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SPD-Generalsekretärin über Wahlen„Die Demokratie ist sozial gespalten“

Wahlen drohen zur Exklusivveranstaltung für die Mittel- und Oberschicht zu werden, sagt SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Politische Parteien müssten eingreifen.

„Wir müssen raus ins Leben“: SPD-Chef Gabriel auf der Kirmes Foto: dpa
Ulrich Schulte
Interview von Ulrich Schulte

taz: Frau Fahimi, seit Jahren sinkt die Wahlbeteiligung. Besorgt Sie das?

Yasmin Fahimi: Die wachsende Politikverdrossenheit sehe ich schon als Gefahr für unsere Demokratie. Nehmen Sie nur die Landtagswahl in Bremen: Wenn gerade mal die Hälfte der Wahlbeteiligten noch zur Wahl geht, ist das ein Alarmsignal.

Warum? Parlamente funktionieren doch auch, wenn nur wenige gewählt haben.

Eine offene Gesellschaft muss von möglichst vielen Bürgern akzeptiert werden, das festigt sie nach innen und außen. Denn Demokratie braucht Legitimation. In Bremen hat jeder Zweite entschieden: Der Staat interessiert mich nicht. Aber der Staat regelt nun mal viele Aspekte unseres Zusammenlebens.

Bild: dpa
Im Interview: 

Die 47-Jährige ist seit Januar 2014 Generalsekretärin der SPD. Die Chemikerin und Gewerkschafterin. Seit 1986 ist sie Mitglied der SPD.

Studien belegen, dass gerade arme und bildungsferne Menschen nicht wählen. Sind Wahlen überhaupt noch repräsentativ?

In der Tat gibt es einen Zusammenhang: Je prekärer das Milieu, desto niedriger die Wahlbeteiligung. Wahlergebnisse liefern deshalb längst kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft mehr. In Bremen gingen die zehn Prozent der Bürger mit den höchsten Haushaltseinkommen doppelt so häufig zur Wahl wie die zehn Prozent mit den niedrigsten Einkommen.

Warum wählen abgehängte Milieus nicht mehr?

Viele Menschen fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie haben die Hoffnung verloren, dass Politik ihr Leben spürbar verbessern könnte. Sie fragen sich, warum sie sich an der Demokratie noch beteiligen sollen.

Was bedeutet das?

Wahlen drohen zur Exklusivveranstaltung für die Mittel- und Oberschicht zu werden. In Deutschland können wir diesen Trend bereits beobachten. Deshalb sehe ich alle Parteien in der Pflicht, etwas dagegen zu unternehmen.

Sie haben bereits mit Generalsekretären der anderen Parteien über Rezepte gesprochen. Welche Vorschläge machen Sie?

Als Generalsekretärin der SPD bin ich überzeugt, dass wir mehr Elemente direkter Demokratie brauchen. Sie zeigen den Menschen, dass sie Politik unmittelbar beeinflussen können. Und wir müssen Politik wieder stärker am Alltag der Menschen andocken. Zwei Beispiele: Es gibt Jugendparlamente auf kommunaler Ebene, in denen junge Leute Entscheidungen treffen. Und es gibt in vielen Schulen Juniorwahlen, die parallel zu Bundestagswahlen durchgeführt werden.

Die Jugendlichen dürfen ihren Schuldirektor wählen?

(lacht) Leider nicht. Die Juniorwahlen spielen die Bundestagswahl nach. Die Schülerinnen und Schüler engagieren sich in Parteien, wählen Spitzenkandidaten, es gibt Live-Debatten im Klassenzimmer. Am Schluss wählen alle Schüler, das Ergebnis wird verglichen mit dem Ausgang der Bundestagswahl.

Was bringt diese Simulation?

Einerseits merken Jugendliche sehr schnell, dass Politik verdammt spannend sein kann. Und sie politisieren sich und ihre Eltern. Plötzlich wird beim Abendbrot zu Hause über Politik diskutiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wahlbeteiligung bei den Familien, deren Kinder an solchen Projekten teilnahmen, deutlich höher lag.

Sie haben vor einiger Zeit vorgeschlagen, Wahlen an anderen Orten als im Wahllokal möglich zu machen...

Ich bin dafür, dass wir den Wahlzeitraum ausweiten. Statt nur am Sonntag könnten die Bürger am ganzen Wochenende wählen, von Freitag bis Sonntag. Und ich finde, wir sollten Wahlen stärker ins Alltagsleben integrieren. Wählen muss wieder eine Selbstverständlichkeit werden. Da hilft es, seine Stimme unkompliziert in mobilen Wahlkabinen in Fußgängerzonen oder an Bahnhöfen abgeben zu können.

Für die Vorschläge haben Sie damals viel Häme geerntet. Warum eigentlich?

Einige sparten mit Häme nicht, von vielen anderen erhielt ich jede Menge Zuspruch.

CSU-Generalsekretär Scheuer lästerte, Sie hielten die Wähler für „bequem und faul“.

Ach, der Herr Scheuer. Mit meinen Vorschlägen die Demokratie zu stärken, habe ich jedenfalls mehr Aufmerksamkeit für das Thema geweckt als alle wohlfeilen Appelle an Wahlsonntagen zuvor.

Ich habe eine These, warum Sie aus der Union so scharf kritisiert wurden.

Oh, jetzt wird es interessant.

Die niedrige Wahlbeteiligung stabilisiert die Mehrheiten der Union. Vielleicht wollen CDU und CSU das gar nicht ändern?

Nein, denn so zynisch blickt selbst die Union nicht auf die Demokratie. Ich bin überzeugt, dass alle Demokraten ein Interesse daran haben, dass sich möglichst viele an Wahlen beteiligen.

In Bremer Stadtteilen mit hoher Arbeitslosigkeit lag die Wahlbeteiligung bei 31 Prozent. Im reichen Villenviertel Bremen-Horn lag sie bei 77 Prozent. CDU und FDP schafften hier Traumergebnisse.

Es ist richtig: Unsere Demokratie ist sozial gespalten. Gut gestellte Milieus sind in Wahlergebnissen überrepräsentiert. Davon profitieren eher Parteien des konservativen Spektrums, während die SPD oder die Linkspartei darunter leiden. Traurig für uns, aber wahr.

Angela Merkel verdankt ihre Kanzlerschaft auch einer Strategie namens „asymmetrische Demobilisierung“.

Wenn Sie das sagen.

Die CDU versucht Wähler links der Mitte von der Urne fernzuhalten, indem sie Themen wie den Mindestlohn kopiert. Warum sollte sie hohe Wahlbeteiligungen fördern?

Umso mehr freue ich mich, dass CDU und CSU sich jetzt an der parteiübergreifenden Initiative beteiligen wollen. Mir ist wichtig, dass wir nicht nur reden, sondern auch zu guten Ergebnissen kommen. Ich bin sehr dafür, Pilotprojekte in einzelnen Bundesländern zu testen.

