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Regierungskrise in ÖsterreichKeine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ

Der Rücktritt von Kanzler Nehammer stürzt Österreich in eine Regierungskrise. FPÖ-Chef Kickl könnte als Gewinner aus dem Chaos hervorgehen.

Tritt nach dem Scheiter der Verhandlungen als Kanzler und ÖVP-Chef zurück: Karl Nehammer Foto: Leonhard Foeger/Reuters

Wien taz | Turbulente Tage in Österreich: Als am Freitag bekannt wurde, dass die liberalen Neos die Koalitionsgespräche verlassen, wollten die konservative ÖVP und die sozialdemokratische SPÖ erst noch weiterverhandeln. Immerhin hätten sie auch ohne Juniorpartner eine hauchdünne parlamentarische Mehrheit.

Nach stundenlangen Verhandlungen platzte Samstagabend dann aber die Bombe: Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer kündigte den Ausstieg seiner Partei sowie seinen Rücktritt an. „In wesentlichen Punkten ist mit der SPÖ keine Einigung möglich“, erklärte Nehammer in einem Video auf X. „Ich werde mich als Bundeskanzler und auch als Parteiobmann der Volkspartei zurückziehen und einen geordneten Übergang ermöglichen.“

Unmittelbar zuvor machte schon die SPÖ das Scheitern bekannt. „Die Sozialdemokratie hat nach dem gestrigen Ausstieg der Neos die Verhandlungen mit der ÖVP heute fortgesetzt. Diese Verhandlungen wurden von der ÖVP nun beendet“, sagte SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler. Seitdem schieben sich beide Seiten gegenseitig die Schuld zu. Die jeweils andere Partei habe sich zu wenig kompromissbereit gezeigt.

Zwar bedankte sich Babler ausdrücklich bei Nehammer, der sich durchaus um Kompromisse bemüht habe. „Am Ende hat sich in der ÖVP aber jener Flügel durchgesetzt, der von Anfang an mit der FPÖ geliebäugelt hat“, sagte Babler. Nehammer ließ die Hintergründe unausgesprochen und stellte sich keinen Fragen. Klar ist: Mit seinem Rücktritt, der schon in den kommenden Tagen erfolgen soll, hinterlässt Nehammer einen Scherbenhaufen, nicht nur in seiner Partei.

Kommt jetzt doch die FPÖ in die Regierung?

Das wahrscheinlichste Szenario ist nun tatsächlich eine Zusammenarbeit zwischen der konservativen ÖVP mit der rechtsradikalen FPÖ. Eine solche gab es zuletzt von 2017 bis 2019 unter Kanzler Sebastian Kurz, bevor sie krachend infolge des Ibiza-Skandals gescheitert ist. Bei der Parlamentswahl letzten September haben sich die Freiheitlichen von ebendiesem erholt und erreichten mit knapp 29 Prozent Platz eins. Dass mit der FPÖ eine dezidiert antieuropäische, russlandfreundliche und illiberale Partei an die Macht käme, wird bisher noch kaum diskutiert.

Inhaltlich trennt ÖVP und FPÖ in vielen Politikfeldern nicht viel. Nun ist auch Nehammer weg, der eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl ausgeschlossen hatte. Hinter den Kulissen machen einige Schwergewichte der ÖVP schon lange Druck. Auch jetzt forderte der Tiroler Landeshauptmann, Anton Mattle von der ÖVP, „rasche Handlungsfähigkeit der Bundespolitik“. Das lässt sich kaum anders denn als Aufforderung zu einer FPÖ-Koalition lesen.

Wie es nun weitergeht, liegt nun unter anderem am Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Er hatte im Herbst die FPÖ übergangen und entgegen der Usancen keinen Regierungsauftrag an sie als erstplatzierte Partei vergeben. Begründet hat er dieses Vorgehen jedoch schlüssig, nämlich damit, dass weder SPÖ noch ÖVP zu einer Koalition mit Kickl bereit waren.

