piwik no script img

Schiffbau in Schleswig-HolsteinWindhorst gefährdet Werften

Die Werften des Investors Lars Windhorst stehen still. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) fordert Windhorsts Rückzug.

Stark in der Kritik: Unternehmer Lars Windhorst Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Hamburg taz | Der schillernde Investor Lars Windhorst scheint im Begriff zu sein, seine Werften in Rendsburg und Flensburg vor die Wand zu fahren. Schleswig-Holsteins Politik ist jedenfalls alarmiert. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) forderte Windhorst am Rande einer Japanreise zum Rückzug auf. „Ich glaube, es gibt potenzielle Investoren, aber dafür brauchen wir den ersten Schritt von Herrn Windhorst – nämlich dass er aussteigt“, sagte er dem NDR.

Die beiden Werften, die zu Windhorsts Tennor-Gruppe gehören, haben seit Monaten Probleme. Sie bekommen keine Aufträge, halbfertige Schiffe können nicht fertig gebaut werden, Gehälter wurden verspätet bezahlt. Nach Angaben der IG Metall Rendsburg warten an beiden Standorten 120 der 500 Beschäftigten noch auf ihren Lohn für September.

Auch aus Sicht des Betriebsrates liegen die Probleme bei Windhorst. Seit Jahren bleibe er die Bürgschaften schuldig, die Kunden die Sicherheit gewähren, dass sie angezahltes Geld zurückbekommen, sollte ihr Schiff nicht fertig gebaut werden. Das Geld sei so knapp, dass der Tüv der Kräne nicht bezahlt, Werkzeuge nicht geprüft und Arbeitsmaterialien nicht beschafft werden könnten, sagt Jan Brandt, Betriebsrat bei der Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG).

Für die Kapitalknappheit spricht auch, dass die Bundesregierung Ende Juli 62 Millionen Euro Fördermittel für die FSG widerrief. Das Geld war für den Bau von Flüssiggas (LNG)-Bunkerschiffen vorgesehen. „Leider wurde das mehrfach zugesicherte Eigenkapital zur Besicherung der Aufträge nicht zur Verfügung gestellt“, bedauerte damals der Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Dieter Janecek (Die Grünen).

Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild

Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild, weil er als Teenager im Computergeschäft Millionen verdiente. Später machte er Schlagzeilen als er Anteile am Fußballverein Hertha BSC Berlin kaufte. Neben den Werften hat er Ärger mit dem Ihme-Zentrum, einem Beton-Komplex aus Wohnungen, Geschäften und Büros in Hannover. Windhorst versprach 2019, den Koloss zu sanieren. Jetzt läuft ein Insolvenzverfahren zu der entsprechenden Tochterfirma, bei dem sich Windhorst im Juni einen Haftbefehl einhandelte, weil er Auskünfte verweigerte.

In Flensburg werde regelrecht Geld verbrannt, sagt Betriebsrat Brandt: „Es gibt Kollegen, die haben seit sechs Monaten nichts mehr gemacht.“ Lohn gäbe es trotzdem, wenn auch oft mit Verspätung. Dass die Arbeiter bei Nobiskrug in Rendsburg und FSG in Flensburg die Füße stillhalten müssen, ist aus Sicht des Betriebsrats umso unverständlicher als es reichlich Aufträge an Land zu ziehen gäbe.

Die Flensburger Werft könne bis zu einer Größe von 220 mal 32 Metern „fast alles bauen“, sagt Betriebsrat Peter Böker. Die Werft könne im Offshore-Geschäft nachgefragte Schiffstypen anbieten und sich auch an Konverterplattformen für Offshore-Windparks mitbauen. „Fähren, Spezialschiffbau, Marine, oft hochspezifische Lösungen für anspruchsvolle Kunden, haben wir alles gekonnt und würden wir auch wieder hinbekommen“, sagt Böker. Dafür sei ein Gesellschafter nötig, der das Vertrauen der Banken, der Politik und der Kunden gewinnen könne.

„Wir sind als Betriebsrat mit anderen Firmen vernetzt“, sagt sein Betriebsratskollege Brandt. „Es gibt Firmen, die würden gerne mit uns kooperieren.“ Aber man höre immer wieder: nicht mit Windhorst. Dass Windhorst sich verabschiede, sei „der einzig gangbare Weg“, sagt auch Betriebsrat Peter Böker. Dass dieser irgendwann die Wende schaffe, sei nach 20 Ankündigungen ohne Taten folgen zu lassen abwegig.

„Wir haben jetzt das große Problem, dass vermutlich auch niemand mehr bereit ist, einen Auftrag dort zu platzieren, weil das Vertrauen einfach weg ist“, sagte Minister Madsen. Das betreffe nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch die Politik.

Wir den ersten Schritt von Herrn Windhorst – nämlich dass er aussteigt

Claus Ruhe Madsen, Wirtschaftsminister Schleswig-Holstein

Schleswig-Holsteins Grünen-Landtagsfraktionschef Lasse Petersdotter sprach laut Deutscher Presse-Agentur von einem Skandal, dass die Beschäftigten bei FSG und Nobiskrug erneut auf ihr Gehalt warten müssten. Windhorst komme seiner Verantwortung als Unternehmer mal wieder nicht nach. „Mit Windhorst an der Spitze haben die Werften keine Zukunft. Es ist dringend Zeit, dass der Weg für eine neue Zukunft frei gemacht wird.“

Betriebsrat Brandt warnt vor einem Braindrain, sollte sich die unsichere Situation noch lange hinziehen. 100 Mitarbeiter hätten die Schwesterwerften in den vergangenen zwölf Monaten verloren, sagt er. Die meisten hätten von sich aus gekündigt.

