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1.265 Tage Krieg in der UkrainePlötzlich Soldat

In diesem Sommer werden besonders viele Männer zur ukrainischen Armee eingezogen. Viele wurden auf der Straße oder am Arbeitsplatz mobilisiert.

Überall in der Ukraine werden derzeit Rekruten ausgebildet, denn der andauernde Krieg mit Russland braucht das Menschenmaterial Foto: Andriy Andriyenko/Ukrainian 65 Mechanized Brigade/dpa

D er Kontrollpunkt einer der Militäreinheiten in Luzk ist überfüllt. Das Gelände ist winzig – dreimal sechs Meter. Etwa zwanzig Besucher sind gerade da. Die mobilisierten Männer haben hier die Möglichkeit, mit ihren Frauen und Kindern zu sprechen. Jede der Frauen hat ihrem Mann etwas zu essen mitgebracht: Die Verpflegung in der Einheit ist sehr gut, aber jeder möchte etwas Selbstgekochtes, solange das noch geht.

Bild: privat
Juri Konkewitsch

berichtet als freier Journalist aus der Ukraine. Er lebt im westukrainischen Luzk und war Teilnehmer eines Workshops der taz Panter Stiftung.

Diejenigen, die zum Militärdienst eingezogen wurden, sind einer Vorladung nachgekommen oder wurden von der Straße oder ihrem Arbeitsplatz mitgenommen. Nun warten sie darauf, auf dem Truppenübungsplatz ausgebildet zu werden. Wer gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe ist, bleibt 30 Tage dort. Voll Diensttaugliche werden 55 Tage lang unterwiesen. Danach wird den Soldaten eine militärische Tätigkeit zugewiesen und sie werden zum Dienst in eine Einheit geschickt.

Die Armee in der Ukraine braucht Menschen vieler verschiedener Berufe, nicht nur Leute an Waffen oder in Panzern. Deshalb werden nicht alle der mehreren Dutzend Männer, die hier auf ihre Ausbildung warten, an die Front geschickt.

Die Stimmung unter den Männern am Kontrollpunkt ist nicht die beste: Gestern waren sie noch zu Hause und schliefen in ihren Betten, aßen hausgemachten Borschtsch und Koteletts. Jetzt sind sie plötzlich in der Armee, wo alles nach einem Zeitplan und bestimmten Regeln läuft.

Verhaltene Stimmung

Von Zeit zu Zeit kann man Gesprächen wie diesen zuhören: „Vielleicht läufst du besser von hier weg?“ Die Antwort: „Und dann – soll ich mich mein ganzes Leben lang verstecken?“

über leben

Für die Menschen in der Ukraine ist der Krieg ein Teil ihres Alltags geworden. Trotz der Todesangst vor Luftangriffen und Kämpfen geht das Leben weiter: Die Menschen gehen zur Arbeit, zur Schule und zur Uni. Sie lieben, lachen, heiraten, bekommen Kinder, machen Urlaub. Sie trauern, sorgen sich – und hoffen auf Frieden.

„Warum bist du zum Rekrutierungszen­trum gekommen? Du hättest besser zu Hause bleiben sollen.“ Und: „Wie geht es deinem Rücken, hast du keine Schmerzen?“ „Bis wir die kugelsicheren Westen anziehen, ist alles in Ordnung, aber dann auf dem Trainingsgelände, mal sehen.“

Die mobilisierten Soldaten sind in dieser Einheit, nachdem sie mit Rekruten einer der Kampfbrigaden gesprochen hatten, die nach neuen Kämpfern Ausschau hielten.

Die Mobilisierung in der Ukraine ist in vollem Gange. In diesem Sommer bringt das Militär besonders viele Männer in die Rekrutierungszentren. Eine derartige Zwangsmobilisierung hat es in der Ukraine noch nie gegeben. Hunderttausende Männer wurden im Sommer vorgeladen, nach den meisten von ihnen war zuvor gefahndet worden.

