Oberster Gerichtshof: Wichtiger Teilsieg für Donald Trump
Die konservative Mehrheit des Obersten US-Gerichtshofs bestätigt Immunität für Amtshandlungen eines Präsidenten.
![Donald Trump (Republikaner), ehemaliger Präsident der USA und US-Präsidentschaftsbewerber, lächelt während einer Wahlkampfveranstaltung in der 180 Church in Detroit. Donald Trump (Republikaner), ehemaliger Präsident der USA und US-Präsidentschaftsbewerber, lächelt während einer Wahlkampfveranstaltung in der 180 Church in Detroit.](/picture/7095555/624/35707194-1.jpeg)
Immunitätsfrage: Trump erringt Teilsieg vor Supreme Court Foto: Carlos Osorio/ap
In der Frage, ob Donald Trump für seine Versuche, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 zu verändern, Immunität genießt, hat der Oberste Gerichtshof der USA mit der Mehrheit der sechs konservativen Richter*innen dem frühreren US-Präsidenten am Montag einen wichtigen Teilsieg beschert.
In einem 119 Seiten umfassenden Urteil entschied der Gerichtshof, ein Präsident genieße grundsätzlich Immunität für alle seine Amtshandlungen, also sein offizielles Handeln als Präsident. Aber nicht jede Handlung eines Präsidenten falle unter diese Kategorie.
Ob Trumps Aktionen zwischen dem Wahltag Anfang November 2020 bis zum Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 als Amtshandlungen von Immunität geschützt seien oder als privates Handeln strafrechtlich verfolgt werden könnten, entschied der Gerichtshof nicht. Die Richter*innen verstehen ihr Urteil als Richtlinien und verwiesen die konkreten Fälle an die unteren Instanzen zurück.
Sotomayor: „Ein König, der über dem Gesetz steht“
Trump hatte seinerzeit politische Verantwortliche im Bundesstaat Georgia angerufen und sie ersucht, ausreichend Wählerstimmen zu „finden“ und ihm zuzusprechen, hatte Bundesstaaten aufgefordert, entgegen den Wahlergebnissen Wahlleute zu entsenden, die für ihn stimmen würden, und schließlich seinen Vizepräsidenten Mike Pence aufgefordert, bei der offiziellen Auszählung und Bestätigung der Wahlleutestimmen die Ergebnisse zu seinen Gunsten umzudrehen.
Schließlich hatte er bei einer Kundgebung am Tag der Zertifizierung im Kongress eine große Menge an Demonstrant*innen aufgefordert, zum Kongress zu ziehen und zu kämpfen – woraufhin die Menge das Kapitol stürmte und den Zertifizierungsprozess über viele Stunden verzögerte.
Im Zusammenhang mit all diesen Aktionen stehen mehrere Strafverfahren gegen Trump aus – die alle pausierten, nachdem Trump beim Obersten Gerichtshof darauf klagte, absolute Immunität für alle Handlungen während seiner Amtszeit zu genießen.
Verfahren vor US-Wahltag fast ausgeschlossen
Der Gerichtshof ließ sich viel Zeit damit, eine Anhörung anzusetzen, und dann noch einmal damit, eine Entscheidung zu verkünden. Mit diesem Timing und der nun veröffentlichten Entscheidung ist fast ausgeschlossen, dass eines der Verfahren noch vor dem Wahltag am 5. November wirklich beginnen, geschweige denn entschieden werden kann – wenn es überhaupt je stattfindet.
Telefongespräche zwischen Trump und Regierungsoffiziellen in Georgia oder mit seinem eigenen Vizepräsidenten etwa könnten ohne weiteres als offizielle Amtshandlungen interpretiert werden und damit unter die Immunitätsregeln fallen.
In der vom Vorsitzenden Richter John Roberts verfassten Mehrheitsmeinung argumentieren die Richter, ohne Immunität könne ein Präsident unmöglich jene schweren und mitunter schnell zu treffenden Entscheidungen fällen, zu denen die Verfassung den Präsidenten aber verpflichte. Damit nimmt die konservative Mehrheit quasi eins zu eins die Argumente auf, die Trumps Anwälte bei der Anhörung Ende April vorgebracht hatten.
In einer überaus wütend verfassten Minderheitenmeinung schrieb die liberale Richterin Sonia Sotomayor, die konservative Mehrheit habe alle Wünsche Donald Trumps erfüllt und sei sogar darüber hinausgegangen. Das Urteil schaffe einen König, der über dem Gesetz stehe.
Leser*innenkommentare
Suryo
Der jetzige Präsident ist allerdings noch Joe Biden.
Dann kann er ja jetzt das Militär anweisen, den Supreme Court zu bombardieren. Er muss nur erklären, dass der Befehl eine Amtshandlung ist.
Janix
Ja, ein Präsident muss währenddessen handlungsfähig bleiben und nicht vor ein Gericht zu zwingen sein. Außer, er schändete junge Robben oder so. Oder will nachweisbar ine Rebellion und Wahlfälschung.
Nein, das gilt auch nicht für konkrete private Dinge - und auch anschließend hätte jeder ja Zeit, um die anderen Dinge ausreichend zu klären.
Wer es farbenneutral durchspielen will, mag sich daran erinnern, wie Republikaner demokratische Präsidenten beharkten, weil sie es einfach wollten.
Hubertus Behr
Die Aufforderung durch den Präsidenten, Wahlergebnisse zu fälschen, sind keine
von der Verfassung vorgegebenen und von Immunität geschützte Amtshandlungen.