CDU-Generalsekretär Tauber sagt, das Nichtwählen könne Ausdruck der Zufriedenheit mit einer Regierung sein. Stimmen Sie zu?

Ganz und gar nicht. Die Ergebnisse der Studien belegen: Frustrierte Menschen bleiben zu Hause. Sie versprechen sich nichts mehr von Parteien und sind resigniert. Das ist ja gerade die Gefahr. Nur Wohlhabende können sich einen schwachen Staat leisten, weil sie ihre Kinder auf Privatschule schicken und viele Angelegenheit mit Geld regeln können. Arme und Schwache brauchen hingegen einen starken, einen funktionierenden Staat. Leider entziehen gerade ausgerechnet die, die ein Interesse am Staat haben müssten, der Demokratie ihr Vertrauen.

Was kann die SPD gegen Merkels Demobilisierung tun?

Wir müssen deutlich machen, wo die Unterschiede liegen zwischen SPD und Union. Wir müssen eine Politik anbieten, die die Menschen direkt anspricht. Leute sorgen sich um ihre kranken Eltern, um die Schule ihrer Kinder, um ihren Arbeitsplatz oder ihren Kiez. Da müssen wir als SPD wieder genauer hinschauen. Wir müssen diese Gruppen gezielt ansprechen, etwa indem wir unsere Aktivisten auf Spielplätze schicken oder junge Leute zu Azubis in den Betrieb. Wir müssen raus ins Leben – mit dem SPD-Bus aufs Nachbarschaftsfest, mit der Gulaschkanone vor den Betrieb. Das Ortsvereinstreffen unter dem Hirschgeweih allein reicht nicht mehr.

Sind eigentlich arme und abgehängte Menschen eine Zielgruppe für die SPD?

Natürlich, die SPD ist eine Volkspartei. Uns geht es um den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft und um Solidarität. Wir versuchen, den Trend der wachsenden sozialen Spaltung zu stoppen.

Hat die SPD mitgeholfen, Menschen in die Demokratiemüdigkeit zu treiben?

Ich ahne, worauf Sie hinauswollen.

Die Agenda 2010 und die Hartz-Reformen stehen für soziale Kälte, für das Gegenteil also von dem, wofür die SPD historisch warb. Ist das korrekt?

Vieles an der Agenda 2010 war richtig. Die damaligen Sozialhilfeempfänger standen schlechter da als heutige Hartz IV-Empfänger, das sind immerhin 2,9 Millionen Menschen gewesen.1 Aber richtig ist auch, dass die Reformen Fehler hatten. Wir haben zum Beispiel mit dem Arbeitslosengeld II die Lebensarbeitsleistung von Menschen nicht ausreichend genug berücksichtigt. Diese Reformen haben Ängste in der arbeitenden Mitte erzeugt, auch wenn viele dort davon gar nicht direkt betroffen waren.

Als Gerhard Schröder 1998 das Kanzleramt erkämpfte, lag die Wahlbeteiligung bei 82,2 Prozent. Seitdem schrumpft sie, ähnlich sieht es bei SPD-Ergebnissen aus. Ist das Zufall?

Die SPD hat seit Schröder mit einigen Regierungsprojekten ihre eigenen Wähler überproportional gefordert, viele auch frustriert oder verschreckt. Viele haben uns übel genommen, dass wir die Rente mit 67 mitgetragen haben. Solche Wähler müssen wir jetzt mühsam zurückgewinnen.

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58 Kommentare

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  • "Warum wählen abgehängte Milieus nicht mehr?"

     

    Weil zum Beispiel die SPD seitdem Schröder-Blair-Papier demonstrativ auf Distanz zu solchen Milieus gegangen ist. Mit der Riester-Reform und den Hartz-Gesetzen hat die SPD eine klare Botschaft an diese Menschen formuliert: Wir sind nicht mehr zuständig für Euch, bleibt mal zuhause oder wenn ihr hübschdumm seid, wählt uns weiter.

     

    Die sogenannten Abgehängten sind aber nicht aus Dummheit wahlabstinent, sondern auch Mangel an Möglichkeiten.

     

    Ich glaube zwar, sie sollten einfach so die Linke wählen, aber das tun sie wohl nicht, warum auch immer.

     

    Ich muss sagen, dass Fahimi wohl 1998-2005 nicht in Deutschland gelebt hat, sonst hätte sie wohl eine andere Position.

     

    Übrigens ist es doch sogar Ziel der Agenda-Politik, arme, schwache Menschen unter Druck zu setzen und zu aktivieren (wozu auch immer), umworben werden sollen die jedenfalls nicht. Und eine Volkspartei ist die SPD schon lange nicht mehr -> Siehe Wahlergebnisse seit 10 Jahren.

  • Ich bin etwas verwundert. Ja, die SPD hat unter Schröder an ihrer linken Flanke viel Porzellan zerhauen, und ja das Interview wurde mit der SPD-Gerneralsekretärin geführt, aber irgendwie greifen mir die ganzen auf die Unattraktivität der SPD gemünzten Antworten hier meilenweit zu kurz - so als gäbe es für die ganzen Nichtwähler nur die Alternative, SPD zu wählen oder gar nichts. Was ist mit anderen Parteien?Warum konnte die AfD so bei SPD und Linkspartei räubern? Warum bleiben die Menschen zuhause, statt eine Partei zu wählen, die sich die Rücknahme der Hartz-Gesetze auf die Fahnen geschrieben hat? Könnte es sein, dass da mehr im Spiel ist als Resignation über die mangelnde Empathie der SPD mit der (Nicht-)Arbeiterklasse?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Ich stimme Ihnen zu: die Erklärung des Nichtwähler-Phänomens mit einer zunehmenden Resignation greift entschieden zu kurz.

       

      Dieses Land hat genau die Regierung, die es verdient. Wessen Denken bei der Alternative SPD oder Nichtwählen aufhört, muss sich die Frage gefallen lassen, wie Ernst es ihm oder ihr mit Politik im Allgemeinen und mit sozial gerechter Politik im Speziellen ist.

       

      Ernst nehmen kann ich nur jemand, der einer neuen Partei die Chance gibt, eine andere Politik zu machen, nicht den, der am Stammtisch nach dem fünften Bier folgenlose pauschale Politikerschelte betreibt, die einzig der eigenen Triebabfuhr dient.

       

      Von Deutschen eine gesellschaftliche Kursänderung zu erhoffen entspricht dem Optimismus eines Autofahrers, der mit Tempo 150 zuversichtlich in eine Nebelbank rast.

