Organisation für ein Leben ohne Apps: Digitalzwang schließt viele aus
Die Organisation Digitalcourage fordert ein „Recht auf ein Leben ohne Digitalzwang“. Dieses Recht solle im Grundgesetz festgeschrieben werden.
Immer mehr geschieht im alltäglichen Leben digital. Doch das birgt auch Nachteile. Der Verein Digitalcourage fordert deshalb ein „Recht auf Leben ohne Digitalzwang“. Dafür startet er am Donnerstag eine Unterschriftenaktion. Der Verein setzt sich nach eigenen Angaben für eine „lebenswerte Zukunft im digitalen Zeitalter“ ein und engagiert sich unter anderem für Datenschutz. Eine Kernforderung der Petition ist die Aufnahme eines solchen Rechts ins Grundgesetz.
Konkret lautet die Forderung, die an den Bundestag gerichtet ist, dass es zu digitalen Angeboten wie Apps, digitalen Bahncards oder der Onlinevergabe von Arztterminen auch immer nicht digitale Alternativen geben muss. Denn nicht alle Menschen können oder wollen auf Smartphone und Internet zugreifen. „Digitalzwang schließt viele Menschen aus: alte oder kranke Menschen, Menschen mit Behinderung und Menschen mit geringem Einkommen“, betont Digitalcourage. Besonders bei der Nutzung von öffentlicher Infrastruktur wie Post, Bahn oder Gesundheitsversorgung und der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben müsse es analoge Alternativen geben. „Die Wahrnehmung von Diensten der Grundversorgung dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, ob wir bestimmte Geräte besitzen oder benutzen wollen“, sagt Rena Tangens, Gründungsvorstand des Vereins. Es brauche eine Wahlfreiheit, erklärt Digitalcourage-Campaignerin Julia Witte.
Die FDP lehnt ein „Grundrecht auf einen analogen Zugang zu jeglichen Leistungen des Lebens“ ab, erklärt Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion der taz. Innerhalb der SPD ist die Debatte um ein Recht auf ein analoges Lebens noch nicht abgeschlossen.
Grüner pocht auf Vertragsfreiheit
Maik Außendorf, Sprecher für Digitalpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, betont gegenüber der taz das Prinzip der Vertragsfreiheit in der Privatwirtschaft und damit auch das Recht der Unternehmen, ihre Dienstleistungen ausschließlich digital anzubieten. „Für Sonderfälle wie etwa staatliche Unternehmen im Verkehrssektor müssen alle Leistungen einschließlich Fahrkarten, auch analog verfügbar sein“, erklärt Außendorf weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands