Parlamentswahlen in Frankreich: Neue linke Dynamik

Der Ball liegt nach dem Wahlsieg beim Linksbündnis. Eine gute Nachricht ist, dass Jean-Luc Mélenchon nicht mehr der einzig Tonangebende ist.

Silberne Schuhe einer Frau, die in einer französischen Wahlkabine steht

Wählerin in der Wahlkabine in Le Touquet-Paris-Plage, Nordfrankreich am 7. Juli Foto: Mohammed Badra/ap

Jubel auf der linken, Frust trotz Zugewinnen auf der rechtsextremen Seite in Frankreich und aufatmende Ratlosigkeit in der politischen Mitte – so ist die Lage nach den vorgezogenen Parlamentswahlen. Nur eines steht fest: Emmanuel Macron hat sich verzockt. Der Präsident hat für seine En-Marche-, jetzt „Renaissance“-Partei, ein politisches Eigentor geschossen. Genervt von der demokratischen Ochsentour seiner von ihm qua verfassungsgegebener und übertriebener Machtfülle eingesetzten Ensemble-Koalitionsregierungen ab 2022, hat er diesem Bündnis, das zunehmend konservativer agierte, rund 85 Abgeordnete weniger im kommenden Parlament beschert. Wie konnte das passieren?

Der havarierte Start-up-Papst Macron dachte wohl getreu seiner Hybris, dass vor der realen Gefahr eines an die Macht kommenden Rassemblement National Frankreich wieder seine Marke wählen würde. Diese ist aber nicht verankert im Frankreich der Provinz, der Alltagsprobleme und sinkender Kaufkraft. Und schon gar nicht in den chronisch benachteiligten und diskriminierten Vorstädten.

Das alles fällt ihm nun brutal auf die Füße – Macron ist auch auf europäischer und internationaler Ebene machttechnisch stark beschädigt. Und die im Ensemble-Lager jetzt aufkommenden Stimmen, mit gemäßigt linken wie rechten Kräften eine Regierung zu bilden, klingen bräsig – denn gerade noch so hat man die eigene Haut gerettet.

Es gibt gute Leute im Linksbündnis

Die politische Dynamik und die Gestaltungskraft liegen jetzt beim neuen Zusammenschluss der französischen Linken. Die NFP ist stärkste Kraft vor den Rechtsextremen geworden – und ihre problematische Kühlerfigur Jean-Luc Mélenchon von der Linksaußenpartei La France Insoumise (LFI) endlich nicht mehr der einzige Tonangebende. Denn die schon totgesagten Sozialisten konnten ihre Parlamentssitze verdoppeln und schließen auf zu LFI; auch die französischen Grünen stehen nun besser da.


Jenseits von Mélenchon gibt es fähige und Mélenchon-kritische Po­li­ti­ke­r:in­nen wie François Ruffin oder Clémentine Autain (beide Ex-LFI), die nach Ausgleich suchende Marine Tondelier von den Grünen oder den EU-Abgeordneten Raphaël Glucksmann von den Sozialisten. Sie alle täten Frankreich gut als Chef oder Chefin einer neuen Regierung.

Allein Grüne oder Sozialisten könnten jedoch für eine Mitte-rechts-Regierung überlaufen ins Macron-Lager – wenn LFI zu autoritär auftritt. Aber warum nur sollten sie koalieren mit denen, die Frankreich fast an die Wand gefahren haben? Die Losung muss für Frankreichs Linke jetzt lauten: Lasst uns den Laden zusammenhalten!

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

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