  • Wder helfen gegen die Wahlabstinenz der Armen direkte Demkokratie, Jugendparlamente oder Wahlen an der Tankstelle. Die vom Wohlstand abgekoppelten wählen nicht mehr, weil sie wissen, dass sich an ihrer Siutation nichts ändern wird. SPD-Chef Gabriel weiß das auch und deshalb hat er eine andere Orientierung seiner Partei ausgegeben - nachzulesen in der ZEIT. Soziale Gerechtigkeit hat demnach als Wahlkampfthema ausgedient. Die SPD konzentriert sich auf die Mittelschicht und moderne Themen der Konsumgesellschaft. Darin sind sich CDUCSUSPDGRÜNEFDPAFD einig. Sie können sich eine Demokratie ohne Massenbasis durchaus vorstellen -wie in den Zeiten des Ständestaates. Deshalb sind die Äußerungen der SPD-Generalsekretärin höchstens ein Zeichen für innerparteiliche Unzufreidenheit mit Gabriel. Für das Prekariat bedeuten sie nur ein Polit-Placebo.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    „Die Demokratie ist sozial gespalten“

     

    Was ist an Spaltung SOZIAL - weil diese Spaltung meist durch den opportunistischen Populismus der "Sozis" zustande kommt???

     

    Die "Demokratie" ist ASOZIAL gespalten - so wird ein Schuh daraus!

  • By the way!

    Hat der Gerdfan beie modzis heute frei?

    Prima! Danke.

    try it - 2.0

     

    Erheiternd -

     

    Offensichtlich hat die Dame alles

    richtig falsch gesagt -

     

    Wobei - wobei - im letzten Absatz ja fast

    GazPromGerd-Kritik - öh aufscheint.

    Klar - Gedöns, der Herr Rat.

    http://www.taz.de/SPD-Generalsekretaerin-ueber-Wahlen/!5215316/

     

    Quarantaine du taz

     

    Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

  • Die Propaganda sorgt dafür, dass wir weniger Stimmen bekommen? Dann braucben wir noch mehr Propaganda!

     

    Erinnert fast ein wenig an die “Sparprogramme”.

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Herr Schulte, wenn Sie sich für Frau Fahimis Positionen interessieren, dann führen Sie ein Interview mit ihr. Wenn Sie dagegen eine Plattform für Ihre Thesen suchen, dann schreiben Sie ein Buch.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wenn Frau Fahimi auf die Frage nach der Wahlabstinenz der Ausgegrenzten mit der Leerformel antwortet: "Sie FÜHLEN sich ausgeschlossen", verkennt sie, dass dies nicht nur ein Gefühl, sondern bittere Realität ist. Realität, an derem Werden die SPD durch solche Ganzstücke der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wie Hartz IV, Berentung mit 67 oder verwässerte Einführung des Mindestlohns ihren gehörigen Anteil hat.

     

    Bekanntermaßen gilt: "Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber."

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Der aufmerksame Leser hat es natürlich längst bemerkt: es muss 'Glanzstücke' heißen.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Da sind wir wieder bei dem Problem das alles was nichts kostet auch als wertlos empfunden wird."

     

    Hatten wir eine Wahlpflicht mit Bussgeldandrohung in den 70ern?

    http://www.wahlschlepper.net/wp-content/uploads/entwicklung_wahlbeteiligung09.jpg

     

    Oder hängt es vielmehr mit der Wahl (wortwörtlich) zwischen verschiedenen Alternativen? Polarisierung, echter Streit und Perspektive des Politikwechsels nach der Wahl sind die echten Motivatoren. Auch 1998.

     

    Die gestiegene Parteienvielfalt im Bundestag muss sich nicht automatisch im konkreten Wahlausgang widerspiegeln. REINER JUNG hat schon oberhalb die unrühmliche Rolle der Medien angesprochen.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      @QUESTOR (ganz unten ;)

  • Realsatire vom Feinsten!

    "Die wachsende Politikverdrossenheit sehe ich schon als Gefahr für unsere Demokratie"

    Das Märchen von der "Politikverdrossenheit" ist längst widerlegt, wird aber gerne noch weiter erzählt.

     

    "In Bremen hat jeder Zweite entschieden: Der Staat interessiert mich nicht."

    Bei fast 70 Jahre SPD-Regierungen in Bremen muss man doch eher feststellen, dass jeder Zweite entschieden hat: Die SPD interessiert mich sowieso nicht.

     

    "Demokratie braucht Legitimation"

    Nö - Die Parteien brauchen demokratische Legitimation, nicht die Demokratie.

     

    "Viele Menschen fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen...Sie fragen sich, warum sie sich an der Demokratie noch beteiligen sollen."

    Nö, die Politik der SPD hat mit der Agenda 2010 ganz gezielt viele Menschen von der Teilhabe an dieser Gesellschaft ausgeschlossen. Sie fragen sich, warum sie einer SPD noch zur Legitimation verhelfen sollen, von der sie nach Strich und Faden belogen, betrogen und verraten wurden. Daran war überhaupt rein gar nichts richtig. Wenn ein Sozialhilfeempfänger damals schlechter dastand als heutige Hartz-IV-Empfänger (was ich stark bezweifle) ist das einfach nur blanker Zynismus, denn zur Zeit von Rot/Grün als die Agenda 2010 verabschiedet wurde, gab es bislang beispiellose Steuergeschenke an die Unternehmen und viele Leute sind danach erst zu Sozialhilfeempfängern geworden, weil man den Unternehmen zusätzlich jede erdenkliche Möglichkeit zum Lohndumping eröffnet hat. Die SPD macht ausschließlich Politik im Sinne gutsituierter Schichten, möchte aber von dem Prekariat, das sie dadurch erst erzeugt hat, gewählt werden.

    Finden Sie den Fehler, Frau Fahimi!

    • @Rainer B.:

      Klingt zwar nach einer halbwegs plausiblen Erklärung, warum viele von Schröders Sozialpolitik Entäuschte nicht mehr ausgerechnet die SPD wählen, aber wenn sie schon so eine genaue Meinung dazu haben, warum wählen sie dann nicht stattdessen Jemanden, der die Agenda wieder zurückfahren will? Warum können sich Schröders geistige Weggefährten und Zöglinge so problemlos an der Parteispitze halten?

      • @Normalo:

        "Warum können sich Schröders geistige Weggefährten und Zöglinge so problemlos an der Parteispitze halten?"

         

        Weil die SPD genau wie die CDU und zunehmend auch die Grünen rein hierarchische Veranstaltungen sind, wo nur noch von oben nach unten getreten werden kann. Je mehr getreten wird, umso stabiler bleibt die Lage oben.

        • @Rainer B.:

          Es ist mir zu billig, immer auf die vermeintliche Allmacht der "Da Oben" abzustellen. Genau dafür gibt's doch Parteitage, Wahlen und sowas: Damit die Abgehobenen da oben in den Gremien sich in regelmäßigen Abständen der Erdung durch die (engagierte) Basis stellen müssen.

           

          Aber auch die Baisvertreter auf den Parteitagen glänzen durch das innerparteiliche Äquivalent von Nichtwählen: Sie nicken den Kurs der Oberen einfach ab, sind zu bequem, zu obrigkeitshörig (auch eine Form von Bequemlichkeit) und/oder zu zufrieden, um eine gangbare Gegenposition aufzubauen, Stimmen zu sammeln etc..