Beispiellose Zwangsmobilisierung

Die Männer, die in der Schlange auf ihre Militärausbildung warten, haben ihre eigenen Mobilisierungsgeschichten. „Ich wurde von der Baustelle weggebracht. Ich ging gerade zu den Lieferanten, die Fliesen brachten, da kam eine Patrouille vorbei.“ „Ich war mit einem Elektrofahrrad in Luzk unterwegs, als mich sechs Soldaten und Polizisten einholten.“ „Ich bin Landwirt. Mein Bruder ist gleich zu Beginn der Invasion in Mariupol verschwunden. Jetzt ist es an mir, zu dienen.“ All diese Männer sind jetzt in der Armee. Mehr als die Hälfte der Einberufenen ist über 40 Jahre alt.

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Die Wirtschaft leidet: Diese Soldaten haben Steuern gezahlt, täglich eingekauft und Betriebe geführt. Jetzt muss sie der Staat komplett unterstützen. Jeden Morgen gibt es eine Schweigeminute zum Gedenken an die Kriegstoten und die Nationalhymne.

Dort heißt es: „Wir geben unsere Seele und unseren Körper für unsere Freiheit hin …“ Im zivilen Leben klingt diese Zeile anders als in der Armee.

Aus dem Russischen: Barbara Oertel

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32 Kommentare

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  • Ich selbst war beim Militär. Zum Glück musste ich während meiner Dienstzeit nicht in einen Krieg ziehen. Daher maße ich mir nicht an, über Menschen zu urteilen, die aus welchen Gründen auch immer, desertieren.

    Im Falle der Ukraine kann man es ihnen nicht verdenken. Vollkommene Unterstützung hat dieses Land nie erfahren...immer zu wenig und immer zu spät. Der Mut trotzdem zu kämpfen ist außergewöhnlich.

    Generell sehe ich jedoch die Notwendigkeit von Verteidigungsbereitschaft auch durch notfall Mobilisierung. Was wäre gewesen, wenn die Alliierten damals nicht mobilisiert hätten?



    Europa stünde wahrscheinlich heute unter dem Hakenkreuz.

    Am Ende könnte es den Ukrainern so ergehen. Wenn die Ukraine "russisch" wird, müssen die Männer der Ukraine unter russischer Fahne ins Baltikum marschieren.

    www.welt.de/politi...riff-auf-Nato.html

    Richtig wäre es die Ukraine mit allem zu unterstützen, damit diese jungen Männer und Frauen bestmöglich gewappnet sind für den Kampf den Russland ihnen aufgezwungen hat.

  • Zur Bildunterschrift:



    "Überall in der Ukraine werden derzeit Rekruten ausgebildet, denn der andauernde Krieg mit Russland braucht das Menschenmaterial"



    Vielleicht täten hier Anführungszeichen einen guten Dienst bei dem Begriff MENSCHENMATERIAL.



    Dieser Begriff passt gut zu Hitler, Stalin, Mao.



    Bei spektrum.de



    "Worte, die man besser vergißt



    Eine Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten hat neben dem Unwort des Jahres 1999 ein Unwort des 20. Jahrhunderts gewählt. Unwort des Jahres 1999 wurde 'Kollateralschaden'. Nach Ansicht der Sprachwissenschaftler verharmloste es in beispielloser Weise den Tod vieler Unschuldiger im Kosovo-Konflikt. Als Unwort des 20. Jahrhunderts gilt der Jury 'Menschenmaterial'. Obwohl dieses Wort bereits im 19. Jahrhundert aufkam, erlangte es seine menschenverachtende Bedeutung erst im 20. Jahrhundert. Die Jury sieht es als Vater für einige weitere Begriffe, die ähnlich zynisch den Menschen als etwas rein Materielles einstufen."



    UNWORT DES 2O. JAHRHUNDERTS!

  • In den Kommentaren entbrennt eine nette Diskussion darüber, ob die Ukrainer kämpfen sollen. Wenn man in D auf dem Sofa sitzt, lässt es sich ja auch leicht darüber reden.

