Oprah-Interview von Harry und Meghan: Eine Stimme für viele
Im TV-Interview erhebt Markle Rassismusvorwürfe gegen das britische Königshaus. Damit beschreibt sie den Alltag vieler Marginalisierter.
Der Hype um das erste Fernsehinterview von Harry und Meghan war groß. Jeder Trailer, jedes Snippet versprach großes Drama und wurde mit Spannung erwartet. Am Sonntag hat CBS nun das knapp zweistündige Gespräch zwischen Oprah Winfrey und den ehemaligen Royals ausgestrahlt. Als Kulisse diente ein gepflegter Garten einer gemeinsamen Freundin. Doch auch das Anwesen des Paares im kalifornischen Montecito wurde gezeigt, inklusive Hühnerstall, der nach ihrem zweijährigen Sohn Archie benannt ist. Irgendwann sitzt Markle dann zwischen den Hühnern und spricht davon, zurück zu den Ursprüngen kommen und authentisch leben zu wollen.
Welch Inszenierung, schreien da viele. Doch natürlich ist ein Gespräch zwischen der wohl berühmtesten Talkerin mit einem der berühmtesten Paare der Welt eine Inszenierung. Naiv, wer etwas anderes erwartet hatte. Doch die schwerwiegenden Vorwürfe gegenüber dem britischen Königshaus und den Boulevardmedien sind dadurch nicht weniger problematisch und beachtenswert.
Gut ein Jahr ist es her, dass die ehemalige Schauspielerin („Suits“) und der Enkelsohn der Queen bei Instagram bekannt gaben, sich weitgehend von ihren royalen Verpflichtungen zurückzuziehen. Über die Gründe wurde seitdem viel spekuliert, das Paar blieb vage. Im Interview mit Winfrey wollten sie nun ihre Seite der Geschichte erzählen.
Die negative Berichterstattung des Boulevards habe sie irgendwann dazu gebracht, ihr Leben nicht mehr weiterführen zu wollen, erzählt die 39-Jährige. „Ich wollte einfach nicht mehr leben. Und das war ein sehr klarer und realer und beängstigender ständiger Gedanke.“ Daraufhin habe sie sich an die königliche Familie gewandt und um professionelle Hilfe gebeten. Doch die sei ihr verweigert worden. Es sei nicht gut „für die Institution“.
Zwischen Victim-blaming und fehlenden Hilfeleistungen
Es ist nur ein Beispiel dafür, wie allein gelassen sich Markle gefühlt hat. Sie erzählt von einem Vorfall mit ihrer Schwägerin Kate, bei dem Meghan diese zum Weinen gebracht haben soll. So berichteten es zumindest einige Medien kurz vor der Hochzeit der beiden. Das Gegenteil sei jedoch der Fall gewesen, Kate habe sich im Nachhinein bei ihr für den Vorfall entschuldigt, alle im Königshaus hätten das gewusst, doch keine:r habe die Situation klargestellt. Das sei für sie „der Beginn eines wahren Rufmords“ gewesen.
Im Weiteren erzählt sie, dass es zum Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft „Bedenken“ in der Königsfamilie gegeben habe, „wie dunkel die Haut“ ihres Sohns sein würde. Auch wenn schon vorher einiges über den Rückzug des Paares bekannt war, legt das Interview nun noch einmal die rassistischen Strukturen der Medien, des Königshauses und der Fans der Royals offen.
Relevant ist es vor allem deswegen, weil Markle mit ihren Erfahrungen nicht nur für sich selbst, sondern für viele spricht. Zwar sind die wenigsten mit einer royalen Familie im Hintergrund konfrontiert. Doch rassistische und sexistische Strukturen wie Victim-Blaiming, Silencing-Strategien und fehlende Hilfeleistungen sind kein Alleinstellungsmerkmal von Königshäusern, sondern kennzeichnen den Alltag vieler Marginalisierter.
Dass das Interview nun einen Schlussstrich darstellt, ist unwahrscheinlich. Denn neben vielen Solidaritätsbekundungen für das Paar wird in sozialen und traditionellen Medien erneut auf Victim-Blaming gesetzt. Ob das Königshaus Konsequenzen aus dem Interview ziehen wird, ist ebenso offen. Bislang haben sie sich nicht zu den Vorwürfen geäußert.
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