           

          Es ist wahr, dass ein Parteibonze alle möglichen großen und kleinen Hebel hat, sich die Basis gefügig zu machen. Aber 100% sicher wirkt keiner davon, WENN er gegen eine Mehrheit durchregieren will. Deshalb ist meine These, dass es eine Mehrheit auch nicht für ausreichend wichtig hält, die Politik zu ändern - oder sich einfach blind auf die "Da Oben" verlässt. Aber vor allem letzteres wäre eher ein Zeichen von Sättigung als von Resignation.

          • @Normalo:

            Vermutlich hätten Sie mir hier "Naivität" vorgeworfen, wenn ich an ihrer Stelle so argumentiert hätte. Diejenigen in der SPD, die einen anderen Kurs wollten, wurden doch systematisch vergrault und kaltgestellt. Stattdessen hat man sich mehrfach verbogen, um Leute wie Sarrazin in der Partei zu halten. Nein, da bewegen Sie rein gar nichts in solchen Parteien. Da bleibt Ihnen dann nur der Austritt und davon machen die Leute ja auch fleißig Gebrauch - mit Ausnahme derjenigen, die schon zu bequem sind, eine Austrittserklärung zu unterschreiben.

            • @Rainer B.:

              Der vermeintliche "Realismus", der aus Ihren Äußerungen spricht übersieht Eines: Hinter den Passivkonstruktionen und dem "man" verstecken sich reale Menschen - Menschen, die entweder eine Mehrheit sind oder deren Macht von einer Mehrheit getragen wird. Sonst könnten die diese Dominanz gar nicht ausüben.

               

              Was die Menschen, die diese Mehrheit ausmachen, wirklich wollen, erklärt Ihre Darstellung überhaupt nicht. Aber logisch betrachtet gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sie wollen entweder tatsächlich das, was die von ihnen gestützten Bonzen predigen, oder sie würden vielleicht etwas anders wollen, bringen aber nicht genug Schneid, Interesse und vor allem Überzeugung auf, um sich eine abweichende Meinung zu bilden bzw. nach dieser abzustimmen.

               

              Es hilft nichts, sich schweigende Mehrheiten herbeizuträumen, die wirklich nur schweigen oder gar der Gegenseite zustimmend zunicken. Manchmal muss man sich auch eingestehen, dass man selbst der Schwanz ist, der es ganz natürlich nicht hinbekommt, mit dem Hund zu wackeln.

               

              Mit "man" meine ich übrigens hier Sie. Nur dass da keine Missverständnisse auftreten...

              • @Normalo:

                Da muss ein grundlegendes Missverständnis vorliegen. Sie erwarten anscheinend, dass jemand Ihnen die Welt im Einzelnen erklärt und warum die Dinge so sind, wie sie glauben, dass sie sein müssten. Sorry, aber das ist gar nicht mein Bier. Ihre geträumten oder realen Mehrheiten und Gegenseiten müssen Sie schon selbst irgendwie zum Sprechen bringen und wen ich, mein Schwanz, oder mein Hund sich mal etwas eingestehen müssen, werde ich es Sie schon rechtzeitig wissen lassen - vielleicht.

                • @Rainer B.:

                  Die Mehrheiten, von denen ich rede, müssen nicht erträumt werden. Die sind zählbar, werden auch gezählt, und genau deshalb macht die SPD bis heute kaum andere Politik als zu Schröders Zeiten.

                   

                  Sie waren es, der diese Mehrheiten nicht mit der freien Willensbildung an der Basis sondern ausschließlich der Repression von Andersdenkenden erklären wollte. Was ich wiederum für zu kurz gegriffen halte, weil aus meiner Sicht angesichts der zur Verfügung stehenden demoklratischen Mittel eine Mehrheit innerhalb der Parteien nicht zu unterdrücken wäre, so sie nicht selbst nur ein begrenztes Interesse daran hat, sich inhaltlich oder auch personell durchzusetzen.

                   

                  Logischerweise bedeutet dies, dass die "unterdrückten" Andersdenkenden möglicherweise vor allem deshalb unterdrückt werden können, weil sie halt in der Partei nur eine Minderheit sind. Dabei entnehme ich Ihrem Duktus, dass Sie sich zu diesen in der SPD Unterdrückten zählen.

                   

                  Wenn ich Ihnen damit auf irgendwelche Körperteile getreten sein und damit Ihre doch sehr aufs Anatomische fokussierte Antwort hervorgerufen haben sollte, bitte ich das zu entschuldigen...

                  • @Normalo:

                    Von "Repression" war hier gar nicht die Rede und dass Sie glauben, aus meinem "Duktus" eine Nähe zur SPD entnehmen zu können, ist richtig kranker Scheiß.

                    • @Rainer B.:

                      Also gut, dann spare ich mir die Spekulationen und bitte um verzeihung. Frage an Sie: Gibt es in der SPD denn nun - nach Ihrer Ansicht reale demokratische Mehrheiten für einen Kurswechsel oder nicht??

                      • @Normalo:

                        Sicher nein! Ansonsten wäre das wohl auch nicht länger geheim zuhalten. Der Kurs der SPD wird weiterhin vom Wetter vorgegeben.

    • @Rainer B.:

      Mein lieber Rainer, du hast es auf den Punkt gebracht. Vielleicht hätte man noch das Mittun der SPD bei Angriffskriegen und solchen Schweinereien wie TIPP anführen können.

    • @Rainer B.:

      Bravo, prima analysiert und pariert!

       

      Es ist glasklar: Die Politkaste ist völlig abgehoben, fern jeglicher Lebenswirklichkeit und zu keinerlei realistischen Beurteilung der gesellschaftlichen Dingsbums fähig.

       

      Kurzum: Die haben sich selber überflüssig gemacht. Es wäre nun langsam an der Zeit, sich ihrer zu entledigen.

    • @Rainer B.:

      "Demokratie braucht Legitimation"

      Nö - Die Parteien brauchen demokratische Legitimation, nicht die Demokratie.

       

      Das ist Richtig. Darum aben wir keine Demokratie. Bitte Art 21 GG (1)

      Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. (Das Volk ist die Macht, hat die Macht und der Rest ist Willensbildung des Volkes und nicht umgekehrt.)

      Damit ist Demokratie,Pressefreiheit, Meinungsfreiheit ausgeschlossen.

       

      Danke an die Siegermächte.

      Es leben der Schwach Sinn.

       

      "Viele Menschen fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen"

      Fast richtig. Sie sind ausgeschlossen. BRD = Verantwortungslos gegenüber seinen Einwohnern und Bewohnern.

       

      Der Fehler ist das System und die Systemadministratoren.

