Neuer Pariser Klimaschutzplan: Tempo 50 auf der Autobahn

Proteste von Opposition und Kraftfahrern verunsichern die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt nicht. Sie verfolgt die Verkehrswende weiter.

Viele Autos fahren im Feierabendverkehr auf der Autobahn

Die „Périphérique“, die Autobahn, die Paris umgibt Foto: Remon Haazen/imago

PARIS taz | Ab dem 14. September 2024 – also gleich nach Ende der Olympischen Spiele – sollen Autos auf der Pariser Ringautobahn „Périphérique“ nur noch mit 50 statt mit 70 Stundenkilometern unterwegs sein dürfen. Das ist Teil eines neuen Klimaplans der Stadtregierung, der von 2024 bis 2030 gelten soll. Eine der beiden Fahrspuren soll für Busse, Taxis und Carsharing reserviert sein.

Außerdem möchte die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo im Rahmen des neuen Programms zur Bekämpfung der Luftverschmutzung auch in allen 20 Arrondissements Fußgängerzonen oder Bereiche mit eingeschränktem Fahrzeugverkehr einrichten. Die vielen Touristenbusse sollen definitiv aus dem Zentrum verbannt werden. Die grün-rot regierte Hauptstadt wäre damit einmal mehr klimapolitisch vorn – und Automobilisten, Wirtschaftsverbände sowie kommunale Opposition sind jetzt schon empört.

Hidalgo will sich jedoch von neuerlichen Protesten nicht aufhalten lassen. Im Frühling hatte sie eine Bürgerbefragung zu ihrer Klimapolitik initiiert. Diese stieß auf relativ wenig Echo, aber die allermeisten der 6.575 Stellungnahmen waren negativ. Rund 1.800 Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r*in­nen des Pariser Großraums, angeführt von der konservativen Vorsitzenden der Hauptstadtregion Île-de-France, Valérie Pécresse, forderten die Bürgermeisterin auf, „auf ihr einseitiges Vorhaben zu verzichten“. Die Tempoverminderung sei kontraproduktiv und schaffe zusätzliche Stockungen, was wiederum „dramatische Folgen für die Luftqualität“ hätte. Man geht davon aus, dass in Paris mehr als 7.000 zusätzliche Todesfälle pro Jahr auf schmutzige Luft zurückzuführen sind.

Wer den „Périphérique“, der gerade 50 Jahre alt wird, aus alltäglicher Erfahrung kennt, muss sich allerdings fragen, ob es überhaupt noch schlimmer kommen kann. Vor allem am frühen Vor- und am Spätnachmittag bilden sich vor allem im Süden und Osten der insgesamt 35 Kilometer langen Ringautobahn lange Staus, nicht nur vor den Ein- und Ausfahrten. Die tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt zu diesen Stoßzeiten allenfalls 35 Stundenkilometer, insgesamt tagsüber rund 50 und während der Nacht 60. Dies aber nur, weil es auch Strecken gibt, wo der Verkehr mit der aktuellen Höchstgeschwindigkeit 70 rollt.

Mehr Tempo durch weniger Tempo

Die Stadtregierung geht deshalb davon aus, dass eine einheitliche Temporeduktion den Verkehr zumindest tags nicht verlangsamen, sondern beschleunigen könne. 2014 hatte die Senkung von Tempo 80 auf 70 messbare Verbesserungen der Belastung erbracht und die Zahl der Unfälle um 15 Prozent verringert.

Hidalgo geht es vor allem um die Klimaziele, die nur mit drastisch weniger Verbrennerautos und der Umstellung auf umweltfreundlichere Transportmittel erreicht werden können. Im Visier hat sie darum vor allem die „Auto-Solisten“ – Fahrzeuge, in denen nur eine Person sitzt. An dieser Linie hält sie fest, auch wenn sie das 2026 die Wiederwahl kosten könnte.

Noch ist indes nichts beschlossen. Die Vorschläge der Koalition aus Sozialisten, Grünen und Kommunisten werden im Dezember debattiert, bevor Ende des Jahres über sie abgestimmt wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.