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Protest für Palästina-Hilfsschiff„Free Gaza, free Yasemin“

Vor dem Roten Rathaus fordert eine Demo Unterstützung für die Be­sat­zung des Gaza-Hilfsschiffs „Madleen“ – und ein Ende deutscher Waffenlieferungen.

Ein palästinensisches Fahnenmeer vor dem Roten Rathaus Foto: Timm Kühn

Berlin taz | „Free Gaza, free, free Gaza“ schallt es über den Alexanderplatz vor dem Roten Rathaus. Dann dichten mehrere Hundert Protestierende, die sich hier am Pfingstmontag versammelt haben, den bekannten Spruch der Palästinabewegung etwas um. „Free Madleen!“, rufen sie, und: „Free Yasemin!“. „Madleen“ ist der Name des Gaza-Hilfsschiffs, das von der israelischen Armee in der Nacht zu Montag gekapert wurde. Yasemin Acar heißt die Berliner Palästina-Aktivistin, die sich an Bord befand – und für deren Freilassung die Bewegung nun trommelt.

Gekommen sind die, die stets zu Palästina-Protesten kommen: Junge Menschen in Kufijas, ein paar Ak­ti­vis­t:in­nen kommunistischer Parteien, ältere Frauen mit Kopftuch, die die erste Reihe bilden. „Die ‚Madleen‘ war auf dem Weg, ein Zeichen gegen die unmenschliche humanitäre Blockade des Gazastreifens zu setzen“, ruft ein Redner ins Mikrofon. Die Mission des Schiffes sei nicht nur die Lieferung von Hilfsgütern, „sondern vor allem auch von Hoffnung für die Menschen in Gaza“ gewesen, so der Redner.

Das Bündnis fordert vom Auswärtige Amt, sich für die Freilassung der deutschen Staatsbürgerin Yasemin Acar einzusetzen. Acar ist eines der bekanntesten – und umstrittensten – Gesichter der Palästinabewegung. Auf der Demo wird ein Ausschnitt eines Interviews mit ihr abgespielt. „Wir wollen nicht sterben, aber unsere Solidarität hört nicht auf, selbst wenn sie uns bombardieren“, sagt sie darin. Und: „Unsere Leben sind nicht mehr wert, als die von Palästinenser:innen.“

Beim Auswärtigen Amt geht niemand ran

Eine Rednerin der internationalen Sektion von Fridays for Future sagt am Montag, Greta Thunberg – die sich ebenfalls an Bord der „Madleen“ befand – habe „ein Zeichen gegen Genozid und Besatzung“ setzen wollen. Dafür werde sie nun von den Medien „zur verwirrten Teenagerin“ erklärt. Doch für die Gruppe sei klar: „Es gibt keine Klimagerechtigkeit auf besetzten Gebiet.“ Zuvor hatte eine andere Rednerin die deutsche Sektion unter großem Applaus als „Schande“ bezeichnet, weil sie sich von den propalästinensischen Aussagen Thunbergs distanziert hatte.

Unterstützung erhalten die Protestierenden vom Linken-Bundestagsabgeordneten Ferat Koçak. Der Einsatz gegen die humanitäre Katastrophe in Gaza sei eine „Verpflichtung aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts“, so Koçak zur taz. Es brauche endlich einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Zudem müsse sich das Auswärtige Amt für die Rückkehr von Acar einsetzen. „Doch wie viele andere kann ich die Notfallhotline des Auswärtigen Amts gerade nicht erreichen“, so Koçak.

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16 Kommentare

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  • Free Gaza, free, free Gaza“ schallt es über den Alexanderplatz vor dem Roten Rathaus. ... . „Free Madleen!“, rufen sie, und: „Free Yasemin!“

    Was fehlt ist natürlich "Free the hostages". Solange die das nicht rufen, sind die für mich nicht glaubwürdig.

    • @Gerald Müller:

      Gewinnen an glaubwürdigkeit?

  • Das Framing der Segelyacht „Madleen“ als Hilfsschiff ist schon an sich sehr lustig. Hat sich irgendjemand vor der Veröffentlichung seines/ihres Textes dieses „Hilfsschiff“ und seine technischen Daten bzw. seine Möglichkeiten – außer als Hintergrund für publikumswirksame Fotos und Videos – angesehen? Offensichtlich nicht.