    In der Ukraine entscheiden sich die Betroffenen offensichtlich verschieden...

  • Mobilisiert ist aber eine nette Umschreibung für eine Zwangsrekrutierung, bei der die Menschen gegen ihren Willen von der Straße in einen Bus gezerrt werden.



    Derweil geht in Deutschland die Sympathie nur so weit, dass man schon überlegt, ob man Ukrainer zum Kämpfen in ihre Heimat schicken sollte. Das Asylrecht und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung spielt in solchen Diskussionen schon lange keine Rolle mehr. Für Geflohene aus Russland gilt dabei das gleiche. Anstatt ihnen Schutz vor Putin zu geben, schickt man sie lieber zurück nach Russland, von wo sie wohl direkt an die Front gebracht werden, um gegen Ukrainer zu kämpfen.



    Ständig wird nur davon geredet, wieviel Waffen man schicken solle, aber nicht darüber, dass der Ukraine vermehrt die Menschen ausgehen. Hier scheint das niemanden zu stören, man übt sogar Druck aus, damit noch mehr Jahrgänge Zwangsrekrutiert werden.



    Man ist fest entschlossen, die Ukraine bis zum letzten Ukrainer zu verteidigen.



    Und wofür? Wie es aussieht, haben Trump und Putin sich schon die Ukraine aufgeteilt, nun werden anscheinend die letzten Details besprochen. Es geht nur noch darum, wer welchen Teil des Landes ausbeuten darf.

    • @Schöneberg:

      Das ist die bittere Wahrheit, fürchte ich.

  • Ich frage mich, wie die Rückkehr in die Zivilgesellschaft funktioneren soll. Viele Männer sind ins Ausland geflohen um dem Militärdienst zu entgehen. Für diese wird es schwer in die Ukraine zurückzukehren, selbst nach einer Amnestie würden sie wohl diskriminert werden. Aber vielleicht wir von den europäischen Nachbarn erwartet, diese für den Rest ihres Lebens zu versorgen.

  • Gerd Grözinger , Autor , Prof., Europa-Univ. Flensbu

    Tippfehler: Zustimmung zu Verhandlungen mit Ziel baldiges Kriegsende: 69%.

    • @Gerd Grözinger:

      Ob 61% oder 69% Zustimmung zu Verhandlungen mit dem Ziel eines baldigen Kriegsendes - Das sagt noch gar nichts darüber aus, zu welchen Bedingungen die Befragten sich das wünschen. Kein Mensch, der oder die bei klarem Verstand ist, kann sich etwas anderes erhoffen als Frieden, was aber nicht zwingend bedeutet, dass die Zustimmung bedingungslos ist.

      Das ist das Problem solcher Umfragen. Jede*r deutet sie nach ihrem/seinem Gusto.

  • Gerd Grözinger , Autor , Prof., Europa-Univ. Flensbu

    Dieser Beitrag ist sehr eigenartig. Kein Wort wird darüber verloren, dass es in der Ukraine kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt, also häufig im wahrsten Sinn des Wortes 'Leib-eigene' auch gegen ihren Willen in die Schützengräben geschickt werden. Dabei zeichnet sich eine wirklich freiheitliche Gesellschaft gerade dadurch aus, dass sie niemanden zum Morden, Verstümmeln, Verletzen zwingt und auch niemanden dieser erhöhten Gefahr ohne seine Zustimmung aussetzt. Kann man schon bei Kant nachlesen. Und Ukrainer in wohl sechsstelliger Höhe laut Schätzungen nehmen deshalb den Notausgang der Desertion, noch mehr haben sich im Ausland in Sicherheit gebracht. Das passt zu dem Bild, dass in der Ukraine - laut der kontinuierlichen Gallup-Umfragen - mittlerweile eine Mehrheit von 61% Verhandlungslösungem mit baldigen Kriegsende befürwortet, ein praktisch linearer Anstieg von etwas über 20% in 2022. Während die urprünglichen über 70%, die bis zum Sieg weiterkämpfen wollen, auf eine Minderheit von 24% schrumpften.