      Ciao

  • Fahimi macht einen Denkfehler, und zwar, dass sie "gelebte Demokratie links der Mitte" und "starker Staat" gleichsetzt. Dabei nimmt die CDU keinen Cernt weniger Geld in die Hand und will auch einen starken Staat. Nur die ganz Linken versprechen nochmal drastisch mehr, können aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie auch wissen, wo das Geld dafür herkommen soll.

     

    Richtig sind aus meiner Sicht d

    jegliche Initiativen, dem Wählerschwund mit besserer (AUCH politischer) Bildung zu begegnen. Für mich ist ein wesentliches Problem des heutigen Politikbetriebs, dass er für bildungsfernere Mitmenschen fachlich einfach nicht mehr zugänglich ist. Aus allen Ecken schreien Politiker, Experten Journalisten, was für eine Schande doch die eine Richtung ist und wie alternativlos die andere. Die geistigen Mittel, das selbst zu beurteilen, hat - wenn überhaupt - nur noch eine kleine Elite. Wen also wählen? Wer hat wirklich Recht mit seiner Grexit- oder Nichtgrexit-Analyse? Was bedeutet es für mich, wenn meine Bank 25 Milliarden abschreiben muss? etc. Das sind Fragen auf die alle Parteien Antworten haben, aber keine kann wirklich überzeugen.

     

    Davon abgesehen gilt die seit Kohl eherne Regel von Umfragen in Deutschland: "Sind Sie zufrieden mit der Politik? NEIN! Wie geht's Ihnen denn so? Eigentlich ganz gut..." Selbst die Armen haben mehr zu verlieren als ihnen das System suggeriert, dass sie zusätzlich gewinnen können. Also keine Experimente.

  • Warum zum Henker werden immer nur die Symptome angegangen aber nicht die Ursachen?

    Mag sein, dass man mit Jugendparlamenten ein paar mehr zur Wahl treibt aber das ist doch nicht die Ursache?

    Sie erklärt doch richtig, dass Menschen der unteren Einkommensschicht sich keine Besserung durch Wahlen erhoffen. Das liegt doch offensichtlich daran, dass seit Jahren Politik für die Besserverdienenden gemacht wird. Woran liegt das? Die haben das Geld, die machen die Meinung (Bild, INSM, ...) und eben die Politik (Lobbyismus).

     

    Wie gut das funktioniert, sieht man an der SPD. Agenda2010, jetzt das Tarifeinheitsgesetz, TTIP, ...

    Und die wundern sich, warum sie keiner wählt?

     

    Solange das so bleibt wird die Wahlbeteiligung immer weiter sinken und durch tolle Programme lässt sich die Entwicklung nur etwas kaschieren.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Ich sehe keine Politik-, ich sehe eine Politikerverdrossenheit. Ich kann die ganzen Nasen einfach nicht mehr sehen...

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @970 (Profil gelöscht):

      Natürlich gibt es nicht nur eine Politiker-, sondern ebenso eine große Politikverdrossenheit. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Politiker Politik ausüben.

       

      Das Eine ohne das Andere ... wie soll das gehen? Politische Gedanken, die die Grenzen des eigenen Gehirnkastens verlassen, benötigen zwangsläufig Politiker als Akteure.

       

      Und dass bestimmte Körperorgane von Politikern schön oder ansehnlich sein müssen, steht nirgendwo geschrieben.

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @76530 (Profil gelöscht):

        Jaja, aber nicht "die Politik" ist unerträglich - sondern DEREN Politik. Und diesen Unterschied wollte ich herausstellen.

  • Sehr geehrte Frau Generalsekretärin,

     

    ich habe drei Anmerkungen:

     

    1. Menschen investieren Zeit in eine politische Wahl, wenn zur Wahl steht, was sie a) angeht und b) von ihnen beeinflussbar ist. Da keine Partei sich mehr ihren Wahlaussagen verpflichtet fühlt und Abgeordnete, die auch nach der Wahl noch zu ihrem Wort stehen, mit innerparteilichen Disziplinarverfahren zu rechnen haben - welchen Grund sollte man haben, zu wählen, was für die Politik nichts zählt?

     

    2. Was steht denn zur Wahl? Was bitte genau ist HEUTE, AKTUELL der gravierende Unterschied zwischen der SPD und der Union und den Grünen? Es ist für die politische Ruhe in Deutschland sicher förderlich, dass es in der Politik Konsens darüber gibt, welche Handlungsoptionen man dem Wähler NICHT anbietet. Aber wenn es keine Alternative gibt - weshalb sollte ich dann wählen? Politik macht eh, was sie will.

     

    3. Wir wählen Parteien. Deren Abgeordnete wählen die Regierung. Die Parteispitzen werden zur Regierungsspitze und formen auf dem Umweg über Parteien und Fraktionen die Mehrheitsbeschlüsse des Parlaments. Es ist egal, wieviel Abgeordnete wir von unseren Steuergeldern bezahlen: Die Mehrheitsparteien habe eine Legislaturperiode lang die Mehrheit. Abgeordnete nur teuer dafür bezahlt, diese Mehrheit zu verkörpern. Gelegentlich sorgen sogenannte "Abweichler" (was für ein Name!) für ein bisschen Spannung, oft verlassen sie dann erstaunlich schnell die Politik. Wann genau hat das Parlament das letzte Mal GEGEN die Regierung (die es doch kontrollieren geben soll) gestimmt?

     

    Wann hatten wir zuletzt eine inhaltlich relevante Wahl, wann wurden wir VERBINDLICH gefragt, ob wir in diesem oder jenem Politikfeld in diese oder jene Richtung gehen wollen (statt nur zu bestimmen, welche Abgeordnete dafür Diäten bekommen, Parteitagsbeschlüsse abzunicken)?

     

    Warum sollten wir also wählen gehen?

  • Vielfach ist es wohl eher Politiker*innenverdrossenheit als Politkverdrossenheit die die Menschen vom Wählen abhält.

    Allerdings ist diese keineswegs besonders verwunderlich, wenn die Wähler*innen derart offensichtlich (wie beispielsweise auch in diesem Interview) für blöd verkauft werden. Da wird eine soziale Abgrenzung zur Union verbalisiert. In der Praxis ermöglicht man dieser aber nicht nur als Koalitions-Juniorpartner erst ihre Politik durchzusetzen, sondern bemüht sich nach Kräften nur nicht als allzu links/sozial-orientiert aufzufallen. Ein Verweis auf die Hartz-Reformen ist dabei gar nicht nötig, wie ein Blick auf aktuelle SPD-Politik zeigt: TTIP, Asylrechts-Reform, Voratsdatenspeicherung, eine Energiepolitik die die Konzerne mit Miliardenzahlungen für den Nicht-Betrieb von Kraftwerken 'entschädigt' oder eine Mietpreisbremse die selbst in SPD-freundlichen Medien als wirkungslose Symbolpolitik kommentiert wird.