  • Das war kein Hilfsschiff! Warum schmeißen die Besatzer des Schiffes ihre Laptops und Handys über Bord? Menschen die helfen wollen machen sowas nicht. Es gibt Aufnahmen wo genau das zu sehen ist! Für Hilfskräfte macht das gar keinen Sinn. Außerdem wurden die nie entführt und die werden heute nach Hause geschickt!

  • "Der Einsatz gegen die humanitäre Katastrophe in Gaza sei eine „Verpflichtung aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts“, so Koçak zur taz. Es brauche endlich einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel."

    Na ja, der typische Holocaust-Täter-Opfer-Umkehrtrip.

    Funktioniert bei Leuten, die keine Ahnung vom Geschichte haben. Der Holocaust bedeutet die Umsetzung der "Endlösung der Judenfrage". Die globale Vernichtung aller Juden. Einer ihrer begeistertsten Helfer der Großmufti von Jerusalem, SS-Mann, Hitlerverehrer und Kufiya-Bedeutungsgeber.

    Waffenlieferungen?

    In den kriegswichtigen Monaten zwischen Januar und September 24 lieferte Deutschland an die Ukraine für 7056 Millionen Euro Waffen. An Katar, die Kumpels der Hamas für 107 Millionen Euro.

    Israel bekam 14 Millionen Euro. Was grade reicht um für ein paar Tage Raketen aus Iran, Libanon und Gaza abzuwehren.

    Oder für einen halben Leopard 2.

    Beispiel: Die Bundeswehr hat für sich selber kürzlich 18 neue Leopard 2 Panzer für 525 Millionen Euro erworben, was einem Preis von 29 Millionen Euro pro Panzer entspricht.

    Wer bringt der Linkspartei mal Geschichte und ein paar aktuelle Zahlen bei?

    • @shantivanille:

      Ein bisschen einseitig, ihre Betrachtungsweise. Denn aus dem Holocaust lernen heisst auch, dass dies nie wieder mit einer anderen Bevölkerungsgruppe geschehen darf.



      Wenn Israel jetzt nach dem Motto verfährt: "Ihr wolltet uns auslöschen, jetzt löschen wir euch aus." ist das nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht und das Römische Statut. Es ist ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist verboten, Unrecht mit gleichem oder schwererem Unrecht zu begegnen.



      Darauf zu bestehen, dass die Waffenlieferungen an Israel endlich aufhören, hat nichts mit Holocaust-Täter-Opfer-Umkehrtrip zu tun, sondern damit, dass Waffen einem Kriegsverbrecher zur Verfügung zu stellen auch ein Kriegsverbrechen darstellen kann.

      Ich möchte nicht, dass meine Regierung sich direkt oder indirekt an einem Kriegsverbrechen beteiligt.

      • @Bernhard Dresbach:

        Israel führt keinen Holocaust durch, genau solche falschen Vorstellungen vermittelt Ferat allerdings.

        Es setzt sich ein damit eine Person die in ihren Videos einen Schriftzug „Destroy Hamas” durchgestrichen hat.

        Es ist eine Relativierung des Holocausts diesen mit Krieg, egal ob Mosul oder Gaza, gleichzusetzen.

        Der Holocaust war auch nicht “einfach nur ein Genozid“.

      • @Bernhard Dresbach:

        Wenn Israel keine Waffen mehr hätte, wäre das Ergebnis nicht, dass Israels Feinde die kriegerischen Auseinandersetzungen einstellen würden, sondern dass sie dieses intensivieren, bis Israel ausgelöscht ist.

        Wenn Sie nicht wollen, dass Deutschland sich an einem Kriegsverbrechen beteiligt, sollten Sie sich zuallererst im Sinne der Verhältnismäßigkeit darüber beschweren, dass Hilfsgelder an die Hamas bzw. deren Bunker/Tunnel-System geleitet worden sind. Nicht nur hat die Hamas den Krieg gestartet. Jeder tote Zivilist ist auch von der Hamas völkerrechtswidrig als Schutzschild missbraucht und sprichwörtlich unter den Bus geworfen worden.