„Das sind Ingenieure, Planer, Schweißer – Fachkräfte in allerlei Bereichen, die man für den Schiffsbau braucht – und wer erst mal weg ist, kommt sicherlich so schnell nicht mehr wieder“, sagte Madsen dem NDR. Selbst wenn die Leute sehr gerne Schiffe bauten – eine Unsicherheit wolle man nicht haben.

Ein Sprecher der FSG-Nobiskrug Holding teilte auf Anfrage mit: „Derzeit gibt es keine öffentliche Stellungnahme.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wörter, die ich so gerne hab'



    Investor, Staat Up und Millionengrab.

  • Das Windei hat bisher noch alles in den Sand gesetzt. Wer läßt den eigentlich immer wieder vom Schuldenstapel?

  • Man sollte ein paar Superreiche melken um die Arbeitsplätze zu erhalten 🤪

  • Wo kriegt der eigentlich immer wieder Geld her ?



    Man hört immer nur von Investitionen, die der Investor in den Sand gesetzt hat.

  • Windhorst gleicht Benko, ich verstehe



    Politiker nicht, wie man mit in solchen windigen Typen und ihren völlig intransparenten Geschäftsmodellen



    Verträge abschließen kann und ihren



    Aussagen vertraut.

    • @Hubertus Behr:

      *... ich verstehe Politiker nicht, wie man mit solchen windigen Typen ...*

      Politiker sind anfänglich immer sehr fasziniert von solchen "Blendern". Egal ob nun Elon Musk, der für eine neue Tesla-Fabrik nicht mal vor ein Wasserschutzgebiet in Deutschland 'Halt' macht oder Rene Benko, der ein 200 Meter hohes Hochhaus in Hamburg bauen wollte, der Betonklotz aber jetzt wohl entweder eine Bauruine bleibt oder mit den Steuergeldern der Bürger weitergebaut wird oder wie momentan Lars Windhorst, der Werften in Rendsburg und Flensburg massiv gefährdet und sie (wohl) vor die Wand fahren lässt. Aber Windhorst galt ja als unternehmerisches Vorbild, weil er als 'Teenager im Computergeschäft' Millionen verdiente. Da muss man als kleiner Normalbürger eigentlich ziemlich drüber lachen, aber für unsere Politiker reicht das wohl als "Aushängeschild" vollkommen aus, um mit solchen Leuten Verträge abzuschließen.

      "Im September 2021 spendete Windhorst im Vorfeld der Bundestagswahl 2021, verschleiert über mehrere Briefkastenfirmen, jeweils 250.000 Euro an CDU und FDP." [Spiegel Online, 21. September 2021]

      Dazu sage ich jetzt mal lieber nichts.

  • So kann es gehen, wenn man mit wegen Veruntreuung verurteilten Geschäfte macht.

  • Der Lieblingsbubi Helmut Kohls und Galions-Yuppie Windhorst ist nur eine Vorzeigefigur (ohne Erfolg auch noch).

    Als z.B. Krankenpfleger könnte er - möglichst rasch - seinem Leben doch noch etwas Sinnvolles abgewinnen. Man wird ihn doch ohnehin bald absägen, wenn er seine Schuldigkeit getan hat.

  • Er versteht von Werften so viel wie von Fußball, aber es ist im bisher gelungen sehr gut vom Unverstand der Anderen zu leben.

  • Tja, die unternehmerische Freiheit ist ein hohes Gut in Deutschland. Jeder darf seine Firma zugrunde richten wenn er will.

    Schade ist’s trotzdem.

    Aber wenn selbst die CDU keinen Einfluss hat, dann ist’s wohl nicht mehr zu retten.

  • Das ist die "freie" Marktwirtschaft. Man könnte auch sagen: der Stärkere obsiegt. Gibt es denn keine juristischen Möglichkeiten solche Betrüger zu belangen?

  • ein weiteres beispiel neoliberaler wirtschaftskompetenz der letzten 200 jahre.



    ja, das macht die welt ganz groß größer am größten ... und am ende ist alles futsch. naja, fast. Straßen zubetoniert, zahl der architektonischen monster gestiegen um ca 5, jobs und fachkräfte weg und das geld ist in Jersey sicher!



    bravo! so läufts im super neoliberalismus des mainstreams. führungskompetenz vom feinsten ...

    cdu, spd, fdp ... eure welt ist zum erschießen! jdf für die mehr- und die wahrheit!

  • ... die Geschichte eines Geschäftsmannes (Geschäftemacher), der immer höher hinaus wollte und am Ende immer öfter mit mehr als fragwürdigen Finanztricks scheiterte.



    Ich muß mich anstrengen, damit mir der Begriff "sofort enteignen" nicht zu sehr im Kopf herumgeht.



    Gruß Fritz

  • Auch Deutschland hat seinen Benko

  • Wenn der windige Horst auftaucht, kann man nur eins machen. Ganz schnell das Weite suchen.

    • @Jungle Warrior:

      Liggers. Zitier mal frech einen Mitfloristen ©️JANIX



      “Das Schätzchen von Helmut Kohl verkauft inzwischen nur noch sein Gewissen, scheint es. Bei Hertha komplett gescheitert, jetzt wieder. Warum macht er nicht endlich was Sinnvolles und mit Andi Scheuer die Hendl-Disco "Zur großen Flut" in Passau auf?“



      taz.de/Investor-La...indhorst/!6011826/



      “Der große Versprecher“



      (ps findens den Schreibfehler - 🙀🥳🧐 )



      …anschließe mich - mehrfach Kielholen als mindestes - geht auch mit Flens! Woll

      • @Lowandorder:

        Ein Vers-Brecher, meinten Sie sicher, oder ist da immer noch ein Buchstabe zu viel? : )

        • @Janix:

          …letzteres - mochte den Vertipper einfach noch mehr in Form bringen - ;)