    Angesichts solcher Verhältnisse ist die sinkende Wahlbeteiligung wohl am ehesten noch als Hoffnungschimmer zu sehen, dass die zum PR-Spektakel verkommenen Wahlen als Legitimationsgrundlage für eine neoliberale Post-Demokratie nicht mehr ausreichen und eine echte Demokratisierung der Gesellschaft angegangen werden kann.

  • ich stimme Questor zu, dass es gar nicht erstrebenswert ist, wenn jeder wählen geht. Wenn Leute keine Ahnung haben, für was welche Partei überhaupt steht, hat deren Kreuzchen keinerlei Wert, es wäre höchstens interessant, was die kriterien sind, wonach solche Leute wählen. Aber dass es viele gibt, die sich nicht für Politik interessieren und daher besser auch nicht wählen, dieser These stimme ich zu.

  • Erheiternd -

     

    Offensichtlich hat die Dame alles

    richtig falsch gesagt -

     

    Wobei - wobei - im letzten Absatz ja fast

    GazPromGerd-Kritik - öh aufscheint.

    Klar - Gedöns, der Herr Rat.

  • Hi, hi, Merkel'sche Demobilisierung; Jetzt erst recht Mobilisierung! Der Trick ist erst einmal nicht mehr anwendbar.

  • Gerade bei der SPD ist es leider so, dass das S in dem Namen überhaupt nicht mehr verdient ist, und das bei beiden Teilen, sozial und demokratisch.

    Das sie nicht mehr für sozial stehen ist spätestens seit der Agenda 2010 klar. Aber sie haben auch der Demokratie schweren Schaden zugefügt. Jeder soll doch eigentlich die Partei wählen, die seiner Meinung am nächsten kommt. Die CDU erfüllt da ihren Teil besser, als Partei der sogenannten Mitte, auch wenn man das christliche manchmal nicht ganz verstehen kann. Auch die Linke erfüllt mit ihrer Politik die Erwartungen, ob man mit allem Einverstanden sein kann ist eine andere Frage, gleiches gilt für Grüne, FDP und in gewisser Weise selbst für die NPD. Nur da wo die SPD mal stand klafft eine riesige Lücke seitdem die SPD nach rechts hin zur Mitte gerückt ist. Wen sollen die Leute denn wählen die politisch an dieser Stelle stehen? Das kleinere Übel? Das kann doch auch nicht Sinn einer Demokratie sein. Das zu ändern wird aber mit einem Vorsitzenden nicht gelingen, der alleine am Machterhalt interessiert zu sein scheint und alle Entscheidungen mitträgt um ja nicht anzuecken.

  • Die SPD oprientiert sich genau so nach rechts wie viele andere Parteien auch, denen eigeredet worden ist, dass der Erfolg rechts lauere.

     

    Das Geheimnis an dem Geschehen dürfte sein, dass mit dieser Art von Behauptung ehrgeizige und gleichzeitig gewissenlose Parteien auf rechts getrimmt werden können.

     

    Vergleichen wir das doch mal damit, wie erfolglos es in Wahrheit für die SPD war. Diese Partei verlor über ihren Weg nach rechts doch 15 - 20 % ihrer Mitglieder. Und den Weg findet auch Fahimi unter Nennung einiger Wegstationen nach rechts als richtig. Angeblich geht es vielen Menschen mit Hartz IV jetzt sogar besser. Wo bleibt der Satz zur Ehre der Wahrheit, dass es den allermeisten Betroffenen damit jetzt schlechter geht und die SPD stolz ist auf diese Tat?

     

    Der Rest ist doch nur noch nicht ernst gemeinte Sozialromantik für den Wahlkampf.

  • Erschreckend, dass sich jemand traut so offenkundig zu lügen. Die SPD verdankt ihre Machtstellung in der Bundesregierung doch genau diesen Nichtwählern. Als Partei der Besitzstandswahrer, also des öffentlichen Dienstes, würden sonst die Wahlergebnisse völlig anders aussehen und die SPD wäre so stark wie etwa die Grünen derzeit.

     

    Die Dame lügt, wenn sie die asymmetrische Demobilisierung abstreitet, denn auch ihre Partei profitiert von der Politikverdrossenheit. Die SPD erreicht allerdings durch diese Strategie nicht die Kanzlerschaft - aber man hat sich auch so prima eingerichtet.

     

    Wer allerdings diesem System gefährlich werden könnte, wäre ein neuer nationalsozialistischer Heilsbringer mit ein wenig "Ausländer raus" und "Reinheit der Volksgemeinschaft", "Ende mit dem Genderwahnsinn", "Todesstrafe für Kinderschänder" "keine EU-Zinsknechtschaft", etc.

     

    Das Volk würde in Scharen diesen Leuten nachlaufen. Da könnte sich die SPD nicht von Schuld reinwaschen, wie damals 1933.

    • @achterhoeker:

      "Wer allerdings diesem System gefährlich werden könnte (...)"

       

      Das wird nie, nie mehr passieren. Politischer Erfolg hängt von der Unterstützung des Kapitals ab und das Kapital hat heutzutage kein Interesse mehr an Nationalismus und Rassismus. Und wer in Deutschland politisch was werden will muss schon "Genosse der Bosse" sein. Henkel hat sich doch auch schnell aus der AFD verpieselt, als der Wind von Rechts zu stark wehte. Von Joschka Fischer stammt ja auch jenes berühmte Zitat: Egal wer Deutschland regiert, die Politik der Bundesregierung wird sich nicht verändern. Das impliziert auch, dass die Marschrichtung der Politik von ganz anderen Kräften bestimmt wird, als von den Abgeordneten in den Parlamenten. Laut Hans-Peter Raddatz sind Politiker auch nur die dritte Führungsebene. Darüber stehen die großen Industriekapitäne und über diesen an der Spitze all die Soros und Buffets dieser Welt bzw. die Wall Street.

    • @achterhoeker:

      Richtig. Die trübe Suppe die jetzt hochkocht, die hat die "SPD" vollverantwortlich angerührt. Wie Frau Fahimi glaubt da könne von innerhalb insbesondere der Gabriel-SPD noch etwas zum Besseren gewendet werden - das kann nur völlige Verblendung sein.

  • Liebe Frau Fahimi, Sie und die Genossen im Willy-Brandt-Haus sind - bei all der Zeit, die sie für die Analyse der Ursachen hatten - noch nicht auf die Idee gekommen, die Agenda2010, die Sie gemeinsam mit den Grünen gemacht haben, als direkte Ursache für die Wahlenthaltung der Unterschicht auszumachen? Nein? Dann gehen Sie mal getrost davon aus, dass die Sozen auch im Jahr 2021 wieder gegen Merkel verlieren werden. 2017 ist ja ohnehin gelaufen.

  • Die SPD wundert sich über die niedrige Wahlbeteiligung??!

     

    Dabei ist sie die Partei, die mittlerweile am wenigstens auf das achtet, was die Bevölkerung denkt.