Gerüchte über Kurz als Nachfolger verbreiteten sich schnell

Fraglich ist, ob Van der Bellen in der jetzigen Lage nicht doch einen Regierungsbildungsauftrag an Kickl vergibt. Prinzipiell bräuchte Kickl den aber gar nicht: Gemäß Bundesverfassung müssten sich FPÖ und ÖVP schlicht zusammenfinden und mit einer gemeinsamen Mehrheit zum Bundespräsidenten gehen. Dem bliebe realpolitisch aktuell nicht viel anderes übrig, als Kickl zum Kanzler zu machen. Denkbar wäre, neben Neuwahlen, bloß noch die Lösung einer Expertenregierung. Eine solche gilt aber als unwahrscheinlich.

Rasch hatten sich am Samstag auch Gerüchte einer neuerlichen Übernahme der ÖVP durch deren einstige Lichtgestalt Sebastian Kurz verbreitet. In einem solchen Szenario hätte Kurz wohl auf Neuwahlen gedrängt, in der Hoffnung neuerlicher Höhenflüge. Die Gerüchte waren aber so schnell wieder vom Tisch, wie sie aufgekommen waren. Dass ausgerechnet er manchen als Wunsch-Nachfolge Nehammers galt, sagt einiges über die Verfasstheit der ÖVP. Kurz war es, der mit zahlreichen Skandalen, autoritären Anwandlungen und wenig Achtung vor demokratischen Institutionen einen Scherbenhaufen hinterlassen hat.

Der Sonntag wird möglicherweise ein entscheidender Tag: Ab 10 Uhr tagen die ÖVP-Gremien. Am Nachmittag steht ein Gespräch Nehammers mit dem Bundespräsidenten an. Der wiederum dürfte sich im Lauf des Tages auch an die Öffentlichkeit wenden, wie es denn nun weitergehen soll. Ein Wort mitzureden wird dabei auch die FPÖ haben. Gut möglich, dass sie angesichts der aktuellen Turbulenzen auf Neuwahlen drängt. Dann dürfte sie noch mehr Stimmen einfahren: Aktuelle Umfragen bescheinigen ihr 35 Prozent und mehr.

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43 Kommentare

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  • Dass sich ÖVP und SPÖ bereits nach einem Tag der Verhandlungen trennten, ist erklärungsbedürftig.

    "Zogen" die Neos in dieselbe Richtung wie die ÖVP, und als diese ausgestiegen waren, wollte die SPÖ noch mehr durchsetzen, so dass der ÖVP nicht mehr wollte? Waren die Neos v.a. wegen der SPÖ ausgestiegen? Wenn die Neos kompromissbereiter gewesen wäre, wäre dann die ÖVP bald aus der Dreier-Verhandlungen ausgestiegen? Gibt es in den Parteien zu viele unsichere Mitstreiter für eine knappe Mehrheit?

    • @meerwind7:

      "Dass sich ÖVP und SPÖ bereits nach einem Tag der Verhandlungen trennten, ist erklärungsbedürftig."

      Fragen Sie sich zunächst, warum die Neos überhaupt an den Tisch gekommen, bzw. so lange dageblieben sind, obwohl ÖVP und SPÖ eigentlich zu zweit schon eine eigene - wenn auch knappe - Mehrheit gehabt hätten! Könnten sich ÖVP und SPÖ nämlich auch nur ansatzweise vertrauen, wäre das ein absehbarer Harakiri der Neos gewesen, weil sie dann in einer etwaigen Koalition mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von den beiden Großen untergepflügt worden wären: Wer braucht schon eine aufmüpfige dritte Mehrheitsbeschafferin, wenn man zu weit durchregieren kann?

      Die Antwort: Sowas braucht, wer der Nummer zwei im Bunde nicht in die Augen schauen kann - und DAS war der Fall: ÖVP und SPÖ waren inhaltlich so weit auseunander wie schon lange nicht mehr, und in beiden Parteien gab es auch auf der Personenebene viel zu große Fluchttendenzen, um sich irgendwelche Chancen auszurechnen, dass die Ein-Stimmen-Mehrheit wirklich hätte tragen können. Nach meinen Kenntnissen galt das in BEIDE Richtungen. Die SPÖ ist nur nicht selbst sofort ausgestiegen, weil die ÖVP ihre einzige Machtperspektive war.