    • @Gerd Grözinger:

      Dass die Ukraine keine freiheitliche Gesellschaft nach unserem Vorbild ist steht außer Frage. Allerdings weiß ich nicht so recht worauf Sie mit Ihrer Einlassung hinaus wollen. Die politischen Verhältnisse in der Ukraine gehen uns nichts an und es steht uns auch nicht zu diese zu bemängeln. Fakt ist: die Ukraine wird angegriffen und reagiert darauf - wenn auch nicht nach jedermanns Geschmack.

    • @Gerd Grözinger:

      "Dabei zeichnet sich eine wirklich freiheitliche Gesellschaft gerade dadurch aus, dass sie niemanden zum Morden, Verstümmeln, Verletzen zwingt und auch niemanden dieser erhöhten Gefahr ohne seine Zustimmung aussetzt."

      Bin ich bei Ihnen. Aber sieht es in Russland besser aus mit der freiheitlichen Gesellschaft?

      Denn es werden alle zu "Russen" wenn die Ukraine verliert. Und u.U. marschieren diese dann unter Zwang Richtung Baltikum wie Geheimdienste sagen

      www.welt.de/politi...riff-auf-Nato.html

      Während die urprünglichen über 70%, die bis zum Sieg weiterkämpfen wollen, auf eine Minderheit von 24% schrumpften.

      Und liegt der Rückgang nicht eher an der mangelnden Unterstützung?

      Hier mal 5000 Helme, dann mal ein paar Haubitzen, Taurus Ja/Nein. Angriffe nicht auf russisches Gebiet wobei Russland jeden Tag ukrainische Infrastruktur bombardiert. Man kann den Ukrainern keine mangelnde Bereitschaft attestieren, eher mangelnde Unterstützung des Westens.

      • @Pawelko:

        Dass sich nach drei Jahren Kriegsmüdigkeit unter den Ukrainern breit gemacht hat. kann man ihnen kaum verübeln. Heldenmut zu fordern ist aus der sicheren Distanz immer einfach.



        Am Ende siegt wahrscheinlich der Überlebenswille über die Entschlossenheit, weiterzukämpfen - und die Erkenntnis, dass das Leben doch irgendwie weitergehen muss, ob in einer freien Ukraine oder unter russischer Zwangsherrschaft. Auch das kann von außen kaum kritisiert werden.



        Und seien wir ehrlich: wer nicht aufmuckt gegen die „Obrigkeit“, hat auch nichts zu befürchten - wer es trotzdem hat. wird sich schon irgendetwas zuschulden kommen lassen haben. So dachten Millionen Deutsche im NS-Staat und in der DDR, so denken vermutlich auch viele Russen unter Putin.



        Dir unangenehmen Fragen indes müssen wir uns stellen lassen (von wegen mangelnder Unterstützung), nicht die Ukrainer. Da stimme ich Ihnen zu.

      • Gerd Grözinger , Autor , Prof., Europa-Univ. Flensbu
        @Pawelko:

        Ich stimme Ihnen vollkommen zu: Russland ist keine freiheitliche Gesellschaft. Und wenn autoritäre Staaten etwas tun, was wir als gegen grundlegende Rechte verstoßend sehen, dann machen wir nicht im Gegenzug das nach, z.B. foltern, Geiseln nehmen etc. Darauf sind wir normaler Weise stolz - warum also nicht auch auf das Recht auf Kriegsdienstverweigerung? Ist das etwa von minderer Qualität?

        • @Gerd Grözinger:

          Wie kommen Sie darauf das wir in Deutschland nicht stolz darauf sind, dass es bei uns das Recht der Kriegsdienstverweigerung gibt? Es das irgendwo aus dem Artikel heraus zu lesen?

        • @Gerd Grözinger:

          In dem Punkt stimmen wir ja überein. Aber bleibt das Schicksal. Unter Zwang für die Ukraine oder später unter Zwang für Russland.