        • @a jugovic:

          'Jeder tote Zivilist ist auch von der Hamas völkerrechtswidrig als Schutzschild missbraucht und sprichwörtlich unter den Bus geworfen worden.'

          Und wieder das entschuldigende Narrativ der rechten Regierung, um vor jeder Verantwortung zu flüchten. Das stimmt aber halt nur, wenn man davon ausgeht, dass es einfach nur genügt in Gaza zu wohnen, um das Attribut Schutzschild zu erfüllen.

      • @Bernhard Dresbach:

        Der Holocaust-Täter-Opfer-Umkehrtrip bezieht sich nur auf den ersten Satz der Koçak-Einlassung.

        Und Israel will die Palästinenser nicht "auslöschen", das wäre tatsächlich ein Genozid. Israel weht sich gegen die Hamas. Diese wiederum wollen den globalen Genozid an allen Juden, siehe deren Gründungscharta:

        "Der Gesandte Gottes ... sagt: ´Die Stunde (der Auferstehung) wird nicht kommen, bis die Muslime gegen die Juden kämpfen. Die Muslime werden sie töten, bis sich der Jude hinter Stein und Baum verbirgt, und Stein und Baum dann sagen: Muslim, Oh Diener Gottes! Da ist ein Jude hinter mir. Komm und töte ihn". Die müssen also alle sterben.

        Tja, so geht Hamas. Nachzulesen in deren Gründungscharta von 1988. Gut interpretiert z. B. von der Bundeszentrale für politische Bildung: "Antisemitismus und Antizionismus in der ersten und zweiten Charta der Hamas".

        Das wäre auch mal was für Herrn Koçak. Vielleicht verbessert sich dann mal irgendwann der Diskurslevel. Doch will Die Linke das?

        Bildung für alle!

        www.bpb.de/themen/...-charta-der-hamas/

        de.wikipedia.org/wiki/Hamas-Charta

    • @shantivanille:

      "Na ja, der typische Holocaust-Täter-Opfer-Umkehrtrip. "

      Wirklich?

      "Funktioniert bei Leuten, die keine Ahnung vom Geschichte haben. "

      Ganz schön arrogant.

      Hier mal eine deutlich krassere Sichtweise, vorgetragen von Gideon Levy, Mitherausgeber der Haaretz, Gast-Autor in der TAZ, studierter Politikwissenschaftler, Jude und Nachfahre der Überlebenden-Generation.

      nahost-forum-bremen.de/?p=14670

      Sicher, dass Sie so jemandem Täter-Opfer-Umkehr oder fehlendes Geschichtsbewusstsein unterstellen möchten? Was Koçak da sagt, ist im Vergleich zu Levys Ansicht im Rückwärtsgang formuliert.

  • Es würde mich nicht wundern, wenn Israel die Gelegenheit nutzt um Yasemin Acar ab zu fischen, weg zu sperren und ihr eine wie auch immer geartete Klage in Richtung Terror anzuhängen. Faschisten haben da echt viel Fantasie.

    Dass man sie mit Hilfe einer Völker- und Seerechtswidrigen Aktion in die Finger bekommen hat, spielt dann schon keine Rolle mehr. Die Meinungshoheit, wenn auch Kriegsverbrecherisch, wird selbst in internationalen Gewässern durchgesetzt.

    Dass man dabei so ganz nebenbei europäische Bürger entführt, wird als Lappalie abgetan, man lässt sie schliesslich, in ein paar Wochen, wieder frei.



    Der ehemalige Richter Friedrich Merz hat da sicher auch nichts gegen die Freiheitsberaubung einzuwenden, schliesslich befeuern die israelischen Militär-Güter Käufe unsere Wirtschaft, die er gelobt hat anzukurbeln.

    • @Bernhard Dresbach:

      Verwechseln Sie da Israel eventuell mit dem Iran oder der Türkei?

      Die praktizieren das so.

      Israel hat hingegen fast immer zurückgeschickt.

      Sehr schnell.

      Bei einer Seeblockade geht es nun bestimmt nicht um Meinungshoheit.