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Rechtsextreme ReservistenZuflucht im Bundestag

Ein Burschenschafter mit Verbindung zu rechtsextremer Preppergruppe arbeitet für die AfD-Fraktion. Ein Mitglied wollte dort einen Job.

Camouflage im Bundestag Foto: imago

Berlin taz/dpa | Ein Bundeswehr-Reservist und Mitglied von Chatgruppen rechtsextremer Burschenschafter aus Sachsen und Sachsen-Anhalt hat bei der AfD-Bundestagsfraktion Anschluss gefunden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist das Mitglied der Leipziger Burschenschaft Germania Mitarbeiter der Fraktion geworden und war dort noch in dieser Woche beschäftigt. Im Mai war er bei der Erstellung eines Positionspapiers der Fraktion zum Umgang mit der Corona-Pandemie beteiligt. Vor zwei Wochen hatte die taz die rechtsextremen Umtriebe aufgedeckt.

„Zu Angelegenheiten, die Mitarbeiter betreffen, äußere ich mich grundsätzlich nicht öffentlich“, antwortete Fraktionsvize Sebastian Münzenmaier auf die Frage, ob der ehemalige Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt bis heute für die Bundestagsfraktion arbeite.

Nach Recherchen der taz wollten die Mitglieder einer 2015 gegründeten Gruppe an einem Tag X „Zuflucht“ in einem Dorf in Nordsachsen suchen und es laut Chats unterwerfen. Die Männer der Gruppe sind Reservisten der Bundeswehr, einer war jüngst im Corona-Krisenstab eines Landkreises eingesetzt.

In ihrer Facebook-Chatgruppe haben sie unter anderem über private Bewaffnung und einen möglichen „Rassenkrieg“ diskutiert. Die Mitglieder trainierten auch Schießen, unter anderem in einer Schießhalle, die zu diesem Zeitpunkt keine Betriebserlaubnis hatte. Die Staatsanwaltschaft Leipzig prüft inzwischen, ob sie Ermittlungen aufnimmt.

Umstürzlerische Überlegungen

Bei dem Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion soll es sich um Hannes R. handeln. Er war nicht Mitglied der „Zuflucht“-Gruppe, aber eng mit ihr verbunden. Ebenso hat er Kontakt zum neurechten Strippenzieher Götz Kubitschek. In einer Chatgruppe der Burschenschaft schrieb R. im Herbst 2015 über Kubitschek: „Götz baut übrigens bereits an paramilitärischen Verbänden.“ Dieser dementiert das und weitere Anhaltspunkte konnten dazu nicht gefunden werden.

Hannes R. selbst schrieb im Chat von der Überlegung, „ein neues Zeitfreiwilligenregiment aufzubauen“. Das Vorbild dieser Umsturzromantik ist das Zeitfreiwilligenregiment Leipzig, das 1920 gegen die Kommunisten kämpfte.

Auch Michael S. aus der rechtsextremen „Zuflucht“-Preppergruppe – ebenfalls Reservist und Burschenschafter – soll sich laut dpa um eine Tätigkeit im Bundestag bemüht haben. Nach Angaben aus AfD-Parteikreisen ist er aber aktuell nicht dort beschäftigt. Bis Herbst 2019 arbeitete auch er für die AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt.

Der MAD befasst sich mit den Vorfällen

Auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) ist mit den Vorfällen befasst. „Wir haben die Berichterstattung wahrgenommen und prüfen die darin geschilderten Sachverhalte gemeinsam mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz in der Arbeitsgemeinschaft Reservisten“, sagte ein Sprecher der dpa. „Einige der thematisierten Personen sind bereits dauerhaft ausgeplant. Alle anderen identifizierbaren Personen werden, solange die Prüfung andauert, nicht zu Reservedienstleistungen herangezogen.“

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In der Vergangenheit hatten mehrfach Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion für öffentliche Debatten gesorgt. Das bekannteste Beispiel ist der rechtsextreme Bundeswehroffizier Maximilian T., der aufgrund von Verbindungen zum wegen Rechtsterror angeklagten Franco A. und als zeitweiliges Mitglied einer Prepperchatgruppe des „Hannibal“-Netzwerks aufgefallen ist. Maximilian T., der in Sachsen-Anhalt Vorstandsmitglied der vom Verfassungsschutz beobachteten „Jungen Alternative“ ist, hat im Bundestag eine Nebenbeschäftigung als Mitarbeiter des AfD-Verteidigungspolitikers Jan Nolte.

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11 Kommentare

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  • Waffen horten, paramilitärische Einheiten aufbauen, gemeinsam planen ein Dorf zu unterwerfen um einen "Rassenkrieg" zu führen ist wohl ein kleines bisschen mehr als eine Meinung zu haben, oder?

    • @Life is Life:

      Naja, nicht jeder Sportschütze, der Zuhause Waffen hat, plant gerade in Polen einzumarschieren. Ich finde, da wird maßlos übertrieben und auch danebengegriffen. Hatten wir da nicht vor kurzem so ein paar Hanseln, die mit einem Luftgewehr, einem Knüppel und einem Klappmesser "bewaffnet" waren, bei denen man vermutet hatte, sie wollten die Bundesregierung stürzen? Lächerlich, vollkommen lächerlich.

      • @Thomas Schöffel:

        Artikel nicht gelesen oder?

  • Aber nur, weil die Rampe noch fehlt.

    Resozialisierung ja, aber definitiv nicht im Zentrum der Macht.

  • Resozialisierung? Warum dieser personenbezogene Hass auf Menschen, die eine andere politische Meinung vertreten? Wie sollen die denn sonst in die Gesellschaft integriert werden? Nur weil jemand rechts oder rechtsextrem ist, stand er noch lange nicht in Auschwitz an der Rampe.

    • @TazTiz:

      Warum dieser personenbezogene Hass auf Menschen, die eine andere politische Meinung vertreten?



      #



      Ich mag Eichen, wenn mir aber ein dicker Ast dieser Spezies in der Hand eines Gegenübers als "Argument" gezeigt wird, ist es mit meiner Toleranz gegenüber anderen Meinungen ganz schnell vorbei!



      Oder habe ich deinen Beitrag als Sati(e)re zu verstehen.



      Gr. Sikasuu

    • @TazTiz:

      Faszination Ausschwitz... Entschuldige, aber ihr Detailwissen macht mir Angst und macht mir sie als Person schon wieder unsympathisch. Wer mit Floskeln wie "in Ausschwitz an der Rampe stehen" um sich wirft hat meiner Meinung nach nicht alle Tassen im Schrank. Ich trau mich nicht mal zu googeln was da heisst, weil ich dann schon im rechtsextremen Fahndungsraster landen würde. Was aber in Deutschland sowieso nur heissen würde dass man bei meinem Internetverlauf beide Augen zudrückt.

    • @TazTiz:

      Typisch. Es ist ein großer Unterschied zwischen rechts und rechtsextrem, genau wie zwischen links und kommunistisch. Ein Hang zu Waffen hat in keiner politischen Gesinnung was zu suchen. Wer seine politische Meinung egal welche mit Bewaffnung verbindet sollte direkt eingelocht werden. Das ist eigentlich allen außer Nazis, Preppern und Autonomen klar.

  • Weiter so 👍



    Was ist an Kubitscheck dran?

  • Aha, da ist jemand der einen kennt der bestimmt mal rechts war. Ein Skandal.

    • @Kristina:

      So kommt mir das auch vor.