          Praktisch bei allen großen Alliierten gab es im Zweiten Weltkrieg eine Zwangsmobilisierung, also Wehrpflicht mit Einberufung gegen den Willen des Einzelnen.

          Wie würde Europa wohl aussehen ohne diese Mobilisierungen. Besser oder schlechter?

          Moralisch verstehe ich den Punkt total. Aber realpolitisch bin ich froh, dass andere Entscheidungen getroffen wurden und werden.

    • @Gerd Grözinger:

      "kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung", willkommen in der Verteidigung gegen einen Angriffskrieg.



      Hier hätte man auch nur den Luxus verweigern zu dürfen, bis der Angreifer Polen überwunden hat.

    • @Gerd Grözinger:

      Die Möglichkeit für Frieden mit Russland gab es - bis jetzt - nunmal nicht ohne Darbringung der demilitarisierten Rest-Ukraine als Opfergabe. Und dafür gibt es in der Ukraine auch heute nur eine verschwindende Minderheit an Zustimmung.

      Ich hoffe inständig, dass man Putin von einer Verhandlungslösung überzeugen kann, die einen dauerhaften Bestand der Rest-Ukraine garantiert. Dann kommt auch ein Frieden.

      • Gerd Grözinger , Autor , Prof., Europa-Univ. Flensbu
        @Co-Bold:

        Vielleicht haben Sie die Gallup-Umfrage nicht verstanden. Da in der Ukraine seit Ewigkeiten nicht mehr gewählt wurde, ist das unser bester Indikator. Und der zeigt nun mal ein hohes Maß an Kompromissgeneigtheit mittlerweile.

    • @Gerd Grözinger:

      Wie wollen Sie denn ein Land verteidigen wenn man den Dienst an der Waffe im Ernstfall einfach verweigern kann?

      • Gerd Grözinger , Autor , Prof., Europa-Univ. Flensbu
        @Goodfella:

        Genau das sieht unser Grundgesetz vor. Die KDV ist nicht davon abhängig, ob Angriffs- oder Verteidigungskrieg. Das sind dazu auch recht unklare Begriffe. Was genau waren z.B. jetzt die Kriege gegen Serbien, Irak, Afghanistan? Wurden Deutschland oder die NATO, oder die 'Koalition der Willigen' angegriffen?

        • @Gerd Grözinger:

          Der BGH hat allerdings dieses Jahr auch geurteilt, dass das grundgesetzliche Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Verteidigungsfall eingeschränkt oder ausgesetzt werden kann. Entweder sind Sie da also nicht umfassend informiert, oder Sie sind es und lassen es wohlweislich weg, um ihre Agenda voranzutreiben (diese Möglichkeit scheint in Anbetracht von unsachlichen und tendenziösen Formulierungen wie "dass in der Ukraine seit Ewigkeiten nicht mehr gewählt wurde" nicht abwegig).

        • @Gerd Grözinger:

          Das möchte ich sehen, dass im Ernstfall Leute sagen können: Seid nicht feige, lasst mich hinter den Baum. Grundgesetz hin oder her, das wird nicht passieren. Im Kriegsfall müsste jeder ran, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, da gebe ich Ihnen recht, gering ist.

        • @Gerd Grözinger:

          So pauschal nicht ganz richtig: Der Dienst mit der Waffe kann auch laut GG nicht "einfach" sondern nur aus Gewissengründen verweigert werden, also nicht, weil man was besseres zu tun hat oder einfach keinen Sinn darin sieht, sein Leben zu riskieren. Im Verteidigungsfall wäre es also mitnichten eine auf Freiwilligkeit beruhende Bundeswehr, sondern - wie der Name schon sagt - eine (Wehr-)Pflichtarmee, die da antreten würde.



          Auch eine erfolgreiche Verweigerung aus Gewissensgründen würde im übrigen nicht von der (Ersatz-)Dienstpflicht entheben.

    • Juri Konkewitsch , Autor*in des Artikels,
      @Gerd Grözinger:

      Tell it to putin

      • @Juri Konkewitsch:

        Man soll sich an Putin wenden, wenn man sich bei uns nicht an das Grundgesetz hält?