  • Entweder ist die FPÖ eine Partei, die es nicht gut mit der Demokratie in Österreich meint oder ihre Regierungsbeteiligung ist ein ganz normaler, demokratischer Vorgang.



    Im ersteren Fall hätte ich mehr Verantwortungsbewusstsein der anderen Parteien erwartet, um eine Machtbeteiligung der FPÖ zu verhindern - was parlamentarisch ja übrigens kein Problem ist -. Insbesondere von Neos und ÖVP.



    Es scheint, als ob den österreichischen Konservativen und Liberalen immer noch nicht klar ist, welches Stündlein eigentlich geschlagen hat - hierzulande übrigens auch nicht

    • @Abdurchdiemitte:

      War ja klar, dass die SPÖ in Ihren Augen völlig unschuldig ist... ;-)

      Man darf nicht die deutschen Verhältnisse auf Österreich übertragen. Die FPÖ ist kein so durchgängiges enfant terrible (mehr) wie die AfD, die ÖVP hat nie eine Merkel erlebt, und Andreas Babler ist auch kein Moderator wie Olaf Scholz, sondern wohl eher ein weniger talentierter Lafontaine. Von daher muss man im dortigen Parteienspektrum auch Rücksicht auf andere Kohärenzen nehmen.

      Konkret: Sicher ist Kickl ein gefährlicher autokratischer Rechtspopulist und Demagoge, aber seine Partei gehört längst zu den etablierten Kräften im Land, so weh das aus gemäßigter Sicht auch einzugestehen tut. Es gibt keine Brandmauer, und die ÖVP setzt bereits seit geraumer Zeit weit mehr darauf, als das hierzulande die Union mit der AfD tut, die FPÖ sie sich selbst entzaubern zu lassen (hat ja in der Vergangenheit auf Bundesebene auch schon geklappt) oder in der Regierungsarbeit zu "assimilieren".

      Davon abgesehen glaube ich Meinl-Reisinger unbesehen, wenn sie meint, den bräsigen Etablierten sei es in den Verhandlungen eigentlich immer nur um Postenverteilung gegangen. So und nicht anders erlebe ich Österreich aus der Nähe.

    • @Abdurchdiemitte:

      Och ich denke sie wissen es. Immerhin war die FPÖ in der Vergangenheit bereits an Regierungen beteiligt und regulär wieder abgewählt.

      Weiters gilt in Ö eigentlich seit jeher: die stärkste Partei wird mit der Regierungsbildung beauftragt, "Verliererkoalitionen" gegen den Wahlsieger sind nicht vorgesehen. Dies wäre auch zurecht ein Verballhornung des "Wählerwillens".

      • @Tom Tailor:

        Als Verballhornung wird eigentlich der Vorgang der absichtlichen oder unbewussten Umbildung normaler Wörter oder Wendungen bezeichnet, so zum Beispiel, wenn in Teilen der Schweiz aus dem französischen 'Nom de Dieu!' "Nundedie!" geworden ist. Wenn wir schon bei Wikipedia sind: "Dabei spielt oftmals der Sprachhorizont des 'verballhornenden' Individuums eine Rolle."



        Wenn Sie als Österreicher ("Weiters"...) in dem Wort "Verliererkoalition" partout eine Verballhornung des Wortes "Wählerwillen" sehen wollen - fraglich bleibt nur, ob die rund 70% ihrer Landsleute, die nicht rechtsradikal gewählt haben, mit der nun möglichen "Siegerkoalition" d'accord sind.



        Abgesehen davon, müssten sie als Österreicher doch



        wissen, dass Herrn Van der Bellens 'Regierungsauftrag'



        so oder so keine rechtlich bindende Wirkung hat.

      • @Tom Tailor:

        In Deutschland hatten SPD und FDP schon unter Willi Brandt und Helmut Schmidt gegen die stärkere CDU/CSU koaliert.

        Es gibt die ungeschriebene Regel, dass innerhalb einer Koalition die stärkere Partei den Regierungschef stellt.



