Rassismus im britischen Königshaus: Die Macht zu diskriminieren

Archiv-Dokumente enthüllen, dass es bis Ende der 60er Jahre PoC und Menschen mit Einwanderungsgeschichte verboten war, im Palast zu dienen.

Queen Elizabeth auf goldenem Thron

Ist die Queen besonders rassistisch oder einfach so rassistisch wie jemand, der 1926 geboren ist? Foto: reuters

Manchmal habe ich das Gefühl, die Deutschen sehen unsere britische Königsfamilie als einen Witz an. Wie einen lustigen, süßen, irgendwie sehr bizarren Witz. Dabei vergessen sie, dass die Menschen, die dieser Familie angehören, echte Menschen sind. Und ihr trauriges, leeres, sinnloses Leben real ist.

Ein Beispiel: Im Jahr 2013 wurde ein uraltes Gesetz aus einer blutigen Periode unserer Geschichte angepasst. Mit der Modernisierung des „Succession to the Crown Act“ sollte die königliche Familie endlich mit der modernen Welt vereinbart werden. 300 Jahre wurden Männer bei der Thronfolge bevorzugt, jüngere Söhne hatten vor älteren Schwestern Vorrang. Doch das ändere sich nun mit der Gesetzesanpassung. Und nun durften die Thron­fol­ge­r:in­nen auch Ka­tho­li­k:in­nen heiraten.

Die Aufregung damals war groß, ich fand sie absurd. Klar: Die Diskriminierung von Katholiken in Großbritannien ist real, aber sie unterscheidet sich zum Beispiel vom Anti-Irischen-Rassismus und Klassenfeindlichkeit. Außerdem ist die Idee der Monarchie an sich schon Diskriminierung pur. Gott im Himmel hat einen Menschen ausgesucht, sein Blut und seine Spermien oder ihre Eierstöcke sollen irgendwie magisch sein, und dieser Mensch soll deshalb Chef des Landes sein? Wenn die Monarchie an sich nicht diskriminierend wäre, könnte jeder Sozialhilfeempfänger in England die Queen verklagen dürfen, weil er nicht selbst für diesen Job in Frage käme.

Als britische Anti-Monarchistin möchte man sich also gar nicht mehr aufregen, wenn es neue Nachrichten aus dem Palast gibt: Wie der Guardian exklusiv berichtet, war es bis in die 1960er hinein offizielle Politik, „nicht-weißen Migranten oder Ausländern“ die Büroarbeit im Palast zu verbieten. Was vielleicht noch schlimmer ist: Der Buckingham Palast soll ausgehandelt haben, dass sich die Queen nicht an Antidiskriminierungsgesetze halten musste, die in den 1960ern von der Regierung auf den Weg gebracht werden sollten. Und es wird noch schlimmer: Der Palast soll damit gedroht haben, die Queen würde die Gesetze nur dann absegnen, wenn es für sie darin eine Ausnahme gäbe.

Die Institution ist das Problem

Konkret bedeutet das, dass Mit­ar­bei­te­r:in­nen des Palasts, die sich rassistisch oder sexistisch diskriminiert fühlten, keine Möglichkeit hatten, darüber offizielle Beschwerde einzureichen. Die Queen ist eine Arbeitgeberin, die per Gesetzesausnahme rassistisch und sexistisch diskriminieren darf. Wir reden viel darüber, in Deutschland wie in England, wie wenig Macht diese Frau doch eigentlich hat. Doch offensichtlich hat sie die Macht dazu, solche Gesetze zu verhindern, wenn sie von ihnen betroffen ist.

Sollte man die Royals nun dafür verurteilen oder ist man da zu hart zu ihnen? Es waren schließlich die Sechziger, England war ein rassistisches Land. Damals gab es noch Schilder in den Pubs, auf denen stand “No Blacks, No Dogs, No Irish“. Die königliche Familie war damals bestimmt nicht weniger rassistisch als das restliche Land. Und auch die Queen war und ist mit Sicherheit keine besonders rassistische Frau, sondern so rassistisch, wie eben jemand ist, der 1926 geboren wurde.

Nicht der Rassismus der Queen oder der königlichen Familie selbst ist das große Problem hier. Dass die Royals eine rassistische Institution sind, die ihre Macht benutzt hat, um zu versuchen, dass das Land genauso rassistisch bleibt, wie es war, ist die Schande.

Was ich wirklich pervers finde, ist, wie schnell diese Königsfamilie Ermittlungen gegen Meghan Markle einleiten konnte, nachdem diese Rassismus- und Mobbingvorwürfe gegen das Königshaus erhoben hatte. Und das, bevor sich der britische Palast an die Antidiskriminierungsgesetze seines Landes halten konnte. Meghan Markle zu opfern, und das ohne einen Hauch von Selbstkritik, ist unmenschlich.

Wahrscheinlich haben die Deutschen recht: Die Royals sind einfach ein schlechter Witz. Einer, über den es keinen Spaß macht zu lachen. Die Queen, die wahrscheinlich keine besonders rassistische Frau ist, wird bald tot sein. Und das britische Königshaus, das eine sehr rassistische Institution ist, wird hoffentlich mit ihr sterben.

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