Proteste der Landwirte in Thüringen: AfD-Trecker beim Bauernverband
Bei einer Demo des Bauernverbands fährt ein Trecker mit AfD-Plakaten auf. Der Verband distanziert sich erst Stunden später und erst nach Aufforderung.
Am Dienstag demonstrierten Tausende Bauern in mehreren Großstädten gegen Umweltvorschriften für die Landwirtschaft und das EU-Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Die taz hatte im Vorfeld darauf hingewiesen, dass von den Bundestagsparteien nur die AfD alle diese Forderungen unterstützt. Ein Pressesprecher der Demo-Veranstalter ist ein ehemaliger AfD-Politiker und hält den Beitrag des Menschen zum Klimawandel für gering. Viele Bauern sind wütend auf ihre bisherige Stammparteien, CDU und CSU, weil diese Einschränkungen des Dünger- und Pestizideinsatzes zustimmen.
Bei dem Korso in Erfurt fuhr der AfD-Trecker laut Bauernverband auf mehreren Kilometern mit. Der Schlepper zog einen Hänger, der an allen vier Wänden Plakate der Partei trug. Auf einem war ein riesiges Bild von Björn Höcke, dem besonders rechten AfD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am Sonntag in Thüringen. Auf dem Traktor saß neben dem Fahrer nach eigenen Angaben etwa eine halbe Stunde der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, der zuletzt wegen umstrittener Äußerungen zum Terroranschlag in Halle aufgefallen war.
„Null Verständnis“ von den Grünen
Entsprechende Bilder veröffentlichte Brandner bei Twitter mit dem Kommentar: „Fotos hat ein Polizeibeamter gemacht – danke, Polizei!“ Die Behörde konnte das auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Zumindest während er dabei war, habe keiner der Bauern die Aktion kritisiert, sagte Brandner. Allerdings habe „ein schwarzvermummter“ Passant, den er bei Twitter als „Antifanten“ bezeichnete, zwei Plakate des Wagens mit Graffiti wie „FCK AFD“ beschmiert.
Erst als Anja Siegesmund, Spitzenkandidatin der Grünen und Landesumweltministerin, bei Twitter schrieb, „ich habe null Verständnis dafür, dass Trecker mit AfD-Werbung mit Bauern demonstrieren“, kritisierte der Bauernverband die Aktion der Rechtsradikalen. Die sei „unseriös und hinterlistig“, schrieb der Verband.
Siegesmund begrüßte das Statement, bemängelte aber, dass es so spät gekommen sei. „Es ist ja offensichtlich gewesen, dass die AfD versucht hat, diese Bauerndemo zu hijacken“, sagte die Grüne. Die großen Wirtschaftsverbände von Thüringen hätten gerade dazu aufgerufen, nicht die AfD zu wählen. „Und beim Bauernverband mischt sich die AfD erst mal drunter, und die Reaktion erfolgt dann erst auf Aufforderung“, so die Ministerin.
Auch die rechtsextreme Splitterpartei „Der III. Weg“ nutzte den Bauernprotest. Auf der Demo in München verteilte die Gruppe nach eigenen Angaben Flugblätter. Schon vergangenen Samstag hatte sie in Kempten eine eigene „Demonstration für einen starken Bauernstand im Allgäu“ veranstaltet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin