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Ökozid im KriegTödliche Schallwellen im Meer

Im Schwarzen Meer sterben unzählige Delfine. Schuld daran sind die Bombenangriffe, die zu akustischen Traumata bei den Meeressäugern führen.

Endlich wieder ans Meer: am Strand von Odessa, November 2022 Foto: Yulii Zozulia/Ukrinform/imago

E ndlich kann ich wieder am Meer spazieren gehen. Mit Beginn des Herbstes wurden die Tafeln mit der Aufschrift „Vorsicht, Minen!“ an vielen Stränden Odessas abgenommen. Der Zugang zum Wasser ist damit wieder möglich. Richtig schwimmen zu gehen ist zwar nach wie vor gefährlich, aber die Odessiten sind schon froh, dass sie einfach nur die Hand wieder ins Meer tauchen können.

Война и мир – дневник

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Auf einem Spaziergang an einem meiner Lieblingsstrände machte ich einen schrecklichen Fund. Ein toter Delfin war ans Ufer gespült worden. Ich rief einen mir bekannten Ökologen an, der innerhalb einer Stunde mit seinen Kollegen am Strand eintraf. Das Tier zu drehen oder auch nur anzufassen war bis zum Eintreffen der Fachleute streng verboten. Der Grund: Die Ökologen mussten zuerst die Todesursache klären.

Vor dem Krieg starben Delfine vor allem durch Netze von Wilderern. Das erkennt man an charakteristischen Flossenverletzungen. Der von mir gefundene Delfin hatte keine Wunden oder andere Verletzungen, die zu seinem Tod hätten geführt haben können. Nach Meinung der Ökologen war er aufgrund von Explosionen auf See und der Sonartechnik der Kriegsschiffe gestorben. In den Gewässern des Schwarzen ­Meeres ist seit Kriegsbeginn ein Dutzend russischer Schiffe im Einsatz. Die auf ihnen befindlichen Sonarsensoren senden starke Schallwellen aus.

Bereits 5000 tote Delfine

Delfine gelangen in die Bereiche, in die diese Geräte ausstrahlen, und dann versagen ihre eigenen Navigations- und Echoortungsorgane. Das bedeutet, dass Delfine und andere walähnliche Meeressäuger im Schwarzen Meer sehr starke akustische Traumata erleiden, die zu ihrem Tod führen.

Ich war unglaublich traurig, als ich erfuhr, dass derartige Funde in der Ukraine häufig vorkommen. Die Ökologen berichten von einem echten Ökozid und nennen schreckliche ­Zahlen. Vor Odessa wurden seit Kriegsbeginn 44 tote Delfine gefunden.

Ivan Rusev, promovierter Biologe des Nationalen Naturparks Tuslyer Limane, berichtete, dass in den Gewässern des Schwarzen Meeres schon 5.000 tote Delfine gefunden wurden. Nur etwa 5 Prozent aller getöteten Tiere werden überhaupt an Land gespült. Die übrigen 95 Prozent sinken auf den Meeresgrund und können vom Ufer aus gar nicht entdeckt werden.

Nach Angaben von Ökologen beläuft sich die ungefähre Todeszahl dreier walähnlicher Meeressäugerarten im Schwarzen Meer auf 50.000. Zum Vergleich: Bis zu Beginn des Krieges wurden in einem ähnlichen Zeitraum höchstens 4 durch Wilderer getötete Delfine gefunden.

Die Strafverfolgungsbehörden in Odessa eröffnen Verfahren wegen des Massensterbens von Schwarzmeerdelfinen und anderen walähnlichen Meeresäugern. Doch nur ein Ende des Krieges und der Abzug russischer Kriegsschiffe kann die Bewohner des Schwarzen Meeres retten.

Aus dem Russischen Gaby Coldewey

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7 Kommentare

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  • Da Russen und Ukrainer weiterhin fröhlich im Schwarzen Meer Sachen detonieren, sollten die Meeresbewohner durch den Bosporus fliehen. Hoffentlich gelingt es einigen.

    • @Kappert Joachim:

      Entschuldigen Sie, aber das ist exakt der widerliche Putinsprech, der die Schuld an diesem Verbrechen der Aggression unrechtmäßig 1:1 auf die Konflikparteien verteilt. Als sei die Ukraine froh über diesen Krieg und an seiner Fortführung interessiert. Das ist eine ebenso peinliche wie perfide Verdrehung der Tatsachen und Spucke im Gesicht derer, die sich gerade gegen die realphysische Manifestation von Putins imperialistischer Geisteskrankheit zu Wehr setzen.

  • Schrecklich.



    Für eine diplomatische Lösung braucht es aber zwei.



    Und ich habe nicht den Eindruck, als würden sich die Massenmörder durch tote Tiere stärker beeindrucken lassen als durch tote Menschen...

  • Ein weiterer Grund diesen überflüssigen schlimmen russischen AngriffsKrieg zu beenden...ich habe inzwischen auch das Gefühl, dass sich ganz langsam in der deutschen Bevölkerung die Stimmung ändert und sich immer mehr Menschen eine diplomatische Lösung wünschen. Leider hatte man die Ukraine ja nicht bei ihren diplomatischen Bemühungen bei den Friedensverhandlungen in Istanbul unterstützt. Fast wäre es ja auf Grundlage des ukrainischen Vorschlag zu einem Friedensvertrag gekommen. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit hier zusammen mit Frankreich anzuknüpfen, wenn die politische Stimmung sich hier dreht und die Bevölkerung "kriegsmüde" geworden ist.



    Den Menschen in der Ukraine und auch der Natur wäre ein schneller Frieden nur zu wünschen...

    • @Alexander Schulz:

      Die Stimmung in D ist eher ein Friedenshindernis.



      Putin will sich durchsetzen, nicht Frieden.

  • Nicht nur im Meer, Bomben vergiften Felder wenn sie explodieren, Minen töten Tiere in der Wildnis. Der wirtschaftliche Schaden durch all die versenkten Schiffe, abgeschossenen Drohnen, Helis und Flugzeuge kommt noch hinzu.

    • @Machiavelli:

      frei nach Paul Celan: "Der Tod ist ein Meister aus Russland".