  • 100000 Fahnenflüchtige allein dieses Jahr. Ohne Willen für "Volk und Vaterland" das Leben zu lassen.



    Offensichtlich sind sie nicht Teil unserer Solidarität mit dem "ukrainischen Volk".



    Und trotzdessen lassen Wir sie kämpfen, um unsere Sicherheit zu verteidigen.



    Am besten solange, bis wir uns selbst verteidigen können.



    Für mich muss dort niemand in den Krieg ziehen!



    Leider wird das öffentlich wenig diskutiert.



    Dann würden es vielleicht noch mehr Menschen so sehen, wie ich.

    Insofern danke für den Beitrag!

    • @Mark Menke:

      "Für mich muss dort niemand in den Krieg ziehen!" Solche Aussagen sind an Zynismus nicht zu überbieten und leider nur zu typisch für ein moralisch überhöhtes deutsches Selbstbildnis.

      Es ging nie um "unsere Freiheit".. billige Propaganda um den Steuerzahler als finanziellen Unterstützer zu gewinnen.



      Aber es geht sehr wohl - jetzt aktuell - um die Souveränität des ukrainisches Volkes. Und um dessen wirtschaftliches überleben, und damit auch um unser wirtschaftliches Überleben. Rechnen Sie im Fall einer ukrainischen Niederlage mit zusätzlichen Millionen Geflüchteten in Europa. Ein realistisch-pragmatischer Planungsbereich liegt bei +2–4 Mio., mit Aufwärtsspielraum bis ~+7 Mio. unter extremen Annahmen, zu den bereits 6 Millionen die jetzt bereits vertrieben wurden.



      Addiert man die daraus entstehenden Probleme mit allem was aktuell zu bewerkstelligen ist, sowie aufkommende globale Verwerfungen (Taiwan zB.), können sie davon ausgehen das die AfD zustimmung +50% erreicht. Und das in jedem europäischen Land, mit ihren jeweiligen extremistischen Lagern.

  • Von Anfang an war es angesichts der Zwangsverpflichtungen ein falsches oder bestenfalls halbrichtiges Argument, dass wir die Ukrainer bei der Selbstverteidigung unterstützen. Im Gegenteil hätte allein diese Tatsache dazu führen müssen, dass man so schnell wie möglich Frieden mit Russland sucht. Es ist ein trauriges Bild, dass solche Selbstverständlichkeiten bei Politik und Journalisten so lange nicht gedacht oder nicht ausgesprochen wurden.

    • @XXX:

      Bieten Sie doch Russland ihr Eigentum an...

    • @XXX:

      Russland will keinen Frieden sondern die Kapitulation und die Ukrainer dürfen dann das Kanonfutter für Russlands nächsten Krieg stellen. Der Donbas ist leer rekrutiert die Männer als Kanonenfutter verheizt.

    • @XXX:

      Es wurde auch maximal halbrichtig unterstützt. Von daher passt es dann wieder.

    • @XXX:

      Wie Sie Frieden mit Russland suchen wollen, müssen Sie aber mal erklären. Wer die russische Mentalität und Politik einigermaßen kennt, der weiß, das dies nicht gerade erfolgreich sein wird. Meine Frau (vor unserem Umzug Deutschlehrerin in der Nähe von Moskau) hat letzten Monat noch mit ehemaligen Kolleginnen gechattet. Diese müssen im neuen Fach patriotischer Unterricht ihren Schülern und Schülerinnen mittlerweile beibringen, das sowohl Ukrainer als auch Westeuropäer keine vollwertigen Menschen mehr seien (nach russischen Maßstäben). Eher so etwas wie "Untermenschen" oder Abschaum.



      Und dann können Sie ja mal überlegen, was mit (vorerst nur) den Ukrainern, und besonders den Frauen und Kindern passieren wird, wenn Ihr Frieden eintritt. Butscha wird dagegen ein Freizeitpark gewesen sein.