Rassismus an der Radsportstrecke: Das Kamel
Patrick Moster wird nach seinen rassistischen Sprüchen nach Hause geschickt. Wie sein Verband hat er den Anschluss an die moderne Sportwelt verpasst.
In der TV-Übertragung war die Entgleisung deutlich zu hören. Moster blieb nichts anderes übrig, als auf die entstandene Empörung in den sozialen Medien, aber auch in der Profiszene der Radsportler mit einer Bitte um Entschuldigung zu reagieren. Der DOSB und sein Präsident Alfons Hörmann nahmen die Entschuldigung an, ebenso der Präsident des Bunds Deutscher Radfahrer, der ehemalige SPD-Grande Rudolf Scharping.
Sie nahmen Moster die Story von der olympischen Aufregung ab, die verantwortlich sei für die unbedachte Äußerung. Alles sei wieder gut, hieß es aus den Funktionärsmündern, und Moster dürfe in Tokio bleiben. Die Botschaft war ebenso eindeutig wie geschmacklos: Rassismus – kann ja mal passieren.
Am Ende mussten sich die Funktionäre dem Druck der Öffentlichkeit beugen. Sie haben Moster nach Hause geschickt und hatten sich doch blamiert. Sie dachten, sie kämen bei einem multiethnischen Event wie den Olympischen Spielen durch mit ihrer Entschuldigung. Das zögerliche Handeln von DOSB und BDR zeigt, wie gestrig das deutsche Funktionärswesen ist. Während Nikias Arndt sein Entsetzen über den Sportdirektor, dessen einzige Aufgabe im Rennen es ist, den Sportler anzufeuern, via Twitter zum Ausdruck brachte, dachten die Schreibtischsportler, dass alles halb so wild ist. Rick Zabel, ein Radprofi, der die Nominierung für die Spiele verpasst hat, äußerte über Instagram seine Abscheu gegenüber Mosters Äußerungen und erklärte ganz nebenbei, welche Macht ein Sportdirektor im BDR hat.
Die Macht der Funktionäre
Während sich die Profis in ihren Rennställen und zu einem Gutteil auch als Alleinunternehmer in Sachen Leistungssport selbstständig auf ihre Rennen vorbereiten, entscheidet einer wie Moster, wer mitdarf zu Olympia oder den Weltmeisterschaften. Und während im Profizirkus mündige Sportler unterwegs sind, die es gewohnt sind, für sich Entscheidungen zu treffen, formiert sich im Bund Deutscher Radfahrer Borniertheit und Machtbewusstsein zu einer wahrlich unseligen Allianz.
Empfohlener externer Inhalt
Zum modernen Profisport passt dieser Verband schon lange nicht mehr. Der BDR hatte einst einen Sportdirektor namens Burckhard Bremer, der alles daran setzte, auffällige Blutwerte eines Bahnradfahrers zu verheimlichen. Als die damalige Verbandschefin Sylvia Schenk das kritisierte, waren ihre Tage als Präsidentin gezählt. Rudolf Scharping übernahm und festigte die Macht Bremers. Dass war im Jahr 2004. Seitdem ist der Verband schon von gestern.
Zu spüren bekam das Azzedine Lagab. Der reagierte auf Twitter mit dem Humor des moralisch Überlegenen. „Nun, es gibt kein Kamelrennen bei Olympia, deshalb betreibe ich Radsport“, zwitscherte er. Kamele gibt es indes durchaus in Tokio. Man findet sie unter den Sportfunktionären. Eines ist nun heimgeschickt worden.
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