        Mit 29% hat man nicht deshalb schon einen Regierungsauftrag, weil sich die übrigen 71% der Stimmen auf mehr als zwei andere Parteien verteilen.

        • @meerwind7:

          Sagen wir mal so: wenn die stärkste Partei keinen "Regierungsauftrag" hat bzw. zur Regierungsbildung verpflichtet wird, wer denn dann?

          Natürlich lassen sich jedwede andere Koalitionen bilden. Nur sollten dann die Politiker so ehrlich sein und nicht von einem imaginären "Wählerwillen" sprechen, sondern dafür einstehen dass es am Ende nur auf Verhandlungen zwischen den Parteien ankommt, wer regiert. Und das Wählerstimmen de fakto dabei keine Rolle spielen, solange keine absoluten Mehrheiten entstehen.

          • @Tom Tailor:

            Van der Bellen hat es schon richtig erklärt: Den Regierungsauftrag hat in Österreich, wer ihn vom Präsidenten erhält. Und der hat zu beauftragen, wen er am ehesten für fähig hält, auf Basis der bestehenden Stimmverhältnisse (=Gewichtung der verschiedenen Wähleraufträge) stabil zu regieren.

            Dass vdB Kickl zunächst überging, begründete er damit, dass er nach den seinerzeitigen Aussagen der übrigen Parteien keine Aussicht für eine Regierungsfähigkeit der FPÖ unter Kickl sah, wohl aber eine für Nehammer, wenn der eine Koalition hinbrächte. "Schwierig, aber denkbar" schlägt "kategorisch ausgeschlossen". Und jetzt hat sich halt die Lage geändert, weil diese beiden Einschätzungen sich vertauscht haben: Jetzt ist eine neue Regierung Nehammer auszuschließen und eine Regierung Kickl denkbar geworden.

            Formal ist das alles richtig begründet. Einziger Haken ist, dass bei realistischer Betrachtung der Absichtserklärungen der Parteien die Wahrscheinlichkeit, dass die ÖVP umfällt und Kickl akzeptiert, nie soo viel geringer war, als dass ÖVP, SPÖ und Neos sich tatsächlich einigen könnten. Und taktisch klüger wäre wohl gewesen, zuerst Kickl auf den Schleudersitz zu setzen.

      • @Tom Tailor:

        Dass in Österreich ein Regierungsbildung ohne FPÖ gescheitert ist, liegt ja nun nicht daran, dass diese gemäß der Mehrheitsverhältnisse im Parlament faktisch nicht möglich ist, sondern an den Entscheidungen von ÖVP und Neos - DAS ist es, was ich kritisiere.



        Ich halte es immer noch für eines der wesentlichen Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie, dass die politische Willensbildung aus dem Parlament heraus erfolgt und nicht von der Partei bestimmt wird, die jeweils als Siegerin aus Wahlen hervorgegangen ist. Außer im (seltenen) Falle absoluter Mehrheiten entspricht es nämlich nicht unbedingt zwangsläufig dem Wählerwillen, wenn die stärkste Fraktion in die Regierungsbildung einbezogen wird. Überlegen Sie einmal, was das für Thüringen bedeutet hätte.



        Das Argument mit dem „Wählerwillen“ scheint mir sogar ein explizit rechtes zu sein, das immer dann angeführt wird, wenn es fürs politische Kalkül gerade passend ist. Das können wir hierzulande auch bei der AfD gut beobachten.



        Nicht umsonst treten gerade rechte Parteien heutzutage für „direkte“ Demokratie ein - ich bin und bleibe da skeptisch und weiß schon, warum ich ein entschiedener Anhänger des Parlamentarismus bin.

      • @Tom Tailor:

        Klingt alles böse nach baldigen ungarischen, politischen Verhältnissen in Österreich.

  • "FPÖ eine dezidiert antieuropäische, russlandfreundliche und illiberale Partei"

    Die FPÖ ist nicht "illiberal", sie ist toxisch-liberal im Sinne von Amlinger/Nachtweys "Gekränkte Freiheit".