Die an Untergerichte zurück gewiesenen Fälle können deshalb sehr wohl zu einer
Strafbarkeit von Trump führen, nur leider nicht vor der Wahl.
Sonnenhaus
Ob das die alte US-Demokratie übersteht?
Zumindest ein gutes Beispiel wie ein "Möchtegern-Diktator" eine Demokratie unterwandert und durch sein stetes Handeln mit zunehmender Unterstützung der Bürger die Demokratie abschafft. Ähnliches sehen wir in Polen, Italien, Ungarn, Slowenien, Frankreich, ... Deutschland.
Nach 75 Jahren Grundgesetz ist es nun wohl langsam zu Ende mit Friede, Freude, Eierkuchen im Herzen von Europa.
Es bleibt die Frage, was sich wohl inhaltlich wirklich ändern wird, wenn die Demokratie umgebaut ist. Denn wenn das Vertrauen und der Wählerwillen Jahre lang nicht gewürdigt wird, empfinden die Bürger das wohl ähnlich wie eine Diktatur, nur auf sanfte Art und Weise. Sicherlich werden all jene Wähler der Populisten zu einem späteren Zeitpunkt feststellen, das sie auf die wahren Unterdrücker hereingefallen sind. Doch dann ist es zu spät und es bedarf wieder einer langen Kampfestrecke, um die Freiheit der Demokratie wieder zu erringen.
Schade eigentlich Aber der Souverän hat gesprochen!
Monomi
Wäre die USA in der EU müssten jetzt eigentlich ähnlich wie bei Ungarn und Polen Zahlungen gesperrt werden, weil mit diesem Urteil die Grundsätze von Demokratien (niemand steht über dem Gesetz) weitgehend ignorierbar werden.
Ich fürchte, wir müssen uns von der USA als "führende" Demokratie verabschieden.
Das ist noch einmal ein anderes Level als das wir uns "ein Stück weit nicht mehr auf sie verlassen " können, wie eine ExKanzlerin es einmal ausdrückte.
Die USA könnte sogar Gegner werden, wenn er es wieder ins Weiße Haus schafft. Denn er akzeptiert ja keine Abwahl. Und das Limit von 2 Amtszeiten wird er zu kippen versuchen - zum Beispiel wegen der "Unterbrechung" durch Biden, die er dafür allerdings als rechtmässig anerkennen müsste...
Ob Putin genug Krim-Sekt gebunkert hat, dass es für seine Jubelfeier über das Urteil reicht...?
Mr.Henry
Die möflichkeiten der Beweisführung sind, wenn ich das richtig gelesen habe, auch sehr eingeschränkt worden.
Die Nixon Tapes würden also wohl nicht mehr vom WH herausgeben werden müssen.
Mir schwirrt R.E.M. Mit 'IT'S THE END OF THE WORLD AS WE KNOW IT' durch den Kopf.
Ernie
Damit steht jede Person über dem Gesetz die/der die USA regiert. Unfassbar. Das soll demokratisch sein?
warum_denkt_keiner_nach?
@Ernie Nein. Die Amtshandlungen des Präsidenten werden von Kongress kontrolliert. Dieser kann ihn auch absetzen.
Das Problem ist, dass ein guter Teil der handelnden Personen nicht mehr demokratisch denkt. Dagegen helfen keine Gesetze.
Monomi
@Ernie ich wär gern Mäuschen bei den Beratungen zum Urteil gewesen. Die spürbare Empörung des Minderheiten-Statements -um nicht zu sagen: Wut- spricht für richtig Zoff unter den Richtern. Für mich jedesmal unfassbar, wie borniert insbesondere Clarence Thomas auf Trump-Kurs bleibt. Ich kanns mir nur noch mit Korruption oder Blackmail erklären, anders nicht mehr.
Eigentlich müsste doch jemand das Argument gebracht haben: weil ihm ein Urteil nicht passt, kann Trump kann euch vom Secret Service umbringen lassen, - und ihr gebt ihm Immunität dafür? Weil er sagt, es sei eine Amtshandlung gewesen....? Bekommt ihr keine Gänsehaut, wenn ihr das 5th Avenue Statement von ihm hört. Trump hat keine Respekt vor dem Gesetz - und ihr wollt ihm Recht geben... als sei es nicht 250 Jahre lang anders gewesen?
Ich kann gar nicht so viel essen, wie...
Deutschfranzose
Der Übergang zur Autokratie hat schon begonnen, denn die Gewaltenteilung funktioniert nicht mehr. Jemand, der einen Aufstand anstachelt, hätte unwählbar werden müssen. Aber das Supreme Court ist eindeutig politisch durch die Trump-Nomminierungen.
Das gibt ein schönes Vorbild für Möchtegernautokraten, oder brauchen die keines? Marine Le Pen hat schon angekündigt, Teile der Verfassung, die sie für falsch hält, nicht respektieren zu wollen. Ganz ähnlich in Italien, Polen, Israel, ...
Demokratie, ich sage nicht Adieu, sondern Auf Wiedersehen.
Monomi
@Deutschfranzose Wer soll die Demokratien denn diesmal raushauen, wenn die Briten Brexit-Pleite sind, die Franzosen bald für die Vichy-Kollaborateure Denkmäler aufstellen und die USA aufhören auf derselben Seite zu stehen?
Gesunder Menschenverstand
@Monomi Vielleicht versuchen wir in dieser miesen Situation zur Abwechslung einen klaren Kopf zu behalten? Das wäre doch mal eine Überraschung.
Ich befürchte nur, dass die Begeisterung für einfache und dumme Parolen auch hier weiter um sich greifen wird.