriff Gadje-Rassismus, der sowohl von Sinti als auch von Roma akzeptiert wird.

      Auch Antiziganismus als Wort wird weitesgehend akzeptiert, da lediglich das Z-Wort eine beleidigende Konotation enthält, nicht aber wie der Begriff nun heißen soll, Sinti und Roma rassistisch anzugehen. Das Z-Schnitzel widerum soll an Menschen erinnern, die mit Bauwägen auf Graswiesen campen, angeblich klauen und bis tief in die Nacht musizieren - problematisch.

      Ferner obliegt es den Völkern, welche Kombination mit dem Z-Wort für sich als beleidigend empfunden wird, und welche nicht. Denen die Mündigkeit abzusprechen oder zu hinterfragen gilt bereits als Antiziganismus.

  • Die Stelle des Bundesbeauftragten für Antiziganismus ist nicht IRGENDEINE von 25 vergleichbaren Stellen, die von der Bundesregierung gestrichen werden.



    Ein bitterer Vorgeschmack auf das, wie man hierzulande zukünftig mit der Erinnerungskultur umzugehen gedenkt - AfD wirkt, auch ohne dass sie direkt an den Entscheidungsprozessen beteiligt ist?



    Beschämend, da braucht sich auch niemand mehr mit Lippenbekenntnissen gegen den Antisemitismus aus dem Fenster zu lehnen.



    Sinti und Roma haben sogar - wie die Juden mit dem Begriff der Shoa - einen eigenen Ausdruck für den Genozid der Nazis an ihrem Volk: Pojramos („Verschlingen“).



    Nach WK2 setzte sich die Diskriminierung und Stigmatisierung der europäischen Volksgruppe unvermindert fort, ihr Opferstatus (und damit verbundene Entschädigungsrechte) wurden kaum anerkannt. Erst spektakuläre Proteste von Sinti-Aktivisten - z.B. Hungerstreiks in KZ-Gedenkstätten - konnten Anfang der Achtzigerjahre das „lärmende“ Schweigen über dieses Unrecht an den Sinti und Roma durchbrechen.



    Die bürokratische Kaltherzigkeit einer solchen Abwicklung lässt einen also nur noch erschauern - ist der Tod immer noch ein Meister aus Deutschland?

    • @Abdurchdiemitte:

      Paul Celan, aus dessen "Todesfuge" Sie hier zitieren, ist knapp dem Holocaust entronnen, dem seine Eltern zum Opfer fielen.



      Die Nichtbesetzung der Stelle kann man ja kritisieren. In diesem Zusammenhang aber eine Verbindung zum geplanten Völkermord herzustellen, ist historisch wie ethisch völlig daneben.

      • @Schalamow:

        Gerne können wir ins Gespräch darüber kommen, welche Äußerungen gegenüber welcher Opfergruppe als pietätlos anzusehen sind.



        Das Schicksal Celans und seiner Familie ist mir durchaus bekannt.



        Wenn man aber auf das Schicksal der Sinti und Roma unter dem Hakenkreuz hinweist - und auch darauf, dass sich die Diskriminierungsgeschichte dieser europäischen Volksgruppe nach dem Krieg unvermindert fortsetzte, ferner ihr Opferstatus auch hierzulande kaum Anerkennung fand (schon gar nicht in ihrem Alltagsleben) -, kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass die hier diskutierte politische Entscheidung ein falsches Signal ist.



        Und natürlich lässt sich darüber streiten, ob dem tatsächlich so ist. Unstrittig sollte jedoch sein, dass den Sinti und Roma mit ihrer Verfolgungsgeschichte die selbe Achtung entgegengebracht werden sollte wie den jüdischen Bürgern dieses Landes (und übrigens allen Verfolgten des NS-Regimes und ihren Nachkommen).



        Wer jedoch aus diesem Anspruch konstruiert, der Genozid an den europäischen Juden könne damit in irgendeiner Weise relativiert werden, der hat ein erhebliches Problem.

        • @Abdurchdiemitte:

          Sie schreiben an meiner Aussage vorbei. Das alles ist doch völlig unbestritten. Von der bürokratischen und zum Teil kaltschnäuzigen Abwicklung der "Wiedergutmachung", der vielfachen Ignoranz der ihnen angetanen Verbrechen waren Sinti und Roma, Juden, Homosexuelle oder auch Deserteure in den Anfangsjahren der BDR übrigens gleichermaßen betroffen. Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, dass Sie sich im vorliegenden Kontext einer Metapher bedienen, die für Vernichtung steht. Das ist schon im Umgang mit den NS-Opfern der Nachkriegszeit ein unangemessenes Vokabular, und mehr noch im konkreten Fall, der Nichtbesetzung einer Stelle. Da empfehle ich doch dringend die rhetorische Abrüstung, zumal Sie sich ansonsten, zumindest habe ich das so in Erinnerung, etwa im Falle Putin, immer strikt gegen historische Analogien wenden.

        • @Abdurchdiemitte:

          Indeed - …anschließe mich

      • @Schalamow:

        Warum das denn?

      • @Schalamow:

        Ob Sache - mal dahingestellt! But.