    Solange nicht allgemein erkannt wird, dass

    a) Faschismus ein Kind des Liberalismus ist - die hyperbole, größenwahnsinnige, gewaltsam exkludierende Variante,



    b) Liberalismus der Steigbügelhalter des Faschismus ist - ob in Deutschland 1933 oder Chile 1974 oder Russland 2000 -, und



    c) freizügig nicht dasselbe ist wie liberal, und oft genug sogar die Antithese,

    braucht man gar nicht versuchen, die neofaschistische Gefahr zu stoppen.

    Denn jeder solche Versuch wird von den falschgoldlackierten Demokratieverächtern der extremistischen "Mitte" sabotiert werden, deren "Liberalismus" nichts weiter ist als das Willkürregime des Reicheren und Stärkeren, und daher im Faschismus seine perfekte Fortführung und Vollendung findet.

    • @Ajuga:

      Noch eine Ergänzung/Einspruch zu der These, der Liberalismus sei ein Steigbügelhalter des Faschismus - bzw. weiter zugespitzt - der Faschismus ein Kind des Liberalismus. Ohne den politischen Liberalismus groß verteidigen zu wollen, kann ich dieser Aussage in seiner Rigorosität nicht zustimmen, sondern würde sie ausschließlich auf die kapitalistische Ökonomie beziehen, die bekanntlich (auch ohne faschistisch zu sein) äußerst illiberal/autoritär auftreten kann (s. China).



      Wenn man sich als Linker ehrlich macht und auf die historische Situation von 1933 schaut, können auch sämtliche politischen Kräfte der Weimarer Zeit in ihrem Versagen gegenüber dem NS als „Steigbügelhaltel“ betrachtet werden - faktisch haben sich die verfeindeten Parteien den Vorwurf immer wechselseitig zugeschanzt, wie man an den gegenseitigen Schuldzuweisungen von Kommunisten und Sozialdemokraten erkennen kann (z.B. die gegen die SPD geeichtete Sozialfaschismus-These).



      Die restaurative Totalitarismus-Theorie der 50er Jahre behauptete sogar eine „Wesensbekanntschaft“ von Kommunismus und Faschismus.



      Angesichts des heutigen Aufstiegs des Faschismus eigentlich eine sehr aktuelle und spannende Debatte.

    • @Ajuga:

      Danke für den Kommentar. Wobei noch hinzuzufügen ist, dass - wie Paul Mason (in „Faschismus. Und wie man ihn stoppt“) richtigerweise feststellt - der Faschismus das Schwert ist, welches sich der Kapitalismus selbst über sein Haupt setzt, um sein Überleben zu sichern. Ein Paradoxon.



      Nichts anderes kann der aufmerksame Zeitgenosse heutzutage beobachten..

  • Die absehbare Koalition zwischen FPÖ und ÖVP unter einem Rechtskanzler Kickl wird ebenso scheitern wie die vorherige unter Kurz. Das Haushaltsdefizit werden die Rechten genausowenig in den Griff bekommen wie die Altparteien.Mit EU- und Ausländerfeindlichkeit ist auf Dauer kein Staat zu machen., die FPÖ-gläubigen Österreicher werden das früher oder später zu spüren bekommen. Ich dachte immer einmal neidappt langt…

    • @Fred Feuerstein:

      Was meinen sie mit Altparteien? Die FPÖ gibt es schon seit Ende des WK2 und war ein Auffangbecken von Nazis. Von daher ist sie genauso eine Altpartei wie die anderen.

      Des weiteren ist auch die AfD eine Altpartei, da ja etliche CDU,FDP Kader in ihr sitzen.

      • @christoph ganter:

        Mit Altparteien meine ich die ÖVP und die SPÖ, die in den letzen Jahrzehnten Österreich nahezu konkurrenzlos regiert haben und die jetzige Konstellation mit Aufstieg der Rechten durch ihre Klientelpolitik verursacht haben. Die FPÖ war relativ kurz in Regierungsverantwortung (Haider, Strache),, beide Male im Desaster geendet. Es ist ein historischer Fehler von ÖVP und SPÖ zusammen mit den NEOS sich nicht unter Hintanstellung ihrer egoistischen Interessen geeinigt zu haben.Im übrigen ein Lehrbeispiel für die kommenden BT-Wahlen bei uns.

