Schulen in der Coronakrise: KMK will weg vom Inzidenzwert

Die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen fordern, sich bei Entscheidungen über Schulöffnungen nicht mehr nur am Inzidenzwert zu orientieren.

Ein Achtungschild.

Achtung: Hier ist die Schule auf! Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

BERLIN taz | Es war eine schon fast klassische Koinzidenz: Während die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), am Freitag bekräftigte, man sei sich in der KMK einig, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten, ploppte die Nachricht auf, dass Hamburg wegen steigender Infektionszahlen die Notbremse zieht. Das öffentliche Leben wird wieder eingeschränkt. Die Schulen sollen allerdings vorerst noch offen bleiben. Wie lange ist ungewiss.

Deutschlandweit lag die 7-Tage-Inzidenz am Freitag bei 97 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner:innen. Noch am Wochenende dürfte sie über die 100er-Marke schnellen. Die Kultusminister:innen, das wurde nach dem Treffen deutlich, stemmen sich mit aller Kraft gegen die drohenden erneuten Schulschließungen.

Man betrachte mit Sorge die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, betonten Ernst und ihre Kollegen aus Hamburg und Hessen, Ties Rabe (SPD) und Alexander Lorz (CDU). Und zwar nicht nur hinsichtlich der Lernstände, sondern auch wegen der negativen Folgen der sozialen Isolation sowie des Wegfalls von Kontakten zu Gleichaltrigen außerhalb der Familien. „Im vergangenen Jahr war in der Hälfte der Schulzeit kein Präsenzunterricht möglich“, so der Hamburger Schulsenator Rabe. Man habe sehr viel Grund zu der Annahme, dass ein großer Teil der Schü­le­r:in­nen große Schwierigkeiten habe, den Lernstoff zu Hause allein zu bewältigen.

Deshalb müssten Schulen „im Vergleich zu anderen Lebensbereichen am längsten geöffnet bleiben“, so der Beschluss der KMK. Diese Position wird wohl spätestens ab nächster Woche, wenn die Inzidenzen bundesweit im dreistelligen Bereich liegen, schwierig zu kommunizieren sein. Die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen schlagen deshalb vor, „bei Entscheidungen über den Schulbetrieb perspektivisch zu prüfen, das Kriterium der Inzidenz um weitere Kriterien zu ergänzen“. Gemeint sind etwa die Auslastung der Intensivstationen und der Anteil der schweren Verläufe.

Starker Anstieg der Selbsttests erwartet

Die Mi­nis­te­r:in­nen begründen ihren Vorstoß auch mit der Ausweitung der Selbsttests. In allen Bundesländern würden nun in großem Stil Selbsttests an den weiterführenden Schulen verteilt. So bekommen etwa in Berlin alle Schü­le­r:in­nen von Abschlussklassen seit dieser Woche zwei kostenlose Tests pro Woche ausgeteilt. In Hamburg kämen zu den bisherigen 15.000 Tests noch zwei- bis dreimal so viele dazu, sagte Rabe. Die steigende Zahl der Tests hätte dann natürlich auch einen Anstieg der Inzidenzwerte zur Folge.

Ein früherer Start der Osterferien, die bundesweit Ende März, Anfang April beginnen, sei bislang kein Thema, so Ernst. „Für Brandenburg kann ich das definitiv ausschließen.“ In den Osterferien werde die Lage neu bewertet. „Wir kämpfen um jeden Tag“, sagte Ernst.

In vielen Bundesländern schließen erste Gemeinden allerdings bereits wieder Schulen und Kitas. Etwa in Thüringen, in der Stadt Gera und weiteren Landkreisen. Das Land hatte den Landkreisen die Entscheidung freigestellt und lediglich empfohlen, ab einer Inzidenz von 150 zu schließen.

Bundesweit war jede zehnte Schule zu

In Nordrhein-Westfalen streiten sich Landkreise und Landesregierung dagegen heftig. FDP-Kultusministerin Yvonne Gebauer will Schulen offen halten, und zwar auch gegen den Willen der lokalen Behörden. Düren und Dortmund haben jedoch die erneute Schließung ihrer Einrichtungen durchgesetzt. Umfragen zufolge, die die KMK am Donnerstag veröffentlichte, war in der vergangenen Woche etwa jede zehnte Schule geschlossen.

Außerdem fordern die Kul­tus­mi­ni­s­te­r:in­nen erneut, Leh­re­r:in­nen und Er­zie­he­r:in­nen vorrangig zu impfen. Wie hoch der Anteil der bereits geimpften Leh­re­r:in­nen und Er­zie­he­r:in­nen ist, erfasst die KMK allerdings nicht zentral. Für Brandenburg konnte Ernst sagen, dass 90 Prozent der Leh­re­r:in­nen Impfberechtigungen erhalten hätten. Sie hoffe, dass ein großer Teil von ihnen davon Gebrauch mache.

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