Prorussische Berichterstattung: Ärger bei der „Berliner Zeitung“
Der ukrainische Botschafter unterstellt der „Berliner Zeitung“ Russland-Nähe, die sieht die Pressefreiheit bedroht. Ein eigenartiger Kleinkrieg.
D ie Berliner Zeitung (BLZ) fühlt sich angegriffen. Denn der ukrainische Botschafter in Berlin hat dem Blatt vorgeworfen, in Sachen Ukrainekrieg nicht immer so ganz russlandkritisch zu sein. Womit er durchaus richtig liegt. Beides ist übrigens nicht verboten. Die Berliner Zeitung kann so schreiben. Und Oleksii Makeiev darf darauf hinweisen und sich drüber aufregen.
Makeiev hatte auf X die Frage gestellt, ob das Blatt das „neue Radio Moskau“, also ein Kremlpropagandasender ist. Dazu hat er ein paar Beispiele zitiert und angemerkt, dass der russische Botschafter die BLZ-Artikel auch gerne weiterleitet. Dazu gab’s noch ein selbstgebasteltes Logo der „Berliner Volksrepublik Zeitung“ und den Hinweis, es gebe „bessere/freie Medien in Berlin“.
Worauf jetzt das Volk, nee, die BLZ gegen „versuchte Einschüchterung“ und den vermeintlichen „Eingriff in die Pressefreiheit“ protestiert.
Keine Ahnung, ob in der Karl-Liebknecht-Straße tatsächlich jemand Angst hat, nicht mehr zu Häppchen beim Botschafter oder sonstigen Empfängen eingeladen zu werden. Aber ein Angriff auf die Pressefreiheit sieht anders aus. Makeiev hätte eher einen Anpfiff wegen Verstoßes gegen diplomatische Gepflogenheiten verdient. Denn da wird eigentlich mit ausgesuchter Höflichkeit formuliert. Was dann oft umso fieser gemeint ist.
Melnyk als Kronzeuge
Schon Makeievs Vorgänger, Andrij Melnyk, hatte es ja mehr mit der direkten Diplomatie. Dass die BLZ ihn jetzt als Kronzeugen gegen den eigenen Nachfolger aus dem Schrank holt, macht alles noch ein bisschen absurder. „Diejenigen, die hartgesottene proputinsche Lakaien wie Manuela Schwesig oder Michael Kretschmer aufwerteten und salonfähig machten, haben kein moralisches Recht, freie deutsche Medien wegen kritischer Berichterstattung anzugreifen“, sagt Melnyk. Und BLZ-Herausgeber Michael Maier schreibts begeistert auf.
Der Elefant im Raum heißt aber natürlich Holger Friedrich. Er ist seit 2019 Eigentümer, Verleger und Overlord der BLZ. Und gilt, wie auch seine Frau Silke, durchaus als russlandnah. Friedrich fühlt sich jetzt auch noch vom Tagesspiegel verfolgt. Weil der seinem Blatt schon lange vorwerfe, „wie ein russisches U-Boot zu agieren“, wie Friedrichs Adlatus Maier am Dienstag beleidigt schrieb. Was wird das denn jetzt? Große weltpolitische Auseinandersetzung oder Austausch medienjournalistischer Nickeligkeiten?
Zum Tag des Sieges über den Hitlerfaschismus, den Putin ja gerne der Ukraine anhängen möchte, waren letztes Jahr übrigens etliche hartgesottene proputinsche Lakaien zum Häppchenessen in der russischen Botschaft in Berlin. Darunter neben einem gewissen Gerhard Schröder – uups! – Holger Friedrich und Michael Maier. „Ich möchte Folgendes vorschlagen“, sagt die Mitbewohnerin. „Für jede prorussische Zeile müssen beim Blatt alle Mitarbeitenden einen ukrainischen Wodka trinken, und andersherum.“ Na sdorowje!
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