  • Wenn schon die ÖVP und SPÖ sich nicht einigen können, dann läuft es auf eine Neuwahl hinaus. Das die FPÖ eine Koalition hinbekommt möcht ich bezweifeln. Wenn es aber nach einer Neuwahl fast die gleichen Prozentanteile der Parteien gibt dann gute Nacht.

    • @Der Cleo Patra:

      Aber bis jetzt hat es noch eine parlamentarische Mehrheit ohne die FPÖ gegeben, die von Neos und ÖVP ohne Not verspielt wurde (Bundeskanzler Nehammer ist dabei wohl noch der geringste Vorwurf zu machen).



      Sollte es zu Neuwahlen kommen, ist damit zu rechnen, dass sich die Machtverhältnisse weiter zugunsten der Rechtsextremisten verschieben. Ist es das, was Konservative und Liberale erreichen wollen?



      Diese Frage stellt sich übrigens auch für Deutschland.

    • @Der Cleo Patra:

      Die Ösis müssten einfach nur die Steuerfahndung auf die FPÖ ansetzen, dann hat sich der Spuk erledigt.

      Werden sie aber nicht, solange die ÖVP was zu sagen hat. Die ist zwar nicht Putins verlängerter Arm, aber hat in Sachen Finanzkorruption nicht weniger Dreck am Stecken.

      Und die SPÖ steht auch nicht sehr weit dahinter.

  • Kurz wäre Kamikaze gewesen. Aber eine Koalition von Aufgeputzt-Konservativ und Aggressiv-Reaktionär könnte jetzt stattfinden - Nehammer hatte das nur für seine Person ausgeschlossen.



    Geheimdienste und Polizeien werden jetzt schon überlegen, was sie Österreich noch weitergeben.

    • @Janix:

      Oder von dort bekommen....

      • @Perkele:

        Marsalek lässt grüßen.

  • Die Rechten sind auch nicht mehr das was sie mal waren. Früher waren sie zumindest noch patriotisch und keine Landesverräter.

    • @PeterArt:

      Stimmt ja nicht. Landesverräter waren sie schon immer, indem sie das „Volk“ verführt, belogen und betrogen haben und das Land am Ende in Schutt und Trümmern lag. Und indem sie unendliches Leid über andere gebracht haben. Was bitteschön soll daran denn patriotisch sein?

    • @PeterArt:

      Das ist eine Eulogie. Einen größeren Landesverrat als den von den deutschen bürgerlichen Rechten 1933 begangenen gab es in der Geschichte nicht.

      • @Ajuga:

        War der kleine Mann mit dem Schnauz nicht aus Österreich ?

  • Und wie schon in Frankreich erfolgt auch in Österreich sehr zeitnah das wehe Erwachen über den voreiligen Jubel durch eine Zweckehe dem rechtslastigen Wählervotum ein Schnäppchen geschlagen zu haben.



    Eine Regierungskrise kann ich aber gerade deshalb hier beim besten Willen nicht erkennen, vielmehr bekommt Österreich nun (sehr wahrscheinlich) im zweiten Anlauf das, was es Ende September präferiert gewählt hat: 28,8% FPÖ und 26,3% ÖVP. Eine sehr komfortable Mehrheit.



    Schau mer mal wie es Ihnen bekommt und gefällt🤷‍♂️

  • Ich hoffe, van der Bellen hat keinen Sohn namens Oskar...

  • Man bekommt, was man gewählt hat.



    Ich hoffe nur, dass unsere Parteien endlich verstehen dass es 5 vor 12 Uhr ist, und nicht einfach nur zuschauen, wie immer mehr Wähler zu den "Russland"-Parteien abwandern. Ich fürchte jedoch, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch wir österreichische Verhältnisse haben.

    • @Hans Dampf:

      Söder und Lindner haben den Ernst der Lage sicher nicht verstanden.

