Russlands Aggression gegen die Ukraine: Ganz nach Putins Plan
Militärisch dürfte Russland einen Krieg mit der Ukraine gewinnen. Doch Putin beschränkt sich aufs Drohen: Der Blutzoll wäre wohl selbst ihm zu hoch.
S eit Wochen fährt der Kreml Kriegsgerät und Soldaten an der Grenze zur Ukraine auf. Mehr als 80.000 Mann sollen sich auf russischer Seite in Stellung gebracht haben. Es sind bedrohliche Truppenverlegungen, die allerdings nicht auf unbegrenzte Zeit vorgenommen werden können. Irgendwann muss das Provisorium einer anderen Lösung weichen.
Die Bedrohung der Ukraine ist real, seit der Annexion der Krim, der Besetzung des Donbass und der Ausgabe russischer Pässe an die Bewohner der besetzten Gebiete. Auch der Lärm in Russland beunruhigt, wo der Chef des ukrainischen Konsulats in Sankt Petersburg am Freitag wegen angeblicher Spionage festgenommen wurde. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß. Russlands Militaristen halten es für besonders propagandawirksam, einen Gegner der Spionage zu verdächtigen.
Die Logik kann nur die eines Geheimdienstes sein, der die Staatsgeschäfte führt. Moskau setzt auf Drohgebärden. Auch wenn sie zunächst nur der Abschreckung dienen, so könnte jeder unkontrollierte Funke doch einen Großbrand auslösen. Zweifellos: Moskau dürfte als Sieger aus einem kriegerischen Konflikt hervorgehen. Doch zu welchem Preis? Schon nach der Krimbesetzung hatte der Kreml die Ukraine verloren. Putin wird sie zu Lebzeiten nicht mehr „heimholen“ können, welche Manöver er auch unternimmt. Der Blutzoll wäre selbst ihm zu hoch.
Putins Trumpf ist die Unentschlossenheit des Westens. Der ist ukrainemüde. Moskaus Autoritarismus ist da schon geordneter. Nach wie vor beherrscht auch die Erinnerung an den 2. Weltkrieg die russische Opferdominanz. Der Blutzoll der „bloodlands“, der Ukraine und Belarus, hat es auch in der Historie neben Russland schwer, anerkannt zu werden.
Zunächst wird Putin den Druck nicht verringern. Der Kreml kann nicht verkraften, dass Kiew sich nicht an die Minsker Vereinbarungen halten und erneut zum Satellitenstaat werden möchte. Russlands politische Elite hält die Ukrainer für „Kleinrussen“, die zu den Großrussen einfach dazu gehören.
Wie wenig die Ukraine bislang im Umfeld der EU angekommen ist, belegt der Umgang der deutschen Kommissionspräsidentin mit Kiew. Ursula von der Leyen lehnte die Einladung zum ukrainischen Unabhängigkeitstag von der Sowjetunion im August ab: Terminprobleme – selbst im Urlaubsmonat?
Der Kremlchef dürfte sich auf die Schenkel klopfen. Alles läuft wie geplant, selbst Nord Stream 2 bauen die Berliner weiter. Noch gibt es für Putin keinen Grund, moderater aufzutreten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Nichtwähler*innen
Ohne Stimme