Parteien und Pandemie-Bekämpfung: Adieu, Impfpflicht

Eigentlich sollte die verpflichtende Impfung zeitnah kommen. Doch daraus wird nichts – vor allem, weil Ampel-Parteien wie Union nur an sich denken.

Fläschchen mit Impfstoff.

Impfpflicht in Deutschland: Der Impfstoff steht bereit, das Gesetz noch nicht Foto: Christoph Hardt/Future Image/imago

Es birgt schon eine gewisse Tragik. Tapfer präsentierten Abgeordnete der hinteren Reihen von SPD und Grünen sowie die bei der Verteilung der Ministerien übergangene FDP-Vordenkerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ihren Entwurf einer allgemeinen Impfpflicht. Sie vertreten mit ihrem Antrag den Willen einer gemäß allen seriösen Umfragen großen Mehrheit der Bevölkerung, die der Berliner Posse um Gruppenanträge und Partikularinteressen zunehmend kopfschüttelnd und desillusioniert beiwohnt.

Schon vor Wochen ergaben Umfragen eine mehrheitliche Zustimmung für die Impfpflicht ab 18, doch gleichzeitig gab es wenig Hoffnung darauf, dass der Bundestag ebenjene auch beschließt. Spätestens seitdem die Union nun ihren eigenen Antragsentwurf vorgelegt hat, ist die politische Umsetzung in weite Ferne gerückt. Drastischer formuliert: Die allgemeine Impfpflicht ist tot. Zumindest auf absehbare Zeit. Die Politik hat es vermasselt.

Die Abgeordneten der Ampelparteien versammeln sich, getrieben von verschiedenen politischen Gemengelagen und Standpunkten, hinter mindestens drei verschiedenen Anträgen. Ihnen muss dämmern, dass sie auf nicht allzu viele Stimmen aus den Reihen der Konservativen hoffen können. Umgekehrt ist es schwer vorstellbar, dass die Koalitionsabgeordneten jetzt ausgerechnet der Union zum Triumph verhelfen und deren Stufenmodell mittragen.

Und so landen sie alle gemeinsam in einer klassischen Pattsituation. Die erforderliche Mehrheit ist für keinen der Entwürfe in Sicht. Somit ist aktuell davon auszugehen, dass keine der Initiativen umgesetzt werden kann. Eine wie auch immer ausgestaltete allgemeine Impfpflicht wird es also erst einmal nicht geben.

FDP in der Sinnkrise

Warum ist das so? Weil alle auf sich schauen. Abgeordnete der SPD etwa nehmen Rücksicht auf Befindlichkeiten wie etwa jene des Deutschen Gewerkschaftsbunds, der sich gar gegen die Pflegeimpfpflicht ausspricht. Die Arbeitgeberverbände und die angeschlossenen Unternehmen weisen jede Verantwortung für die Abfrage des Impfstatus von sich und treiben CDU und CSU vor sich her.

Und die FDP ist sowieso in einer Sinnkrise, seitdem ihre Köpfe im Wahlkampf hoch und heilig versprochen hatten, dass es mit ihnen keine allgemeine Impfpflicht geben werde. Niemanden darf es verwundern, dass viele Liberale wie etwa der streitbare Wolfgang Kubicki eine solche nicht auf einmal doch kleinlaut mittragen wollen.

Offen bleibt, wer sich in diesem Spiel für offensichtlich politisch untergeordnete Themen wie ein rasches Ende der Pandemie oder die Gesundheit der Menschen einsetzen soll. Hoffnung, so viel steht fest, kommt aus Berlin dieser Tage nicht. Die Verantwortungsbewussten, sie gehen wohl leer aus. Adieu, Impfpflicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Chef vom Dienst und Autor. Arbeitet seit 2022 für die taz. Mag Meinung und kommentiert politische Themen mit Hang zum Ausland (vor allem USA). Schrieb vor der taz für die Frankfurter Rundschau. Hat davor Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt studiert.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.