      • @drusus:

        Habeck und Scholz aber ganz sicher auch nicht.

    • @Hans Dampf:

      Ich stimme Ihnen zu. Und 'die Frage der Zeit' ist wahrscheinlich schon in 7 Wochen erreicht. Allein der Gedanke daran, dass dann wahrscheinlich in beiden Ländern die von ihnen beschriebenen Parteien ans Ruder kommen, ist nur gruselig.

    • @Hans Dampf:

      Dem kann ich nur beipflichten. Es ist erschütternd zu sehen, was man in Europa bereit ist, aufzugeben. Warum will man wieder zurück zu Diktatur, Faschismus, Unfreiheit, Extrem-Kapitalismus? Was ist in den letzten Jahren passiert, dass die Menschen in Europa, denen es eigentlich gut geht, alles über Bord werfen, was sie in den letzten Jahren glücklich gemacht hat? Was erwarten die Geringverdiener, wenn sie plötzlich die deutsche FPÖ - AfD wählen, dass es Ihnen besser geht? Das bleibt mir ein Rätsel. Was man sagen kann, dass die "Altparteien" die Propaganda in den sozialen Medien massiv unterschätzt haben. Und das haben die Faschisten in den letzten Jahren Stück für Stück aufgebaut und für Ihre Zwecke missbraucht. Ich sehe das immer bei Instagram, wenn ich mal wieder meine Wutmeinung an die Schlüpfe richte, dass mir danach der Algorithmus ein AfD Post nach dem anderen anzeigt. Und wenn man erstmal in der Blase festhängt, gibt es keine anderen Posts zu sehen. Da sollten die Parteien etwas unternehmen, diese Lügen Propaganda von Musk, Putin und den Nazis ist echt schlimm.

      • @Merke:

        Es sind die Geringverdiener und ihre Kinder, die die eigentliche Integrationsarbeit leisten (ungewollt müssen):

        Denn sie wohnen in den Häusern Tür an Tür, mit den Migranten, mit denen bürgerliche im Alltag absolut nichts zu tun haben.

        Es sind die Kinder der Geringverdiener, denen die Aufgabe auferlegt wird Migrantenkinder in den Schulen zu integrieren.

        Die bürgerlichen Befürworter der Migrationspolitik haben immer (in ihren Augen) gute Gründe ihre eigene Kinder auf Privatschulen unterzubringen.

        Das ist heuchlerisch.

        Es sind die Geringverdiener, die bei der Vergabe von kommunalen günstigen Wohnungen, gegenüber Flüchtlingen im Nachteil sind.

        Den für jene gilt eine Unterbringungpflicht.

        Beispielsweise dauert es in Meine Heimatstadt mindestens sechs Jahre, um an eine Sozialwohnung zu kommen.

        Selbstverständlich wird es zu Unmut, wenn Bürger sehen das migrantische Familien schneller eine Wohnung bekommen.

        Meiner Meinung nach gilt:

        Je weniger Berührungspunkte im alltäglichen Erleben mit der aktuellen Migrationspolitik, desto positiver ist die Haltung dazu.

      • @Merke:

        Ich kenne das Wahlverhalten meiner Mitmenschen nicht, weiß aber, dass der relative Wohlstand bei vielen heute geringer ist als noch vor 40 Jahren. Bei mir persönlich ist das nicht so, gleichwohl muss ich deutlich mehr finanzielle Mittel aufwenden um meinen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Ich habe nur das Glück in der Vergangenheit gute finanzielle Entscheidungen getroffen zu haben, die vieles auffangen. Die Lohn- und Gehaltsentwicklung hat nicht im selben Umfang mitgezogen, das konnten wir nur durch deutliche Mehrarbeit kompensieren.

      • @Merke:

        "Warum will man wieder zurück zu Diktatur, Faschismus, Unfreiheit, Extrem-Kapitalismus?"

        Weil aus der Sicht dieser Leute immer irgendwer anders den Preis dafür zahlt.