     

    Nur 2 Stichworte?

     

    1. TTIP - Dazu Gabriels Meinung zu den Kritikern: "die Deutschen sind reich und hysterisch!"

    2. Griechenland: Die CDU hatte immerhin 60 Abweichler. Bei der SPD wollen wohl alle noch Karriere machen. (Unvergessen, Münti: "Denkt dran, nicht euer Gewissen stellt euch auf sondern die Partei!")

     

    Was soll man da mit den Sonntagsmeinungen der Generalsekretärin?

     

    Am Handeln sollt ihr sie erkennen. Ja, und diese Partei ist wirklich längst erkannt.

  • Ich finde es besser, wenn sich die Bewohnerinnen und Bewohner eines Landes selbst organisieren.

    Basisdemokratisch.

    Das ist allerdings wohl noch mühsamer

  • Leute wie Frau Fahimi tragen ihren Teil bei. Besserwisserei, Arroganz, idiologische Scheuklappen und die Mitgliedschaft in der Berliner Parallelgesellschaft namens Bundestag disqualifizieren die Dame als ernsthafte Diskussionspartnerin. Dass die TAZ es dennoch versucht, ist ok, man muss sich ab und wann einfach vergewissern, wie die Dinge stehen. Und die stehen schlecht. Die Performance der SPD z.B. in Sachen GR und Euro ist der Beweis für die vollkommende Lernresistenz dieser und anderer Parteien.

    • @produster:

      Sie meinen wie Pegida?

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "...mit dem SPD-Bus aufs Nachbarschaftsfest, mit der Gulaschkanone vor den Betrieb..."

     

    Vor-Ort-Propaganda.

     

    Die beste Mobilisierung der Bürger, zu Wahlurnen zu gehen, ist demokratischer Wettbewerb/Streit der Ideen. Seitdem sich unsere Politiker, wie Clinton in den USA und Blair in UK, ihre politische Inspiration in den Ergebnissen der Focus Groups suchen, wird alles zum einheitlichen Brei aus dem die Bedürnisse der 30-40% der Bevölkerung herausgefiltert werden.

    Wenn eine Partei wie die SPD Kapitaleinkünfte niedriger besteuert als Arbeit und dazu keine Eier hat für ausgleichende Besteuerung der Vermögen zu sorgen, dann was soll man erwarten?

    Scharf links abbiegen, personellen Ballast (Schröders Reste) abwerfen, die nächsten zwei BW verlieren un zurückkommen als *S*PD. Die Zeiten sind wohl zu schnelllebig.

     

    taz: "Sind eigentlich arme und abgehängte Menschen eine Zielgruppe für die SPD?"

    Fahimi: "Natürlich, die SPD ist eine Volkspartei."

     

    Ironie + Selbstironie in einem Satz.

  • 2G
    23879 (Profil gelöscht)

    Wie jetzt? Seit wann gibt es diesem Land Demokratie? Hab ich was nicht mitbekommen, oder weiß Frau Fahimi mehr als Andere? Bürgerlicher Parlamentarismus wird nicht zu Demokratie, nur weil man ihn so nennt. Und daß die SPD der Wählerwille einen feuchten Kehrricht interessiert, kann man schon seit ziemlich genau 100 Jahren beobachten. Da braucht sich Frau Fahimi nicht über geringe Wahlbeteiligung wundern. Daß solche Parteien wie die SPD überhaupt noch gewählt werden, liegt vor allem auch an gewissen Eigentumsverhältnissen: https://www.youtube.com/watch?v=uPvGtlYxv5U

  • Dass die SPD frustrierte oder verschreckte Wähler mit Gulaschkanonen vor Betrieben, SPD-Bussen auf Nachbarschaftsfesten oder Ortsvereinstreffen unter Hirschgeweihen zurückgewinnen kann, halte ich für unwahrscheinlich. So blöd sind nicht einmal Harzt-IV-Empfänger, dass sie gleich mehrfach auf den gleichen blöden Trick reinfallen.

     

    Vermutlich weiß das auch Frau Fahimi. Sie will und darf bloß ihre Kollegen Chefs nicht in die Pfanne hauen. Irgendwelche "Gruppen gezielt an[zu]sprechen", ergibt jedenfalls nur einen Sinn, wenn man was verändern will. Für diese Gruppen, meine ich, nicht nur für sich. Das Erreichen aber kostet heute was. Die Verlustängste sind nämlich dank penetranter Spar-Rhetorik stärker geworden in den letzten 25 Jahren. Die Wohlhabenden befürchten heute, dass sie ihre Kinder morgen nicht mehr "auf Privatschule[n] schicken und viele Angelegenheit mit Geld regeln können", wenn sie den Armen etwas abgeben von ihrem Wohlstand. Leider will die SPD(-Führung) in den überbesorgten Egoisten immer noch die "Mitte" Deutschlands sehen, die es zu erobern gilt. An deren Wünschen orientiert sie jedenfalls ihr Angebot. Die Grundbedürfnisse derer, die angewiesen sind auf "einen starken, einen funktionierenden Staat", ignoriert sie hingegen weitgehend.

     

    Nein, die SPD ist keine Volkspartei. Schon deshalb nicht, weil ein immer größerer Teil des Volkes abgehängt wird in diesem Land. Armut aber ist nicht "sexy" für die SPD. Wohlstand ist sexy. Wenn also die Armen der SPD ihr Vertrauen entziehen, schert das die SPD einen Dreck, so lange noch die Wohlhabenden zur Urne laufen. Welche "Unterschiede" es an dieser Stelle gibt zwischen SPD und Union, muss mir Frau Fahimi erst erklären. Wobei. Das wird sie wohl nicht können. Wäre es ihr nämlich wirklich um den "inneren Zusammenhalt der Gesellschaft" oder um die "Solidarität" zu tun, wäre sie heute nicht General. Äh... -sekretärin.

  • Liebe Frau Fahimi,

    wenn die SPD aufhört sich als Betriebsrat der Nation zu verstehen dann klappt´s auch mit den Wahlergebnissen (G. Schröder).

    Gruß

    ein Genosse

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @steven67:

      "„Viele Unternehmen würden besser fahren, wenn sie auf ihre Betriebsräte hören würden und nicht auf Manager, die nur an ihrem eigenen Geld interessiert sind.“

       

      Auch GS.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @steven67:

      Bitte? Sie meinen das doch nicht ernst, oder? Gerhard Schröder war es doch, der aus der SPD eine rechtskonservative Kriegspartei mit neoliberaler Agenda gemacht hatte!