        Schonn schön - daßse sich in ehra 🧠Windungen auskennen - wie nix gutes - nur sind die nicht die einzigen windbaren in dieser Welt.🥳



        & immer gern:



        Schade - daß K.W. Deutsch - der Begründer/Vater der Systemtheorie - in der anders als dann bei Talcott Parson & 🧊🧊🧊Niklas Luhmann - Menschen noch vorkamen - nicht mehr lebt.



        1968 im Audimax (“Wer?“



        “Blödmann! Komm mit!;) - hörte ich ihm melatenblonden atemlos 2-3 Stunden extemporierend zu.



        Vor allem hängen geblieben sind mir seine Ausführungen zu der Überzeugungskraft von Verschwörungstheorien.



        Die ua darauf basiert - daß ihre Annahmen beliebig austauschbar sind & werden - immer welche includierend die einem Beweis nicht zugänglich sind!



        & Däh



        Mit meinem 4/5 Jahrhundert komme ich bis heute aus dem Staunen nicht heraus - wie recht er hatte/hat & wie derart verbreitet dieser eigentlich so banale one-trick-pony Trick doch ist - sich dessen in vielfältiger Form so derart oft bedient & 🙀 darauf reingefallen wird!



        always at your servíce & dannnich für •

  • Tja, Deutschland kann sich halt Opfer erster und zweiter Klasse leisten. So wie es selektiv nie wieder ist jetzt interpretieren kann. Wer kann der kann.

    • @fmraaynk:

      Genau so ist es!...

    • @fmraaynk:

      Sie sprechen eine bittere Wahrheit gelassen aus.

      • @Abdurchdiemitte:

        …anschließe mich



        &



        den ahnungs- bis böswilligen im around: einfach mal die 👄 nicht nur bei Labialen geschlossen halten!



        Dank im Voraus •

  • Ich könnte die Empörung verstehen, wenn irgendwann ein(e) Beauftragte(r) mal irgendetwas bewirkt hätte.



    Allerdings wird das leider nie der Fall sein, daher kommt das Land gut ohne Beauftragte aus.

    • @Heideblüte:

      Es geht doch zuvorderst darum, sich als Betroffene/r gesehen und repräsentiert zu empfinden. Es geht halt nicht immer nur um "uns" als Mehrheitsgesellschaft ("das Land"), sondern um unseren Umgang mit weitestgehend marginalisierten Gruppen. Ich finde den Begriff "Opfer zweiter Klasse" auch eher problematisch, aber hinsichtlich dieser spezifischen Gruppe finde ich keinen besseren. Wenn mensch fast nicht hat, ist jeder Verlust riesig.

    • @Heideblüte:

      Woher wollen Sie DAS denn wissen, dass hier NICHTS bewirkt wurde.

      • @Abdurchdiemitte:

        OK...aber was wurde denn nun Ihrer Ansicht nach konkret bewirkt???

        • @WederLinksNochRechts:

          Daß man mit der Bestellung des Beauftragten die Verantwortung für das Thema abdelegiert habe? So zumindest der Eindruck. Ob man die/den Beauftragte(n) dann über Mittel und Möglichkeiten verfügen ließ, der Aufgabe gerecht zu werden, stünde auf einem anderen Blatt.

          Würde die Abschaffung der Beauftragten zum Hintergrund haben, daß man dieser Feigenblätter nicht mehr bedürfte, weil diese Aufgaben nun die Struktur des zuständigen Ministeriums bzw. des Kanzleramts übernähme, gäbe es keinen Anlaß zur Beschwer. Nur, wer glaubt das schon ...

        • @WederLinksNochRechts:

          amp.dw.com/de/anti...unrecht/a-65147409



          www.bmfsfj.de/bmfs...erarbeiten--205424



          Sie sollten nicht vergessen, dass Sinti und Roma seit mehr als 600 Jahre in diesem Land leben - genau so lang ist leider auch ihre Diskriminierungs- und Verfolgungsgeschichte hierzulande.



          Herr Daimagüler konnte dieses Amt lediglich von 2022 bis 2025 ausüben - was erwarten Sie da eigentlich?



          Wenn das Thema ab und an (selten genug!) auf der medialen Agenda steht, ist das natürlich nicht dem Antiziganismusbeauftragten alleine zu danken, sondern einer immer selbstbewussteren (und lauteren) Community von Sinti und Roma v.a. der jüngeren Generation, die sich vor den Schlägen der Stigmatisierung und Diskriminierung nicht mehr weggucken.

        • @WederLinksNochRechts:

          Tja, dann kann man der Mehrheitsgesellschaft mit Sesshaftigkeitshintergrund nur raten: Weiter mauern, nix gibt‘s, außer ein paar Betroffenheitsritualen. Und da dann wenig rauskommt, zumal in einem recht neuen Amt, kann man es ja auch gleich wieder abschaffen. Tolle Logik, passt ganz in die Schuldabwehr und Schäbigkeit seit 1945…

          • @Earl Offa:

            Danke!

        • @WederLinksNochRechts:

          Netter Versuch, aber so funktioniert das nicht: Heideblüte hat eine Behauptung aufgestellt (der Sie anscheinend zustimmen), dann darf Heideblüte diese Behauptung auch belegen.

          Stattdessen vom Widerspruch Belege für das Gegenteil zu verlangen zeigt nur, dass Ihre eigene Position unbelegt ist.

  • DOGE, aber mit Merz statt Musk,