        Irgendetwas ist in Menschen - man kann es "angeborene Güte und Milde" nennen, aber das geht vielleicht zu weit -, das sich beharrlich und gegen jedwede Evidenz weigert, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass man für politische Fehlentscheidungen am Ende selber genauso "bezahlen" muss wie die Leute, die man "bezahlen" lassen wollte.

        en.wikipedia.org/w...territory_relation

        Die allermeisten Deutschen - selbst jüdische und linke, insofern sie noch auf freiem Fuß waren - glaubten Hitler, als er von "Frieden" sprach. Dieses eine Wort machte sie besoffen, und sie übersahen völlig, dass der Duktus, in die er seinen "Frieden" kleidete, bereits der Jargon des Vernichtungskriegers war.

      • @Merke:

        "Was ist in den letzten Jahren passiert, dass die Menschen in Europa, denen es eigentlich gut geht, alles über Bord werfen, was sie in den letzten Jahren glücklich gemacht hat?"



        Weil sie es nicht ertragen das in Krisenzeiten sie den Gürtel enger schnallen sollen während das Bürgergeld üppig erhöht wurde.



        Dass das auch nur ein Ausgleich für zuvor verpasste Angleichungen war ist in der Emotion egal. Auch Karlsruhes' Vorgaben haben in der Wut kein Gewicht.



        Gleiches gilt für Zuwanderer - die massive Welle der Zuwanderung seit 2015 war zu viel, wenn das eigene Kind nicht mehr in die Turnhalle kann und hinter der Hecke plötzlich Wohncontainer die Aussicht 'verschandeln' dann ist Schluss mit Nächstenliebe.



        "Was erwarten die Geringverdiener, wenn sie plötzlich die deutsche FPÖ - AfD wählen, dass es Ihnen besser geht?"



        Nein das muss gar nicht sein. Aber das es den anderen (Migranten, Arbeitslosen und Arbeitsunwilligen) auf gar keinen Fall besser geht...



        Nach unten treten war schon immer leichter als nach oben😉

        • @Farang:

          Eigentlich nicht Nachvollziehbar



          so ein Wahlergebnis,wie jetzt in Österreich. Ist die Mehrheit der Bürger heutzutage nicht informierter und erkennt, wenn auch langsam, die wirtschaftliche Entwicklung ist dem Verlangen nach immer mehr Wohlstand/ Vermögen und Macht einiger weniger Eliten geschuldet ist und nicht dem Verhalten der Mehrheit des Volkes ?

          • @Alex_der_Wunderer:

            Immer mehr Wohlstand wäre ja schon was... mir würde es schon genügen wenn ich für meinen bestehenden Wohlstand nicht immer mehr finanzielle Mittel aufwenden müsste. Und nein, daran sind nicht "die Reichen" schuld.

  • Ein ähnliches Szenario wird sich auch hier in D entwickeln. Und genauso wie die ÖVP einknickt, genauso wird es auch die CDSU tun. Die Begründung ist schon formuliert: "Wir können den Rechten nicht das Feld unkontrolliert überlassen, zu viele Stimmen haben die bekommen. Wir werden als Korrektiv das Schlimmste verhindern." Besonders Leute wie Spahn, Linnemann oder Söder sind da ohne jeden Skrupel.

    • @Perkele:

      Keine Sorge! In ein paar Wochen haben sie die Rechten in die Ecke gedrückt, dass sie quietschen...

    • @Perkele:

      Das glaube ich auch.

      Koalitionsverhandlungen zwischen CDSU und SPD / Grünen können leicht wegen "fehlender Reformbereitschaft" scheitern.

      Das Unionsprogramm hört sich schon sehr nach AfD an, mit ein paar Einsprengseln einer vorher wichtigen und werteorientierten Partei.

      Nunja, und dann könnte man eigentlich, Brandmauer hin oder her, "aus Respekt vor dem Wählerwillen", "um ein österreichisches Szenario zu vermeiden" mit einer Tolerierung durch die "im Grunde wirtschaftsliberale" Weideltruppe einsteigen.

      Merz und Linnemann sind so scharfe Hunde, so durchsichtig neoliberal, sie reden so national"patriotisch", man fragt sich echt welche Unterschiede es noch gibt.