  • Sehr gut erkannt Frau Fahimi. Allerdings hat sie sich in der Zeitform vergriffen. Wenn nur noch 60-70% zum Wählen gehen sind ergo 30-40% schon für die Demokratie verloren oder genauer für diese Demokratie. Im Prinzip ist es dann mit der Legitimität nicht getan. Das eigentliche Problem jedoch ist, dass die "Abgehängten" nicht verstehen, dass Enthaltung Zustimmung zur Regierungspolitik bedeutet. Da sie aber nicht wirklich verstehen, dass die Alternative von SPD nicht CDU ist (was sie korrekt als das Selbe identifiziert haben) und sie deshalb etwas anderes wählen müssen. Also z.B. Links oder Grün oder Piraten oder Yogiflieger. Leider wurde den Menschen erklärt, dass das alles Spinner sind und nicht gewählt werden dürfen. Damit sind wir auch beim zweiten Problem unserer Demokratie: Die Medien sind nicht in der Lage ausführlich und tiefergehend zu informieren und sind meist tendenziös oder uninformiert. Das BildBlog deckt dies immer wieder auf und nicht nur für die Bild. Es ist mittlerweile sogaer schon so weit, dass die ARD nicht mehr in der Lage ist Behauptungen zu überprüfen. Dazu kommt, dass die Wichtigkeit der Themen anhand der Erregung definiert wird und nicht auf Basis des Einflusses auf das Leben im Lande und der Welt.

  • Demokratie ist eben nicht Realität, nur weil es oben drauf steht.

    Vielmehr bereiten Kartelle Gesetze vor, die gewählten parlamentarischen Handlanger setzen diese zumeist eins zu eins um. Falls einmal nicht - werden sie natürlich von den Kartellen überarbeitet.

    Was sollen da noch Wahlen? Das ist kaum mehr als eine Phrase.

    Leider...

    Hurra Deutschland!

  • Da sind wir wieder bei dem Problem das alles was nichts kostet auch als wertlos empfunden wird.

     

    Ich habe zur letzten Bundestagswahl einen spannenden Beitrag gesehen in dem Erstwähler die Gelegenheit hatten Spitzenpolitikern Fragen zu stellen. Ich glaube es war Gabriel der auf die Frage wie er denn Erstwähler zur Wahl überzeugen will antwortete dass das nicht seine Aufgabe sei. Das Wahlrecht ist hart und blutig erkämpft worden und wer darin nur eine lästige Pflicht als ein zu verteidigendes Grundrecht sieht hat etwas sehr grundlegendes nicht begriffen.

     

    Ein Legitimationsproblem sehe ich nicht, das aktive und passive Wahlrecht stehen (fast) jedem Bürger offen, wenn es nicht genutzt wird ändert es nichts daran dass eine Partizipation jederzeit möglich ist.

    Provokant muss man vielleicht auch die Frage stellen ob es die Qualität der Wahlergebnisse nicht auch verbessern kann wenn überwiegend nur noch diejenigen wählen gehen die sich für die Politik auch interessieren. Manchmal habe ich auch den Verdacht dass Politiker das sehr wohl begriffen haben und nur deshalb über die niedrige Wahlbeteiligung jammern damit potentielle Protestwähler zufrieden auf der Couch sitzen bleiben anstatt wählen zu gehen. Man hat es "denen da oben" ja so auch schon kräftig gegeben

     

    Ich für meinen Teil habe einige Bekannte bei denen ich sehr glücklich bin dass sie nicht wählen gehen - und das liegt weniger in der politischen Ausrichtung als im phantasievollen Weltbild begründet

     

    PS: Das höchste Durchschnittseinkommen findet man übrigens bei Wählern der Grünen ;-)

    • @Questor:

      1. Kostet nichts? Wahlkampf kostet, Wahldurchführung, Wahlberichterstattung ("Beitragsservice") kostet, abgesehen davon allgemeine "Partizipationsgebühren": Lohnsteuer, Mehrwertsteuer, kostet, kostet, kostet.

      Was ist hier Gratis, und wenn man den Leuten einen Schein fürs Wählen abknöpfen könnte, dann würden mehr hingehen, es mehr schätzen? Das Problem ist, dass wenn Menschen ein paar mal sinnlose Handlungen vollziehen, sie es in der Regel lassen, anders versuchen.

      2. Ja, das muss Gabriel gewesen sein, wie immer schnöddrig und von oben herab. Der verhinderte Schulmeister eben, mit seiner Walzendidaktik.

      3,4,5 Sie gehören sicher dieser wohlhabenden Schicht Grüner an, die mit dem integren Weltbild und der exklusiven Wahlbefähigung, nicht?! Und, was haben Sie denn für Bekannte, die ihr phantasievolles Weltbild von ihrer politischen Ausrichtung abspalten können, das sollte Ihnen zu denken geben- nicht nur das!

      • @Parateckxs:

        1. Kostenlos insofern dass keine direkten Kosten für den Teilnehmer entstehen. So wie in "Kostenlose Kita", "Kostenfreies Studium" und diverser anderer Begriffe die sich wohl jetzt als Lügen entpuppt haben :-)

        2. Mir sagt die Art von Herrn Gabriel auch nicht immer zu, aber er hat leider recht. Genauso könnten sich die Erstwähler hinstellen und ihn auffordern den Erwachsenen das Zähneputzen schmackhaft zu machen. Es geht nicht darum den Politikern einen Gefallen zu tun, sondern um Verantwortung und Eigeninteresse.

        3,4,5: Wie wohl so ziemlich jeder der sich für Politik interessiert habe ich Präferenzen und bin nicht unbedingt enttäuscht wenn potentielle Wähler die eine grundverschiedene Meinung vertreten lieber auf der Couch bleiben anstatt wählen zu gehen - das erhöht die Aussichten die Politik (aus meiner subjektiven Perspektive heraus) besser zu gestalten. Das ist irgendwie normal.

         

        Und zu meinen Bekannten: Das sind glücklicherweise wirklich nur Bekannte. Und bei denen bin ich mir absolut nicht sicher was sie wählen, ich bin mir jedoch absolut sicher dass jemand der die Welt durch eine Brille aus Verschwörungstheorien betrachtet und sie sich so zurechtdreht dass alle Vorurteile erfüllt sind höchstwahrscheinlich keinen konstruktiven Beitrag zur politischen Meinungsfindung leisten wird.

         

        Nur weil ich es uneingeschränkt befürworte dass jedem das Wahlrecht offensteht heißt das nicht dass ich es auch persönlich begrüße wenn bestimmte Personen es nutzen. Wie sieht es bei Ihnen aus, wenn jemand am überlegen ist ob er NPD oder gar nicht wählt, würden Sie sich freuen wenn er zur Wahl geht, oder würden Sie sich auf die Position der von Ihnen so schön beschriebenen Position des "Integren Weltbilds und der exklusiven Wahlbefähigung" zurückziehen?

    • @Questor:

      "Provokant muss man vielleicht auch die Frage stellen ob es die Qualität der Wahlergebnisse nicht auch verbessern kann wenn überwiegend nur noch diejenigen wählen gehen die sich für die Politik auch interessieren. "

      Das ist doch exakt das was hier geschildert und kritisiert wird.