Neuregelung der Grundsteuer: Viel Lärm um nichts
Das Bundesfinanzministerium dementiert einen „Bild“-Bericht zur Grundsteuer. Doch noch immer blockiert die CSU Olaf Scholz' Pläne.
BERLIN taz | Am Donnerstag erreichte der seit Wochen schwelende Streit um die Neuregelung der Grundsteuer einen neuen Höhepunkt: Zunächst scheuchte eine Meldung der Bild-Zeitung das politische Berlin auf, wonach das Kanzleramt die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gestoppt habe. Das Gesetz werde ohne eine Einigung mit der CSU und Bayern nicht in die Ressortabstimmung gehen. Anschließend dementierte das Finanzministerium: Das Gesetz sei bereits in der Ressortabstimmung.
Allerdings bestätigte eine Sprecherin des Finanzministeriums, dass am Freitag kommender Woche eine Expertenanhörung im Ministerium geplant ist, in der es um sogenannte Öffnungsklauseln gehen soll, die den Bundesländern eigene Regelungen der Grundsteuer ermöglichen würden. Eine solche Klausel verlangt Bayern, um sein eigenes Modell statt der von Olaf Scholz geplanten Grundsteuerregelung verwirklichen zu können.
An der nicht öffentlichen Sitzung sollen neben Experten, die das Finanzministerium gegenüber der taz nicht namentlich nennen wollte, auch Vertreter einiger Bundesländer teilnehmen. Sie sollen laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa aus Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz kommen.
Die Bild hatte auch gemeldet, das Kanzleramt habe Scholz die Bedingung gestellt, dass sich der Finanzminister erst mit Bayern einigen müsse, ehe sich das Kabinett mit der Grundsteuer befasse. Es sei immer klar gewesen, dass sich das Kabinett erst nach der Expertenanhörung damit befassen werde, hieß es dazu aus dem Finanzministerium.
Bayern bevorzugt das Flächenmodell
Ein Sprecher der Bundesregierung verwies auf Anfrage der taz auf eine Äußerung Steffen Seiberts vom 10. April, die noch immer gültig sei. Auch damals war der Regierungssprecher aufgrund von Presseberichten gefragt worden, ob das Kanzleramt Scholz' Entwurf gestoppt habe.
Seibert sagte damals, er werde sich „zu internen Abstimmungsprozessen nicht äußern“, machte aber klar, dass das Finanzministerium den Gesetzentwurf „zu Zwecken der Ressortabstimmung“ versandt habe. „Die von Bayern geforderte Öffnungsklausel ist darin nicht enthalten“, so Seibert. „Also muss im weiteren Verfahren eine Einigung gefunden werden.“
Das lässt die Interpretation zu, dass das Kanzleramt die Ressortabstimmung zwar nicht gestoppt hat, aber Scholz aufgrund des Widerstands der CSU dennoch kaum um eine Berücksichtigung der bayerischen Sonderwünsche herumkommen wird. Dies war jedoch bereits seit Wochen klar. Bayern bevorzugt bei der Grundsteuer ein Flächenmodell, bei dem Villenbesitzer in Starnberg und Eigentümer von Häusern in der strukturschwachen Oberpfalz denselben Steuersatz zahlen würden.
Umlegbarkeit auf Mieter soll vermieden werden
Scholz will dagegen ein Modell, bei dem auch der Wert der Immobilien berücksichtigt wird. Dafür ist eine komplizierte Berechnung notwendig, weshalb die bayerische Seite gerne auf den großen Bürokratieaufwand als Argument gegen Scholz' Pläne verweisen. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, sprach am Donnerstag sogar von einem „Bürokratiemonster“.
Die Neuberechnung der Grundsteuer ist aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts bis Ende 2019 notwendig. Karlsruhe hatte veraltete Bemessungsgrundlagen bemängelt. Sie stammen für Häuser in Ostdeutschland von 1935, für Häuser im Westen von 1964.
Offen ist auch, ob die neue Grundsteuer weiter wie bisher auf Mieter umgelegt werden kann. Das will die SPD vermeiden. Vor allem bei einer Grundsteuer-Regelung im Scholz'schen Sinne könnten die Mieten in den Großstädten weiter steigen. Die Sozialdemokraten wollen die Umlegbarkeit aber erst dann in die Kabinettsberatungen einbringen, wenn die Einigung über das Grundsteuer-Modell steht.
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